Landtag Brandenburg Drucksache 6/10000 6. Wahlperiode Eingegangen: 20.11.2018 / Ausgegeben: 26.11.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3957 der Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Heide Schinowsky (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/9742 Eisenhydroxid: Entschlammung der Spreegewässer Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Seit Jahren führen die Spree und ihre Zuflüsse vermehrt Eisenhydroxid und färben sich dadurch rostbraun. Das sogenannte Eisenocker ist eine Folge des jahrzehntelangen Braunkohlenbergbaus in der Lausitz. Es setzt sich als Schlamm in den Gewässern ab und führt hier zum Absterben der Tier- und Pflanzenwelt. Der Brandenburger Landtag hat 2015 beschlossen, einen strategischen Gesamtplan für den Umgang mit der durch den Braunkohle-Bergbau bedingten Belastung der Spree mit Eisenocker und Sulfat aufzustellen. Trotz der klaren Aufforderung des Landesparlamentes liegt bis heute der Gesamtplan nicht vor. Unklar ist weiterhin, wo der ausgebaggerte Ockerschlamm gelagert werden soll. Die EU-Kommission hat festgestellt, dass der Eisenschlamm als Bergbauabfall einzustufen ist (vgl. Antwort der EU-Kommission auf die Anfrage der EU-Abgeordneten Ska Keller: E-00533 http://www.europarl.europa.eu/sides/getAllAnswers.do?reference=E-2017- 005335&language=DE5/2017). Frage 1: Wer ist für die Ausbaggerung der von der Verockerung betroffenen Gewässer im Einzugsgebiet der Spree verantwortlich bzw. von wem werden die Maßnahmen umgesetzt ? Bitte aufschlüsseln nach Gewässerabschnitten. zu Frage 1: Die Unterhaltung der Gewässer im Land Brandenburg ist in den §§ 78 ff. des Brandenburgischen Wassergesetzes (BbgWG) geregelt. Nach § 79 Abs. 1 BbgWG obliegt dies als öffentlich-rechtliche Verpflichtung 1. für die Gewässer I. Ordnung, mit Ausnahme der Binnenwasserstraßen des Bundes, dem Wasserwirtschaftsamt (Landesamt für Umwelt, LfU), 2. für die Gewässer II. Ordnung den Gewässerunterhaltungsverbänden (GUV) nach dem Wasserverbandsgesetz und dem Gesetz über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden , soweit nicht durch Planfeststellungsbeschluss oder Plangenehmigung eine abweichende Zuständigkeit bestimmt ist. Das LfU ist danach der gewässerunterhaltspflichtige Bewirtschafter der Spree. Die GUV sind für die Unterhaltung der zu ihrem Verbandsgebiet gehörigen Gewässer II. Ordnung zuständig (Territorialprinzip). Die Verockerung der Fließgewässer in Brandenburg wird in erster Linie durch den Grundwasserwiederanstieg in den ehemaligen Bergbaugebieten und den damit verbundenen Eintrag von eisenhaltigen Verwitterungsprodukten in die Ge- Landtag Brandenburg Drucksache 6/10000 - 2 - wässer verursacht. Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) übernimmt in den davon betroffenen Gewässerabschnitten (z.B. im Einzugsgebiet der Wudritz, am Eichower Fließ und am Greifenhainer Fließ) die Entschlammungsund Entsorgungsleistungen dominant eisenbelasteter Schlämme (EHS) i.S. des § 85 Abs. 1 Satz 2 BbgWG. Mit der Durchführung der Leistungen beauftragt die LMBV i.d.R. den territorialverantwortlichen, gewässerunterhaltungspflichtigen Wasser- und Bodenverband. Wenn die EHS-Belastung eher geringfügig bezogen auf den zu beräumenden Gewässerabschnitt ausfällt, wird der sanierungsbergbaubedingte Mehraufwand der LMBV über einen Kostenbescheid des zuständigen Gewässerunterhaltungsverbandes i.S. des § 85 Abs. 1 i. v. m. Abs. 2 BbgWG erhoben und durch die LMBV vergütet (z.B. aktuell im Einzugsgebiet der Berste und am Göritzer Mühlenfließ). Die LMBV ist durch den Betrieb der Konditionierungsanlage