Landtag Brandenburg Drucksache 6/10003 6. Wahlperiode Eingegangen: 22.11.2018 / Ausgegeben: 27.11.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3998 des Abgeordneten Péter Vida (fraktionslos) Drucksache 6/9807 Unrechtmäßige Wasser- und Abwassergebühren Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Seit Jahren hat Familie K. Probleme mit dem für ihren Wohnsitz Finowfurt zuständigen Ver- und Entsorger ZWA Eberswalde. Dieser will von ihnen Gebühren haben für Leistungen, die er gar nicht erbringt. Familie K. bezieht seit 2012 kein Trinkwasser aus dem öffentlichen Netz mehr, sondern versorgt sich aus einem eigenen Brunnen. Es gibt keine Verbindung mehr zwischen öffentlichem Trinkwassernetz und Ks Hausinstallation, also keinen Grund, Grundgebühren zu verlangen. Ks sind auch keine „Abwasserkunden“. Sie betreiben eine eigene Sammelgrube, die sie regelmäßig von einem privaten, zertifizierten Entsorgungsbetrieb entleeren lassen - nicht vom ZWA oder einem Auftragnehmer des ZWA. Trotzdem fordert der ZWA immer wieder Gebühren. Bisher haben sich Ks konsequent gegen die Zahlungsforderungen gewehrt. Auch Pfändungsversuche seitens des ZWA waren erfolglos. Jetzt versucht der ZWA, sich seine Forderungen ins Grundbuch der Ks eintragen zu lassen. Weiterhin haben die Bürger in der Straße bei Familie K. zu DDR-Zeiten Wasser- und Abwasserleitungen auf eigene Kosten (Material und Leistung) nicht im öffentlichen Straßenraum, sondern auf ihren Privatgrundstücken für die Allgemeinheit verlegt. Der Status dieser Leitungen ist ungeklärt und eine Grunddienstbarkeit besteht nicht. 1. Auf welcher gesetzlichen Grundlage ist es einem Aufgabenträger (hier ZWA) gestattet, Grundgebühren z. B. für Trinkwasser zu fordern und sogar zwangsweise einzutreiben, obwohl bereits seit Jahren kein Trinkwasser geliefert wird, ja wegen fehlender Verbindung zum Hausnetz die Entnahme von Trinkwasser aus dem öffentlichen Netz auch gar nicht möglich ist? zu Frage 1: Soweit für ein Grundstück aufgrund kommunalen Satzungsrechts - hier nach der Trinkwasserversorgungssatzung des ZWA Eberswalde - gemäß § 12 Abs. 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht, ist der Grundstückseigentümer verpflichtet, sein Grundstück an die öffentliche Trinkwasserversorgungsanlage anzuschließen und seinen Trinkwasserbedarf daraus zu decken. Für die Inanspruchnahme der kommunalen Trinkwasserversorgungsanlage sind nach § 6 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) Gebühren zu erheben, soweit kein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Dabei können gemäß § 6 Abs. 4 Satz 3 KAG zur Deckung der verbrauchsunabhängigen Vorhaltekosten, unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme, angemessene Grundge- Landtag Brandenburg Drucksache 6/10003 - 2 - bühren erhoben werden. 2. Auf welcher gesetzlichen Grundlage ist es einem Aufgabenträger gestattet, Grundgebühren für eine abflusslose Sammelgrube im Eigentum des Betreibers bzw. Grundstückseigners zu fordern und sogar zwangsweise einzutreiben, obwohl er keinen Entsorgungsauftrag hat und auch keine Leistung erbringt, einfach weil die Entsorgung durch einen anderen zugelassenen Entsorger erfolgt? zu Frage 2: Die Abwasserbeseitigungspflicht umfasst gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG) auch die Pflicht zur Beseitigung des in abflusslosen Gruben anfallenden Abwassers sowie des nicht separierten Klärschlammes aus Kleinkläranlagen . Soweit die Wasserbehörde die Abwasserbeseitigungspflicht nicht auf den Grundstückseigentümer übertragen hat, sind daher die kommunalen Aufgabenträger zur Durchführung dieser Aufgabe verpflichtet. Im Rahmen ihres Organisationsermessens können sie sich dazu Dritter bedienen. Eines Entsorgungsauftrages durch den Grundstückseigentümer bedarf es daher nicht. Auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 Satz 3 KAG kann der Satzungsgeber für die Entstehung der Grundgebühr bei der dezentralen Schmutzwasserbeseitigung bereits an die Abwassereinleitung in die Sammelgrube anknüpfen, wenn für die öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung ein Anschluss- und Benutzungszwang und ein Recht zur Inanspruchnahme besteht. Dabei ist es unbeachtlich, ob im selben Leistungszeitraum eine Leerung der Sammelgrube erfolgt und eine Mengengebühr anfällt (vgl. dazu z. B. OVG Brandenburg, Urteil vom 27.03.2002, Az. 2 D 46/99). Da die Grundgebühr zur Deckung der Vorhaltekosten für die Betriebsbereitschaft der öffentlichen Einrichtung und nicht für die Bereitstellung der Sammelgruben erhoben wird, ist es unbedeutend, ob die Sammelgrube sich im Eigentum des Grundstückeigentümers befindet . 3. Auf welcher gesetzlichen Grundlage ist es einem Aufgabenträger gestattet, zu Lasten des Grundstückseigners in dessen Grundbuch eine Zwangssicherungshypothek eintragen zu lassen, wohlgemerkt ohne Nachweis der Rechtmäßigkeit der Forderung und ohne entsprechenden Gerichtsbeschluss? zu Frage 3: Gemäß § 866 Absatz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erfolgt die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung , durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung. Grundlage der Zwangsvollstreckung ist insbesondere ein Vollstreckungstitel, d. h. eine hoheitliche oder hoheitlich bestätigte Urkunde eines vollstreckbaren Anspruchs. Die Sicherungshypothek (§ 867 Satz 1 ZPO) wird auf Antrag des Gläubigers in das Grundbuch eingetragen. Eine Einwilligung des Schuldners wird hingegen nicht benötigt, § 19 der Grundbuchordnung (GBO). Die Eintragung wird durch das Grundbuchamt vorgenommen; zuständig ist gemäß § 3 Nummer 1 Buchstabe h des Rechtspflegergesetzes (RPflG) der Rechtspfleger. Eines Gerichtsbeschlusses bedarf es hierzu nicht. 4. Ist es zulässig, dass ein Aufgabenträger seit Jahren Ver- und Entsorgungsleitungen, die sich in Privatbesitz befinden und auf privatem Grund und Boden verlaufen, nutzt und sich gleichzeitig weigert, den privaten Leitungseignern dafür die gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren zu zahlen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/10003 - 3 - zu Frage 4: Zur zivilrechtlichen Sicherung von Rechten zur Führung wasserwirtschaftlicher Leitungen und Anlagen in fremden Grundstücken sind Grunddienstbarkeiten bzw. beschränkte dingliche Dienstbarkeiten nach §§ 1090 und 1018 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erforderlich. Allerdings wurden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR häufig Leitungen für die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung verlegt und betrieben, ohne die zivilrechtliche Absicherung zu beachten. Es erfolgte lediglich eine Absicherung durch Mitbenutzungsrechte. Hinsichtlich des Anlagenbestandes, der zu DDR-Zeiten errichtet worden ist, können zugunsten des Zweckverbandes aufgrund des § 9 Absatz 1 und 9 des Grundbuchbereinigungsgesetzes (GBBerG) in Verbindung mit § 1 der Sachenrechts- Durchführungsverordnung (SachenR-DV) Leitungs- und Anlagenrechte im Sinne des § 4 Absatz 1 SachenR-DV und gemäß § 9a GBBerG auch gesetzliches Eigentum an den Anlagen entstanden sein. Dasselbe gilt für Anlagen zur öffentlichen Wasserversorgung. Ob dies vorliegend zutrifft, ist im Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten zu klären.