Drucksache 18 / 21 368 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thorsten Weiß (AfD) vom 15. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Oktober 2019) zum Thema: Genitalverstümmelung bei Jugendlichen und Minderjährigen in Berlin und Antwort vom 12. November 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Thorsten Weiß (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21368 vom 15. Oktober 2019 über Genitalverstümmelung bei Jugendlichen und Minderjährigen in Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorwort des Abgeordneten: „In Deutschland sind rund 65.000 Mädchen und Frauen von der Praxis (der Genitalverstümmelung) betroffen, weitere 15.000 sind laut Angaben von Terre des Femmes potenziell bedroht “ (Tageszeitung vom 6. Februar 2019). 1. Wie viele Fälle von Genitalverstümmelung sind dem Senat seit dem Jahr 2010 bei Jugendlichen und Minderjährigen in Berlin bekannt? 2. In wie vielen Fällen wurden von 2010 bis 2019 (bei weiblicher und männlicher Genitalverstümmelung) Strafermittlungsverfahren eingeleitet? Zu 1. und 2.: Sofern der Staatsanwaltschaft Berlin ein entsprechender Sachverhalt bekannt wird, wird auch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren eingeleitet. Seit dem Inkrafttreten des § 226a Strafgesetzbuch (StGB) am 28. September 2013 sind lediglich jeweils ein Fall der Genitalverstümmelung im Jahr 2018 und 2019 zur Anzeige gebracht worden. Dabei wurde im Jahr 2018 ein zeitlich länger zurückliegender Sachverhalt von einer erwachsenen Geschädigten angezeigt, die zum Tatzeitpunkt im Kindesalter war. In dem 2019 angezeigten Fall soll es sich ebenfalls um ein Kind gehandelt haben . Weitere Fälle von Genitalverstümmelung sind darüber hinaus nicht bekannt geworden , insbesondere konnten in der Zeit vor dem Inkrafttreten des § 226a StGB keine Fälle von Genitalverstümmelung im Aktenverwaltungssystem bei den Strafverfolgungsbehörden festgestellt werden. 2 3. Falls das Land Berlin aktenkundige Fälle dieses Missbrauchs aufweisen kann: Mit welchen zukünftigen Herausforderungen, insbesondere bei der medizinischen und psychosozialen Betreuung der Opfer, rechnet die Landesregierung? 4. Wie hoch werden die voraussichtlichen Kosten für die resultierende Opferbetreuung sein? Zu 3. und 4: Mit dem Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren vom 21. Dezember 2015 wurde in der Strafprozessordnung das Institut der psychosozialen Prozessbegleitung eingeführt. Die entsprechenden Regelungen traten zum 1. Januar 2017 in Kraft. Bei der psychosozialen Prozessbegleitung handelt es sich um eine intensive Form der Zeugenbegleitung im Rahmen eines Ermittlungs- und Strafverfahrens, die nur durch hierfür speziell weitergebildete Fachkräfte durchgeführt wird. Sie richtet sich in erster Linie an besonders belastete, traumatisierte Opferzeugen schwerer Sexual- und Gewaltdelikte. Auch der durch ein Verbrechen nach § 226a StGB Verletzten, bei welcher die Tat zu schweren körperlichen oder seelischen Schäden geführt hat oder voraussichtlich führen wird, kann gemäß den §§ 406g Abs. 3 Satz 2, 397a Abs. 1 Nr. 3 Strafprozessordnung (StPO) auf ihren Antrag ein psychosozialer Prozessbegleiter beigeordnet werden, wenn die besondere Schutzbedürftigkeit der Verletzten dies erfordert. In Anbetracht der bislang bei den Strafverfolgungsbehörden erfassten Fallzahlen werden sich die Kosten – soweit es die psychosoziale Prozessbegleitung betrifft – voraussichtlich im Rahmen der bisherigen Aufwendungen halten. Eine Aufschlüsselung der Kosten nach zugrundeliegenden Delikten erfolgt nicht, sodass die Frage 4 nicht beantwortet werden kann. Soweit das Integrierte Gesundheitsprogramm (IGP) betroffen ist, kann folgendes berichtet werden: Die Arbeitsgruppe 4/Integriertes Gesundheitsprogramm, die im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung angesiedelt ist, vermag keine Aussage zu den „voraussichtlichen Kosten für die resultierende Opferbetreuung “ treffen, da im IGP im Projekt des Familienplanungszentrums Balance e.V. ausschließlich die Personalkosten zweier Hebammen berücksichtigt sind, welche sich bei ihr Arbeit u. a. dem Thema der Genitalverstümmelungen geflüchteter Frauen widmen. Aus dem IGP erfolgen keine Zahlungen an die Opfer. Berlin, den 12. November 2019 In Vertretung Dr. Brückner Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung