Drucksache 18 / 21 353 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 23. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Oktober 2019) zum Thema: Hisbollah-Strukturen im Land Berlin und Antwort vom 06. Nov. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21353 vom 23. Oktober 2019 über Hisbollah-Strukturen im Land Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Organisationen und Unterstützervereine, die der Hisbollah (schiitisch-islamistische HIZB ALLAH) nahestehen, gibt es nach Kenntnis des Senates in Berlin? Wie viele Hisbollah-Anhänger gibt es in Berlin? Wie hat sich die Anzahl der Anhänger in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? Wie viele Personen sind davon als gewaltbereit einzustufen? Zu 1.: Nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Verfassungsschutzgesetz Berlin (VSG Bln) ist es Aufgabe des Verfassungsschutzes, Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, zu beobachten. Der Berliner Verfassungsschutz informiert in seinen jährlichen Verfassungsschutzberichten über verschiedene extremistische Phänomenbereiche und deren Entwicklung. Darüber hinaus gibt er aus Geheimschutzgründen in öffentlich zu beantwortenden Anfragen keine Auskunft zur Beobachtung einzelner Organisationen. Den Verfassungsschutzberichten Berlin ist zu entnehmen, dass das der „Hizb Allah“ zuzurechnende Personenpotenzial seit 2010 unverändert 250 Personen beträgt. Diese verhalten sich in Deutschland unauffällig. Sie nutzen Deutschland als Ruheraum und für Geldsammlungen. 2. Bestehen Erkenntnisse, dass die Hisbollah auch in Berlin als kriminelle Vereinigung organisiert ist oder Beziehungen zum organisierten Verbrechen unterhält? 3. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat über Verbindungen der Hisbollah zu libanesischen kriminellen Clans in Berlin vor? Zu 2 und 3.: Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 20. September 2019 die Ermächtigung zur Verfolgung bereits begangener und zukünftiger Straftaten Seite 2 von 3 durch Mitglieder der Vereinigung „Hizb Allah“, auch: „Hisbollah“ erteilt. Diese Ermächtigung ist Voraussetzung für die Verfolgung bestimmter Delikte im Staatsschutzstrafrecht . Zudem waren beim Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof entsprechende Prüfvorgänge zu im Inland aufhältigen Personen anhängig. Die Polizei Berlin war und ist derzeit nicht mit entsprechenden Strukturermittlungen beauftragt. Die Prüfung von Zusammenhängen zwischen den Phänomenbereichen der Organisierten Kriminalität und der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) erfolgt bei der Polizei Berlin anlassbezogen. Mit der Einrichtung des Zentrums für Analyse und Koordination zur Bekämpfung krimineller Strukturen beim Landeskriminalamt Berlin (LKA 4 ZAK BkS) zum 1. April 2019 wird darüber hinaus ein institutionalisierter Informationsaustausch bezogen auf den Phänomenbereich der sogenannten „Clankriminalität “ mit allen Dienstbereichen der Polizei Berlin gewährleistet, in den sowohl die sechs örtlichen Direktionen als auch alle Abteilungen des LKA eingebunden sind. Mögliche Zusammenhänge zwischen dem Täterklientel der Organisierten Kriminalität und dem islamistischen Personenspektrum werden dabei selbstverständlich geprüft. 4. Wie viele Strafverfahren wurden nach Kenntnis des Senats in dem Zeitraum vom 31. Januar 2014 bis zum 31. Januar 2019 gegen Personen in Berlin geführt, bei denen eine Verbindung zur Hisbollah festgestellt werden konnte? (bitte nach Jahr aufschlüsseln) Zu 4.: In der Abteilung 17 der Generalstaatsanwaltschaft, die für entsprechende Verfahren zuständig wäre, werden keine Verfahren wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung der Hisbollah geführt. Ob und wo es Verfahren gegen Personen gegeben hat, die mit der Hisbollah lediglich „in Verbindung standen“, ist hingegen nicht feststellbar. Die Strafverfolgungsbehörden betreiben keine Falldatenbank, sondern lediglich ein Verfahrensregister, in dem der Gegenstand des Verfahrens nur abstrakt durch Angabe von Strafvorschriften erfasst wird, nicht hingegen der dem Verfahren zugrundeliegende Sachverhalt. Eine statistische Auswertung in Hinblick auf einen speziellen Verfahrensgegenstand ist nur möglich, wenn insoweit bereits bei der Eintragung des Verfahrens eine Nebenverfahrensklasse definiert ist, mit deren Hilfe sich die Verfahren später ermitteln lassen. Eine derartige Nebenverfahrensklasse für „Verbindungen zur Hisbollah“ gibt es nicht. 5. Liegen dem Senat Erkenntnisse über Moscheevereine, die Beziehungen zur Hisbollah unterhalten und/oder durch die Hisbollah oder ihren Geldgebern (z.B. den iranischen Revolutionsgarden) finanziert werden, vor? 6. Über welche Erkenntnis verfügt der Senat zu Versammlungen und Aktivitäten der libanesischen Hisbollah oder ihnen nahestehende Organisationen in Berlin? Zu 5 und 6.: Siehe Antwort zu Frage 1. 7. Welche Rolle spielt die libanesische Hisbollah bzw. deren Anhänger nach den Kenntnissen des Berliner Senats bei der Organisation der Al-Quds-Marsch in Berlin? Zu 7.: Wie in den vergangenen Jahren rief 2019 die „Quds-AG“ als Organisator der Versammlung zur Teilnahme auf. Anhänger der „Hizb Allah“ beteiligen sich seit Jahren an den in Berlin stattfindenden Demonstrationen zum internationalen „Al- Seite 3 von 3 Quds“-Tag. Bevor 2016 erstmals das Zeigen von Flaggen und Symbolen der „Hizb Allah“ durch Auflagen der Versammlungsbehörden unterbunden wurde, gehörten diese zum festen Bild des Aufmarsches. 8. In einigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) ist die Hisbollah bereits als Gesamtorganisation verboten. Wie bewertet der Senat Forderungen, die Hisbollah oder weitere Gruppierungen mit Verbindungen zur Hisbollah als kriminelle und/oder terroristische Vereinigung einzustufen und zu verbieten? Wie bewertet der Senat die Entscheidung der Europäischen Union, die Hisbollah als Organisation in einen militärischen und einen politischen Flügel zu unterteilen? Zu 8.: Der Senat äußert sich nicht zu juristischen Einschätzungen auf europäischer Ebene und bewertet keine Entscheidungen der Europäischen Union. Berlin, den 06. November 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport