Drucksache 18 / 21 479 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Trefzer (AfD) vom 04. November 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. November 2019) zum Thema: Umstrittene Entscheidung der Freien Universität im Plagiatsfall Dr. Franziska Giffey und Antwort vom 18. November 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung - Herrn Abgeordneten Martin Trefzer (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21479 vom 4. November 2019 über Umstrittene Entscheidung der Freien Universität im Plagiatsfall Dr. Franziska Giffey ________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht ohne Einbeziehung der staatlichen Berliner Hochschulen beantworten kann. Die Freie Universität Berlin wurde daher um Stellungnahme gebeten. Am 30. Oktober 2019 hat die Freie Universität bekannt gegeben, dass sie Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey eine Rüge erteilt, weil sie in ihrer Doktorarbeit wissenschaftliche Standards nicht durchgehend beachtet hat. Eine Aberkennung des Doktortitels erfolgte nicht. Diese Entscheidung hat aus mehreren Gründen in der Öffentlichkeit und in der Wissenschaft Bedenken hervorgerufen. 1. Auf welche gesetzliche oder untergesetzliche Rechtsgrundlage, etwa in der Promotionsordnung, kann sich die FU Berlin bei der Erteilung einer Rüge berufen? Zu 1.: Gemäß dem Berliner Hochschulgesetz (§ 34 Abs. 7 und 8 BerlHG) besteht ein Ermessensspielraum in Prüfungsverfahren von beanstandeten Dissertationen. 2. Stellt die Rüge nach Ansicht des Senats einen belastenden Verwaltungsakt dar? Falls nein, welches Verwaltungshandeln stellt die Rüge dar und wie kann durch wen verwaltungsrechtlich dagegen vorgegangen werden? Zu 2.: Nein. Es handelt sich um eine Bewertung der Freien Universität Berlin. 3. Auf welcher Rechtsgrundlage will die FU Berlin die ausgesprochene Rüge in der veröffentlichten Arbeit - -2 von Frau Dr. Giffey vermerken und damit öffentlich machen? Zu 3.: Die Kenntlichmachung erfolgt unter Berücksichtigung des Berliner Datenschutzgesetzes. 4. Wurde Frau Dr. Giffey oder ihr Rechtsvertreter vor der Erteilung der Rüge dazu angehört? Zu 4.: Nein. 5. Hat die FU bei ihrer Plagiatsprüfung lediglich die von der Wissenschaftsplattform „VroniPlag Wiki“ beanstandeten Plagiate geprüft oder auch darüber hinaus andere Passagen der Doktorarbeit systematisch auf Plagiate untersucht? Falls nicht, weshalb ist das nicht geschehen? Zu 5.: Es lag die gesamte Dissertation von Frau Dr. Giffey vor. Auf der Grundlage der von Vroni Plag beanstandeten Stellen wurde eine systematische Plagiatsprüfung vorgenommen. 6. Kann die FU ausschließen, dass sich in den Teilen der Doktorarbeit von Frau Dr. Giffey, die nicht Gegenstand des Berichts von „VroniPlag Wiki“ waren, Plagiate befinden? Zu 6.: Grundsätzlich kann dies bei keiner Dissertation mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden. 7. Welche Untersuchungsergebnisse und Kriterien der Plagiatsfeststellung von „VroniPlag Wiki“ hat sich die FU zu eigen gemacht, um sie zur Grundlage einer Rüge zu machen? Zu 7.: Die Freie Universität Berlin hat eine eigene und unabhängige Bewertung der von Vroni Plag Wiki beanstandeten Stellen durchgeführt. Die systematische Plagiatsprüfung hat ergeben, dass Frau Dr. Giffey in ihrer Dissertation die Standards wissenschaftlichen Arbeitens nicht durchgängig beachtet hat. Dafür wurde eine Rüge erteilt. 8. Welche Plagiatsvorwürfe in den 119 von „VroniPlag Wiki“ berichteten Fällen hat die FU Berlin berücksichtigt , um das „quantitative Überhandnehmen“ der Plagiate abzulehnen (bitte die 119 Fälle einzeln nach Seitenzahlen in der veröffentlichten Fassung der Doktorarbeit aufschlüsseln)? Zu 8.: Die Freie Universität Berlin hat die von VroniPlag Wiki beanstandeten Stellen systematisch geprüft. Eine „Überhandnahme“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes wurde nicht bejaht. 9. Mit welcher Mehrheit hat die fünfköpfige Prüfungskommission dem Präsidium empfohlen, eine Rüge aus- - -3 zusprechen? Zu 9.: Der Vorschlag wurde einstimmig beschlossen. 10. Wieso war die Frauenbeauftragte der FU Berlin nicht an der Entscheidung beteiligt? Zu 10.: In dem Verfahren bestand kein Mitbestimmungsrecht der Frauenbeauftragten. Die Entscheidung gemäß § 34 Abs. 7 und 8 BerlHG gehört nicht zu den in § 59 Abs. 6 BerlHG geregelten Maßnahmen. 11. In meiner Anfrage vom 25. Juni 2019 (Drucksache 18/20044) wurden einige Fragen mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht beantwortet. Das Verfahren ist nun abgeschlossen. Daher kann der Senat nun folgende Fragen beantworten: a) In ihrer Dissertation gibt Franziska Giffey ihre Quellen im laufenden Text in Klammern mit Autorenname und Erscheinungsjahr an, allerdings ohne Seitenzahl. Entspricht dieses Vorgehen nach Auffassung der FU Berlin guter wissenschaftlicher Praxis im Fach Politikwissenschaft? Wenn nein, warum nicht? b) In welcher Form wurde an der FU Berlin im Fall Giffey die Einhaltung von Zitierregeln überprüft, bevor der Doktortitel verliehen wurde? c) Auf Seite 3 der Arbeit von Frau Giffey wird die Erstgutachterin als „Prof. Dr. rer. Pol. Tanja Anita Börzel“ bezeichnet, obwohl sie am European University Institute in Florenz einen Ph. D in Political and Social Sciences erworben hat – also kein Dr. rer. Pol. ist. Wieso hat die FU Berlin diesen Fehler vor Veröffentlichung der Arbeit auf dem universitätseigenen Server nicht korrigiert? Zu 11. a), b) und c): Es gelten die allgemeinen Zitierregeln. Entscheidend ist nicht, welche Zitierweise genutzt wird, sondern, dass die Übernahme einer Fremdleistung nachprüfbar gemacht wird. Die Promovierenden müssen sich für eine der anerkannten Zitierweisen entscheiden und diese dann befolgen. Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler werden darauf hingewiesen , dass sie die Zitierregeln beachten müssen. Zudem erklären alle Doktoranden mit der Einreichung der Dissertation diese selbstständig verfasst zu haben. Die Freie Universität Berlin wird eine entsprechende Anpassung der Titelbezeichnung der Erstgutachterin vornehmen . 12.: Weshalb hat sich der Senats bis heute nicht dazu durchringen können, der Wissenschaftsplattform „VroniPlag Wiki“ für die dort ehrenamtlich geleistete Arbeit zu danken? Zu 12.: Der Berliner Senat begrüßt jede Form von konstruktivem Engagement, die Qualität in Wissenschaft und Forschung zu sichern und zu erhöhen. Berlin, den 18. November 2019 In Vertretung Steffen Krach Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung -