Drucksache 18 / 21 345 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 22. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Oktober 2019) zum Thema: Barrierefreies Leben in Berlin und Antwort vom 06. Nov. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 21 345 vom 22.10.2019 über Barrierefreies Leben in Berlin Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wo findet ein Rollstuhlfahrer bzw. eine Rollstuhlfahrerin eine Übersicht der verfügbaren rollstuhlgerechten Wohnungen in Berlin bei den Städtischen Wohnungsbaugesellschaften bzw. gegebenenfalls darüber hinaus? Frage 2: Gab bzw. gibt es, beispielsweise beim LaGeSo, eine Stelle in der Berliner Verwaltung, die Bürgerinnen und Bürger beim Finden einer rollstuhlgerechten Wohnung unterstützen? Antwort zu 1 und 2: Eine spezielle Übersicht der verfügbaren rollstuhlgerechten Wohnungen in Berlin bei den Städtischen Wohnungsbaugesellschaften bzw. gegebenenfalls darüber hinaus gibt es in Berlin nicht. Zur Wohnungsvermittlung rollstuhlgerechter Wohnungen trug in der Vergangenheit das mittlerweile abgeschaltete Portal „rb-wohnungen.de" des Landesamts für Gesundheit und Soziales bei. Aufgrund fehlenden Interesses bzw. Angeboten wurde das Portal abgeschaltet und ersatzweise auf das Portal „Mobidat“ verlinkt. Die einschlägigen Internetportale zur Wohnungssuche und auch das gemeinsame Portal der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften (inberlinwohnen.de) stehen für die Suche nach verfügbaren rollstuhlgerechten Wohnungen in Berlin zur Verfügung. 2 Frage 3: Wie ist der aktuelle Bestand an rollstuhlgerechten Wohnungen bei den Städtischen und insgesamt in der Stadt und wie hoch schätzt der Senat den Bedarf in zehn Jahren im Zuge des demografischen Wandels? Frage 4: Hält der Senat das Angebot an rollstuhlgerechten Wohnungen in Berlin für derzeit und künftig für ausreichend? Antwort zu 3 und 4: In Berlin gibt es keine Übersicht über den Bestand und den Bedarf rollstuhlgerechter Wohnungen bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und insgesamt. Im Übrigen wird auf die Antworten auf die Schriftlichen Anfragen der Abgeordneten Stefanie Fuchs (Linke) über Barrierearmer, barrierefreier und behindertengerechter Wohnraum im Bestand der landeseigenen Wohnungsunternehmen – Nr. 18 / 18 994 vom 21.05.2019 und des Abgeordneten Maik Penn (CDU) über Barrierefreiheit bei städtischen Wohnungsbaugesellschaften – Nr. 18 / 19 928 verwiesen. Eine Grundvoraussetzung für eine belastbare und verlässliche Planung bzw. Sicherstellung eines ausreichenden barrierefreien Wohnraumbestands ist nach wie vor die exakte Ermittlung des aktuellen Bestands und auch des Bedarfs. Hierfür steht in Berlin kein ausreichendes aktuelles Datenmaterial zur Verfügung, sodass wiederholt auf der Grundlage von älteren Schätzungen, Annahmen und Prognosen zumindest annähernde Aussagen getroffen werden. Aufgrund des demografischen Wandels wird auch vermutlich der Bedarf an rollstuhlgerechten Wohnungen steigen. Frage 5: Wenn nein, wie wird er Angebot und Nachfrage in Übereinstimmung bringen? Antwort zu 5: Dem demografischen Wandel entsprechend wurden mit dem Dritten Gesetz zur Änderung der Bauordnung für Berlin vom 17.06.2016 die Regelungen des barrierefreien Bauens fortgeschrieben. Die Verpflichtung zur Herstellung von barrierefrei nutzbaren Wohnungen eines Geschosses von Gebäuden mit mehr als vier Wohnungen wurde auf Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen ausgedehnt. Nach § 50 der Bauordnung für Berlin müssen in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen und wenn eine Pflicht zur Herstellung von Aufzügen nach § 39 Abs. 4 Satz 1 besteht, ein Drittel der Wohnungen barrierefrei nutzbar sein. Dies gilt zunächst für alle bauaufsichtlichen Verfahren gemäß § 62, § 63 oder § 64, die bis zum 31.12.2019 angezeigt oder beantragt werden. Bei allen ab dem 01.01.2020 angezeigten oder beantragten bauaufsichtlichen Verfahren muss dann die Hälfte der Wohnungen barrierefrei nutzbar sein. 3 Dadurch erhöht sich der Anteil von barrierefreien Wohnungen, die die Nutzung mit Rollatoren und Rollstühlen gewährleisten. Die Bauordnung für Berlin regelt nicht die quantitativen Anforderungen für die Berücksichtigung von „uneingeschränkt“ mit dem Rollstuhl nutzbaren Wohnungen. Ohne entsprechende Angaben über den Bedarf an diesen Wohnungen sind hierzu keine Aussagen möglich. Die Wohnraumförderungsbestimmungen 2018 (WFB 2018) beinhalten eine verbesserte Förderung für größere, familiengerechte Wohnungen sowie die ausdrückliche Möglichkeit, für gemeinschaftliche Wohnformen einen Anteil der individuell genutzten Wohnfläche auf Gemeinschaftsflächen zu übertragen und weiterhin die Option, für barrierefreie oder rollstuhlgerechte Wohnungen die maximalen Wohnflächen zu überschreiten. Mit den „Wohnraumförderungsbestimmungen 2019 (WFB 2019)“ wurden weitere relevante Förderkomponenten vorgesehen, die u.a. zur Schaffung von barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbaren Wohnungen gemäß DIN 18040-2 („R“) einen pauschalen Zuschuss von 14.000 € je geförderter Wohnung vorsehen. Frage 6: Welchen Beitrag wird der Mietendeckel zur Schaffung von rollstuhlgerechtem Wohnraum in Berlin leisten? Antwort zu 6: Ein Beitrag vom Mietendeckel zur Schaffung von rollstuhlgerechtem Wohnraum in Berlin wird nicht gesehen und nicht erwartet. Frage 7: In welchem Umfang wird der erhöhte Raumbedarf von Rollstuhlnutzerinnen und Rollstuhlnutzern bei der Vergabe von Wohnberechtigungsscheinen und Kostenübernahmen berücksichtigt? Antwort zu 7: Mehrraum kann gemäß § 27 Abs. 4 Nr. 1 a WoFG aufgrund besonderer persönlicher Bedürfnisse anerkannt werden. Wenn eine dauerhafte Erkrankung oder Behinderung besteht, die einen Mehrraum (z. B. ein gesondertes Schlafzimmer) unbedingt erforderlich macht. In Zweifelsfällen kann das LAGeSo um Stellungnahme ersucht werden. Als Nachweis schwerer Behinderung dienen die Merkzeichen "AG" (außergewöhnlich gehbehindert), "BL" (blind) oder "H"(hilflos). Frage 8: Wie viele Wohnungen in Berlin entsprechen derzeit umfassend der DIN 18040-2 und wie viele derartige Wohnungen wurden in den letzten fünf Jahren neu errichtet und wie viele befinden sich aktuell in der Errichtung? Antwort zu 8: Siehe Antwort zu Fragen 3 und 4. 4 Frage 9: Hält der Senat dies für ausreichend und wenn nein, wie wird er das Angebot ausweiten? Antwort zu 9: Siehe Antwort zu Frage 5. Frage 10: Werden generell bei der Planung von neuen Aufzügen in Wohnhäusern die Anforderungen durch Elektrorollstühle (Maße, Gewicht) beachtet, da nicht alle Menschen auf Faltrollstühle umsetzbar sind? Frage 11: Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 10 und 11: Die Anforderungen an Aufzüge sind in § 39 Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 der Bauordnung für Berlin geregelt. Die technische Beschaffenheit der Aufzüge ist nicht Regelungsgegenstand des Bauordnungsrechts, sondern ist sowohl in der Aufzugsrichtlinie 2014/33/EU als auch in der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG enthalten und damit durch die EU geregelt. Für die Zugänglichkeit von Aufzügen für Personen gilt beispielsweise die DIN EN 81-70. Der bauordnungsrechtlich geforderte Aufzug für Rollstuhlfahrer mit einer Größe von 1,10 m x 1,40 m (Zugänglich für einen Rollstuhlbenutzer mit einer Begleitperson) muss gemäß dieser DIN EN ein Mindestgewicht von 630 kg ermöglichen. Damit ist selbst dieser kleiner bemessene Aufzug für Elektrorollstühle nutzbar. Berlin, den 06.11.2019 In Vertretung Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen