Drucksache 18 / 21 338 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Franziska Becker (SPD) vom 14. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Oktober 2019) zum Thema: Grünphasen von Lichtsignalanlagen und Fußgängerstrategie (II) und Antwort vom 06. Nov. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Frau Abgeordnete Franziska Becker (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21338 vom 14. Oktober 2019 über Grünphasen von Lichtsignalanlagen und Fußgängerstrategie (II) Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Lichtzeichenanlagen (Ampelanlagen) gibt es in Berlin? Wie viele sind davon auf eine Schrittgeschwindigkeit von 1,0 m/sec eingestellt? Wie viele Lichtzeichenanlagen sind auf eine sehr kurze Querungszeit (entsprechend einer Schrittgeschwindigkeit > 1,2 m/sec) eingestellt? Gibt es Lichtzeichenanlagen vor sensiblen Bereichen (Seniorenheime, Schulen), die auf längere Querungszeiten (z.B. entsprechend einer Schrittgeschwindigkeit von 0,8 m/sec wie in den Niederlanden üblich) eingestellt sind? Frage 2: Ist dem Senat bekannt, dass bereits für die Altersgruppe der 70- bis 80-jährigen Männer im Durchschnitt eine Schrittgeschwindigkeit von 1,0 m/sec anzusetzen ist und das mobilitätseingeschränkte Bürger*innen (mit Rollatoren oder Gehhilfen) entsprechend neuer Studien der Unfallforschung sich durchschnittlich mit 0,6 m/sec bewegen und bei Rollatoren zusätzlich eine Anlaufzeit von 2-3 Sekunden zu berücksichtigen ist? Antwort zu 1 und 2: Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Es gibt in Berlin 2.120 Lichtzeichenanlagen (LZA). Die vorhandenen Datenbanksysteme lassen leider keine detaillierte Auswertung bezüglich der zugrunde gelegten Schrittgeschwindigkeit sowie der Querungszeit an einzelnen LZA zu. Die Berechnung der Signalzeitenprogramme für die einzelnen LZA basiert auf den Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA), welche bundesweit die Regelungen für die Schaltung von LZA für alle Verkehrsteilnehmergruppen formulieren. Die RiLSA unterscheidet nicht zwischen Geh- und Räumgeschwindigkeit, sondern sieht für den Fußverkehr als Regelwert eine Räumgeschwindigkeit 1,2 m/s vor, wobei auch Variationen von 1,0 bis 1,5 m/s zulässig sind. Dem Senat sind die Beschwernisse von mobilitätseingeschränkten Personen bei der Teilnahme am Straßenverkehr bekannt. Um diesen die Teilhabe zu erleichtern, wird in Berlin bereits seit 2016 an allen LZA, deren Signalzeitenprogramme zu erarbeiten bzw. überarbeiten sind, bei der Bemessung der Grünphasen grundsätzlich von einer Gehgeschwin- 2 digkeit von 1,0 m/s ausgegangen, lediglich für die sich anschließende Räumzeit wird in Berlin eine Räumgeschwindigkeit von 1,2 m/s angesetzt. Ausgenommen sind hiervon LZA in der Nähe von verkehrssensiblen Einrichtungen (Krankenhäuser, Seniorenheime, Schulen und Kitas) bei denen in Berlin eine Räumgeschwindigkeit von 1,0 m/s angewendet wird. Insofern berücksichtigt das Land Berlin bereits gegenwärtig die Interessen des Fußverkehrs an LZA im besonderen Maß. Weitere Verbesserungen sind durch die perspektivisch angestrebte Ausstattung aller Berliner LZA mit taktilen und akustischen Elementen bis 2030 sowie im Rahmen des zukünftigen Abschnitts Fußverkehr des Mobilitätsgesetzes vorgesehen. Frage 3: Wie viele Lichtzeichenanlagen (vor 2016 installiert) plant der Senat in dieser Legislaturperiode auf eine fußgängerfreundliche Schrittgeschwindigkeit < 1,0 m/s umzuprogrammieren? Wann ist z.B. mit der Umprogrammierung der Lichtzeichenanlagen im Umfeld der Comenius Schule in Wilmersdorf zu rechnen? Antwort zu 3: Unter Bezugnahme auf die Ausführungen zu Frage 2 sieht der Senat langfristig an allen Berliner LZA Grünzeitverlängerungen vor, deren Umsetzung jedoch nur sukzessive erfolgen kann. Die LZA im Umfeld der Comenius Schule sind Bestandteil dieses mittelfristigen stadtweiten Umsetzungsprozesses. Ein konkreter Termin für die Umprogrammierungen dieser LZA kann daher gegenwärtig nicht benannt werden. Frage 4: Wie lange benötigt der Senat, um eine Lichtzeichenanlage bzw. eine Gruppe zusammenhängender Lichtzeichenanlagen umzuprogrammieren? Können externe Firmen die Umprogrammierung unterstützen (wie?)