Datum des Eingangs: 31.03.2015 / Ausgegeben: 07.04.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1009 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 356 des Abgeordneten Steeven Bretz der CDU-Fraktion Drucksache 6/759 Versorgungssicherheit mit Erdgas Wortlaut der Kleinen Anfrage 356 vom 03.03.2015: Bereits seit längerem wird vor Versorgungseinschränkungen mit Erdgas in Deutschland gewarnt. Hintergrund sind die historisch niedrigen Einspeisungen in die Erdgasspeicher in Deutschland. Unter dem Eindruck der aktuellen Ukrainekrise gewinnt diese Thematik eine noch stärkere Bedeutung. Ich frage die Landesregierung: 1. Im Land Brandenburg werden zwei Untergrundspeicher (UGS) für Erdgas be- trieben, der UGS Buchholz (Aquiferspeicher) und der UGS Rüdersdorf (Kavernenspeicher ). Die Speicher haben in Summe ein Aktivgasvolumen von 310 Mio. Nm³. Wie ist der derzeitige Füllstand der Speicher im Vergleich zu den Füllständen im Vorjahreszeitraum der letzten beiden Jahre? 2. Sieht die Landesregierung hier Defizite in Bezug auf die benötigten Mengen? Wenn ja, wie will sie dem begegnen? Wenn nein, bitte begründen. 3. Die Landesregierung legt in der Drucksache 5/8095 dar, dass im Land Brandenburg bei der Gasversorgung unter anderem wegen der guten Anbindung an die Erdgasimportleitungen bisher keine Engpässe bei der Gasversorgung aufgetreten sind. Kommt die Landesregierung hier aufgrund der politischen Ereignisse in Russland und der Ukraine derzeit zu einer anderen Einschätzung , was die Versorgungssicherheit über die Erdgasimportleitungen betrifft? 4. Hat die Landesregierung eine Drosselung der Erdgasimporte festgestellt? Wenn nein, erwartet sie dies und ist sie darauf vorbereitet? Wenn ja, in welchem Umfang? Wie reagiert die Landesregierung in diesem Fall darauf? 5. Wie steht die Landesregierung unter dem Eindruck der aktuellen politischen Entwicklungen zur Einführung einer Mindestreserve für Erdgas in Deutschland ? Welche Schritte sind ggf. dafür schon getätigt worden? 6. Welche Ergebnisse hat die im Juni 2013 bei der Wirtschaftsministerkonferenz beschlossene Prüfung bezüglich der gesetzgeberischen, regulatorischen oder organisatorischen Maßnahmen, die künftig gewährleisten können, dass Belange der Versorgungssicherheit beim Betrieb der Gasspeicher künftig wieder verstärkt berücksichtigt werden und eine ausreichende Befüllung in verbrauchsstarken Zeiten sichergestellt wird, ergeben? 7. Die Haftung für den Fall, dass es zu Versorgungsengpässen kommt, ergibt sich aus den jeweiligen Vertragsverhältnissen und den in den jeweiligen Verträgen vereinbarten Haftungs- und Entschädigungsregelungen. Mit wem hat die Landesregierung Vertragsverhältnisse über die Sicherstellung der Versorgung mit Erdgas und seit wann? 8. Wie stellen sich die entsprechenden Haftungs- und Entschädigungsregelungen in diesen Verträgen dar? Hält die Landesregierung diese unter den aktuellen politischen Entwicklungen für ausreichend? 9. Welche Zugriffsrechte garantieren diese Vertragsverhältnisse der Landesregierung auf die gespeicherten Erdgasreserven? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Im Land Brandenburg werden zwei Untergrundspeicher (UGS) für Erdgas betrieben, der UGS Buchholz (Aquiferspeicher) und der UGS Rüdersdorf (Kavernenspeicher). Die Speicher haben in Summe ein Aktivgasvolumen von 310 Mio. Nm³. Wie ist der derzeitige Füllstand der Speicher im Vergleich zu den Füllständen im Vorjahreszeitraum der letzten beiden Jahre? zu Frage 1: Die Füllstände der Speicher in den Jahren 2012, 2013 und 2014 (Stand jeweils 30.9.) können der nachstehenden Tabelle entnommen werden: Aufgrund saisonal bedingter Verbrauchs- und Preisstrukturen werden Speicher grundsätzlich in den Sommermonaten befüllt. Der gegenwärtige Füllstand (März 2015) beträgt 35 %. Frage 2: Sieht die Landesregierung hier Defizite in Bezug auf die benötigten Mengen? Wenn ja, wie will sie dem begegnen? Wenn nein, bitte begründen. zu Frage 2: Die Landesregierung sieht keine Defizite. Für die Versorgungssicherheit Brandenburgs sind nicht nur die vorhandenen Reserven in den Untergrundspeichern (UGS) Brandenburgs relevant, sondern auch die Volumina von UGS in anderen Bundesländern und dem benachbarten Ausland. Neben den großen Speicherkapazitäten und der heimischen Erdgasförderung besitzt Deutschland ein diversifiziertes Pipelinesystem und ist dadurch mit umliegenden Ländern gut vernetzt. Weiterhin sollen die Speicherkapazitäten gemäß dem Präventions - und Notfallplan Gas (Stand Dezember 2014) von 23,5 Mrd. m³ auf rd. 32 Mrd. m³ ausgebaut werden. Gesamtkapazität 30.09.2012 30.09.2013 30.09.2014 Arbeitsgasvolumen (AGV) in Mio. Nm³ (% max. Füllmenge) ca. 310 176 (57 %) 218 (70 %) 234 (75 %) Frage 3: Die Landesregierung legt in der Drucksache 5/8095 dar, dass im Land Brandenburg bei der Gasversorgung unter anderem wegen der guten Anbindung an die Erdgasimportleitungen bisher keine Engpässe bei der Gasversorgung aufgetreten sind. Kommt die Landesregierung hier aufgrund der politischen Ereignisse in Russland und der Ukraine derzeit zu einer anderen Einschätzung, was die Versorgungssicherheit über die Erdgasimportleitungen betrifft? zu Frage 3: Deutschland besitzt weiterhin diversifizierte Transportwege und Bezugsquellen sowie stabile Beziehungen zu Lieferländern. Zukünftig sollen weitere Lieferquellen im kaspischen Raum ("südlicher Korridor") für Europa und damit indirekt auch für Deutschland erschlossen werden, um den Diversifizierungsgrad weiter zu erhöhen. Außerdem soll ab 2019 erstmals Gas über die Transadriatische Gaspipeline (TAP) aus Aserbaidschan nach Europa geliefert werden. Zudem erarbeiten die Fernleitungsnetzbetreiber in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur und unter Beteiligung der Öffentlichkeit seit 2012 jährlich einen zehnjährigen Netzentwicklungsplan (NEP), um künftig benötigte Transportkapazitäten für Erdgas zu ermitteln. Der NEP wird den Regulierungsbehörden vorgelegt. Zusätzlich ist Deutschland und damit auch Brandenburg im Rahmen des Präventions - und des Notfallplanes Gas des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gut aufgestellt (siehe auch Antwort zu Frage 4). Frage 4: Hat die Landesregierung eine Drosselung der Erdgasimporte festgestellt? Wenn nein, erwartet sie dies und ist sie darauf vorbereitet? Wenn ja, in welchem Umfang? Wie reagiert die Landesregierung in diesem Fall darauf? zu Frage 4: Das Erdgasversorgungssystem von Brandenburg steht im Verbund mit den deutschen sowie den europäischen Erdgasnetzen. Die regionale Feststellung einer Drosselung oder auch einer Erhöhung von Erdgasimporten auf Landesebene ist daher nicht möglich. Deutschland und damit auch Brandenburg ist mit der sogenannten „Winterverordnung – SoS-VO“ (VO(EU) Nr. 994/2010) auf eine mögliche Drosselung von Erdgasimporten vorbereitet. Mit der SoS-VO werden alle Mitgliedstaaten verpflichtet, einen geschützten Kundenkreis zu definieren, nationale Präventions- und Notfallpläne zu erstellen sowie einen Infrastruktur- und einen Versorgungsstandard einzurichten . Die zuständige Behörde für die Sicherstellung der Maßnahmen der SoS-VO ist das BMWi. Die Länder haben dabei eine Mitwirkungspflicht. Frage 5: Wie steht die Landesregierung unter dem Eindruck der aktuellen politischen Entwicklungen zur Einführung einer Mindestreserve für Erdgas in Deutschland? Welche Schritte sind ggf. dafür schon getätigt worden? zu Frage 5: Das BMWi hat in 2014 eine Studie unter dem Titel "Möglichkeiten zur Verbesserung der Gasversorgungssicherheit und der Krisenvorsorge durch Regelungen der Speicher (strategische Reserve, Speicherverpflichtungen), einschließlich der Kosten sowie der wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Markt" ausgeschrieben. Die Studie soll bis Mitte 2015 weiterführende Hinweise liefern und als politische Entscheidungsgrundlage für eine mögliche Speicherregelung dienen. Über die Ergebnisse der Studie werden die Bundesländer informiert. Frage 6: Welche Ergebnisse hat die im Juni 2013 bei der Wirtschaftsministerkonferenz beschlossene Prüfung bezüglich der gesetzgeberischen, regulatorischen oder organisatorischen Maßnahmen, die künftig gewährleisten können, dass Belange der Versorgungssicherheit beim Betrieb der Gasspeicher künftig wieder verstärkt berücksichtigt werden und eine ausreichende Befüllung in verbrauchsstarken Zeiten sichergestellt wird, ergeben? zu Frage 6: Gemäß der Bitte der Wirtschaftsministerkonferenz (WMK) vom 5./6. Juni 2013 hat das BMWi zur Wirtschaftsministerkonferenz am 11./12. Dezember 2013 den gewünschten Bericht vorgelegt. Kernaussage des Berichts war, dass sich die im Sommer 2013 entbrannte Diskussion über die geringen Speicherfüllstände der Erdgasspeicher aufgrund nicht aktueller Datengrundlagen, nicht bewahrheitet hat. Marktakteure beklagten eine zuvor sinkende Speichernutzung, u.a. aufgrund der Marktliberalisierung und grundsätzlichen Anreizproblemen (Ausspeicherung nur bei entsprechenden Preissignalen). Der Speicherfüllstand zu Beginn der Heizperiode 2013/2014 überstieg jedoch 90 % und es gab keine konkreten Anzeichen für eine sinkende Speichernutzung. Das BMWi berichtete weiterhin, dass es zusammen mit der Bundesnetzagentur (BNetzA) und den Gasversorgungsunternehmen die weiteren Entwicklungen beobachtet , jedoch aufgrund der Bevorzugung von marktnahen Lösungen keine konkreten Vorschläge zur rechtlichen Regelung des Speicherbetriebs erarbeiten wird. Gemäß dem Bericht des BMWi zur WMK am 5./6. Juni 2014 plant die BNetzA im Rahmen ihrer Festlegungsbefugnis Anpassungen bei den Speicherentgelten, um die wirtschaftliche Attraktivität von Speichern zu fördern. Dazu werden Konsultationen mit der Gaswirtschaft durchgeführt. Frage 7: Die Haftung für den Fall, dass es zu Versorgungsengpässen kommt, ergibt sich aus den jeweiligen Vertragsverhältnissen und den in den jeweiligen Verträgen vereinbarten Haftungs- und Entschädigungsregelungen. Mit wem hat die Landesregierung Vertragsverhältnisse über die Sicherstellung der Versorgung mit Erdgas und seit wann? Frage 8: Wie stellen sich die entsprechenden Haftungs- und Entschädigungsregelungen in diesen Verträgen dar? Hält die Landesregierung diese unter den aktuellen politischen Entwicklungen für ausreichend? Frage 9: Welche Zugriffsrechte garantieren diese Vertragsverhältnisse der Landesregierung auf die gespeicherten Erdgasreserven? zu Fragen 7, 8 und 9: Es bestehen keine Vertragsverhältnisse zwischen der Landesregierung, Gasversorgungsunternehmen und Netzbetreibern. Im Rahmen des EnWG liegt die Verantwor- tung für die Sicherstellung der Gasversorgung bei den Gasversorgungsunternehmen und den Netzbetreibern. Rechtsvorschriften und Gestaltungsrechte für Gasversorgungsunternehmen und Behörden sind im Energiewirtschaftsgesetz, dem Gesetz zur Sicherung der Energieversorgung (EnSiG) und der Verordnung zur Sicherung der Gasversorgung in einer Versorgungskrise (GasSV) verankert.