Landtag Brandenburg Drucksache 6/10361 6. Wahlperiode Eingegangen: 09.01.2019 / Ausgegeben: 14.01.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4114 des Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/10143 Wie geht es weiter nach den umfangreichen Baumfällungen im Sabersky-Park? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Der Sabersky-Park ist etwa 1,5 ha groß und damit die größte Waldfläche im Norden Teltows. Das Waldgebiet hat neben seiner großen Bedeutung als Lebens- und Erholungsraum sowie in Bezug auf das Klima (Frischluftentstehungsgebiet ) und die Luftreinhaltung (Filterfunktion), auch einen hohen kulturhistorischen Stellenwert. Der Landschaftsrahmenplan des Landkreises Potsdam-Mittelmark sieht für den Laubwald eine Sicherung und Entwicklung vor, insbesondere aufgrund der Erholungsund der klimatische Ausgleichsfunktion sowie des mit nur 8 % sehr geringen Waldanteils im Gebiet.1 Eine Teltower Bürgerinitiative und die Stadt Teltow setzen sich für die Sicherung und den Erhalt der Waldfläche ein. Die Stadtverordnetenversammlung (SVV) der Stadt Teltow hat am 20.06.2018 den Aufstellungsbeschluss für einen Grünordnungsplan (GOP)2 sowie am 4.7.2018 für einen Bebauungsplan beschlossen. Zur Untermauerung ihres Willens hat die SVV am 28.11.2018 einstimmig einen fraktionsübergreifenden Beschluss gefasst und eine unverzügliche Veränderungssperre für das Areal gefordert. Die Waldeigentümer wollen jedoch verschiedene Bauvorhaben auf der Fläche umsetzen. Nach Angaben der Rechtsvertretung der Eigentümer ist über zwei Anträge zu Bauvorhaben noch nicht abschließend beschieden3, obwohl nach Aussage von Umweltminister Vogelsänger vom 20. September 2018 eine Umwandlung der Waldfläche zu Bauland ausgeschlossen ist, da die Stadt Teltow die Sicherung der Fläche als Wald über den GOP festgelegt hat. Am Freitag, den 23.11.2018 begannen im Sabersky-Park Baumfällarbeiten. Diese wurden vom 24.11.2018 bis zum 27.11.2018 fortgesetzt. Ein Blick in den Wald zum gegenwärtigen Zeitpunkt offenbart den Wegfall der flächendeckenden Kronenüberspannung und die großflächige Entnahme von Bäumen, so dass freiflächenähnliche Zustände vorhanden sind. Die Arbeiten waren auf Nachfrage am 28.11.2018 beim Ministerium für ländliche Entwick- 1 www.potsdammittelmark.de/fileadmin/Redakteure/Bilder/Landkreis%20%26%20Verwaltung/PDF/Landschaftsrahmenplan/Band_1_Entwicklungszi ele_Maxnahmen.pdf 2 Beschluss der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Teltow vom 20.06.2018 (Beschluss-Nr.: SVV-13/33/2018) 3 http://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam-Mittelmark/Teltow/In-Teltow-Seehof-fallen-Baeume Landtag Brandenburg Drucksache 6/10361 - 2 - lung, Umwelt und Landwirtschaft (MLUL) durch die untere Forstbehörde genehmigt. Die Rechtsvertretung der Grundstückseigner gab an, dass die Stadt Teltow den Waldeigentümer zu den forstlichen Arbeiten aufgefordert hatte.4 Der Anwalt der Grundstückseigner bestätigte, dass nur 40 % der Bäume auf der Fläche verbleiben sollen. Diese seien durch die Forstverwaltung ausgewählt worden. Auch wenn zunächst angegeben wurde, dass nur schiefe oder umgefallene Bäume zur Sicherung vor Personenschäden entnommen werden sollten, beobachteten Anwohner auch die Fällung von gerade gewachsenen und gesunden Bäumen. Insbesondere die inneren Bereiche des Waldes wurden stark ausgelichtet. Anwohner und Bürgerinitiative befürchten, dass auch die Bäume im äußeren Bereich des Grundstücks, mit Argumentation der Sicherung der Bevölkerung vor Gefahren der Fällung zum Opfer fallen und der Baumbestand so verloren gehen wird. Sicherung des Sabersky-Parks Frage 1: Wie kann nach Ansicht der Landesregierung zukünftig vermieden werden, dass die im Einklang mit der Landesentwicklungsplanung stehenden konkreten kommunalpolitischen städtebaulichen Entwicklungsziele (konkret INSEK 2008 der Stadt Teltow) sowie der Aufstellungsbeschluss für einen GOP zum Sabersky-Park durch Bestimmungen des LWaldG konterkariert werden? Welche Änderungen bspw. im LWaldG oder bei der Erstellung städtebaulicher Planungen wären nötig? Zu Frage 1: Die Stadt Teltow sieht für den Sabersky-Park planerisch einen Walderhalt vor, eine Bebauung ist ausgeschlossen, jeder Antrag auf Waldumwandlung ist abzulehnen. Die Bewirtschaftung dieser Waldfläche ist im Rahmen der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft nach den Regelungen des Landeswaldgesetzes (LWaldG) möglich. Gesetzliche Änderungen zur Sicherung des Walderhalts sind nicht erforderlich. Frage 2: Beauftragte die Stadt Teltow den Grundstückseigner direkt mit den forstlichen Arbeiten? Falls ja: Wann erfolgte die Beauftragung? Falls nein: Wer erteilte den Auftrag? Zu Frage 2: Nein. Die forstlichen Arbeiten wurden durch den Eigentümer in Auftrag gegeben . Frage 3: Gibt es eine verbindliche Vorschrift zur Abstimmung forstlicher Arbeiten zwischen unterer Forstbehörde und Stadtverwaltung Teltow? Wenn ja: Gab es eine Abstimmung zwischen unterer Forstbehörde und Stadtverwaltung Teltow zur Genehmigung der forstlichen Arbeiten? Zu Frage 3: Nein, dazu gibt es keine verbindliche Vorschrift. Frage 4: Wer kann wo die Eigentumsverhältnisse eines Waldgrundstücks erfragen? 4 https://www.pnn.de/potsdam-mittelmark/faellungen-im-sabersky-park-in-teltow-anwohner-schlagen-alarm/23678700.html Landtag Brandenburg Drucksache 6/10361 - 3 - Zu Frage 4: Jedermann kann bei nachgewiesenem berechtigten Interesse beim jeweiligen Grundbuchamt bzw. der unteren Forstbehörde Auskunft zum Eigentümer von Waldflächen erhalten. Frage 5: Wie kann die Landesregierung die Stadtverwaltung in ihrem Bestreben unterstützen , den Sabersky-Park langfristig zu sichern und eine Waldumwandlung verhindern? Zu Frage 5: Die Stadt Teltow ist Trägerin kommunaler Selbstverwaltungshoheit. Die gesetzlichen Planungsinstrumente sind durch die Landesregierung vorgegeben. Es ist Aufgabe der Städte und Gemeinden, die Bauleitplanung zu gestalten. Im Rahmen der Gesetze können sie somit ihre städtebauliche Entwicklung eigenverantwortlich steuern . Wenn die Stadt Teltow für den Sabersky-Park planerisch einen Walderhalt vorsieht, ist eine Bebauung ausgeschlossen und jeder Antrag auf Waldumwandlung abzulehnen. Forstliche Ausforstungsarbeiten Frage 6: Wie groß darf eine zusammenhängende Auslichtung maximal sein, wenn die gesamte Waldfläche, wie im Fall des Sabersky-Parks nur 1,5 ha beträgt und wo ist dies konkret geregelt? Frage 7: Auf welcher Grundlage wurde die Größe der zusammenhängenden Auslichtung festgelegt? Frage 8: Wurden die zu fällenden Bäume durch die zuständige Forstbehörde ausgewählt? Wenn ja: Auf welcher Grundlage wurden die zu fällenden Bäume ausgewählt? Wenn nein: Durch wen wurden die zu fällenden Bäume ausgewählt? Frage 9: Sind nach Ansicht der Landesregierung freilandähnliche Verhältnisse durch die Baumfällungen entstanden? Wenn ja: Ist nach Auffassung der Landesregierung der Waldcharakter und die Waldfunktion erhalten geblieben? Zu Fragen 6, 7, 8 und 9: Die Nutzung des Waldes nach den Regelungen des LWaldG stellt eine nachhaltige Waldbewirtschaftung sicher. Kahlschläge sind vorbehaltlich des § 10 Absatz 4 Satz 1 LWaldG verboten. Entscheidend für die Beurteilung zum Vorliegen eines Kahlschlages ist, ob durch die Holzerntemaßnahme freilandähnliche Verhältnisse und der zeitweilige Verlust der Schutzfunktionen des Waldes entstehen. Die Größe der Fläche allein ist kein Beurteilungskriterium. Im Fall des Sabersky-Parks sind keine freilandähnlichen Verhältnisse bzw. der Verlust von Schutzfunktionen entstanden. Innerhalb des waldgesetzlichen Rahmens obliegt es dem Eigentümer nach betrieblichen, waldbaulichen o. a. Kriterien zu entscheiden, welche Bäume er entnimmt. Durch die untere Forstbehörde wird und wurde keine Auswahl vorgenommen. Es ist der Landesregierung nicht bekannt, wer die zu fällenden Bäume ausgewählt hat. Frage 10: Welche Flächengröße gemäß § 10 LWaldG wurde bei Erteilung der forstlichen Genehmigung zur Fällung von 60 % der Bäume zu Grunde gelegt? Bitte geben Sie die Flurstücksbezeichnungen und Flurstücksgrößen an! Frage 11: Wurde eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 10, Abs 4, Satz 1 LWaldG für die Durchführung der forstlichen Arbeiten beantragt bzw. genehmigt? Landtag Brandenburg Drucksache 6/10361 - 4 - Zu Fragen 10 und 11: Ein forstrechtlicher Genehmigungstatbestand liegt nicht vor, somit wurde durch die untere Forstbehörde keine Genehmigung erteilt. Frage 