Drucksache 18 / 21 537 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Melanie Kühnemann-Grunow (SPD), Carsten Schatz (LINKE), Anja Kofbinger und Sebastian Walter (GRÜNE) vom 06. November 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. November 2019) zum Thema: Umsetzung der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“ (IGSV) und Vorsorge dafür im Haushaltsplan 2020/2021 im Verantwortungsbereich der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und Antwort vom 27. November 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Dez. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Frau Abgeordnete Melanie Kühnemann-Grunow (SPD), Herrn Abgeordneten Carsten Schatz (Die LINKE), Frau Abgeordnete Anja Kofbinger (Bündnis 90/Die Grünen) und Herrn Abgeordneten Sebastian Walter (Bündnis 90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 21537 vom 06.11.2019 über Umsetzung der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“ (IGSV) und Vorsorge dafür im Haushaltsplan 2020/2021 im Verantwortungsbereich der Senatsverwaltung für Kultur und Europa Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie lautet der aktuelle Stand bei der Umsetzung der im Rahmen der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“ vom 15. November 2018 für den Bereich Kultur und Europa vorgesehenen Maßnahmen, namentlich: - Unterstützung der Idee des Elberskirchen-Hirschfeld-Hauses (E2H -Arbeitstitel) und Begleitung des partizipativen Umsetzungsprozesses - Geschichte von LSBTI erforschen und dokumentieren - LSBTI Erinnerungskultur für Berlin entwickeln und Geschichte von LSBTI im Stadtbild sichtbar machen - Bildung und Öffentlichkeitsarbeit zu LSBTI-Geschichte - Förderung von fachpolitischen und kulturellen Aktionen während der Pride Weeks 2. In welcher Höhe werden Landesmittel für die Umsetzung dieser Maßnahmen aufgewandt (Angaben bitte, wenn möglich, für jede Maßnahme einzeln)? Zu 1. und 2.: Der Senatsverwaltung für Kultur und Europa (SenKultEuropa) ist im Themenfeld der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“ (IGSV) aktuell die Umsetzung der Maßnahmen Elberskirchen- Hirschfeld-Haus (E2H) – Queeres Kulturhaus e.V. und Diversity Arts Culture (DAC) – Berliner Projektbüro für Diversitätsentwicklung zugeordnet. Dazu im Einzelnen: Seite 2 von 4 E2H Der Verein der „Freund*innen des Elberskirchen-Hirschfeld-Hauses – Queeres Kulturhaus “ e.V. bezweckt den Aufbau und den Betrieb eines queeren Kulturhauses, das im Verbund von Archiven, Forschungsbibliotheken, Forschungsinstituten, Zeitzeuginnen - und Zeitzeugenprojekten, Stiftungen, Künstlerinnen und Künstlern und Kuratorinnen und Kuratoren als ein Forum für Ausstellungen, als Begegnungs- und Veranstaltungsstätte für Wissenschaft, Forschung und Bildung und insbesondere im Bereich der geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt fungieren soll. Aus den Fördermitteln der SenKultEuropa wurden bisher zum einen Untersuchungen zur örtlichen Realisierung des E2H beauftragt. Hier ist insbesondere eine Machbarkeitsstudie zu nennen („Anhang Zukunftsstudie Elberskirchen-Hirschfeld-Haus E2H Berlin“) mit Zielstellung und Untersuchungen zu Kosten, Wirtschaftlichkeit, flächenmäßige Einpassplanung und Betriebskonstruktion, deren Ergebnisse am 7. November 2018 im Abgeordnetenhaus von Berlin präsentiert wurden. Zum anderen wurde mit diversen Veranstaltungen Idee und Konzept eines E2H in die Öffentlichkeit getragen, darunter: „Queere Kulturwochen“ unter Beteiligung an der Ausstellung „Invisible Realness – Berlin 50 Jahre nach Stonewall“ in der Galerie PS120; Einzelveranstaltungen zum Kernthema „Queering Culture“ z. B. Rainbow Lectures gemeinsam mit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld; etliche „Queer Lectures“ mit der Initiative Queer Nations; Zeitzeuginnen- und Zeitzeugengespräche; historische lesbisch-schwule Stadtspaziergänge; eine Veranstaltung am 26.09.2019 im Märkischen Museum; ein ganztägiger Diskussionsmarathon „Queer Thinking – Sexualpolitik kontrovers “ u. a. mit der Imamin und Anwältin Seyran Ates und mit Mitgliedern des Abgeordnetenhauses von Berlin; Für Dezember 2019 ist eine Ausstellung mit umfangreichem Begleitprogramm im Sonntagsclub „Queer(ing) Xmas“ geplant. Schließlich konnte aus den Fördermitteln ein Co-working-Arbeitsplatz im betahaus, das noch bis Ende 2021 das „taz“-Haus zwischennutzt, eingerichtet werden. Vorbehaltlich der Zustimmung des Haushaltsgesetzgebers ist vorgesehen, dass die Förderung für E2H auch in den Jahren 2020 und 2021 aus Mitteln des Einzelplan 08 der SenKultEuropa fortgesetzt wird. Für die Begleitung des Umsetzungsprozesses von E2H sind – wie bereits 2018 und 2019 – Projektmittel in Höhe von je 100 T€ vorgesehen (vgl. auch die Berichte rote Nummern 2205 und 2205 A). DAC DAC berät Kultureinrichtungen zu Diversitätsfragen und befördert damit diversitätsorientierte und am demografischen Wandel ausgerichtete Entwicklungsprozesse in den Institutionen. Zudem unterstützt es die SenKultEuropa in ihrer diversitätsorientierten Ausrichtung. Darüber hinaus stärkt und fördert DAC durch Empowerment- Strategien marginalisierte und von Ausschlüssen betroffene Akteurinnen und Akteuren . Ziel ist es, langfristig strukturelle und institutionell verankerte Diskriminierungsformen im Kulturbetrieb abzubauen und diversitätsorientierte und demografiebasierte Entwicklungsprozesse in den Kultureinrichtungen zu befördern und zu etablieren. Kulturelle Vielfalt im Sinne der UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förde- Seite 3 von 4 rung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sowie der Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder soll stärker im Berliner Kulturbetrieb verankert werden. Das Thema sexuelle Vielfalt wird in der Organisationsentwicklung und in den Fortbildungsangeboten von DAC in der Regel als Teil eines intersektionalen Ansatzes vermittelt , z. B. in Anti-Diskriminierungsworkshops. Für die Bestimmung der Zielgruppen werden die Dimensionen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sowie die Dimension sozioökonomische Benachteiligungen zugrunde gelegt. DAC agiert nicht allein, sondern bündelt bereits vorhandene Expertise, ist mit relevanten Expertinnen und Experten vernetzt und arbeitet auf dem Stand neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse mit Institutionen, Künstlerinnen und Künstlern, Expertinnen und Experten aus von Ausschlüssen betroffenen Communities, der Verwaltung und Politik zusammen. Das Projektbüro ist Entwicklerin von auf den Berliner Kulturbetrieb zugeschnittenen Diversitätskonzepten. Dies erreicht das Projektbüro über die Einhaltung erprobter Diversity-Standards und eine dezidiert diskriminierungskritische und handlungsorientierte Herangehensweise. Vorbehaltlich der Zustimmung des Haushaltsgesetzgebers ist vorgesehen, die Arbeit von DAC ab 2020 aus Mitteln des Einzelplan 08 der SenKultEuropa zu verstetigen. Entsprechende Mittel sind im institutionellen Förderansatz sowie im Wirtschaftsplan der Trägerin, der öffentlich-rechtlichen Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung , eingeplant (vgl. auch den Bericht rote Nummer 2552 und den Wirtschaftsplan rote Nummer 1837 D). Die weiteren in Frage 1 genannten Maßnahmen im Themenfeld der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“ (IGSV) sind der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung (SenJustVA) zugeordnet. Dazu im Einzelnen: Maßnahmen im Kontext „Geschichte von LSBTI erforschen und dokumentieren“ Der Fachaustausch zwischen Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft im „Koordinierungsgremium LSBTI-Geschichte“ zu Forschung und Erinnerungskultur soll von der Abteilung VI (LADS) der SenJustVA fortgeführt werden. Es ist eine Weiterentwicklung unter Einbezug bezirklicher Vertretungen vorgesehen. Die SenJustVA prüft, ob die Förderung von Mikroprojekten vorbehaltlich der zur Verfügung stehenden Mittel ab 2020 wiederaufgenommen werden kann. Vorbehaltlich der zur Verfügung stehenden Mittel sind darüber hinaus folgende Untermaßnahmen für 2020 und 2021 geplant: Erstellung je einer Expertise zur Geschichte intergeschlechtlicher Menschen, sowie zur Geschichte lesbischen Lebens in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) durch die für die Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) zuständige Senatsverwaltung Förderung eines Recherchevorhabens sowie Erstellung einer Dokumentation zur Homosexuellenverfolgung an Orten des Berliner Justizvollzugs Seite 4 von 4 Maßnahmen im Kontext „LSBTI Erinnerungskultur für Berlin entwickeln und Geschichte von LSBTI im Stadtbild sichtbar machen“ Auch in diesem Zusammenhang prüft die SenJustVA, ob die Förderung von Mikroprojekten vorbehaltlich der zur Verfügung stehenden Mittel ab 2020 wiederaufgenommen werden kann. Hinsichtlich der Einrichtung eines ressort- und bezirksübergreifenden Fachaustauschs zur Schaffung von Gedenkorten, und -tafeln sowie Ortsbenennungen nach LSBTI-Persönlichkeiten oder mit Bezug zur LSBTI-Geschichte ist die fachliche Prüfung für 2020 geplant. Hierzu wurden bereits erste Gespräche auf Bezirksebene geführt und werden in 2020 fortgesetzt. Ferner ist eine Konzeptentwicklung für 2020 vorgesehen sowie die Einberufung des ersten Treffens. Maßnahmen im Kontext der „Förderung von fachpolitischen und kulturellen Aktionen während der Pride Weeks“ Die für die Belange von LSBTI zuständige Senatsverwaltung prüft 2022 vorbehaltlich zur Verfügung stehender Mittel im Doppelhaushalt 2022/23 die Einrichtung eines Mikroprojektefonds, um zu den Pride Weeks vielfältige Aktionen zu fördern. Berlin, den 27.11.2019 In Vertretung Gerry Woop Senatsverwaltung für Kultur und Europa