Drucksache 18 / 21 502 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 04. November 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. November 2019) zum Thema: Videoaufzeichnung von Straftaten II und Antwort vom 21. November 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/21 502 vom 04. November 2019 über Videoaufzeichnung von Straftaten II ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nur zum Teil in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Anstalt öffentlichen Rechts um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wurde der Beantwortung zugrunde gelegt. 1. Welche Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) nach Art. 35 DSGVO hat die BVG aktuell für die Anwendung der Videoaufzeichnung a) in ihren Bahnhöfen und b) Verkehrsmitteln getroffen? (bitte im Wortlaut wiedergeben, sofern dieses nicht eingestuft sein sollte. Sofern eingestuft, seit wann und durch wen aus welchen Gründen?) Zu 1.: Die BVG teilt mit, dass der Einsatz der Videotechnik in den Fahrzeugen, Bahnhöfen, Haltestellen und Betriebsanlagen (Strecken, Tunnel, Aufstellanlagen, Betriebshöfe ) der BVG in Bezug auf den Zweck der Datenverarbeitung erforderlich ist. An allen Einsatzorten wird die Videotechnik für die folgenden Zwecke eingesetzt: Durchführung und Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebsablaufes, Wahrnehmung des Hausrechts, Auswertung von Betriebsvorkommnissen, Verhinderung und Verfolgung von Vandalismus und Aufklärung von Straftaten. Die BVG hat eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) gemäß Art. 35 Abs. 3 lit. c) DSGVO erstellt. Der Begriff „Einstufung“ im Zusammenhang mit einer DSFA ist dem Unternehmen nicht bekannt. Die BVG ist aber zu dem Ergebnis gekommen, dass der Einsatz von Videotechnik datenschutzkonform ist, da der Einsatz der Videotechnik ein geeignetes Mittel ist, diese Zwecke zu verfolgen, insbesondere der konkreten Gefährdung für Leib, Leben sowie Eigentum zu begegnen. Mildere, gleich effektive Mittel stehen nicht zur Verfügung. Risiken für die Rechte und Freiheiten von Personen werden durch entsprechende Sicherungs- / Gegensteuerungsmaßnahmen vermieden. - 2 - 2. Welche Beeinträchtigung des Hausrechts oder einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe liegt im Bereich der BVG vor, bei der die dauerhafte Videoaufzeichnung zur Zweckerreichung a) geeignet und b) verhältnismäßig wäre? (§ 20 Abs. 1 BlnDSG) Zu 2.: Eine Beeinträchtigung des Hausrechts der BVG liegt immer dann vor, wenn Personen in den Anlagen und Verkehrsmitteln der BVG gegen die geltende Hausordnung bzw. den geltenden VBB-Tarif verstoßen, insbesondere, wenn Straftaten begangen werden oder andere die Sicherheit und Ordnung des Betriebes störende Handlungen vorgenommen werden. Die im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe der BVG ist die Durchführung von öffentlichem Personennahverkehr für Berlin mit dem Ziel kostengünstiger und umweltfreundlicher Verkehrsbedienung sowie aller hiermit in technischem und wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Tätigkeiten (§ 3 Abs. 4 Berliner Betriebe-Gesetz). Hierzu gehören auch die Sicherstellung der betrieblichen Abläufe und die Gewährleistung der betrieblichen Ordnung. Diese im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe wird ebenfalls durch solche vorgenannten Handlungen gestört. Störungen können jedoch auch technisch bedingt sein oder durch ein übermäßiges Fahrgastaufkommen auftreten. Der Einsatz der Videotechnik ist ein geeignetes Mittel, diese Zwecke zu verfolgen, insbesondere der konkreten Gefährdung für Leib, Leben sowie Eigentum zu begegnen . Mildere, gleich effektive Mittel stehen nicht zur Verfügung. Insbesondere ist der Einsatz von Wachpersonal in den Fahrzeugen, Bahnhöfen, Haltestellen und Betriebsanlagen (Strecken, Tunnel, Aufstellanlagen, Betriebshöfe) der BVG gegenüber dem Einsatz von Videotechnik nicht gleichermaßen effektiv, da das Personal nicht flächendeckend eingesetzt werden kann, insbesondere nicht in baulich verwinkelten Bahnhöfen mit mehreren Zwischenebenen o.ä.. Videotechnik ermöglicht einfacher und effizienter die Auswertung von Betriebsvorkommnissen , da menschliche Wahrnehmungen in Stresssituationen naturbedingt weniger objektiv sein können als eine Technik, die vorbehaltlos und ohne Filterung das auszuwertende Ereignis wiedergibt. In Bezug auf Straftaten ist der Einsatz von Videotechnik effektiver, weil die Wiedererkennung einer Straftäterin oder eines Straftäters durch eine natürliche Person weniger eindeutig ist als durch eine entsprechende Videoaufnahme. Im Ergebnis ist der Einsatz von Videotechnik erforderlich. 3. Ist es möglich, dass Mitarbeiter der BVG gezielt durch die Videoaufzeichnungsanlagen der BVG überwacht werden? Gibt es diesbezüglich interne Regelungen, etwa Betriebsvereinbarungen? Wenn ja, welche und wie lauten diese? Zu 3.: Nein, das ist nicht möglich. Die Einsichtnahme in Videoaufzeichnungen ist in der BVG streng reglementiert. Danach dürfen Videoaufzeichnungen nur für festgelegte Zwecke durch die BVG verwendet werden. Besteht die Möglichkeit, dass Beschäftigte aufgezeichnet wurden oder werden gegen Beschäftigte Vorwürfe erhoben, die sich nur mittels Einsichtnahme in die Videobilder aufklären lassen, so wird grundsätzlich der Datenschutzbeauftragte der BVG sowie die Arbeitnehmervertretung hinzugezogen . Der Umgang mit Videotechnik und Videodaten ist in einer zwischen der BVG und der Arbeitnehmervertretung geschlossenen Dienstvereinbarung geregelt. 4. Welche Möglichkeiten zur Einsicht in eigene (Video)daten haben betroffene Kunden konkret und wie sind diese Möglichkeiten ausgestaltet? Wie häufig haben in den Jahren 2018 und 2019 a) Kunden oder b) Mitarbeiter der BVG Einsicht in sie selbst betreffende Videodaten genommen? Zu 4.: Da die Einsichtnahmen in die Videoaufzeichnungen wie beschrieben geregelt sind, haben Kundinnen und Kunden keine Möglichkeit, in eigene Videodaten Einsicht zu nehmen. Dies ist schon darin begründet, dass die BVG keine Identifizierungen der - 3 - aufgenommenen Personen vornimmt. Wenn Kundinnen und Kunden oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich melden, um Videodaten sichern zu lassen, weil sie z.B. einer Straftat zum Opfer gefallen sind, sichert die BVG diese Videodaten, gibt sie aber ausschließlich auf Anfrage der Polizei an Polizeibeamte heraus. Eine Sichtung der Videodaten im Beisein von Betroffenen erfolgt nur im Rahmen der Beweisführung bei Gericht oder intern zur Aufklärung schwerwiegender Betriebsvorkommnisse unter Einbeziehung des Datenschutzbeauftragten der BVG sowie der zuständigen Arbeitnehmervertretung. Zur Anzahl der Einsichtnahme in die Videodaten durch Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führt die BVG keine Statistik. 5. Nach welchem Löschkonzept werden konkret die erfassten Daten nach 48 Stunden gelöscht? Zu 5.: Die BVG teilt mit, dass das Löschkonzept in einem integrierten Ringspeicherverfahren besteht. Das bedeutet, dass Videodaten nach 48 Stunden automatisch überschrieben werden. 6. Trifft es zu, dass die BVG selbst die Einschätzung getroffen hat, es könne im Hinblick auf die Zweckbindung der erhobenen Daten und deren weitere Verarbeitung „nur mit viel Aufwand abgeleitet werden, wer was wann getan hat“? Zu 6.: Die Sichtung von Videodaten im Live-Betrieb erfolgt bei der BVG gemäß der sicherheitsspezifischen und betrieblichen Lage. Eine Sicherung von Videodaten wird nur anlassbezogen vorgenommen. Recherchen zu einem Sachverhalt mit entsprechenden Angaben von Zeit und Ort sind in einem angemessenen Zeitrahmen möglich . 7. Wer kontrolliert bei der BVG wie (mit welchen technischen Mitteln) konkret, ob und wie die erhobenen Daten verarbeitet werden, insbesondere wer auf diese wann zugegriffen hat? Zu 7.: Die BVG teilt mit, ein Zugriffs-/Berechtigungskonzept errichtet zu haben, welches die Zugriffe regelt. Darüber hinaus hat die BVG technische und organisatorische Maßnahmen entwickelt, um den Zugriff auf Videodaten nur den dafür berechtigten Personen zu ermöglichen. Hierzu zählen Zutrittsbeschränkungen für die sensiblen Bereiche sowie mit Passwörtern geschützte Softwarezugänge. Stichprobenartige Kontrollen können jederzeit durch den Datenschutzbeauftragten der BVG sowie die Arbeitnehmervertretung erfolgen. Der Umgang mit Videodaten ist in einer eigens dafür erstellten und stetig aktuell gehaltenen Dienstvereinbarung geregelt. Berlin, den 21. November 2019 In Vertretung Barbro D r e h e r .................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe