Landtag Brandenburg Drucksache 6/10191 6. Wahlperiode Eingegangen: 10.12.2018 / Ausgegeben: 17.12.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4024 der Abgeordneten Tina Fischer (SPD-Fraktion) und Sylvia Lehmann (SPD-Fraktion) Drucksache 6/9872 Ärztliche Versorgung im Landkreis Dahme-Spreewald Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Ärztliche Versorgung im Landkreis Dahme-Spreewald Die ärztliche Versorgung im Land Brandenburg und im Landkreis Dahme-Spreewald ist seit Jahren nicht nur in den verschiedensten Gremien auf Landesebene ein Thema, sondern vor allem auch vor Ort in den Gemeindevertretungen, dem Kreistag und letztlich auch bei den Bürgern und Ärzten selbst. Dabei klaffen statistische Feststellungen und persönliche Wahrnehmungen in Teilen weit auseinander. Laut Homepage der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg ist das gesamte Land Brandenburg z.B. mit Kinderärzten überversorgt (zwischen 128 - 223%, LDS = 140,1%). Eine landesweite Überversorgung wird auch für Psychotherapeuten, Urologen, Frauenärzte, Innere Medizin und Orthopäden festgestellt. Chirurgen fehlen demnach nur in Dahme-Spreewald und HNO nur im Havelland. Die Versorgung mit Allgemein Medizinern im LDS beträgt demnach zwischen 93,5 - 107,4%. Wenn man das so liest stellt sich die Frage: warum ist der sog. „Ärztemangel“ eigentlich im politischen Bereich und bei den Bürgern ein Thema? Vorbemerkung der Landesregierung: Gegenstand der Fragen 1-7 sind u.a. Angebote der ambulanten medizinischen Versorgung im Landkreis Dahme-Spreewald. Die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Brandenburg (KZV BB). Diese wurden um Zuarbeit zur Beantwortung der Kleinen Anfrage gebeten. Die nachfolgenden Antworten beruhen auch auf diesen Stellungnahmen. Frage 1: Nach wessen Vorgabe wird nach welchen Kriterien die Bedarfsplanung gestaltet? zu Frage 1: Die Bedarfsplanung regelt, wie viele Ärztinnen und Ärzte es in einer Region gibt und wie sie verteilt sind. Sie ist ein wesentliches Instrument zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung. Ärztinnen/Ärzte oder Psychotherapeutinnen/-therapeuten, die gesetzlich versicherte Patientinnen/Patienten ambulant behandeln möchten, benötigen einen freien Arztsitz. Generell bildet die Bedarfsplanungs-Richtlinie (BPL-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) die Rechtsgrundlage zur Steuerung der ambulanten medizinischen Versorgung . Landtag Brandenburg Drucksache 6/10191 - 2 - Auf Basis der BPL-RL hat die Kassenärztliche Vereinigung (KVBB) im Einvernehmen mit den Krankenkassen des Landes Brandenburg für den Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg einen Bedarfsplan erstellt, der sowohl den Stand der ambulanten ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung der Brandenburger Bevölkerung - regional und nach Arztgruppen differenziert - darlegt, als auch Möglichkeiten von Niederlassungen bzw. Anstellungen aufzeigt. Die Abbildung des Standes der Versorgung erfolgt durch den Versorgungsgrad. Der Versorgungsgrad in Prozent wird in Bezug auf die kumulierten Versorgungsaufträge1 aller Ärztinnen und Ärzte einer Fachgruppe unter Berücksichtigung der Einwohnerinnen und Einwohner ermittelt. Die räumliche Grundlage für die Ermittlung des Standes der vertragsärztlichen Versorgung (Versorgungsgrad) differiert gemäß BPL-RL nach den Versorgungsebenen und ist in der hausärztlichen Versorgung der Mittelbereich, der allgemein fachärztlichen Versorgung der Landkreis, die kreisfreie Stadt bzw. die Kreisregion, in der spezialisierten fachärztlichen Versorgung die Raumordnungsregion (ROR), in der gesonderten fachärztlichen Versorgung der KV-Bereich. Differenziert nach Arztgruppen und Planungsbereichen wird in der BPL-RL für die Ermittlung des Versorgungsgrades ein Ärztinnen/Arzt-Einwohnerverhältnis (Verhältniszahl) festgelegt , wobei Pendlerströme von sozialversicherungspflichtigen Einwohnerinnen und Einwohnern berücksichtigt werden, um den Mehrbedarf an ärztlicher Versorgung in Ballungszentren abzubilden (Mitversorgungseffekte). Um darüber hinaus die Alterung der Bevölkerung und die damit einhergehende generelle Zunahme des Leistungsbedarfs dieser Bevölkerungsgruppe zu berücksichtigen, wird die Verhältniszahl durch die KVBB um den regionalen Demografiefaktor modifiziert (Ausnahme Kinderärztinnen/-ärzte und Kinder- und Jugendpsychiater/-innen). Wenn ein Versorgungsgrad von 100 Prozent erreicht ist, gilt ein Planungsbereich als ausreichend versorgt. Ab einem Versorgungsgrad von 110 Prozent gilt ein Planungsgebiet als überversorgt. In Ausnahmefällen ist eine Zulassung bzw. Anstellung nach einem so genannten Sonderbedarf trotzdem möglich. Nachfolgende Übersicht über Sonderbedarfszulassungen und -anstellungen in den Jahren 2013 bis 2017 im Land Brandenburg zeugen von einer entsprechend aktiven Anwendung durch die gemeinsame Selbstverwaltung. 1 Angaben nach Anrechnungsfaktoren gem. Bedarfsplanungs-Richtlinie des G-BA, die sich aus dem Zulassungsstatus eines in eigener Niederlassung tätigen Arztes /Ärztin (hälftiger Versorgungsauftrag = 0,5 AF; voller Versorgungsauftrag = 1,0 AF) bzw. dem Beschäftigungsumfang eines angestellten Arztes/Ärztin (bis 10 h/Wo = 0,25 AF, über 10 bis 20h/Wo = 0,5 AF, über 20 bis 30h/Wo = 0,75 AF, über 30h/Wo = 1,0 AF) ergeben. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10191 - 3 - Tabelle 1: Sonderbedarfszulassungen und -anstellungen, Land Brandenburg (2013 bis 2017) 2013 2014 2015 2016 2017 Summe Arztgruppe ZUL ANST ZUL ANST ZUL ANST ZUL ANST ZUL ANST ZUL ANST Hausärztliche Versorgung Hausärzte - 1,0 - - - 3,0 - 2,0 - 1,0 - 7,0 Allgemeine fachärztliche Versorgung Augenärzte - - - - - - - 1,5 - 2,0 - 3,5 Chirurgen - - - - 1,0 - 0,5 0,5 - - 1,5 0,5 Frauenärzte - 0,5 - 0,5 - - - 1,5 - - - 2,5 HNO-Ärzte - - - - - 0,75 - 0,25 - 0,25 - 1,25 Hautärzte - - - - - - - - - 1,0 - 1,0 Kinderärzte - - - 1,75 - - 1,0 1,0 0,5 1,0 1,5 3,75 Nervenärzte - 1,0 0,5 0,5 - 1,0 1,0 1,0 - 0,5 1,5 4,0 Nervenheilkunde - 0,5 - - - - - - - - - 0,5 Neurologie - 0,5 0,5 0,5 - 1,0 1,0 - - 0,25 1,5 2,25 Psychiatrie u. Psychotherapie - - - - - - - 1,0 - 0,25 - 1,25 Orthopäden - - - - - - - 0,75 - 0,5 - 1,25 Psychotherapeuten 4,0 - - - 2,5 - 1,5 - 0,5 - 9,0 -- Ärztl. Psychoth. - - - - 2,0 - 1,0 - - - 3,0 - Psych. Psychoth. 