Datum des Eingangs: 31.03.2015 / Ausgegeben: 07.04.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1003 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 366 des Abgeordneten Steeven Bretz der CDU-Fraktion Drucksache 6/796 Verkehrsbedingte Luftschadstoffbelastung in der Zeppelinstraße in der Landeshauptstadt Potsdam Wortlaut der Kleinen Anfrage 366 vom 05.03.2015 : In der Zeppelinstraße in Potsdam ist laut der Stadtverwaltung Potsdam der von der EU festgesetzte Immissionsgrenzwert überschritten. Dies könne fünfstellige Strafzahlungen an die europäische Kommission zur Folge haben, erklärt laut Presse das Landesumweltamt dazu. Das Konzept der Stadtverwaltung Potsdam ist, die Fahrspuren zu verringern und Lastwagen mit mehr als 3,5 t Fahrverbot auf der Zeppelinstraße zu erteilen. 5.000 Autos weniger auf der Zeppelinstraße und eine um 16% geringere Schadstoffbelastung sind das Ziel der Stadtverwaltung Potsdam. Ich frage daher die Landesregierung: 1. Welche Abstimmungsprozesse mit welchem Ergebnis gibt es dazu zwischen der Landesregierung Brandenburg und der Stadtverwaltung Potsdam? 2. Hat die europäische Kommission bereits mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht, wenn ja wann? 3. Von wem werden die Probeentnahmestellen installiert und ausgewertet, von der Landesregierung oder von der Stadtverwaltung Potsdam? 4. Hat die Landesregierung die Stadtverwaltung auf das grundsätzliche Problem hingewiesen? Wenn ja, wann und in welcher Form? 5. Wie viele Probeentnahmestellen zur ortsfesten Messung der Luftqualität befinden sich entlang der Potsdamer Zeppelinstraße, und wo befinden sich diese genau? 6. Nach welchen Kriterien wurden die Probeentnahmestellen ausgewählt? 7. Seit wann finden ortsfeste Messungen zur Beurteilung der Luftqualität an der Zeppelinstraße statt? 8. Werden nach Information der Landesregierung die Vorgaben für die Standort- bestimmung der ortsfesten Probeentnahmestelle an der Zeppelinstraße gemäß der 39. BImSchV, Anlage 3 erfüllt? 9. Wie oft wurde die zulässige Überschreitung pro Kalenderjahr der über eine volle Stunde gemittelten Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid an den Probeentnahmestellen in der Zeppelinstraße seit Beginn der Messungen überschritten? (bitte für jedes Kalenderjahr angeben) 10. Wie hoch war der jeweils ermittelte Jahresimmissionswert für Stickstoffdioxid an der Potsdamer Zeppelinstraße seit Beginn der Messungen? (bitte für jedes Kalenderjahr ausweisen) 11. Wie hat sich die Feinstaubbelastung in der Potsdamer Zeppelinstraße grundsätzlich seit Beginn der Messungen entwickelt? 12. Welche einzelnen Maßnahmen sind nach Information der Landesregierung im Luftreinhalte- und Aktionsplan der Stadt Potsdam zur Reduzierung der Schadstoffbelastungen , insbesondere Stickstoffdioxid, entlang der Zeppelinstraße festgelegt und wie bewertet die Landesregierung die Wirksamkeit dieser festgelegten Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffbelastung und zur Verbesserung der Luftqualität in der Zeppelinstraße? 13. Wie gestaltet sich die Höhe der von der europäischen Kommission angedrohten Strafzahlungen für überschrittene Grenzwerte (bitte ausführliche Angaben )? 14. Welche anderen Möglichkeiten – als die vorgestellten Konzepte der Stadtverwaltung Potsdam - sieht die Landesregierung zur Verringerung der Schadstoffbelastung in der Zeppelinstraße? 15. Inwieweit sieht die Landesregierung einen Zusammenhang zwischen der Stadtentwicklungspolitik der Landeshauptstadt Potsdam und dem wachsenden Pendlerverkehr in die Stadt Potsdam? 16. Hält die Landesregierung das aktuelle Konzept der Stadtverwaltung Potsdam für realistisch, den Autoverkehr in der Zeppelinstraße zu reduzieren, um die Schadstoffwerte zu senken, oder gilt die Annahme, dass sich auch künftig genauso viele Autos auf weniger Spuren drängen werden? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Werden die gesetzlichen Grenzwerte für die Luftschadstoffe überschritten oder besteht die Gefahr einer Überschreitung hat die zuständige Behörde für das Gebiet einen Luftreinhalteplan aufzustellen. In dem Luftreinhalteplan sind Maßnahmen vorzusehen , die zu einer dauerhaften Verminderung der Luftschadstoffbelastungen beitragen . Für die Planaufstellung ist das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die zuständige Behörde, während für die Maßnahmenumsetzung die jeweilige Kommune (hier die Stadtverwaltung Potsdam) zuständig ist. Das bedeutet , dass eine einvernehmliche Abstimmung zu den Maßnahmen zwischen der planaufstellenden und -umsetzenden zuständigen Behörde zur Zielerreichung erforderlich ist. Frage 1: Welche Abstimmungsprozesse mit welchem Ergebnis gibt es dazu zwischen der Landesregierung Brandenburg und der Stadtverwaltung Potsdam? zu Frage 1: Zu den Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in der Zeppelinstraße besteht ein Informationsaustausch zwischen der Landesregierung und der Stadtverwaltung. In Zusammenhang mit der Zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplanes für die Landeshauptstadt wird unter Beteiligung der Öffentlichkeit der Diskussions- und Abstimmungsprozess um weitere Maßnahmen für eine sichere Einhaltung der Luftschadstoffgrenzwerte in der Landeshauptstadt weitergeführt. Frage 2: Hat die europäische Kommission bereits mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht, wenn ja wann? Zu Frage 2: Die Vertragsverletzungsverfahren werden durch ein sogenanntes Pilotverfahren durch die Europäische Kommission eingeleitet, d. h. es ergeht zunächst an die Mitgliedstaaten die Aufforderung, innerhalb einer gesetzten Frist eine mit Gründen versehene Stellungnahme abzugeben. Eine solche Aufforderung wegen Überschreitung des Feinstaubgrenzwertes in den Jahren 2005 und 2006 u. a. in Potsdam hat es im Jahr 2009 gegeben. Im weiteren Verfahren wurde das Verfahren bezüglich Potsdam durch die Kommission aufgrund der Einhaltung des Feinstaubgrenzwertes ab 2012 nicht weiterverfolgt mit dem Hinweis, das Verfahren bei erneuten Überschreitungen wieder aufzunehmen. Hinsichtlich der Belastungswerte zu Stickstoffdioxid in Potsdam wurde von der Europäischen Kommission eine Fristverlängerung für die Einhaltung des Grenzwertes bis zum 31.12.2014 gewährt, d. h. der Grenzwert von 40 µg/m3 ist ab dem 01.01.2015 einzuhalten. Frage 3: Von wem werden die Probeentnahmestellen installiert und ausgewertet, von der Landesregierung oder von der Stadtverwaltung Potsdam? Zu Frage 3: Das Luftgütemessnetz wird durch das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) unterhalten und die Messergebnisse ausgewertet. Die Aufstellung der Messstationen orientiert sich dabei an den gesetzlichen Grundlagen der 39. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV). Frage 4: Hat die Landesregierung die Stadtverwaltung auf das grundsätzliche Problem hingewiesen ? Wenn ja, wann und in welcher Form? Zu Frage 4: Mit dem Aufstellungsprozess für den ersten Luftreinhalteplan für die Stadt Potsdam wurde 2006 begonnen. Seit dem gibt es einen intensiven Austausch zwischen der Stadtverwaltung und dem Ministerium für Umwelt bzw. dem LUGV. Die Luftgütemessergebnisse werden tagesaktuell im Internet unter http://www.luis.brandenburg.de/i/ubis/ veröffentlicht und sind so für jedermann zugänglich . Frage 5: Wie viele Probeentnahmestellen zur ortsfesten Messung der Luftqualität befinden sich entlang der Potsdamer Zeppelinstraße, und wo befinden sich diese genau? Zu Frage 5: An der Zeppelinstraße befindet sich in Höhe der Hausnummer 30 ein Luftgütemesscontainer . Die genauen Positionsdaten sind 13,03° geografische Länge, 52,39° geografische Breite. Frage 6: Nach welchen Kriterien wurden die Probeentnahmestellen ausgewählt? Zu Frage 6: Die Aufstellung der Luftgütemessstationen richtet sich nach §14 in Verbindung mit Anlage 3 der 39. BImSchV. Die Messstelle in der Zeppelinstraße bildet dementsprechend die Situation mit den wahrscheinlich höchsten Werten, denen die Bevölkerung dort ausgesetzt und die allgemein repräsentativ für die Exposition ist, ab. Frage 7: Seit wann finden ortsfeste Messungen zur Beurteilung der Luftqualität an der Zeppelinstraße statt? Zu Frage 7: Seit 1996 werden ortsfeste Messungen in der Zeppelinstraße betrieben. Frage 8: Werden nach Information der Landesregierung die Vorgaben für die Standortbestimmung der ortsfesten Probeentnahmestelle an der Zeppelinstraße gemäß der 39. BImSchV, Anlage 3 erfüllt? Zu Frage 8: Ja. Frage 9: Wie oft wurde die zulässige Überschreitung pro Kalenderjahr der über eine volle Stunde gemittelten Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid an den Probeentnahmestellen in der Zeppelinstraße seit Beginn der Messungen überschritten? Zu Frage 9: Der zulässige über eine Stunde gemittelte Grenzwert für Stickstoffdioxid von 200µg/m3 darf im Kalenderjahr maximal 18mal überschritten werden. (§ 3 Abs. 1 der 39. BImSchV). Bisher gab es keine Überschreitungen dieses Grenzwertes. Frage 10: Wie hoch war der jeweils ermittelte Jahresimmissionswert für Stickstoffdioxid an der Potsdamer Zeppelinstraße seit Beginn der Messungen? (bitte für jedes Kalenderjahr ausweisen) Zu Frage 10: 1997 39 1) 1998 411) 1999 441) 2000 - 2) 2001 - 2) 2002 46 3) 2003 473) 2004 453) 2005 443) 2006 483) 2007 433) 2008 443) 2009 453) 2010 453) 2011 453) 2012 473) 2013 443) 2014 413) 1) Messstelle in Höhe der Hausnummern 150/151 Zeppelinstraße 2) Wegen Baumaßnahmen in der Zeppelinstraße musste der Messbetrieb unterbrochen werden 3) Messstelle in Höhe der Hausnummer 30 Zeppelinstraße Die EU-Kommission hat einer Fristverlängerung zur Einhaltung des Grenzwertes von 40 µg/m³ zugestimmt. Er muss ab dem Kalenderjahr 2015 eingehalten werden, so dass bisher keine formale Verletzung des EU-Rechts vorliegt. Frage 11: Wie hat sich die Feinstaubbelastung in der Potsdamer Zeppelinstraße grundsätzlich seit Beginn der Messungen entwickelt? Zu Frage 11: Die Entwicklung der Feinstaubkonzentration in der Potsdamer Zeppelinstraße ist ausführlich und auch im Vergleich zu anderen Verkehrsmessstellen im Land Brandenburg im Luftqualitätsbericht des LUGV dargestellt. http://www.lugv.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/luft_13.pdf Frage 12: Welche einzelnen Maßnahmen sind nach Information der Landesregierung im Luftreinhalte - und Aktionsplan der Stadt Potsdam zur Reduzierung der Schadstoffbelastungen , insbesondere Stickstoffdioxid, entlang der Zeppelinstraße festgelegt und wie bewertet die Landesregierung die Wirksamkeit dieser festgelegten Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffbelastung und zur Verbesserung der Luftqualität in der Zeppelinstraße? Zu Frage 12: Die Maßnahmen im Luftreinhalteplan differenzieren nicht nach ihrer Wirksamkeit hinsichtlich der Minderung einzelner Luftschadstoffe. Eine Liste der wesentlichen Maßnahmen ist unter http://www.lugv.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.285551.de auf der Internetseite des MLUL einsehbar. Frage 13: Wie gestaltet sich die Höhe der von der europäischen Kommission angedrohten Strafzahlungen für überschrittene Grenzwerte (bitte ausführliche Angaben)? Zu Frage 13: Die Strafzahlungen, die die EU-Kommission bzw. der Europäische Gerichtshof bei Verletzung von europäischem Recht verhängen kann, können sowohl auf ein Zwangsgeld, als auch auf die Zahlung eines Pauschalbetrages hinauslaufen. Beide Sanktionsmittel können auch nebeneinander verhängt werden. Bis es zu Strafzahlungen kommt, ist ein mehrstufiges Verfahren zu durchlaufen. Die Höhe des Zwangsgeldes wird anhand verschiedener Kriterien bemessen u. a. an der Schwere des Verstoßes, seiner Dauer und dem Bruttoinlandsprodukt des Mitgliedstaates . Auch beim Pauschalbetrag werden Schwere und Dauer des Verstoßes berücksichtigt . Frage 14: Welche anderen Möglichkeiten – als die vorgestellten Konzepte der Stadtverwaltung Potsdam - sieht die Landesregierung zur Verringerung der Schadstoffbelastung in der Zeppelinstraße? Zu Frage 14: Weitere Maßnahmen zur Verringerung der Luftschadstoffbelastung werden in Zusammenhang mit der zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplanes entwickelt. Hauptsächlich wird es um ergänzende Maßnahmen zur Minderung der verkehrsbedingten Immissionen durch eine Reduzierung des verbrennungsmotorisierten Verkehrsaufkommens gehen. Frage 15: Inwieweit sieht die Landesregierung einen Zusammenhang zwischen der Stadtentwicklungspolitik der Landeshauptstadt Potsdam und dem wachsenden Pendlerverkehr in die Stadt Potsdam? Zu Frage 15: Die Landesregierung sieht einen Zusammenhang zwischen der Stadtentwicklungspolitik der Stadt Potsdam und dem anwachsenden Pendlerverkehr. Das Bevölkerungswachstum in Potsdam, aber auch die sich stetig fortsetzende wirtschaftliche Verflechtung zwischen Berlin und Berliner Umland wird in den nächsten Jahren zu einem weiteren Anwachsen der Pendlerverkehre zwischen Berlin, Potsdam und dem Potsdamer Umland führen. Frage 16: Hält die Landesregierung das aktuelle Konzept der Stadtverwaltung Potsdam für realistisch , den Autoverkehr in der Zeppelinstraße zu reduzieren, um die Schadstoffwerte zu senken, oder gilt die Annahme, dass sich auch künftig genauso viele Autos auf weniger Spuren drängen werden? Zu Frage 16: Die Landesregierung geht davon aus, dass die Stadt sich vom Gedanken der Schadstoffreduzierung bei ihrem Konzept leiten ließ und die vorgesehenen Maßnahmen in diesem Sinn angemessen sind. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg haben könnten.