Drucksache 18 / 21 514 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabriele Gottwald und Katalin Gennburg (LINKE) vom 06. November 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. November 2019) zum Thema: Verpflichtungen des Landes Berlin gegenüber Hines im Bebauungsplanverfahren I - B4a-3 am Alexanderplatz und Antwort vom 19. Nov. 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Nov. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Gabriele Gottwald (Linke) und Frau Abgeordnete Katalin Gennburg (Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/ 21 514 vom 06.11.2019 über Verpflichtungen des Landes Berlin gegenüber Hines im Bebauungsplanverfahren I- B4a-3 am Alexanderplatz Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wann hat Hines aus wirtschaftlichen Verwertungsinteressen sein Grundstück (Baufeld D 4) geteilt, um eine lukrative Einzelvermarktung durch den Weiterverkauf des heutigen Geländes (Bebauung mit einem Geschäftshaus, in dem sich u.a. der Medienmarkt Saturn befindet) vorzunehmen, für das ein Baurecht für ein 150 Meter hohes Hochhaus besteht; ist mit dem Weiterverkauf des „Saturn-Grundstücks“ formal auch das Baurecht für das Hochhaus am einst geplanten Standort an den neuen Eigentümer übergegangen? Antwort zu 1: Auskünfte über Eigentümerangaben aus dem Liegenschaftskataster sind prinzipiell vertraulich. Derzeit gilt für das „Saturn-Grundstück“ der rechtskräftige Bebauungsplan I- B4a. Das geltende Planungsrecht ist nicht an einen bestimmten Grundstückseigentümer gebunden. Ein Vorhaben ist zulässig, wenn es den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist (§ 30 Abs. 1 BauGB). Frage 2: Welche vertraglichen Verpflichtungen ist das Land Berlin im städtebaulichen Vertrag oder in sonstigen rechtsverbindlichen Dokumenten mit der Firma Hines im Bebauungsplanverfahren I-B4a-3 am Alexanderplatz eingegangen? Haben das Land Berlin und die Firma Hines eine rechtlich bindende Vereinbarung über einen neuen Hochhausstandsort auf dem restlichen Hines-Gelände abgeschlossen? 2 Antwort zu 2: Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens I-B4a-3 hat das Land Berlin bislang keinen städtebaulichen Vertrag o.ä. mit der Firma Hines abgeschlossen. Eine rechtlich bindende Vereinbarung über einen neuen Hochhausstandort wurde nicht abgeschlossen. Ein Anspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplans kann nicht durch Vertrag begründet werden (§ 1 Abs. 3 BauGB). Frage 3: Hat der Senat durch den Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans I-B4a-3 im Jahr 2012 kompensatorisch Baurecht für das Hochhaus an der neuen Stelle über dem U-Bahn-Tunnel zugesagt und wenn ja, warum? Antwort zu 3: Der Planaufstellungsbeschluss markiert den Beginn des förmlichen Planaufstellungsverfahrens. Aus den im Aufstellungsbeschluss formulierten allgemeinen Planungszielen – hier u.a. Verschiebung des Turmhochhauses an den nördlichen Rand der Baufläche – entsteht kein verbindliches Baurecht für einen/einer Grundstückseigentümer/in im Planbereich. Frage 4: Ist es zutreffend, dass die Sieben-Jahres-Frist des § 42 Abs. 3 BauGB zum Bau des Hochhauses bereits abgelaufen ist und keine vertraglichen Regelungen zur Verlängerung dieser Frist vorliegen? Antwort zu 4: Ja, bezogen auf den geltenden Bebauungsplan I-B4a ist die Siebenjahresfrist i.S.v. § 42 Abs. 2 u. 3 BauGB abgelaufen und vertragliche Regelungen der genannten Art liegen nicht vor. Frage 5: Welche rechtlichen Ansprüche ergeben sich für Hines aus dem ihm verbliebenen Grundstück gegenüber dem Land Berlin? Antwort zu 5: Derzeit hat der Grundstückseigentümer einen Rechtsanspruch auf eine Bebauung nach den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans I-B4a. Dieser weist für das in Rede stehende Grundstück ein vollständig überbaubares Kerngebiet (MK) mit einer Traufhöhe (TH) von 30,5m über Gehweg und einer Oberkante (OK) von 36,7m über Gehweg fest. Die realisierbare Geschossfläche (GF) liegt im Bereich von ca. 13.000-15.000 m2. Frage 6: Ist es zutreffend, dass bei Beendigung des Bebauungsplanverfahrens zwar ein Vertrauensschaden nach § 39 BauGB, nicht jedoch ein Planungsschaden nach § 42 BauGB (Entschädigung bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung) entsteht, weil das Baurecht für den neuen Hochhausstandort erst nach Beschluss und Festsetzung des geänderten Bebauungsplanes bestehen wird? 3 Antwort zu 6: Entschädigungsansprüche aufgrund der Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung sind hier nicht zu erwarten, weil die Siebenjahresfrist i.S.v. § 42 Abs. 2 u. 3 BauGB – bezogen auf den geltenden Bebauungsplan I-B4a – abgelaufen ist. Frage 7: Ist es zutreffend, dass das Abgeordnetenhaus in seiner Entscheidung frei ist und kein Anspruch auf den Beschluss und die Festsetzung eines geänderten Bebauungsplans besteht? Antwort zu 7: Ja. Frage 8: Auf welche Ausgaben könnte sich die Firma Hines berufen, die vom Land zurückzuerstatten wären? Antwort zu 8: In den seit 1998 mit den Grundstückseigentümern im Bereich Alexanderplatz abgeschlossenen städtebaulichen Verträgen wurden u.a. Kostenübernahmen für sogenannte Erschließungsbereiche (z.B. Umgestaltung Platzoberfläche Alexanderplatz, Umbau der heutigen Alexanderstraße zwischen Park Inn Hotel und Haus der Elektroindustrie, Alexanderstraße zwischen Karl-Marx- Allee/Otto-Braun-Straße und Grunerstraße und Karl-Liebknecht-Straße) geregelt. Die durch die Anrainer zu übernehmenden Kosten wurden entsprechend des durch den B-Plan ermöglichten Zugewinns an Baumasse gegenüber dem Zustand vor Einleitung des B-Planverfahrens verteilt. Der Investor HINES hat vor Erteilung der Baugenehmigung für das Geschäftshaus „Die Mitte“ die Folgekostenzuschüsse für Kita-Plätze und öffentliche Kinderspielplätze – bezogen auf den im B- Plan I-B4a für das Baufeld D4 festgesetzten Pflichtanteil von 2.500 m² Wohnfläche – sowie die Kosten für Ausgleichsmaßnahmen in Natur und Landschaft gezahlt. Ferner hat Hines anteilig Kosten für den Umbau der Alexanderstraße und angrenzender Straßen sowie für die Platzgestaltung Alexanderplatz getragen. Wird ein Bebauungsplan aufgehoben oder geändert und hat dies zur Folge, dass Aufwendungen der Grundstückseigentümer für Vorbereitungen zur Verwirklichung von Nutzungsmöglichkeiten nutzlos werden, so können die Grundstückseigentümer eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Vorliegend kämen Entschädigungsansprüchen auf der Grundlage des § 39 BauGB in Betracht, wenn und soweit eine verbindliche Änderung des Planungsrechts die künftig zulässige Bebauung erheblich reduziert oder sogar auf den derzeitigen Bestand verweist und dadurch die Investitionen für Erschließungsmaßnahmen, insbesondere für die Herstellung der Alexanderstraße und angrenzender Straßenareale im Nachhinein ganz oder teilweise ihren Wert verlieren. Ferner könnte die Rückzahlung der Kostenzuschüsse für Wohnfolgemaßnahmen (Kita, Spielplätze) verlangt werden, sofern keine Wohnungen mehr zulässig sind bzw. realisiert werden. Schließlich könnte seitens Hines geltend gemacht werden, im Vertrauen auf den Beschluss zur Änderung des B-Plans I-B4a sowie das bestätigende Ergebnis des Workshopverfahrens zum Alexanderplatz im Jahre 2015 wesentliche Aufwendungen für Planung, Gutachten, Wettbewerbsverfahren, Rechtsberatung, Personal etc. geleistet zu haben. 4 Frage 9: Ist es rechtlich zulässig, das Bebauungsplanverfahren I - B4a-3 abzubrechen oder nicht zu Ende zu führen und stattdessen einen neuen Bebauungsplan aufzustellen mit der städtebaulichen Begründung, an dieser Stelle u.a. wegen der Sichtachsen aus dem Bereich Karl-Marx-Allee (Tentativliste zum UNESCO-Weltkulturerbe) auf ein Hochhaus zugunsten eines Geschäftshauses in der Höhe der denkmalgeschützten Gebäude Alexander- und Berolinahaus zu verzichten? Antwort zu 9: Ja. Berlin, den 19.11.2019 In Vertretung Lüscher ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen