Drucksache 18 / 21 599 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sibylle Meister (FDP) vom 14. November 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. November 2019) zum Thema: DIESE Folgen für Land und Bezirk und Antwort vom 27. November 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Dez. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. I 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Sibylle Meister (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 21599 vom 14.11.2019 über DIESE Folgen für Land und Bezirk Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Vorkäufe wurden insgesamt für die DIESE eG getätigt? Mit der Bitte um Auflistung von der Adresse, dem Datum der Ausübung, dem Datum der Beurkundung, des Kaufpreises und der Zahlungsfälligkeit. Antwort zu 1: Insgesamt wurde zugunsten der DIESE e.G. sieben Mal ein Vorkaufsrecht ausgeübt: Vorhaben Datum der Ausübung Boxhagener Straße 32 17.05.2019 Forster Straße 1 27.05.2019 Gleditschstraße 39-43 12.08.2019 Heckmannufer 8 12.08.2019 Holteistraße 19-19a 24.07.2019 Krossener Straße 36 07.06.2019 Rigaer Straße 101 24.06.2019 Der Senat gibt keine Auskunft zu zwischen Dritten vereinbarten Vertragsinhalten. Frage 2: Wie schätzt der Senat die neueste Berichterstattung über die DIESE eG ein und welche Konsequenzen zieht er daraus? 2 Antwort zu 2: Der Senat verfolgt die Medienberichterstattung. Gleichwohl werden Entscheidungen in Zusammenhang mit der DIESE e.G. auf Grundlage eigener Informationen getroffen. Frage 3: In welcher Höhe gibt es für die bislang ausgeübten Vorkäufe zugunsten der DIESE eG jeweils vertraglich gesicherte Darlehens-/Finanzierungszusagen des Landes Berlin bzw. der IBB oder anderen Landesinstitutionen im Rahmen der öffentlichen Genossenschaftsförderung? Frage 4: Für welche der bereits ausgeübten Vorkäufe zugunsten der DIESE eG gibt es jeweils in welcher Höhe vertraglich gesicherte Zuschusszusagen des Landes Berlin aus den Mitteln des Landes für Vorkaufsfälle? Frage 5: Wurden durch den Bezirk, das Land oder die IBB Finanzierungen durch Bürgschaften für die DIESE eG abgesichert? Wenn ja, wann, in welcher Höhe und für welche Objekte bzw. Zahlungen? Frage 6: Laut Finanzierungsmodell rechnet die DIESE eG mit Fördermitteln vom Land. Welche Gelder sind bereits aus welchen Titeln und auf welcher gesetzlichen Grundlage für die Objekte geflossen oder zugesagt worden? Antwort zu 3, 4, 5 und 6: Der DIESE e.G. sind durch den Senat oder die Investitionsbank Berlin keinerlei Zusagen hinsichtlich einer Förderung oder einer Bürgschaft gemacht worden. Frage 7: Aus welchen Mitteln wird das Land und/oder der Bezirk die Vorkäufe finanzieren, falls die DIESE eG ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, eine Aufhebung des Vorkaufsbescheids nicht möglich ist, die Einlagen der Genossenschaftsmitglieder für die Begleichung der Schuld nicht ausreichen und somit das Land und/oder der Bezirk haftet? Antwort zu 7: Derzeit sind alle Beteiligten bemüht, eine tragfähige Lösung zu erarbeiten. Frage 8: In welchem Stadium befindet sich der Plan der DIESE eG, eine Anleihe zu emittieren und in welcher Höhe soll die Anleihe emittiert werden? 3 Frage 9: Wie viele finanzielle Mittel befinden sich in den Nachbarschaftsfonds I, II und III? Antwort zu 8 und 9: Die aktuellen Finanzierungsmodelle der DIESE e.G. sehen diese Finanzierungsbestandteile nicht vor. Frage 10: Welche Vorkehrungen werden durch die Senatsverwaltungen bezüglich der bestehenden Zahlungsrisiken bei Vorkaufsfällen der DIESE eG getroffen? Antwort zu 10: Der Senat und die Investitionsbank Berlin prüfen derzeit noch die Förderfähigkeit der Vorhaben der DIESE e.G. Frage 11: Welchen Einfluss hätte ein Widerruf des Vorkaufsrechtsbescheids auf einen notariell beurkundeten Kaufvertrag? Antwort zu 11: Der Widerruf des Vorkaufsrechtsbescheids, also die Aufhebung eines rechtmäßigen Verwaltungsakts gem. § 49 VwVfG, hätte nach Auffassung des Senats zur Folge, dass auch der Kaufvertrag zwischen Verkäufer und begünstigtem Dritten beseitigt wird. Denn der Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Dritten kommt bereits durch die Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Bezirk kraft Gesetzes zustande. Die Nachbeurkundung dient im Wesentlichen der Auflassung sowie der Schaffung der Voraussetzungen für die Grundbucheintragung (§§ 19, 29 GBO). Daher wird im Umkehrschluss der Kaufvertrag mit Aufhebung des Bescheides unmittelbar beseitigt. Frage 12: Bleibt die Zahlungsverpflichtung, die aus einem notariell beglaubigten Kaufvertrag hervorgeht, bestehen, selbst wenn der Vorkaufsrechtsbescheid aufgehoben wird? Antwort zu 12: Wie bereits der Antwort zu Frage 11 zu entnehmen ist, kommt der Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Drittem unmittelbar durch die Ausübung des Vorkaufsrechts und nicht durch einen notariellen Vertrag zustande. Mit Aufhebung des Bescheids entfällt der Kaufvertrag, sodass auch die Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung im Verhältnis zwischen Verkäufer und Drittem nicht mehr besteht. 4 Frage 13: Welche Folgen hat es für den Bezirk und das Land Berlin, wenn der Verkäufer dem Appell des Stadtrats an den Verkäufer der Rigaer Straße 101, den Kaufvertrag in gegenseitigem Einvernehmen aufzulösen, nicht nachkommt? Antwort zu 13: Wird das Vorkaufsrecht zugunsten eines Dritten ausgeübt, dann haftet gem. § 27a Abs. 2 S. 2 BauGB die „Gemeinde (...) für die Verpflichtung aus dem Kaufvertrag neben dem Begünstigten als Gesamtschuldnerin.“ Der Verkäufer kann also den Kaufpreis insgesamt auch vom Vorkaufsberechtigten (dem Bezirk) verlangen. Dies gilt allerdings nur solange, wie der Vorkaufsrechtsbescheid Bestand hat, also nicht aufgehoben wird. Grundsätzlich kann der Bezirk einen rechtmäßigen Ausübungsbescheid widerrufen (§ 49 VwVfG) bzw. einen rechtswidrigen zurücknehmen (§ 48 VwVfG). Der Bezirk hat in diesem Zusammenhang sein Ermessen nach § 40 VwVfG pflichtgemäß auszuüben und einen etwaigen Vertrauensschutz, insb. von Verkäufer und ursprünglichem Käufer des Grundstücks, zu berücksichtigen. Mit Aufhebung des Bescheids entfällt die gesamtschuldnerische Haftung des Landes Berlin auf Zahlung des Kaufpreises. Frage 14: Welche Risiken ergeben sich für die MieterInnen der Rigaer Str. 101 sowie den weiteren GenossInnen der DIESE eG aus einem eventuellen Rückzug aus dem Vorkauf der DIESE eG und wie bewertet der Senat diese? Antwort zu 14: Für die Mieterinnen und Mieter der betreffenden Objekte bestehen hinsichtlich ihrer Wohnsituation keine akuten Risiken, da die bestehenden Mietverhältnisse weiterhin Bestand haben. Frage 15: Wie bewertet der Senat, dass der Bezirksstadtrat mit dem Verkäufer Kontakt aufnimmt und nicht die DIESE eG als Vorkaufsbegünstigter selbst? Antwort zu 15: Sollte der Ausnahmefall eintreten, dass ein Ausübungsbescheid aufgehoben werden soll, steht es dem Bezirk in eigener Kompetenz zu, alle möglichen Mittel zu ergreifen. Dazu gehört neben der Möglichkeit der Aufhebung des Bescheids nach §§ 48, 49 VwVfG auch die Herbeiführung einer einvernehmlichen Lösung im Zusammenwirken mit begünstigtem Dritten und Verkäufer. Frage 16: Wie hoch beziffert die Senatsverwaltung das Risiko einer möglichen Schadensersatzforderung im Fall Rigaer Straße 101 und wer übernimmt diese Kosten? 5 Antwort zu 16: Da dem Senat konkrete – einen etwaigen Schaden begründende – Tatsachen nicht bekannt sind, kann auch ein etwaiges Haftungsrisiko nicht eingeschätzt werden. Der Verkäufer müsste konkrete Ansprüche geltend machen, die dann geprüft würden. Frage 17: Warum kam das Bezirksamt zu einer anderen Auffassung über den Sanierungsstau des Objektes als die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften? Antwort zu 17: Laut Auskunft des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg zeigte sich bei einer Vor-Ort- Begehung nach Ausübung des Vorkaufsrechts, dass ein erheblicher zusätzlicher Sanierungsbedarf besteht. Dieser geht sowohl über den Sanierungsbedarf hinaus, der im Kaufvertrag angegeben wurde, als auch über den eingangs durch die WBM ermittelten Befund, den diese gewonnen hatte, da ihr das Haus im Vorfeld zum Kauf angeboten wurde. Frage 18: Wie kontrolliert der Senat jetzt und in Zukunft die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Bezirke bei Vorkaufsrechten, damit solche Fälle wie in der Rigaer Straße 101 vermieden werden können? Antwort zu 18: Gemäß § 27a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB kann die Gemeinde das Vorkaufsrecht zugunsten eines Dritten ausüben, wenn dieser „zu der mit der Ausübung des Vorkaufsrechts bezweckten Verwendung des Grundstücks innerhalb angemessener Frist in der Lage ist und sich hierzu verpflichtet“. Die Überprüfung der (wirtschaftlichen) Lage des potenziellen Vorkaufsrechtsbegünstigten liegt zuständigkeitshalber bei den Bezirken. Lediglich sofern ein Vorkaufsrecht zugunsten einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft ausgeübt wird, erfolgt eine Überprüfung der Objektwirtschaftlichkeit durch die Senatsverwaltung für Finanzen. Diese ist jedoch nicht gleichzusetzen mit dem finanziellen In-der-Lage-sein gem. § 27a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB. Dieses ist nicht abhängig von einer etwaigen Rendite, sondern allein davon, ob der Dritte insbesondere in der Lage ist, den Kaufpreis zu zahlen. Berlin, den 27.11.2019 In Vertretung Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen