Landtag Brandenburg Drucksache 6/10316 6. Wahlperiode Eingegangen: 02.01.2019 / Ausgegeben: 07.01.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4076 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/10011 Kooperationsvereinbarung zwischen Polizei und privaten Sicherheitsunternehmen Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Am 12. November 2018 schlossen das Polizeipräsidium Land Brandenburg und der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) Wirtschafts- und Arbeitgeberverband e.V. - Landesgruppe Brandenburg - eine Kooperationsvereinbarung ab. Die Vereinbarung sieht u. a. vor, private Sicherheitsunternehmen in Sach- und Personenfahndungen einzubinden. Die beteiligten Sicherheitsunternehmen dürfen in der Öffentlichkeit mit einem Emblem mit der Aufschrift „Kooperationspartner der Polizei des Landes Brandenburg“ auf die Zusammenarbeit aufmerksam machen. Bisher bestanden in Brandenburg lediglich „Ordnungspartnerschaften“ auf der Ebene der Schutzbereiche zwischen der Polizei und privaten Sicherheitsunternehmen. In anderen Bundesländern existieren Kooperationsvereinbarungen zwischen der Polizei und privaten Sicherheitsunternehmen hingegen seit mehreren Jahren. 1. Weshalb sieht die Landesregierung die Notwendigkeit einer Kooperation der Polizei mit privaten Sicherheitsunternehmen? 2. Unter Berücksichtigung, dass die privaten Sicherheitsunternehmen sowohl mit der Kooperationsvereinbarung als auch ohne diese insbesondere die sogenannten Jedermannsrechte wie Notwehr und Nothilfe ausüben dürfen und zudem - wie jede Bürgerin und jeder Bürger auch - ohnehin gehalten sind, Straftaten der Polizei zur Kenntnis zu geben, worin liegt der konkrete Zuwachs an innerer Sicherheit für Brandenburg durch den Kooperationsvertrag? zu den Fragen 1 und 2: Private Sicherheitsunternehmen sind ein wichtiger Bestandteil der Sicherheitsarchitektur Deutschlands und leisten mit ihrer Arbeit einen nicht unerheblichen Beitrag für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Bereits in der Fortschreibung des Programms Innere Sicherheit der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren 2008/2009 wird die Kooperation mit privaten Sicherheitsdienstleistern thematisiert. Die Polizei ist demnach gehalten, mit Unternehmen der privaten Sicherheitswirtschaft konstruktiv zusammen zu arbeiten, soweit keine polizeitaktischen oder rechtlichen Hinderungsgründe entgegenstehen. Die Kooperationsvereinbarung mit dem BDSW konkretisiert diese Zusammenarbeit. Ihr Ziel ist es, die öffentliche Sicherheit und Ordnung vor allem durch das Zusammenwirken mit zertifizierten privaten Sicherheitsunternehmen im Sinne des Landtag Brandenburg Drucksache 6/10316 - 2 - - frühzeitigen Erkennens und Verhinderns von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie - die Erhöhung des Entdeckungsrisikos für Straftäter nachhaltig zu verbessern und die vollzugspolizeiliche Sicherheitsarbeit durch sicherheitsrelevante Feststellungen der Sicherheitsunternehmen im Rahmen ihrer eigenen Dienstleistungstätigkeit zu ergänzen. Zugleich wird ein gesteigertes Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg angestrebt. 3. Erhalten die privaten Sicherheitsunternehmen Befugnisse bzw. Rechte, welche über die sogenannten Jedermannsrechte hinausgehen? Wenn ja, welche? zu Frage 3: Nein. 4. In welcher Form hat das Ministerium des Innern und für Kommunales Vertreter der Polizei sowohl aus deren Führungsebene als auch aus den Gewerkschaften vor Abschluss des Vertrages in den Prozess eingebunden, und wie lautete, soweit dies geschehen ist, die jeweilige Stellungnahme, und wie ist diese in die Entscheidung eingeflossen ? zu Frage 4: Die Kooperationsvereinbarung wurde durch das Polizeipräsidium selbst erarbeitet . Das Polizeipräsidium hat den Gesamtpersonalrat im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit in den Prozess miteinbezogen; von dort wurden keine Einwände eingebracht . 5. Welche Informationen, die „nicht für die Öffentlichkeit bestimmt“ seien, sollen auf den gemeinsamen Lagebesprechungen zwischen Polizei und Sicherheitsunternehmen geteilt werden? zu Frage 5: Es sind keine gemeinsamen Lagebesprechungen geplant. Die in der Vereinbarung benannten Ansprechpartner tagen zweimal jährlich, um grundsätzliche Belange der Umsetzung der Kooperationsvereinbarung zu koordinieren. 6. Welche Kriterien gehören zur Qualitätsüberprüfung, der sich die kooperierenden Sicherheitsunternehmen unterziehen müssen? zu Frage 6: Vor Aufnahme eines Sicherheitsunternehmens in die Kooperationsvereinbarung prüft zunächst der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) die aufgeführten Qualitäts- und Teilnahmekriterien gemäß Ziffer 4 der Kooperationsvereinbarung. Dabei handelt es sich neben der ordentlichen Mitgliedschaft im BDSW, Landesgruppe Bandenburg, u. a. um: - Bekenntnis zu der Verbandsleitlinie Nr. 12 des BDSW, d. h. insbesondere Ablehnung jeglicher Form von politischem Extremismus und Distanzierung von jeglicher Art der Diskriminierung, - Zuverlässigkeit der Unternehmensführung, des Unternehmens und ihrer Beschäftigten , - Einsatz von ausschließlich entsprechend der Aufgabenwahrnehmung geeignetem und zuverlässigem Personal, Landtag Brandenburg Drucksache 6/10316 - 3 - - Gewährleistung der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen, - Unterhalten einer ständig besetzten Notruf- und Serviceleitstelle (NSL) in Deutschland gemäß VdS-Richtlinie 3138 oder einer Interventionsstelle (IS) gemäß VdS-Richtlinie 2172, - Zertifizierung gem. DIN ISO 9001 ff. 7. Welche Mindeststandards gelten insbesondere bezüglich der Berufsausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kooperierenden Sicherheitsunternehmen? 8. Gelten diese Mindeststandards dann für sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des jeweiligen Unternehmens? 9. Wie wird die Einhaltung der Mindeststandards mittel- und langfristig überwacht? zu den Fragen 7, 8 und 9: Auf die Antwort zur KA 3270 (Drucksache 6/8257), Frage 1, wird verwiesen. 10. Wie soll ausgeschlossen werden, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kooperierenden privaten Sicherheitsunternehmen keine Verbindungen zur rechtsextremen Szene, zur Hooligan-Szene, zur salafistischen Szene, zum Rocker-Milieu und/oder zu anderen gewaltbereiten und/oder extremistischen Milieus aufweisen, was u. a. laut Antwort auf eine Kleine Anfrage aus dem Jahr 2018 (Drucksache 6/8257) regelmäßig der Fall ist? zu Frage 10: Durch die Sicherheitsüberprüfungen, wie sie auch gem. §34a der Gewerbeordnung vorgeschrieben sind, können Querverbindungen einzelner Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen in die in Rede stehende Szene, identifiziert werden. Sofern Verbindungen zur extremistischen Szene vorhanden sind, wird ein Verbleib des Unternehmens in der Kooperation gemäß Nr. 1 (letzter Absatz) geprüft. Kooperationspartner können nur solche Unternehmen sein, die sich von jeglicher Form politischen Extremismus distanzieren . 11. Sieht die Landesregierung die Gefahr von Befugnisanmaßungen durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der privaten Sicherheitsunternehmen? zu Frage 11: Nein. 12. Weshalb erhalten die beteiligten privaten Sicherheitsunternehmen die Möglichkeit das Emblem „Kooperationspartner der Polizei des Landes Brandenburg“ zu nutzen? zu Frage 12: Bereits im Programm Innere Sicherheit ist zum Thema Kooperation mit privaten Sicherheitsunternehmen klar formuliert: „Das Gewaltmonopol liegt beim Staat; es steht nicht zur Disposition.“ Durch das Kooperationsemblem wird lediglich die Zusammenarbeit des entsprechenden Sicherheitsunternehmens mit der Polizei für jedermann transparent. Darüber hinausgehende Nutzungsmöglichkeiten sind nicht inhaltlicher Bestandteil oder Absicht der Kooperationsvereinbarung. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10316 - 4 - 13. Sieht die Landesregierung es als problematisch an, dass die kooperierenden privaten Sicherheitsunternehmen das Emblem ggf. für Zwecke der Außenwerbung einsetzen? Könnte nach Ansicht der Landesregierung hierdurch der Eindruck entstehen, es handele sich bei den Sicherheitsunternehmen um Beliehene, denen eine Durchführung hoheitlicher Maßnahmen gestattet sei? zu Frage 13: Nein, siehe Antwort zu Frage 12. 14. Inwiefern unterscheidet sich die Kooperation zwischen Polizei und privaten Sicherheitsunternehmen in Brandenburg von ähnlichen Kooperationen in anderen Bundesländern ? zu Frage 14: Die Kooperationsvereinbarung mit dem BDSW ist an dem Sicherheitsinteresse des Landes Brandenburg sowie an der Grundintention des Programms Innere Sicherheit ausgerichtet. Sicherheitskooperationen in anderen Bundesländern waren nicht entscheidungsrelevant , sind aber bei der Erarbeitung der Vereinbarung berücksichtigt worden .