12: Wann wurde von der unteren Forstbehörde gemäß § 30 LWaldG eine Waldinventur im Sabersky-Park durchgeführt? Zu Frage 12: Auf der Waldfläche „Sabersky-Park“ wurden keine Waldinventuren durchgeführt . Waldinventuren i. S. von § 30 LWaldG werden auf Basis von Stichproben durchgeführt . Eine flächendeckende Waldinventur auf allen Waldflächen durch die Forstbehörden ist weder praktikabel noch finanzierbar, noch erforderlich. Frage 13: In der Antwort zu einer von der Bürgerinitiative am 28.11.18 per email gestellten Anfrage zu der Genehmigung des Einschlags, erklärte die untere Forstbehörde, dass die Einschlagtätigkeiten u. a. aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers gemäß LWaldG erfolgten. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 2.10.2012 (Az: VI ZR 311/11) die Verkehrssicherungspflicht des Waldbesitzers auf die Sicherung gegen solche Gefahren beschränkt, die nicht waldtypisch, sondern im Wald atypisch sind. Welche atypischen Gefahren gab es im Sabersky-Park, die die Einschlagtätigkeiten aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht notwendig machten? Zu Frage 13: Die Verkehrssicherungspflicht im Wald richtet sich nach § 823 BGB, § 14 BWaldG sowie § 14 LWaldG. Grundsätzlich haftet ein Waldbesitzer zunächst für atypische Gefahren im Wald. Dieses gilt für Bäume im Waldinneren bzw. in Waldbeständen. Anders verhält es sich, wenn der Wald inselartig von stark frequentierten öffentlichen Gehwegen, öffentlichen Straßen oder Bebauung umschlossen ist. In mehreren Grundsatzentscheidungen hat der BGH betont, dass Eigentümer von Waldgrundstücken, die an öffentliche Straßen oder Bebauung grenzen , verpflichtet sind, schädliche Einwirkungen auf Verkehrsteilnehmer bzw. Grundstücksnutzer durch umstürzende Bäume oder abbrechende Äste zu vermeiden. Insoweit sind Waldbesitzer im unmittelbaren Einwirkungsbereich entlang von öffentlichen Straßen und bebauten Bereichen verpflichtet, auch typische Gefahren, wie z. B. trockene Äste und Bäume, hohle oder kranke Bäume, im Sinne der Gefahrenabwehr für Leib und Leben sowie Gütern turnusmäßig zu kontrollieren und zu beseitigen. Die Antwort der unteren Forstbehörde an die Bürgerinitiative bezog sich auf die Entnahme von Einzelbäumen im unmittelbaren Einwirkungsbereich von öffentlichen Straßen sowie von Bebauung aus Gründen der Verkehrssicherung. Frage 14: Wie viele Bäume welcher Arten wurden von welchen Standorten im Sabersky- Park entnommen? Bitte geben Sie auch die Gesamtanzahl der Bäume und der Baumarten und verorten Sie die entnommenen Baumarten auf einer Karte? Frage 15: Gibt es Pläne die im Außenbereich der Fläche verbliebenen Bäume zu fällen? Zu Fragen 14 und 15: Der Landesregierung liegen dazu keine Angaben vor. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10361 - 5 - Wiederaufforstung Frage 16: Es besteht eine Pflicht zur Wiederaufforstung nach § 11 LWaldG. Wann wird mit der Wiederaufforstung begonnen? Bis wann werden die Aufforstungsmaßnahmen abgeschlossen sein? Frage 17: Welche Baumarten sollen bei einer Wiederaufforstung gepflanzt werden? Zu Fragen 16 und 17: Die Wiederbewaldungspflicht nach § 11 LWaldG besteht für kahl geschlagene sowie stark verlichtete Waldflächen und einer Größe von mehr als 0,5 Hektar. Beide Tatbestandsmerkmale liegen hier nicht vor. Entfernung der Zäune und Beräumung der Wege Frage 18: Wann werden die Einzäunungen, die im Rahmen der Ausforstung vorgenommen wurden entfernt, um die Betretungsbeschränkung nach §15 (1) LWaldG wieder aufzuheben ? Frage 19: Wann werden die Wege im Sabersky-Park, die aufgrund der Fällarbeiten nicht mehr gefahrlos passierbar sind, wieder begehbar sein? Zu Fragen 18 und 19: Das Landeswaldgesetz garantiert das ganzjährige und freie Waldbetretungsrecht im gesamten Wald für Jedermann. Dies haben die Waldbesitzer zu dulden . Eine Verpflichtung, den Wald und die Wege in einem bestimmten Zustand zu halten, besteht für sie hingegen nicht. Mit Beginn der forstwirtschaftlichen Arbeiten wurde ein rot-weißes Absperrband angebracht , das nach Abschluss der Arbeiten zu entfernen ist. Der Landesregierung liegen keine Informationen zum betrieblichen Ablauf der Holzerntemaßnahmen vor. Einzäunungen sind bisher nicht bekannt.