Landtag Brandenburg Drucksache 6/10007 6. Wahlperiode Eingegangen: 22.11.2018 / Ausgegeben: 27.11.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3987 der Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Heide Schinowsky (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/9784 Seen im Umfeld des Tagebaus Jänschwalde: Droht die Eutrophierung durch hohe Phosphatwerte des einzuleitenden Grundwassers? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Um den massiven Wasserverlust von Seen im Umfeld des Tagebaus Jänschwalde einzudämmen, wurde der Braunkohle-Bergbaubetreiber LEAG per bergrechtlicher Anordnung dazu verpflichtet, die Wasserstände im Groß-, Klein- , Deulowitzer und Pinnower See zu stabilisieren. Dafür soll bei drei Seen über neue Brunnen das Grundwasser angezapft und in die Seen eingeleitet werden. Der Bergbaubetreiber wird für die Maßnahmen verantwortlich sein. Ziel sei es, ab dem 1. Mai 2019 Wasser in die Seen einzuleiten und die definierten Stabilisierungswasserstände bis zum Frühjahr 2021 zu erreichen, kündigte das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) im Juli 2018 an (vgl. https://lbgr.brandenburg.de/media_fast/4055/Presseinformation%2020180724.pdf). Das Brunnenwasser, mit dem der in unmittelbarer Nähe befindliche Pastlingsee derzeit aufgefüllt wird, soll einen hohen Phosphatgehalt besitzen. Die Grüne Liga forderte daher die vorgeschaltete Installation einer Phosphatreinigung. (vgl. LR 25.02.2016: „Grüne Liga fordert Aufklärung über Pastlingsee“). Bekannt geworden ist inzwischen auch, dass die neu geplanten Brunnen Grundwasser heben werden, das stark phosphatbelastet ist. Durch höhere Einträge von Phosphat drohen möglicherweise eine Eutrophierung und eine extreme Entwicklung von Algen in den Seen, sowie eine weitere Schädigung der Pflanzenwelt am Seegrund. Frage 1: Wo genau werden sich die Brunnen befinden, die für das Abpumpen des Grundwassers zur Stabilisierung der Wasserstände im Groß-, Klein-, Deulowitzer und Pinnower See genutzt werden sollen? (bitte Karte beifügen) Frage 2: Welcher Brunnen wird für welchen See genutzt? zu Frage 1 und 2: Beim Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) wurden durch die Lausitz Energie Bergbau AG (LE-B) folgende Sonderbetriebspläne (SBP) zur Zulassung eingereicht: Maßnahmen zur Erreichung des Stabilisierungswasserstandes des Kleinsees, Maßnahmen zur Erreichung des Stabilisierungswasserstandes des Großsees, Landtag Brandenburg Drucksache 6/10007 - 2 - Maßnahmen zur Erreichung des Stabilisierungswasserstandes des Pinnower Sees. Diese Betriebspläne beinhalten auch die geplanten Standorte der zu errichtenden Brunnen (siehe Anlage: beigefügte Lagepläne). Die Entscheidung über die Standorte der Brunnen wird im Verlauf des Zulassungsverfahrens durch das LBGR getroffen. Für den Deulowitzer See wurde die Festlegung getroffen, den Zulaufgraben zum See zu ertüchtigen. Frage 3: Welche Grundwasserleiter sind theoretisch verwendbar und welche Phosphatgehalte weisen diese auf? Welche Grundwasserleiter sollen an welchen Standorten genutzt werden? Zu Frage 3: Im Ergebnis der Arbeit der Projektgruppe „Stabilisierung der Wasserstände“ wurde nach fachlicher Prüfung entschieden, dass das für die Einleitung in alle drei Seen zu hebende Grundwasser aus dem Grundwasserleiter 1.5 zu gewinnen ist. Frage 4: Welche Wasserbeschaffenheit (Auflistung der untersuchten chemischphysikalischen Parameter) weist das an den einzelnen Brunnen für die Einleitung vorgesehene Grundwasser jeweils auf und mit welchen Phosphatgehalten wird gerechnet? Zu Frage 4: Aufgrund der vorliegenden Kenntnisse zur Beschaffenheit des Grundwassers im Grundwasserleiter 1.5 ist von folgenden Parametern auszugehen: anoxisch: Leitfähigkeit 440 µS/cm, pH-Wert: 7,45; Hydrogencarbonat: 232 mg/l; Sulfat: 27 mg/l; Calcium : 53,5 mg/l; Phosphor gesamt: 0,084 mg/l; Nitrat-N: <0,05 mg/l; Nitrit-N: <0,01 mg/l, Ammonium-N: 0,2 mg/l; Eisen gesamt: 1,66 mg/l; Mangan gesamt: 0,14 mg/l oxidiert: pH-Wert: 8,7; Hydrogencarbonat: 200 mg/l; Sulfat: 24 mg/l; Calcium: 53,5 mg/l; Phosphor gesamt: 0,084 mg/l; Nitrat: 0,8 mg/l; Stickstoff: 0,2 mg/l, Eisen gelöst: <0,1 mg/l; Calcit (SI- Index): 0,47 Mit Herstellung der einzelnen Brunnen wird die Grundwasserbeschaffenheit an den konkreten Standorten überprüft und das Grundwasser auf seine Eignung für die vorgesehenen Maßnahmen hin bewertet. Frage 5: Wie ist die Wasserbeschaffenheit (Auflistung der untersuchten chemischphysikalischen Parameter) im Groß-, Klein- und Pinnower See? Frage 6: Wie hoch sind insbesondere die Phosphatgehalte im Jahresmittel in den genannten Seen und wie soll mit evtl. vorhandenen Differenzen im Phosphatgehalt umgegangen werden? Zu Frage 5 und 6: In 2011 und 2015 wurden im Auftrag des Landesamtes für Umwelt (LfU) durch ein Ingenieurbüro nachfolgende Messwerte für den Großsee, den Pinnower See und 2015 für den Kleinsee erfasst: See Großsee Pinnower See Kleinsee Erläuterung 2011 2015 2011 2015 2015 Mittel der Chlorophyll-a-Konzentrationen von März bis November eines Jahres (µg/l) 8,13 4,33 5,07 4,77 Mittel der Sichttiefen von März bis November eines Jahres (m) 3,18 3,47 3,68 3,00 Trophieindex nach LAWA 2,05 1,90 1,99 1,90 Landtag Brandenburg Drucksache 6/10007 - 3 - Jahresmittel der Gesamtstickstoffkonzentration (mg/l) 0,91 1,28 0,7 0,82 3,02 Gesamtphosphorkonzentration zur Zeit der Vollzirkulation bzw. im Frühjahr (μg/l) 10 16,5 20 12,5 Mittel der Gesamtphosphorkonzentration aller Messwerte des Jahres (μg/l) 14,16 16,5 19,17 13,5 Mittel der Gesamtphosphorkonzentration von März bis November eines Jahres (μg/l) 18,333 16,5 18,33 14,5 In 2018 wurden die Seen erneut im Auftrag des LfU untersucht. Die Ergebnisse werden 2019 vorliegen. Auflagen hinsichtlich der Einhaltung von Grenzwerten bei der Einleitung von Grundwasser in die Seen werden die wasserrechtlichen Genehmigungen regeln. Frage 7: Wie ist die Beschaffenheit des Wassers, das in den Pastlingsee eingeleitet wird, und wie hoch sind hier die Phosphatgehalte? Zu Frage 7: Das Speisungswasser in den Pastlingsee wird als Rohwasser der Trinkwasserfassung Drewitz II entnommen und weist eine für die Trinkwasserversorgung entsprechende Qualität auf. Die folgenden Wassergütedaten entstammen der Beprobung des Speisungswassers vom 27.04.2017: pH-Wert: 7,67; elektr. Leitfähigkeit: 183 µS/cm; Calcium: 31,4 mg/l; Magnesium: 1,53 mg/l; Phosphor gesamt: 0,467 mg/l; Ortho-Phosphat: 0,454 mg/l; Ammonium: 0,32 mg/l; Nitrat: < 0,2 mg/l; Nitrit: 0,03 mg/l Frage 8: Welche spezifischen Auswirkungen hat das mit dem Pastlingsee verbundene Moor auf die Wasserqualität im See, insbesondere auf den Phosphatgehalt und welche chemisch-physikalischen Parameter sind für die Entwicklung des Ökosystems Pastlingsee verantwortlich? Zu Frage 8: Im natürlichen Zustand wiesen Pastlingsee und Moor in etwa gleichhohe Wasserstände auf. Im Zeitraum zwischen 2004 und 2015 kam es zu einer steten Wasserstandsabsenkung im See, die eine Entwässerung des Moores nach sich zog. Aufgrund der Belüftung des Torfkörpers kam es zur Freisetzung und Ausschwemmung von Nährstoffen (Phosphat, Nitrat), die wiederum im See zur Eutrophierung führten. Von 2000 bis 2015 hatte sich der Pastlingsee von einem mesotrophen in einen stark nährstoffbelasteten hypertrophen See gewandelt. Insgesamt stieg der Gesamt-Phosphat von 0,07 mg/l im Jahr 2005 auf 0,176 mg/l im Jahr 2015 an. Frage 9: Wie hat sich die Einleitung phosphathaltigen Wassers auf den Pastlingsee insgesamt auf das Ökosystem und die Wasserqualität ausgewirkt, und sind die Erkenntnisse auf die anderen Seen übertragbar? Zu Frage 9: Der See hat sich hinsichtlich des Nährstoffgehaltes verbessert und wird jetzt als eutropher See eingestuft. Als Hauptursachen sind die geringe Konzentration des Einleitungswassers an Hydrogenkarbonat in Verbindung mit dem Zutritt von Huminstoffen aus dem Moor zu nennen. Diese Kombination fördert die Bindung von Phosphat und beugt Eutrophierungserscheinungen vor. Der Pastlingsee erfüllt hinsichtlich des Phytoplanktons und der benthischen Kieselalgen jetzt sogar die strengen Anforderungen der EU- Wasserrahmenrichtlinie und der Oberflächengewässerverordnung. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10007 - 4 - Die o. g. Erkenntnisse gelten jedoch nur spezifisch für den Pastlingsee und sind nicht prinzipiell auf andere Seen übertragbar. Frage 10: Welche weitere Entwicklung ist im Großsee, Kleinsee und Pinnower See zu erwarten und worauf basieren diese Annahmen? Zu Frage 10: Es ist geplant, bis Ende April 2019 an allen drei Seen die Wasserversorgungsanlagen zu errichten und ab Anfang Mai 2019 das gehobene Grundwasser in die Seen einzuleiten. Ziel ist es, die Wasserstände in den Seen auf die jeweils durch die Projektgruppe festgelegten Stabilisierungswasserstände anzuheben und in der Folge dann auf diesem Stand zu stabilisieren. Neben der Wassereinleitung wurde vorsorglich ein Monitoring gegenüber dem Bergbauunternehmen angeordnet, mit dem die Entwicklung der Seen künftig überwacht werden kann. Auf Basis der Monitoringergebnisse muss entschieden werden, ob weitere Maßnahmen zum Schutz der Seen notwendig sind. Frage 11: Werden im Genehmigungsverfahren der Wassereinleitungen Maßnahmen zur Phosphatminimierung vorgesehen bzw. angeordnet? Wenn nein: Warum nicht? Zu Frage 11: Wie in der Antwort zu Frage 1 dargestellt, laufen gegenwärtig die Genehmigungsverfahren beim LBGR. Im Ergebnis der Prüfung der vorliegenden Anträge wird unter anderem darüber entschieden, ob Maßnahmen zur Phosphatminimierung notwendig sind. Frage 12: Wie will die Landesregierung die Weiterführung der gegenwärtigen Nutzung (Badenutzung) mit dem gehobenen Grundwasser absichern? Zu Frage 12: Durch die Anhebung des Wasserspiegels der Seen infolge der Einleitung des gehobenen Grundwassers erhöht sich der touristische und Freizeitnutzen des Sees, seine Attraktivität wird dahingehend erhöht bzw. wiederhergestellt. Die Maßnahmen zur Stabilisierung der Seewasserstände sind bis zur nachweislichen Beendigung der Beeinträchtigung durch die bergbauliche Grundwasserabsenkung aufrecht zu erhalten. Frage 13: Sind für das FFH-Gebiet am Kleinsee weitere Maßnahmen geplant, um den guten Erhaltungszustand des FFH-Gebietes wiederherzustellen und wird es dafür ein Monitoring geben? Zu Frage 13: Der Kleinsee liegt im FFH Gebiet „Pinnower Läuche und Tauersche Eichen“ im Naturpark Schlaubetal. Ein zugehöriger FFH-Managementplan ist in Bearbeitung. Die FFH-Managementplanung wird durch eine regionale Arbeitsgruppe begleitet. Eine erste Sitzung der Arbeitsgruppe fand am 03.07.2018 statt. Maßnahmenvorschläge bzgl. des Kleinsees liegen noch nicht vor. Anlage/n: 1. Anlage Seite 5 von 6 Anlage zu Frage 1 der KA 3987: geplante Lagepunkte der Wasserversorgungsbrunnen SBP: Maßnahmen zur Erreichung des Stabilisierungswasserstandes des Kleinsees Brunnenstandort sowie Leitungstrasse Kleinsee SBP: Maßnahmen zur Erreichung des Stabilisierungswasserstandes des Großsees Brunnenstandort sowie Leitungstrasse Großsee Seite 6 von 6 SBP: Maßnahmen zur Erreichung des Stabilisierungswasserstandes des Pinnower Sees Brunnenstandort sowie Leitungstrasse Pinnower See