Drucksache 18 / 21 428 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Burkard Dregger (CDU) und Stefan Evers (CDU) vom 28. Oktober 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Oktober 2019) zum Thema: Einladung zum Kindesmissbrauch in Berliner Kitas? Was wusste die Senatsverwaltung ? und Antwort vom 15. Nov. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Burkhard Dregger (CDU) und Herrn Abgeordneten Stefan Evers (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21428 vom 28. Oktober 2019 über Einladung zum Kindesmissbrauch in Berliner Kitas? Was wusste die Senatsverwaltung ? ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Seit wann hat der Senat Erkenntnisse, dass in Berliner Kindertagesstätten die Methode „Original Play“ eingesetzt wird und dass dabei kitafremde Personen gegen Zahlung eines dreistelligen Eurobetrages Zugang zu den der Kita anvertrauten Kindern erhalten, um mit diesen in intimen Körperkontakt zu treten („Kuschelraufen“)? Zu 1.: Dem Senat ist erstmals im Mai 2018 bekannt geworden, dass die Methode „Original Play“ in einer Kita angewandt wurde. Kenntnisse über die Durchführung von Workshops mit kitafremden Personen und der Zahlung von Gebühren/Honorare durch den Träger hat der Senat im Oktober 2019 erlangt. 2. Wie bewertet der Senat diese Praxis, nach der sich fremde Erwachsene buchstäblich den Umgang mit Kindern „erkaufen“ können? 2 Zu 2.: Der Senat bewertet diese Methode sehr kritisch und hat im Rahmen des präventiven Kinderschutzes die Anwendung von „Original Play“ in Berliner Kindertageseinrichtungen am 30.10.2019 untersagt. 3. In welchen Berliner Kindertagesstätten kam es über welchen Zeitraum hinweg zu dieser Form des Kindesmissbrauchs, wer sind die Träger der jeweiligen Kindertagesstätten und wie vielen kitafremden Personen wurde auf diese Weise der intime Körperkontakt mit Kindern ermöglicht? Zu 3.: Dem Senat sind nach heutigem Kenntnisstand keine Fälle bekannt, in denen es im Zusammenhang mit der Anwendung der Methode zu Kindesmissbrauch gekommen ist. Der Senat hat den im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Methode bekannt gewordenen Tageseinrichtungen entsprechende Fragebögen übersandt; die Ergebnisse liegen noch nicht vollständig vor. 4. Wie viele Kinder sind dabei in Körperkontakt zu kitafremden Personen gebracht worden? 5. Wer waren die Beteiligten, die diese Praxis in Berliner Kindertagesstätten ermöglicht und durchgeführt haben? 6. Wurden die Eltern der Kinder, die eine der betreffenden Kitas besucht haben bzw. besuchen über die fragwürdigen Methoden informiert und wenn ja, durch wen, in welcher Weise und zu welchem Zeitpunkt? 7. Welche Erkenntnisse hat der Senat zur Höhe der Zahlungen, mit der sich kitafremde Personen den Zugang zu den Kita-Kindern erkauft haben und durch wen wurden sie vereinnahmt? Zu 4. bis 7.: Dem Senat liegen zum jetzigen Zeitpunkt die Ergebnisse der Befragung noch nicht vor. Ein Rücklauf wird bis zum 15.11.2019 erwartet. Ergebnisse werden nach Abschluss der Auswertung, wie im Bildungsausschuss besprochen, mitgeteilt. 8. Haben sich Kita-Beschäftigte und/oder Eltern mit Beschwerden an die Kita-Aufsicht der Senatsverwaltung oder an eine andere Stelle gewandt und wenn ja, wann und wie wurde mit diesen Beschwerden umgegangen bzw. welche Maßnahmen wurden daraufhin ergriffen? Zu 8.: Im Zusammenhang mit der Anwendung der Methode „Original Play“ haben sich weder vor noch nach der Berichterstattung Beschäftigte und/oder Eltern mit Beschwerden an die Kita-Aufsicht gewandt. 9. Welche Erkenntnisse hat der Senat zur Begehung von Straftaten zulasten von Kita-Kindern im Rahmen dieser Vorfälle? 10. Wie viele Strafanzeigen sind wegen der zuvor beschriebenen Vorgänge jeweils wann gestellt worden? 3 11. Sind Ermittlungen aufgenommen worden, sind im Rahmen dieser Ermittlungen die Anzeigenerstatter , die Kinder und das Kita-Personal vernommen worden und wenn nein, warum nicht? Zu 9. bis 11.: Der Senat geht davon aus, dass sich die Fragestellungen auf die in der Berichterstattung genannte evangelische Kindertagesstätte beziehen. Die bekannten Anzeigeinhalte haben keinen Zusammenhang zum „Original Play“ hergestellt. Der Tatvorwurf lautete auf Verdacht auf sexuellen Missbrauch, ganz unabhängig von der Anwendung der Methode „Original Play“. Der Kita-Aufsicht waren 3 Anzeigen bekannt. Die Ermittlungen sind durch das Landeskriminalamt aufgenommen worden und an die Staatsanwaltschaft weiter geleitet worden. Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft wurden alle Ermittlungsverfahren im Dezember 2018 eingestellt. 12. Wurde seitens der zuständigen Senatsverwaltung geprüft, ob diejenigen Erzieherinnen und Erzieher , die im Rahmen von „Original Play“ - Workshops die ihnen zur Betreuung anvertrauten Kinder fremden Erwachsenen zum Zweck des intimen und körperbetonten „Kuschelraufens“ zugeführt haben, geeignet sind, weiterhin als Erzieher tätig zu sein? 13. Sind die besagten Erzieherinnen und Erzieher weiterhin in Berliner Kindertagesstätten tätig und wenn ja, in welchen? Zu 12. und 13.: Es wird auf die Beantwortung zu den Fragen 9 bis 11 verwiesen. Die in Zusammenhang mit den unabhängig von der Methode „Original Play“ wegen sexuellen Missbrauchs verdächtigten Beschäftigten wurden sofort vom Träger suspendiert bzw. freigestellt. Nach Einstellung der Ermittlungsverfahren sind die Erzieherinnen und Erzieher beim Träger in anderen Einrichtungen wieder beschäftigt worden. Die namentliche Nennung ist aus Gründen des Datenschutzes nicht möglich. 14. Wurde insbesondere eine Tätigkeitsuntersagung nach § 48 SGB VIII geprüft und wenn ja, was hat die Prüfung ergeben? Wenn nein, warum nicht? Zu 14.: Die Personalhoheit und -verantwortung liegt bei den Trägern der Kindertagesstätten. Im vorliegenden Fall ist der Träger sofort seiner Verantwortung durch Suspendierung bzw. Freistellung nachgekommen, so dass die Untersagung der Tätigkeit gemäß § 48 SGB VIII nicht erfolgen musste. Die Tätigkeitsuntersagung im Sinne des § 48 SGB VIII stellt keine generelle Untersagung der Tätigkeit dar, sondern bezieht sich auf die konkrete Untersagung in einer Einrichtung. 4 15. Die Generalsuperintendentin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hat ausgeführt, es könnte ein „Fehler“ sein, kitafremde Erwachsene ohne Vorlage eines (erweiterten) Führungszeugnisses den der Kindertagesstätte anvertrauten Kindern zum Zweck des „Original Play“ zuzuführen - teilt der Senat diese Ansicht? 16. Ist der Senat der Auffassung, dass „Original Play“ zu billigen ist, falls von den interessierten Personen zuvor ein (erweitertes) Führungszeugnis ohne entsprechende Eintragungen vorgelegt wurde ? Zu 15. und 16.: Ja, der Senat hält dies für einen eklatanten Fehler, aber auch mit Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses sieht der Senat den Einsatz von kitafremden Personen in „Spielsituationen“ mit engem Körperkontakt sehr kritisch. Zur Vermeidung der Beschäftigung von Personen, die nach denen in § 72 a SGB VIII aufgeführten Straftaten rechtkräftig verurteilt worden sind, sollen den Träger der freien Jugendhilfe erweiterte Führungszeugnisse vorgelegt werden. Dies gilt auch für neben- und ehrenamtlich Beschäftigte. 17. Welche Maßnahmen hat die zuständige Senatsverwaltung im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht jeweils wann gegenüber den Trägern einschlägiger Kindertagesstätten ergriffen? Zu 17.: Der im Jahr 2018 bekannt gewordene Träger hat die Methode bereits vor dem Vorgehen der Kita-Aufsicht selbst untersagt. 18. Trifft es nach den Erkenntnissen der Senatsverwaltung zu, dass der Leiter einer der betreffenden Kindertagesstätten bei anderer Gelegenheit mit den ihm anvertrauten Kindern nackt baden war und wenn ja, wann hat der Träger die Aufsichtsbehörde über diesen Vorgang informiert, wie bewertet die Senatsverwaltung diesen Vorgang und welche Konsequenzen wurden daraus gezogen ? Zu 18.: Dieser Vorgang ist der Senatsverwaltung nicht bekannt. 19. Wie wird die in „Original Play“ angelegte Möglichkeit des Kindesmissbrauchs bisher in den Kinderschutz - bzw. Präventionskonzepten der Träger von Berliner Kindertagesstätten adressiert? 5 Zu 19.: In den Kinderschutz- bzw. Präventionskonzepten der Träger von Berliner Kindertagesstätten war die Methode „Original Play“ bisher nicht erwähnt worden. Die Träger sind verpflichtet, in den entsprechenden Schutzkonzepten Verfahren und Handlungsleitlinien u.a. zu dem Themenfeld „Vermeidung von grenzüberschreitendem verletzendem Verhalten von Beschäftigten“ darzulegen. Berlin, den 15. November 2019 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie