Landtag Brandenburg Drucksache 6/10203 6. Wahlperiode Eingegangen: 11.12.2018 / Ausgegeben: 17.12.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4033 des Abgeordneten Christoph Schulze (fraktionslos) Drucksache 6/9910 Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21.02.2018 – C-518/15 zur Arbeitszeit und die Schlussfolgerungen für das deutsche Arbeitszeitgesetz und dessen Anwendung Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Immer wieder gibt es Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern um die Frage, was eigentlich genau unter die Definition Arbeitszeit fällt. Das ist für Arbeitnehmer speziell deshalb interessant, weil sie für Arbeitszeit regelmäßig eine Vergütung erhalten. Auch für den Arbeitgeber ist das vor dem Hintergrund der Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) relevant. Verstößt der Arbeitgeber gegen diese Vorgaben zur zulässigen Arbeitszeit, handelt er ordnungswidrig und kann mit einem Bußgeld belegt werden. In besonders schwerwiegenden Fällen kommt sogar eine Strafbarkeit in Betracht. Ein vielfach umstrittenes Thema - nicht nur in Deutschland - ist die Einordnung von Bereitschaftsdiensten . Der Europäische Gerichtshof hat nun im Falle eines belgischen Feuerwehrmanns entschieden, dass der Bereitschaftsdienst zur Arbeitszeit zählt. Das gelte zudem unabhängig davon, ob sich der Arbeitnehmer im Zuge seiner Bereitschaft am Arbeitsplatz aufhalte oder zu Hause. Entscheidend sei, dass der Arbeitnehmer infolge des Bereitschaftsdienstes darin eingeschränkt sei, sich anderen Tätigkeiten zu widmen. Im Fall des Feuerwehrmanns hatte dieser bei einem Notruf innerhalb von acht Minuten auf der Feuerwache zu sein. Das deutsche Arbeitsrecht kennt die sog. Rufbereitschaft, d. h. die Pflicht des Arbeitnehmers , außerhalb der Arbeitszeit auf Abruf alsbald die Arbeit aufzunehmen. Dabei soll es sich gerade nicht um Arbeitszeit, sondern um Ruhezeit handeln. Dies widerspricht der Rechtsprechung des EuGH jedoch deshalb nicht, weil die Rufbereitschaft nur dann vorliegt , wenn der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort frei wählen kann. Das ist jedoch nach der Rechtsprechung gerade nicht der Fall, wenn er sich innerhalb weniger Minuten am Arbeitsplatz einfinden muss. Der Fall des Feuerwehrmanns würde demnach auch nach deutschem Arbeitsrecht als Arbeitszeit behandelt. Die Entscheidung des EuGH gilt nicht nur für Feuerwehrmänner, sondern auch für andere Berufsgruppen (z. B. Ärzte, Journalisten), sofern der Arbeitnehmer von zu Hause oder sogar in der Dienststelle aus Bereitschaftsdienst leisten und sich innerhalb kürzester Zeit am Arbeitsplatz einfinden muss. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10203 - 2 - Ob die Arbeitszeit auch zu vergüten ist, hat der EuGH im konkreten Fall nicht entschieden, da es sich dabei um eine Frage des nationalen Rechts handele. In Deutschland muss nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für Bereitschaftsdienste der Mindestlohn gezahlt werden (BAG, Urteil vom 29.06.2016 - 5 AZR 716/15), (Quelle bzw. Zitate von: Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen, und Maximilian Renger) Die Ausbeutung der Arbeitskraft und die Überlastung, z.B. von Ärztinnen und Ärzten, war auch schon zentrales Thema auf dem Deutschen Ärztetag. Mittlerweile wurde kolportiert das die EU-Kommission in Brüssel anregen will oder erwägt, die geltende EU-Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zu ändern. Sollte die Überlegung umgesetzt werden, wäre ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hinfällig, nach dem der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit angerechnet werden muss. Nach den kolportierten Überlegungen der EU-Behörde sollen die Mitgliedstaaten künftig selbst drüber entscheiden können, wie sie einen Bereitschaftsdienst einstufen wollen. Frage 1: Ist das Urteil der Landesregierung bekannt? zu Frage 1: Ja, das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 21. Februar 2018 - C-518/15 - ist der Landesregierung bekannt. Frage 2: Was ist der konkrete Regelungsgehalt des Urteils? zu Frage 2: Der EuGH hatte in dieser Entscheidung vier Vorlagefragen zu beantworten und folgendes entschieden: 1. Art. 17 Abs. 3 Buchstabe c Ziff. iii (Abweichungen) der Richtlinie 2003/88/EG erlaubt u. a. für Ambulanz-, Feuerwehr- und Katastrophenschutzdienste ein Abweichen von den Bestimmungen in Art. 3 (Tägliche Ruhezeit), Art. 4 (Ruhepause), Art. 5 (Wöchentliche Ruhezeit ), Art. 8 (Dauer der Nachtarbeit) und Art. 16 (Bezugszeiträume). Diese Bestimmung ist eng begrenzt und bietet für die Mitgliedstaaten keine Grundlage für eine Abweichung von allen Verpflichtungen aus der EG-Arbeitszeitrichtlinie für die genannten Dienste. Demzufolge dürfen die Mitgliedstaaten im Rahmen des Art. 17 der Richtlinie 2003/88/EG insbesondere nicht von den in Art. 2 (Begriffsbestimmungen) der Richtlinie 2003/88/EG enthaltenen Definitionen der Begriffe „Arbeitszeit“ und „Ruhezeit“ abweichen. 2. Art. 15 (günstigere Vorschriften) der Richtlinie 2003/88/EG erlaubt es den Mitgliedstaaten nicht, eine weniger restriktive Definition des Begriffes „Arbeitszeit“ beizubehalten oder einzuführen als diejenige, die Art. 2 der Richtlinie 2003/88/EG festgelegt ist. 3. Mit der Richtlinie 2003/88/EG werden nicht Fragen des Arbeitsentgelts für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen geregelt, da dieser Aspekt außerhalb der Zuständigkeit der Union liegt. Somit haben die Mitgliedstaaten zwar das Recht, das Arbeitsentgelt der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Geltungsbereich der Richtlinie 2003/88/EG entsprechend den Definitionen der Begriffe „Arbeitszeit“ und „Ruhezeit“ in Art. 2 der Richtlinie festzulegen, verpflichtet sind sie dazu aber nicht. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10203 - 3 - 4. Der Gerichtshof stellt in seiner Entscheidung den Unterschied zwischen Bereitschaftszeit und Rufbereitschaft heraus. Danach liegt Rufbereitschaft vor, wenn die ständige Erreichbarkeit eines Arbeitnehmers/einer Arbeitnehmerin, nicht jedoch zugleich seine/ihre Anwesenheit am Arbeitsplatz gefordert wird. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin könne in dieser Situation freier über seine Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen. Unter diesen Umständen sei nur die Zeit, die für die tatsächliche Erbringung von Leistungen aufgewandt werde, als „Arbeitszeit“ anzusehen. Demgegenüber ist für die Einordnung der Bereitschaftszeit als „Arbeitszeit“ entscheidend, dass sich der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin an dem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhält und diesem zur Verfügung stehen muss, um gegebenenfalls in kürzester Frist die geeigneten Leistungen erbringen zu können. Aufgrund dieser Verpflichtungen kann dieser Arbeitnehmer/diese Arbeitnehmerin seinen/ihren Aufenthaltsort während der Bereitschaftszeiten nicht frei bestimmen. Seine/ihre Möglichkeiten, sich persönlichen und sozialen Interessen zu widmen, sind stark eingeschränkt. Dies führt zu der Feststellung des Gerichtshofes, dass Art. 2 der Richtlinie 2003/88/EG so auszulegen ist, dass die Bereitschaftszeit , die ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zu Hause verbringt und während derer er/sie verpflichtet ist, einem Ruf des Arbeitgebers zum Einsatz innerhalb von 8 Minuten Folge zu leisten, als „Arbeitszeit“ anzusehen ist. Frage 3: Ist das Urteil auf Deutschland / das Land Brandenburg unmittelbar anwendbar? Frage 6: Ist das Urteil des EuGH als höchstes Europäisches Gericht für alle deutschen Gerichte, Regierungen, Behörden und Bürger der Europäischen Union bindend? Was ist dafür die Rechtsgrundlage? Aufgrund der inhaltlich gleichen Ausrichtungen der Fragen 3 und 6 werden beide Fragen zusammen beantwortet: zu Frage 3 und 6: Eine konkrete Vorschrift zur Wirkung einer Entscheidung des EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens auf die Mitgliedstaaten sieht der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht vor. Das genannte Urteil des EuGH ist aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 Abs. 1 lit. a) AEUV des Arbeitsgerichtshofes Brüssel ergangen. Ein solches Verfahren wird durchgeführt, soweit das vorlegende Gericht eines Mitgliedstaates die Auslegung von Unionsrecht erforderlich für die eigene Entscheidung hält. Ein - wie das in Rede stehende - Auslegungsurteil des EuGH wird mit dem Tag seiner Verkündung rechtskräftig und bindet alle im Ausgangsstreitverfahren entscheidenden Gerichte („inter partes“) nach Maßgabe ihres im Lichte der Entscheidungsgründe zu interpretierenden Tenors. Daraus folgt, dass das vorlegende Gericht und die beteiligten Instanzgerichte das Urteil beachten müssen. Insbesondere müssen sie das Unionsrecht in der Auslegung durch den EuGH anwenden und alles Erforderliche tun, damit diese Auslegung des Unionsrechts umgesetzt wird, um seine einheitliche Anwendung zu sichern. Hinsichtlich der Bindungswirkung von Auslegungsurteilen des EuGH außerhalb des Ausgangsstreitverfahrens ist zwischen unter- und letztinstanzlichen Gerichten zu unterscheiden . Für letztinstanzlich entscheidende Gerichte entfaltet ein Auslegungsurteil sog. materielle Bindungswirkung dergestalt, dass sie von der Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV nur befreit sind, soweit sie sich der Auslegung des EuGH anschließen. Andernfalls Landtag Brandenburg Drucksache 6/10203 - 4 - müssen sie dem EuGH vorliegen. Die Lage für unterinstanzliche Gerichte ist nicht ganz eindeutig. Einigkeit besteht jedenfalls dahingehend, dass sie jedenfalls nicht unmittelbar an ein Auslegungsurteil des EuGH gebunden sind. Überwiegend wird aber ihre eingeschränkte Bindungswirkung (eingeschränkte „erga omnes“-Wirkung) bzw. eine Art präjudizielle Bindungswirkung angenommen. Damit sind die nationalen unterinstanzlichen Gerichte gehalten, die EuGH-Entscheidungen zu berücksichtigen. Eng mit dieser Frage verbunden ist die nicht eindeutig geklärte Frage, ob unterinstanzliche Gerichte zur Vorlage an den EuGH verpflichtet sind, wenn sie von einem Auslegungsurteil abweichend entscheiden wollen. Überwiegend wird eine derartige Vorlagepflicht bejaht. Verwiesen wird hier auf die ,Leitfunktion` der EuGH-Vorabentscheidungsurteile für die Anwendung des Unionsrechts, prozessökonomische Erwägungen und den Umstand, dass das Abweichen von einem Auslegungsurteil des EuGH der unterlegenen Partei regelmäßig einen Berufungs- oder Revisionsgrund eröffnet. Nach anderer Ansicht besteht keine derartige Vorlagepflicht unterinstanzlicher Gerichte, da ihnen unmissverständlich ein sachlicher Freiraum zur Vorlage gem. Art. 267 Absatz 2 AEUV zusteht und eine mögliche uneinheitliche Rechtsprechung der Untergerichte gerade in Kauf genommen wird. Vorabentscheidungsurteile des EuGH entfalten auch für die nationalen Regierungen und Behörden Bindungswirkung. Nach der Rechtsprechung des EuGH und der wohl überwiegenden Rechtslehre sind die innerstaatlichen Organe im Fall der Unvereinbarkeit nationaler Rechtsvorschriften mit dem Unions-recht gehalten, die allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Beachtung des Unionsrechts zu sichern. Insbesondere müssen sie dafür sorgen, dass das nationale Recht so schnell wie möglich mit dem Unionsrecht in Einklang gebracht und den Rechten der Bürgerinnen und Bürger aus dem Unionsrecht volle Wirksamkeit verschafft wird. Damit haben die zuständigen nationalen Behörden, noch bevor der Gesetzgeber tätig wird, z.B. durch Verwaltungserlasse oder Rundschreiben, für eine unionskonforme Auslegung und Anwendung des innerstaatlichen Rechts zu sorgen. Dies beruht vor allem auf der rechtlichen Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit gem. Art. 4 Abs. 3 Unterabsatz 2 AEUV. Frage 4: Ist damit auch die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes hinfällig ? zu Frage 4: Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist nicht hinfällig. Das BAG differenzierte schon bisher zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft und den daran anknüpfenden Rechtsfragen. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes fügt sich nahtlos in die Entscheidung des EuGH ein. Frage 5: Bisher musste nach Urteil des BAG für Bereitschaftsdienste nur der Mindestlohn gezahlt werden (BAG, Urteil vom 29.06.2016 - 5 AZR 716/15), ändert sich das mit dem EuGH Urteil? zu Frage 5: Nein. Fragen des Vergütungsrechts sind nicht Gegenstand des Urteils, sondern des Rechts der Mitgliedstaaten. Nach deutschem Recht bemisst sich die Vergütung im Falle von Bereitschaftsdiensten nach den arbeits- oder tarifvertraglichen Regelungen, soweit sie den Mindestlohn nicht unterschreiten. Das BAG hat in dem benannten Urteil klargestellt, dass in Ermangelung einer solchen Regelung der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen ist. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10203 - 5 - Frage 7: Wie ist ab dem Zeitpunkt des Urteils des EuGH die Frage der Bereitschaftsdienste in Deutschland zu bewerten? Was bedeutet das für Arbeitgeber? Auf welche Berufsgruppen trifft es zu? Gibt’s es Berufsgruppen die davon ausgenommen sind? Wenn ja auf welcher Rechtsgrundlage? zu Frage 7: Bereits mit der Änderung des Arbeitszeitgesetzes zum 01.01.2004 und dem Auslaufen einer Übergangsfrist gilt, dass Bereitschaftsdienste in vollem Umfang als Arbeitszeit zu werten sind. Das Urteil gilt für alle Arbeitgeber, die Bereitschaftsdienste anordnen . Unter anderem trifft dies in Krankenhäusern, bei Pflegediensten, bei Not- und Reparaturdiensten und bei Hausmeisterdiensten zu. Die Beamtinnen und Beamten des Landes und der Kommunen unterliegen nicht den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, sondern der Arbeitszeitverordnung des Landes Brandenburg bzw. der Brandenburgischen Arbeitszeitverordnung Polizei, Feuerwehr, Justizvollzug . Auch danach wird Bereitschaftsdienst voll als Arbeitszeit anerkannt. Zu den Bereichen mit Bereitschaftsdiensten gehören hier insbesondere die Polizei und Feuerwehr. Soweit dort vergleichbare Bereitschaftsdienste angeordnet werden, ist die Entscheidung des EuGH entsprechend zu berücksichtigen. Frage 8: Welche Rechtsauffassung hat die Landesregierung Brandenburg? zu Frage 8: Bereits seit den Entscheidungen des Gerichtshofes vom 3. Oktober 2000, Simap, C-303/98, und vom 9. September 2003, Jaeger, C-151/02, in deren Folge auch das Arbeitszeitgesetz geändert wurde, sind Bereitschaftszeiten als Arbeitszeit zu werten. Insofern stellt die Entscheidung des EuGH vom 21. Februar 2018 eine konsequente Fortführung der Auslegung des Begriffes „Arbeitszeit“ im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2003/88/EG dar und hat nach Auffassung der Landesregierung keine Auswirkungen auf die geltende deutsche Rechtslage. Frage 9: Wie wird die „neue“ Rechtslage innerhalb der Landesregierung und Landesverwaltung angewendet? zu Frage 9: Die Gesetzesbindung der Verwaltung umfasst auch das Arbeitszeitrecht in seiner Auslegung durch den EuGH. Frage 10: Wie wird die „neue“ Rechtslage innerhalb der kommunalen Gebietskörperschaften angewendet? zu Frage 10: Die Ausgestaltung der Arbeitszeitregelungen in den jeweiligen Dienst- und Beschäftigungsverhältnissen obliegt im Bereich der öffentlichen Feuerwehren den jeweiligen kommunalen Aufgabenträgern. Der Landesregierung sind keine Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Urteils im Bereich der öffentlichen Feuerwehren bekannt. Aus dem Bereich der Gemeinden und Gemeindeverbände liegen der Landesregierung überdies gegenwärtig keine Erkenntnisse zur Arbeitszeitproblematik in Bezug auf das anfragegegenständliche Urteil des EuGH vor. Frage 11: Wurden die in Frage kommenden Arbeitgeber im Land Brandenburg, die der Fach- und /oder Rechtsaufsicht durch das Land und seine nachgeordneten Behörden unterliegen , über diese Regelung, bzw. die neue Sach- und Rechtslage, die durch das EuGH Landtag Brandenburg Drucksache 6/10203 - 6 - Urteil anzuwenden ist, durch die Landesregierung oder nachgeordnete Behörden, auf die neue Sach- und Rechtslage aufmerksam gemacht? Wenn ja, wie und wann? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 11: Es gehört zu den Dienstpflichten aller Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, sich regelmäßig selbst über die Rechtsentwicklung im Arbeitsrecht zu informieren. Entsprechendes gilt für den Beamtenbereich. Insofern bestehen keine gesteigerten Informationspflichten der Ministerialverwaltung bzw. der Aufsichtsbehörden. Gleichwohl wurde die Entscheidung des EuGH in einer Sitzung der Zentralabteilungsleiterinnen und -leiter der Ministerien am 20. März 2018 erörtert. Frage 12: Wird die Einhaltung der Regelung durch die Landesregierung oder nachgeordnete Landesbehörden kontrolliert? Wenn ja wie, bei wem und durch wen? zu Frage 12: In Brandenburg wird die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes durch das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG), Abteilung Arbeitsschutz , kontrolliert. Die Überprüfungen der Aufsichtsbeamtinnen und Aufsichtsbeamten erfolgen sowohl im Rahmen von regelmäßigen Besichtigungen (durch das LAVG veranlasste Besichtigungen von Betrieben aller Wirtschaftsklassen), als auch aufgrund von konkreten Beschwerden und Vorkommnissen in den Betrieben. Die Überprüfung der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes erfolgt bei regelmäßigen Besichtigungen in Betrieben i. d. R. stichprobenartig durch Einsicht in Arbeitszeitnachweise, sofern Arbeitgeber zur Aufzeichnung verpflichtet sind. Bei Feststellung von Unregelmäßigkeiten oder bei Beschwerden werden Arbeitszeitnachweise abgefordert und detailliert ausgewertet – auch im Hinblick auf geleistete Bereitschaftszeiten. Die Zuständigkeit des LAVG erstreckt sich insoweit auch auf die im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Im Beamtenbereich, für den das Arbeitszeitgesetz keine Anwendung findet, gilt vor dem Hintergrund der Gesetzesbindung der Verwaltung das Prinzip der sog. Eigenüberwachung , d. h. die Dienstvorgesetzten in den Behörden und Einrichtungen haben auch mit Blick auf die ihnen obliegende Fürsorgepflicht die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften sicherzustellen. Darüber hinaus unterliegen Regelungen zur An-ordnung und zum Ausgleich von Bereitschaftsdiensten im Anwendungsbereich des Landespersonalvertretungsgesetzes der Mitbestimmung der Personalräte, die im Rahmen ihrer allgemeinen Aufgabenstellung auch dafür zu sorgen haben, dass die für die Beschäftigten geltenden Gesetze , Verordnungen und sonstigen Vorschriften beachtet und durchgeführt werden. Frage 13: Wie viele Kontrollen, ob die neue Sach- und Rechtslage eingehalten wird, hat es schon gegeben? zu Frage 13: Die Entscheidung des EuGH vom 21. Februar 2018 wird im Rahmen von Kontrollen und Entscheidungen auf der Grundlage des Arbeitszeitgesetzes grundsätzlich mit berücksichtigt. Gesonderte Kontrollen explizit zu dieser Entscheidung des EuGH sind bisher nicht erfolgt. Zudem sind bislang im LAVG keine Beschwerden von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eingegangen, die die aktuelle Entscheidung des EuGH in Bezug auf die Bereitschaftsdienste zum Gegenstand hatten. Auch von Seiten der Betriebe bzw. von Betriebsräten wurde die Thematik bisher nicht an das LAVG herangetragen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10203 - 7 - Für den Beamtenbereich ist ergänzend auf die Ausführungen zu Frage 12 zu verweisen. Frage 14: Wie schätzt die Landesregierung die Umsetzung des EuGH-Urteils in Brandenburg ein? zu Frage 14: Bislang liegen der Landesregierung noch keine Erkenntnisse zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 21. Februar 2018 in Brandenburg vor. Frage 15: Welche Sanktionen drohen Arbeitgebern, die sich nicht an die neue Sach- und Rechtslage halten? zu Frage 15: Stellt das LAVG Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz - auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH vom 21. Februar 2018 - fest, besteht die Möglichkeit , Anordnungen auf der Grundlage des Arbeitszeitgesetzes zu erlassen, sowie Verstöße durch Einleitung von Bußgeld- oder ggf. Strafverfahren zu ahnden. Frage 16: Sind der Landesregierung Überlegungen der Bundesregierung oder der EU- Kommission oder des EU-Parlamentes oder des Rates der EU bekannt, die EU- Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG zu ändern, insbesondere um das Urteil des EuGH auszuhebeln oder zu umgehen und /oder den die Mitgliedstaaten durch Novelle der EU- Arbeitszeitrichtlinie das Recht einzuräumen künftig selbst drüber entscheiden können, wie sie einen Bereitschaftsdienst einstufen sind? Wenn ja, welche? Von wann? Wie ist ggf. der Stand der Beratungen in Brüssel oder in der Bundesregierung? zu Frage 16: Der Landesregierung sind keine Überlegungen bekannt, dass die Richtlinie 2003/88/EG aus Anlass der EuGH-Entscheidung vom 21. Februar 2018 geändert werden soll.