im Zulauf der Spree zur Talsperre Spremberg Verursacher von Mehrkosten der Gewässerunterhaltung bezüglich der Bewirtschaftung der Vorsperre Bühlow. Die LMBV ist verpflichtet, diese Menge als Erschwernisanteil bzw. sanierungsbergbaubedingten Mehraufwand der Unterhaltungslast gemäß § 85 BbgWG gegenüber dem Gewässerunterhaltungspflichtigen als Mehrkosten zu ersetzen bzw. alternativ in der Vorsperre regelmäßige Teilberäumungen durchzuführen (Naturalersatzleistung). Für die Beräumung der Vorsperre Bühlow ist die LMBV bis zur Umsetzung eines kontinuierlichen Regelbetriebs der Auftraggeber. Ab dem Jahr 2020 wird voraussichtlich das LfU die zyklische Entschlammung im Rahmen der Gewässerunterhaltung der Vorsperre übernehmen. Frage 2: An welchen Gewässerabschnitten wurde seit 2015 eine Ausbaggerung des abgelagerten Eisenhydroxidschlamm (EHS) durchgeführt und welche Mengen sind jeweils angefallen ? Bitte einzeln tabellarisch auflisten. zu Frage 2: Wesentliche Beräumgsmaßnahmen von EHS im Auftrag der LMBV: - Berste (2015): 8.900 m³ - Vetschauer Mühlenfließ (2015): 8.475 m³ - Eichower Fließ (2015): 9.750 m³ - Vorsperre Bühlow (2015): 15.000 m³ - Greifenhainer Fließ (2015): 10.000 m³ - Greifenhainer Fließ (2016): 12.000 m³ - Greifenhainer Fließ (2017): 16.000 m³ - Eichower Fließ (2017): 5.000 m³ - Greifenhainer Fließ (2018): 5.000 m³ - Vorsperre Bühlow (2018): 60.000 m³. Frage 3: An welchen Gewässerabschnitten ist bis 2020 eine Ausbaggerung des abgelagerten Eisenhydroxidschlamm (EHS) geplant? Bitte einzeln tabellarisch auflisten. zu Frage 3: Wesentliche geplante Beräumungsmaßnahmen von EHS im Auftrag der LMBV: - Wudritz (2019): ca. 3.000 m³ - Greifenhainer Fließ (2019): ca. 10.000 m³ - Wudritz (2020): ca. 3.000 m³ - Vorsperre Bühlow (2019): ca. 30.000 m³. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10000 - 3 - Frage 4: Auf welche Stoffe wird das EHS-Baggergut untersucht und wie viele Schlammproben wurden pro Gewässerabschnitt bisher untersucht (bitte auflisten)? zu Frage 4: Im Rahmen der EHS-Untersuchungen werden die in den Mitteilungen der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) festgelegten Regeln und Anforderungen berücksichtigt . Bei der Beprobung gemäß Abfallrecht werden die Regeln des Merkblattes zur LAGA-Mitteilung „Richtlinie für das Vorgehen bei physikalischen, chemischen und biologischen Untersuchungen im Zusammenhang mit der Verwertung/Beseitigung von Abfällen (LAGA PN 98)“ herangezogen. Die Probenvorbereitung und Korngrößenklassierungen werden parameterspezifisch gemäß LAGA M 20 „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen - Technische Regeln -“ durchgeführt. Der Untersuchungsumfang erfolgt gemäß LAGA M 20 - Stand 11/2004 - Tabelle II.1.2-1 und II.1.2- 5. Gegebenenfalls wird der Untersuchungsumfang gemäß dem Verwendungszweck auf die „Verordnung über das Inverkehrbringen von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln (DüMV)“ abgestimmt bzw. erweitert. Die Mischprobenahme und Deklarationsanalyse wird in Haufwerken von je 500 m³ bzw. alle 1.000 t vorgenommen . Eine Auflistung auf Gewässerabschnitte liegt dem Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) nicht vor und ist auch nicht erforderlich. Frage 5: Werden bei allen Gewässerabschnitten identische Untersuchungsparamater erhoben ? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 5: Ja, es gilt der analytische Untersuchungsumfang auf Schadstoffbelastungen der LAGA M 20 [Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen; Teil II: Technische Regeln für die Verwertung; 1.2 Bodenmaterial (TR Boden) Stand 11/2004 - Tab. II.1.2-1 (Mindestuntersuchungsprogramm für Bodenmaterial bei unspezifischem Verdacht) und Tab. II.1.2-5 (Zuordnungswerte für den eingeschränkten Einbau in technischen Bauwerken - Eluatkonzentrationen im Bodenmaterial)]. Frage 6: Wurden dabei potentiell gesundheitsgefährdende Elemente (wie Aluminium, Arsen , Blei, Cadmium, Chrom, Eisen, Kupfer, Magnesium, Mangan, Nickel, Quecksilber, Selen , Uran, Zink, Nitrat, Sulfat) festgestellt? Wenn ja welche und in welcher Höhe (bitte auflisten unter Angabe des Gewässerabschnittes, Koordinaten des Beprobungsstandortes, Datum der Probenahme und der Messwerte)? zu Frage 6: In den Deklarationsanalysen nach LAGA M 20 wurden keine schadstoffrelevanten Zuordnungswerte größer Z 2 ermittelt. Ausnahmen bilden Einzelparameter beim pH-Wert, beim gesamten organischen Kohlenstoff (TOC) und beim Sulfat. Darüber hinaus wurden keine gesundheitsgefährdenden Schadstoffbelastungen festgestellt. Frage 7: Auf welchen Rechtsgrundlagen, Verordnungen und Grenzwerten wird die Beurteilung des Baggergutes vorgenommen? Inwieweit wird die EU-Bergbauabfallrichtlinie (RICHTLINIE 2006/21/EG) zur Entscheidung über die Entsorgung des EHS-Baggergutes berücksichtigt? zu Frage 7: Der Untersuchungsumfang und die Einstufung erfolgt gemäß Pkt. 4, 5 und 6 der LAGA M 20. Alle seit 2015 entnommenen und gemäß LAGA M 20 beprobten EHS- Schlämme wurden als nicht gefährliche Abfälle (hier: Baggergut - ASN 170506) eingestuft und gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) sowie der Brandenburgischen Richtlinie - Landtag Brandenburg Drucksache 6/10000 - 4 - Anforderungen an die Entsorgung von Baggergut (BB RL - EvB) -einer Verwertung, im Wesentlichen als Abdeck- oder Zwischenschichtmaterial auf Deponien, zugeführt. Die EU- Bergbauabfallrichtlinie (RICHTLINIE 2006/21/EG) ist für Entscheidungen über die Entsorgung des EHS-Baggergutes nicht zutreffend. Das Kriterium des „unmittelbaren“ Anfallens bei der Gewinnung ist nicht erfüllt. Dies wird insbesondere mit Blick auf den Sanierungsbergbau deutlich, bei dem EHS teilweise Jahrzehnte nach Einstellung der Gewinnung anfällt. Zudem fällt EHS aufgrund der großräumigen Beeinflussung des Grundwassers und damit in Verbindung stehender Oberflächengewässer auch in Bereichen an, in denen selbst keine Gewinnung stattgefunden hat. Sowohl im zeitlichen als auch räumlichen Kontext kann daher von „unmittelbar bei der Gewinnung“ nicht die Rede sein. Auch ist es nicht sachgerecht für dieselbe Art von Abfall unterschiedliche Rechtsregime anzuwenden und danach zu unterscheiden, ob EHS in einer betriebseigenen Anlage in räumlicher Nähe eines Gewinnungsbetriebes , im Rahmen der wasserwirtschaftlichen Nachsorge nach Einstellung der Gewinnung oder in der Anlage des öffentlich-rechtlichen Entsorgers anfällt. Frage 8: Wie erfolgt die Entsorgung des EHS-Baggergutes und wohin? Bitte Zeitraum ab 2015 und Mengen auflisten und unterscheiden zwischen Endlagerung und Zwischenlagerung . zu Frage 8: Eine Zwischenlagerung des EHS erfolgt in örtlicher Nähe zur Anfallstelle ausschließlich zur Vorbereitung der Entsorgung/Verwertung, d.h. zur Entwässerung bzw. zur Einsammlung für den Abtransport mit straßenzugelassenen Fahrzeugen. Die wesentlichen Beräumungsmengen sind in der Antwort zu Frage 2 aufgeführt. Die Anwendungsfälle bei der Verwertung sind/waren überwiegend die baustoffliche sowie die landwirtschaftliche Verwertung. Anwendungsbeispiele sind in Abhängigkeit des Ergebnisses der Deklarationsanalysen : EHS als Deponieabdeckmaterial; EHS als Zuschlagstoff zur Ersatzbaustoffherstellung bzw. zur Kompostierung.