4,0 - - - - - - - - - 4,0 - Kinder- und Jugendlichen Psychoth. - - - - 0,5 - 1,0 - 0,5 - 2,0 - Urologen - 0,25 - - - - - - - - - 0,25 Spezialisierte fachärztliche Versorgung Fachinternisten 4,5 5,0 6,0 3,5 4,5 3,0 4,0 4,25 4,5 6,75 23,5 22,5 Angiologie - 0,5 - - - - 0,5 - 2,0 1,0 2,5 1,5 Endokrinologie u. Diabetologie - - - - - - - 0,5 - - - 0,5 Gastroenterologie - 0,5 - - - - 1,5 0,5 - 1,0 1,5 2,0 Hämatologie u. Onkologie - - 1,0 1,0 1,5 - - 1,75 - 1,75 2,5 4,5 Kardiologie - - 1,0 - 1,0 3,0 - - - 0,5 2,0 3,5 Nephrologie - 2,0 - 2,0 1,0 - - - 1,0 2,0 2,0 6,0 Pneumologie 2,5 - 1,0 - 1,0 - - - 0,5 - 5,0 - Rheumatologie 2,0 2,0 3,0 0,5 - - 2,0 1,5 1,0 0,5 8,0 4,5 Radiologen 1,0 0,5 - 1,0 1,0 2,5 - 0,25 - 3,0 2,0 7,25 Gesonderte fachärztliche Versorgung Anästhesisten - - 1,0 - 1,0 - 0,5 - - - 2,5 - Labormediziner - - - - - - - 1,0 - - - 1,0 Strahlentherapeuten - - - 0,5 - 1,25 - 2,75 - - - 4,5 Insgesamt 9,5 8,25 7,5 7,75 10,0 11,5 8,5 16,75 5,5 16,0 41,5 60,25 Quelle: KVBB Landtag Brandenburg Drucksache 6/10191 - 4 - Frage 2: Hält die Landesregierung die der Statistik zugrundliegende Systematik für geeignet , die tatsächlichen Verhältnisse widerzuspiegeln? zu Frage 2: Die Bedarfsplanung ist ein klassisches Steuerungselement seit der Einführung der Budgetierung im ambulanten Gesundheitssystem. Mit den in Frage 1 beschriebenen Kriterien wird die Grundlage zur Ermittlung der erforderlichen Anzahl an Haus- /Fachärztinnen/-ärzten und Psychotherapeutinnen/-therapeuten für die jeweiligen Regionen und Arztgruppen für eine ausreichende und zweckmäßige ambulante medizinische Versorgung der Versicherten gegeben. Die Bedarfsplanung ist aber kein starres System, das rein rechnerisch die Anzahl der Haus-/Fachärztinnen/-ärzten und Psychotherapeutinnen/-therapeuten für eine bestimmte Region bestimmt. So räumt die Richtlinie bei lokalen oder qualitativen dauerhaften Versorgungslücken die Möglichkeit zur Zulassung und Anstellung weiterer Ärztinnen/Ärzte und Psychotherapeutinnen/-therapeuten trotz Zulassungssperren ein (Sonderbedarfsfeststellung siehe Tabelle 1, Frage 1). Darüber hinaus wurde die Richtlinie über die Jahre kontinuierlich weiterentwickelt, um auf die zwischenzeitlichen Veränderungen im Gesundheitsbereich adäquat zu reagieren. Die letzte gravierende Reform erfolgte im Jahr 2013 mit der Differenzierung der Planungsbereiche nach Arztgruppen und der Einführung des Demografiefaktors, um die Verteilung der Ärztinnen und Ärzte besser am tatsächlichen Versorgungsbedarf zu orientieren. Im Jahr 2018 wurde im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses ein wissenschaftliches Gutachten erstellt, welches die Erforderlichkeit einer erneuten Anpassung der Kriterien der Bedarfsplanung bzw. einer Neuausrichtung bundesweit überprüft. Im Rahmen dieses Gutachtens wird die auf der bestehenden Richtlinie beruhende ambulante Versorgung in Deutschland heute im Grunde als gut bis sehr gut eingestuft. Unter Berücksichtigung von Mindesterreichbarkeitsstandards wird die potenzielle Erreichbarkeit der beplanten Arztgruppen für den Großteil der Bevölkerung in Deutschland als sehr gut bewertet. Dennoch wird seitens der Gutachter hinsichtlich einer stärkeren Berücksichtigung sozioökonomischer und regionaler Faktoren bei der Bedarfsplanung ein Optimierungsbedarf gesehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bewertet derzeit die Reformansätze und Schlussfolgerungen des Gutachtes und wird ggf. notwendige Veränderungen beschließen. Die kleinräumige Bedarfsplanung wird in den aktuellen Bundesgesetzen Pflegepersonal- Stärkungs-Gesetz (PpSG) und Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) aufgenommen und auf die aktuelle Planungssystematik hin untersucht. Wichtige Themen sind dabei die kleinräumige Bedarfsplanung und die Ausrichtung des Bedarfs nach Inanspruchnahme . Die Weiterentwicklung der Bedarfsplanung, die auf Bundesebene derzeit weitergehend diskutiert und mit Hilfe eines größeren Bedarfsplanungsgutachtens diskutiert wird, geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Im Übrigen wird in diesen der Krankenhausplanung ähnlichen Kriterien auch die Voraussetzung geschaffen, sektorübergreifende Planungsprozesse zu erleichtern. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10191 - 5 - Frage 3: Kann die Landesregierung ggf. darauf Einfluss nehmen und wenn ja, wie? zu Frage 3: Mit der Neufassung der Paragrafen § 96 SGB V und § 103 SGB V sieht der Gesetzesentwurf der Bundesregierung (TSVG) eine Kompetenzerweiterung der Länder gegenüber dem Landesausschuss und dem Zulassungsausschuss vor. Zukünftig soll es demnach möglich sein, dass in ländlichen Gebieten eines Planungsbereiches, in welchem Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf Antrag des Landes diese Zulassungsbeschränkungen aufzuheben und Neuzulassungen zu erteilen sind. Frage 4: Wenn es weitestgehend eher eine Über- als eine Unterversorgung mit Medizinern gibt: welchen Sinn machen dann finanzielle Anreize auf Landesebene oder auf kommunaler Ebene zur Medizinergewinnung? zu Frage 4: Ziel der Landesregierung ist es, eine flächendeckende, qualitativ hochwertige medizinische Versorgung wohnortnah sicherzustellen. Finanzielle Anreize auf Landesund /oder auf kommunaler Ebene haben vorrangig junge Medizinerinnen und Mediziner im Blick, um diese für eine Tätigkeit auf dem Land und in anderen strukturschwachen Regionen zu gewinnen. Medizinerinnen und Medizinern soll die Entscheidung erleichtert werden , sich neu niederzulassen oder bestehende Praxen zu übernehmen. Für eine stabile Entwicklung des ambulanten Versorgungangebots sind Nachbesetzungen von Praxen maßgeblich. Aus diesem Grund sieht sowohl die Landesregierung als auch die KVBB eine hohe Dringlichkeit im bundesweiten Werben um den ärztlichen Fachkräftenachwuchs in der Form von finanziellen Anreizen, bspw. durch die Unterstützung von Praxisneugründungen bzw. -überahmen in als Förderregionen ausgewiesenen Gebieten oder die Bezuschussung von Ausbildungsabschnitten im ambulanten Bereich von Medizinstudierenden bzw. Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung. Die Landesregierung und die KVBB begrüßen aus diesem Grund entsprechende Förderprogramme für Medizinstudierende , da diese frühzeitig eine von vielen geeigneten Maßnahmen darstellt, um die medizinische Versorgung im Bundesland zu sichern. Aufgrund der Konkurrenz zu den anderen Bundesländern sind vielschichtige Maßnahmen erforderlich. Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, zeichnet sich für den Landkreis Dahme-Spreewald für Hausärztinnen/-ärzte, Ärztinnen/Ärzte der allgemeinen fachärztlichen Versorgung und die Psychotherapeutinnen und -therapeuten (Planungsbereich: Landkreis) insgesamt eine stabile ambulant-ärztliche Versorgungssituation ab. Lediglich für die hausärztlichen Versorgungsregionen Mittelbereiche Königs-Wusterhausen und Lübben sowie in der Arztgruppe Hautärztinnen/-ärzte wird das bedarfsgerechte Versorgungsniveau von 100 % Versorgungsgrad knapp unterschritten. Alle weiteren Arztgruppen gelten mit Versorgungsgraden von 100 % bzw. 110 % als ausreichend versorgt bzw. überversorgt. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10191 - 6 - Tabelle 2: Hausärztliche, allg. fachärztliche und psychotherapeutische Versorgung im Landkreis Dahme-Spreewald (30.09.2018) Arztgruppe Planungsbereich Einwohner im Planungsbereich (31.11.2017) Regionalisierte Verhältniszahl Gesamtzahl Ärzte Versorgungs - grad in % Hausärzte MB Königs Wusterhausen 69.350 1.615 42,25 98,4 MB Lübben 47.269 1.587 32,0 107,4 MB Schönefeld - Wildau 50.541 1.629 29,0 93,5 Augenärzte Landkreis Dahme- Spreewald 167.160 20.600 9,0 110,9 HNO-Ärzte 32.600 6,0 117,9 Hautärzte 40.981 4,0 98,1 Urologen 46.411 4,0 111,1 Chirurgen 41.800 4,0 100,0 Orthopäden 25.705 8,5 130,7 Psychotherapeuten 8.860 21,0 111,3 Quelle: KVBB Um die Sicherstellung dieses ambulanten Versorgungsangebotes zu gewährleisten, bemüht sich die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg seit Jahren um die Ansprache und Motivation des ärztlichen Nachwuchses für den ambulanten Bereich. Nach Angaben der KVBB konnte im Zeitraum 2014 - 2018 bei den Fachärztinnen /Fachärzten im Landkreis Dahme-Spreewald ein Anstieg von 87,5 auf 91,0 Versorgungsaufträge verzeichnet werden (siehe Tabelle 3). Seit 2014 haben 11 Fachärztinnen /Fachärzte (Personen) ihre Zulassung beendet, davon wurden neun fachärztliche Arztsitze im Rahmen von Praxisübernahmen am gleichen Standort erfolgreich nachbesetzt . Weitere zwei Fachärztinnen/Fachärzte beendeten die Zulassung zugunsten einer Anstellung am MVZ. Der Rückgang der Versorgungsaufträge im Bereich Chirurgie ist durch eine Nachbesetzung im Bereich Orthopädie bedingt. Auch die Anzahl der Hausärztinnen /Hausärzte ist im Landkreis Dahme-Spreewald in den letzten vier Jahren gestiegen (siehe Tabelle 3). Lediglich im Mittelbereich Lübben haben sich, nach Angaben der KVBB, die hausärztlichen Versorgungsaufträge um 2,0 verringert. Mit einem Versorgungsgrad von 107,5 % gilt der Mittelbereich Lübben derzeit rein rechnerisch als ausreichend versorgt. Mit Blick auf die Altersstruktur zeigt sich aber, dass rund 40 % der derzeit 32,0 tätigen Hausärzte das 60. Lebensjahr bereits überschritten haben. Die Annahme des Wegfalls dieser Vertragsarztsitze würde zu einer Verringerung des Versorgungsgrades unter 60 % führen. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die KVBB gemeinsam mit den gesetzlichen Krankenkassen für den Mittelbereich Lübben eine drohende Unterversorgung festzustellen. Dies wiederum ist Grundlage für die Gewährung von finanziellen Unterstützungsmaßnahmen (Investitionskostenzuschüsse , Sicherstellungzuschläge), um neue Ärztinnen/Ärzte in diese Regionen zu lenken und somit den Status Quo der ambulanten Versorgung aufrechtzuerhalten. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10191 - 7 - Tabelle 3: Entwicklung der Haus- und Fachärzte sowie Psychotherapeuten im Landkreis Dahme-Spreewald 2014 bis 2018 nach Arztgruppen Arztgruppe 31.12.2014 30.10.2018 Veränderung absolut Hausärzte 99,0 103,25 +4,25 MB Königs Wusterhausen 40,0 42,25 +2,25 MB Lübben 34,0 32,0 -2,0 MB Schönefeld - Wildau 25,0 29,0 +4,0 Fachärzte 87,5 91,0 +3,5 Augenärzte 9,0 9,0 - Frauenärzte 14,0 14,5 +0,5 HNO-Ärzte 6,0 6,0 - Hautärzte 4,0 4,0 - Kinderärzte 9,0 9,0 - Nervenärzte 8,0 8,5 +0,5 Urologen 4,0 4,0 - Orthopäden 7,0 8,5 +1,5 Chirurgen 5,0 4,0 -1,0 Fachinternisten 7,0 8,0 -1,0 Kinder- und Jugendpsychiater 2,0 2,0 - Radiologen 7,5 7,5 - Ärztliche Psychotherapeuten 5,0 6,0 +1,0 Psychotherapeuten 15,5 16,5 +1,0 Psychologische Psychotherapeuten 11,0 12,0 +1,0 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten 4,5 4,5 - Quelle: KVBB Frage 5: Wie bewertet die Landesregierung die statistischen Zahlen im Verhältnis zu eigenen Erfahrungen und Berichten Dritter zu überfüllten Wartezimmern und langen Wartezeiten auf Termine, insbesondere bei Fachärzten? zu Frage 5: Im Hinblick auf Wartezeiten und Terminvergaben bei Ärztinnen und Ärzten handelt es sich häufig um einzelne Fälle sowie Momentaufnahmen (z. B. Grippewelle) die zur allgemeinen Bewertung der Gesamtsituation herangezogen werden. Nach Angaben der KVBB haben die ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte im Land Brandenburg im Durchschnitt ca. 4,4 Millionen Behandlungsfälle pro Quartal. Das sind rechnerisch ca. 70.000 Behandlungsfälle pro Tag. Davon werden ca. 9.000 Patientinnen und Patienten pro Tag mit Überweisung behandelt.2 Erreichen die KVBB entsprechende belastbare und dauerhafte Hinweise, wird diesen natürlich nachgegangen. Gegenwärtig wird im Gesetzgebungsprozess zum TSVG versucht, Lösungen für die Minimierung von Wartezeiten zu finden. 2 Die Daten beziehen sich auf den Durchschnitt der Quartale 3/2016 bis 2/2017. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10191 - 8 - Frage 6: Seit dem 03.04.2017 besteht am Achenbach-Krankenhaus Königs Wusterhausen eine KV RegioMed Bereitschaftspraxis. Die KVBB übernimmt hier erstmals direkt die zentrale Patientensteuerung im ärztlichen Bereitschaftsdienst. Medizinisch geschultes Personal der KVBB bewertet und disponiert die Patientenanrufe, die außerhalb der üblichen Praxissprechzeiten über die bundesweite Bereitschaftsnummer 116117 ankommen. Wie bewertet die Landesregierung die Erfahrungen mit der KV RegioMed Bereitschaftspraxis ? zu Frage 6: Seit 2012 hat die KVBB das Modell einer „ambulanten Praxis an Krankenhausstandorten zu sprechstundenfreien Zeiten“ erprobt und eingeführt. Mittlerweile hat die KVBB ärztliche Bereitschaftspraxen an neun Standorten etabliert (Potsdam, Cottbus, Brandenburg, Eberswalde, Rüdersdorf, Königs Wusterhausen, Templin, Bernau und Frankfurt/O.). In der Region Königs Wusterhausen wurde nach Angaben der KVBB in 2017 ein Neuaufsatz des Bereitschaftsdienstes für das Land Brandenburg erfolgreich pilotiert. Das Konzept „Bereitschaftsdient 4.0“ soll den sich ändernden Rahmenbedingungen in Brandenburg Rechnung tragen und mit innovativen Ansätzen die Versorgung der Patienten in Akutfällen zu sprechstundenfreien Zeiten sicherstellen. Dabei konzentriert sich das Konzept auf folgende Ebenen: 1. Steuerung der Patientinnen/Patienten: Neben den Patientinnen/Patienten, die die Bereitschaftspraxis fußläufig erreichen, sollen darüber hinaus die Patientinnen und Patienten aktiv in die ärztliche Bereitschaftspraxis gesteuert werden, die derzeit über die 116117 den Bereitschaftsdienst in Anspruch nehmen („Patientin/Patient-zum-Arzt“). Voraussetzung für die Umsetzung des Standortprinzips ist die zentrale Annahme und Disposition der 116117-Anrufe und Betreuung der Schnittstelle zu den integrierten Regionalleitstellen (112) im Land Brandenburg in der Koordinierungsstelle der KVBB. 2. Standortprinzip: Etablierung von ärztlichen Bereitschaftspraxen unmittelbar vor der Rettungsstelle des kooperierenden Krankenhauses. Der Standort fungiert somit als zentraler Anlaufpunkt im Versorgungsbereich. Die gemeinsame Anmeldung der ärztlichen Bereitschaftspraxis und der Rettungsstelle gewährleistet eine optimale Steuerung der Patienten, mit dem Ziel: Entlastung der Rettungsstelle von Nicht- Notfallpatienten. 3. Einsatzarzt: Der diensthabende Arzt/die diensthabende Ärztin in der ärztlichen Bereitschaftspraxis wird durch einen Einsatzarzt / eine Einsatzärztin unterstützt. Dieser übernimmt die verbleibenden Fälle, die nicht nach dem Prinzip „Patient-zum- Arzt/Patientin-zur-Ärztin“ umsetzbar sind, nach dem „Nächstgelegenenprinzip“. Weitere Aufgaben des Einsatzarztes / der Einsatzärztin sind: Telefondienst (Übernahme von medizinischen Telefonanfragen), Hintergrunddienst (Außeneinsätze u.a. Heimbesuche , Ausstellung von Totenscheinen), Reserve bei Krankheit, plötzlichem Ausfall oder Nicht-Dienstantritt des diensthabenden Arztes / der diensthabenden Ärztin in der Bereitschaftspraxis . Die Erfahrungen der KVBB, der beteiligten Partner/-innen und Patientinnen und Patienten bei der Pilotierung des „Bereitschaftsdienst 4.0“ in Königs Wusterhausen waren nach Angaben der KVBB durchweg positiv. Daher wird das Konzept durch die KVBB bis zum Jahr 2020 flächendeckend im Land Brandenburg an zwanzig Standorten etabliert. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10191 - 9 - Das Konzept war so erfolgreich, dass es u.a. in die Stellungnahme des Sachverständigenrates zur Weiterentwicklung der Notfallversorgung im Rahmen des Gutachtens zur „Bedarfsgerechten Steuerung der Gesundheitsversorgung“ eingeflossen ist. Frage 7: Ist dieses Modell geeignet aus der Pilotphase herauszukommen und landesweit Anwendung zu finden? zu Frage 7: Nach Angaben der KVBB wurde die Pilotierung des Konzeptes „Bereitschaftsdienst 4.0“ in Königs Wusterhausen erfolgreich abgeschlossen. Nunmehr erfolgt bis zum Jahr 2020 die Etablierung des Konzeptes an zwanzig Standorten im gesamten Land Brandenburg. Erfolgsfaktoren sind, nach Bewertung durch die KVBB, v.a. die Einbindung des Modells der ärztlichen Bereitschaftspraxis in das Konzept des „Bereitschaftsdienst 4.0“. Die Patientinnen-/Patientensteuerung durch die Koordinierungsstelle der KVBB über die Bereitschaftsdienstnummer 116117, trägt hierbei erheblich zur Verbesserung des Bereitschaftsdienstangebotes im Land Brandenburg bei. Aus Sicht der Landesregierung ist es ebenfalls wünschenswert, diese Pilotphase auf weitere Landkreise in Brandenburg auszuweiten.