? Wie hoch sind die Kosten der Umprogrammierung pro Lichtzeichenanlage? Antwort zu 4: Das Land Berlin hat für das Management von Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung von LZA einen Generalübernehmer beauftragt. Vertragspartner des seit 1. Januar 2016 laufenden zweiten Generalübernehmervertrages ist die Alliander Stadtlicht GmbH. Durch den mit der Alliander Stadtlicht GmbH geschlossenen Vertrag wird das gesamte operative Geschäft rund um LZA einem privaten Generalübernehmer übertragen, das Land Berlin bleibt jedoch weiterhin für die Anordnung und Genehmigung von LZA sowie die Vorgabe und Kontrolle von Standards zuständig. Ebenso verbleibt die Steuerung des Verkehrs als hoheitliche und somit nicht privatisierbare Maßnahme als Aufgabe der Stadt. Der Generalübernehmer hat bestehende Vertragsverhältnisse mit allen in Frage kommenden Planungsbüros, welche jedoch auf Grund der Vielzahl von Vorhaben derart stark ausgelastet sind, dass es zu zeitlichen Verzögerungen bei der Bearbeitung einzelner Aufträge kommen kann. Eine zusätzliche Beauftragung externer Firmen durch das Land Berlin ist vertraglich nicht vorgesehen. Die Umprogrammierung einer LZA mit verkehrsabhängiger Steuerung benötigt gemäß dem mit dem Generalübernehmer vereinbarten Regelablaufplan ab dem Zeitpunkt der Be- 3 stellung fünf Monate, bei einfachen Umprogrammierungen (Änderung der Wochenautomatik ) sieht der Regelablaufplan einen Zeitraum von einem Monat ab Bestellung vor. Gleichwohl kann die Umsetzung anderer wichtiger verkehrspolitischer Projekte, die ebenfalls signaltechnische Änderungen an LZA bedürfen, im Einzelfall zu zeitlichen Verzögerungen bei der Umsetzung führen. Die Kosten für Umprogrammierungen von LZA liegen je nach Komplexität des Vorhabens zwischen 1.000 Euro bis 15.000 Euro. Frage 5: Ist im Doppelhaushalt 2020/ 2021 eine zügige und beschleunigte Umrüstung der Lichtsignalanlagen ausreichend haushalterisch untersetzt? Aus welchen Haushaltstiteln wird diese Maßnahme finanziert? Antwort zu 5: Im Kapitel 0770 Titel 54010 sind für den Doppelhaushalt 2020/2021 800.000 EURO pro Jahr für LZA-Umprogrammierungen angemeldet. Das sind 300.000 EURO pro Jahr mehr als im vorherigen Doppelhaushalt auf Grund der zusätzlichen Anforderungen des Mobilitätsgesetztes , unter anderem für den Fußverkehr. Es wird derzeit davon ausgegangen, dass hiermit eine ausreichende haushalterische Untersetzung gegeben ist. Frage 6: Wann wurde die Machbarkeitsstudie zur fußgängerfreundlichen Umgestaltung der Kreuzung Messedamm/ Masurenallee/ Neue Kantstraße in Auftrag gegeben und wann ist mit dem Vorliegen der Ergebnisse zu rechnen? Antwort zu 6: Die Machbarkeitsuntersuchung für die Neugestaltung des Knotenpunktes Messedamm/ Masurenallee – Neue Kantstraße unter Berücksichtigung der Passerelle wurde im Juli 2018 beauftragt. Schwerpunkt der Untersuchung ist die Erarbeitung von Lösungsansätzen für einen modernen innerstädtischen Knoten mit ebenerdigen, barrierefreien Wegeführungen für den Fußverkehr an allen Knotenpunktarmen. Erste Ergebnisse der Untersuchung liegen voraussichtlich im 1. Quartal 2020 vor. Diese sollen die Grundlage für die Erarbeitung konkreter Lösungen zur Umgestaltung der Kreuzung bilden und sind zugleich Entscheidungshilfe für den Umgang mit der Passerelle. Die Voraussetzungen für die Anmeldung von investiven Mitteln zur Neugestaltung des Knotenpunktbereiches sind somit noch nicht gegeben. Berlin, den 06.11.2019 In Vertretung Ingmar Streese Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz