Landtag Brandenburg Drucksache 6/10407 6. Wahlperiode Eingegangen: 14.01.2019 / Ausgegeben: 21.01.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4124 der Abgeordneten Steeven Bretz (CDU-Fraktion), Dieter Dombrowski (CDU-Fraktion) und Andreas Gliese (CDU-Fraktion) Drucksache 6/10187 Vorgehen des Landesbetriebes Forst Brandenburg im Vergabeverfahren zur Modernisierung des Waldbrandfrüherkennungssystems FireWatch Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: In Brandenburg kommt seit Jahren das automatisierte Waldbrandfrüherkennungssystem FireWatch zur Waldbrandüberwachung zum Einsatz. Gerade die Waldbrände im Sommer 2018 haben deutlich gezeigt, dass solch ein Überwachungssystem auch in Zukunft nötig ist, um Brände frühzeitig zu erkennen und Schlimmeres abzuwenden. Der Landesbetrieb Forst Brandenburg (LFB) als Nutzer und Betreiber des Systems hat den gesetzlichen Auftrag, den Brandschutz im Wald sicherzustellen. Um dieses Waldbrandfrüherkennungssystem durch am Markt befindliche Lösungen weiterzuentwickeln und an den Stand der Technik anzupassen, soll das bestehende System modernisiert werden, um den bestmöglichen Schutz des Waldes und der Bevölkerung zu gewährleisten . Am 7. August 2018 hat der LFB dazu unter dem Aktenzeichen LFB.00-111-06/2018 eine EU-weite Ausschreibung mit der Bezeichnung „Modernisierung des Waldbrandfrüherkennungssystems FireWatch“ veröffentlicht. Am 19. September 2018 wurde das Verfahren mit folgender Begründung aufgehoben: „Das Vergabeverfahren wurde gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 4 VgV aufgehoben. Es bestanden schwerwiegende rechtliche Fehler, wie u.a. die Beschreibung der zu erbringenden Leistungen, die im laufenden Verfahren nicht mehr behoben werden konnten. Wir sahen uns daher zur Aufhebung des Vergabeverfahrens gezwungen . Wegen fortbestehender Beschaffungsabsicht beabsichtigen wir, ein neues Vergabeverfahren einzuleiten.“ Umso mehr verwundert es, dass nach Aufhebung des Vergabeverfahrens wegen schwerwiegender rechtlicher Fehler eine Direktvergabe an den Vertragsnehmer IQ Wireless GmbH mit dem Produkt FireWatch erfolgte, obwohl durch den LFB die Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens beabsichtigt war. Frage 1: Wann wurde eine Markterkundung zu möglichen Bietern durchgeführt und zu welchem Ergebnis führte diese Erkundung? (Anzahl der Anbieter in Europa, bestehende Systemunterschiede, Vor- und Nachteile der jeweiligen Marktlösungen) Zu Frage 1: Mit dem Vorhaben der Modernisierung des Systems der Waldbrandfrüherkennung und zugleich einer Zentralisierung der derzeit sechs Waldbrandzentralen an zwei Standorten im Land Brandenburg, handelt es sich nicht um eine Neubeschaffung, sondern Landtag Brandenburg Drucksache 6/10407 - 2 - lediglich um das Modernisierungsvorhaben eines bereits seit 2002 im Land Brandenburg implementierten Systems. Die Modernisierung des vorhandenen Systems soll unter möglichst umfassender Weiternutzung vorhandener Komponenten, sowohl an den Überwachungsstandorten als auch in den Zentralen erfolgen. Das Vorhaben ist damit auf das bestehende System ausgerichtet und nicht auf einen grundlegenden Wechsel der Hard- und Software. Es wurde deshalb im Hinblick auf § 28 Abs. 1 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung - VgV) von einer weiteren Markterkundung abgesehen . Frage 2: Seit wann ist das Land Brandenburg in einer geschäftlichen Beziehung zur Firma IQ Wireless GmbH, von der das bestehende Waldbrandfrüherkennungssystem FireWatch stammt, und wie hoch ist das bisherige Gesamtauftragsvolumen seit Beginn der Zusammenarbeit mit der zuvor genannten Firma? Zu Frage 2: Das Land Brandenburg unterhält das System der Waldbrandfrüherkennung bereits seit dem Jahr 2002. Nach Ausschreibung durch das Ministerium der Finanzen, ehem. Liegenschafts- und Bauamt Cottbus, erfolgte der Vergabezuschlag an die Firma IQ wireless GmbH. Der LFB kann eine Auswertung des Auftragsvolumens erst mit der Einführung von SAP im LFB ab dem Jahr 2011 bereitstellen. Für Instandhaltung/Reparatur, Service/Wartung und Schulung wurden durch den LFB seit 2011 finanzielle Mittel in Höhe von 6.017.702,45 € aufgewandt. Frage 3: Wurde das Vergabeverfahren mit dem Aktenzeichen LFB.00-111-06/2018 deshalb aufgehoben, weil weitere Anbieter/Marktteilnehmer das Vergabeverfahren durch den LFB gerügt haben? Wenn ja, was war Gegenstand und Inhalt der Rügen? Zu Frage 3: Das unter dem o.g. Aktenzeichen geführte Verfahren wurde durch einen Interessenten wegen Verstoß gegen den Grundsatz einer produktneutralen Leistungsbeschreibung gerügt. Durch die bestehenden Schutzrechte (EU-Patente) erachtete sich der Interessent als vom Verfahren ausgeschlossen. Frage 4: Aus welchen konkreten Gründen wurde abweichend von der Ankündigung in der Aufhebungsbekanntmachung kein neues offenes Vergabeverfahren durch den LFB eingeleitet ? Zu Frage 4: Das Verfahren wurde mit dem Hinweis aufgehoben, dass wegen fortbestehender Beschaffungsabsicht die Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens beabsichtigt ist. In der Aufhebung wurde keine Entscheidung über die Art des Verfahrens festgelegt. Infolge der auf diesem System liegenden Schutzrechte kann der Modernisierungsauftrag auf Grund der Ausschließlichkeitsrechte (§14 Abs. 4 Nr. 2 lit. c) VgV) nur von der Firma IQ wireless GmbH ausgeführt werden. Auf Grund der Tatsache, dass die Firma IQ wireless GmbH alleiniger Anbieter des Systems FireWatch® ist und kein allgemeines Vertriebsrecht Dritter besteht, war entgegen dem anfänglichen Vergabeverfahren (offene EU-weite Vergabe) eine Änderung des Verfahrens erforderlich. Frage 5: Aus welchen Gründen wird lediglich auf das bestehende System FireWatch abgestellt und wo liegen nach Auffassung der Landesregierung die Vor- bzw. Nachteile gegenüber anderen am Markt erhältlichen Früherkennungssystemen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/10407 - 3 - Zu Frage 5: Bereits Mitte der 90er Jahre wurden erste Feldversuche zur automatisierten Waldbrandfrüherkennung durchgeführt. Dabei wurden durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) auch Untersuchungen und Technikvergleiche zur Erkennung von Waldbränden vorgenommen. Das landesweite Überwachungssystem der Waldbrandfrüherkennung wurde im Laufe der Jahre entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik weiterentwickelt und den Bedingungen im Land Brandenburg angepasst. Bei dem aktuellen Modernisierungsvorhaben handelt es sich um die landesweite Anpassung der aktuellen Hardware und die Implementierung von Software-Updates für das bereits bestehende System. Frage 6: Gab bzw. gibt es seitens des LFB Feldversuche mit anderen Systemen? Wenn ja, welche und zu welchem jeweiligen Ergebnis kamen diese Praxisversuche? Zu Frage 6: Nein. Auf Grund der guten Ergebnisse der Waldbrandfrüherkennung mit dem vorhandenen System bestand seitens des LFB bisher keine Notwendigkeit, andere Systeme in Feldversuchen zu testen. Der LFB nimmt regelmäßig an internationalen Kongressen zur Thematik teil. Auch hier wurde kein alternatives Verfahren bekannt gemacht, das einen Feldversuch für ein alternatives Verfahren rechtfertigte. Frage 7: Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass Landesbedienstete entgegen des Mäßigungs- und Neutralitätsgebotes als Fürsprecher für ein Privatunternehmen als Referenz für ein bestimmtes Produkt auf der Unternehmenshomepage auftreten, welches durch Direktvergabe im eingangs beschriebenen Fall einen Auftrag über 4 Mio. Euro erhalten hat? Zu Frage 7: Im Internetauftritt des Unternehmens IQ wireless GmbH wird der Waldbrandschutzbeauftragte des Landes Brandenburg, Herr Raimund Engel, mit folgendem Satz zitiert: „Mit dem Waldbrandfrühwarnsystem FireWatch leistet die brandenburgische Forstverwaltung einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Wälder. Früherkennung von Waldbränden mit FireWatch – ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung unserer Umwelt und zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.“ Das Land Brandenburg hatte bereits 2002 entschieden, die Waldbrandfrüherkennung mit dem System FireWatch® der Firma IQ wireless GmbH durchzuführen. Dies ist im Land Brandenburg inzwischen allgemein bekannt und wird auch in den Medien öffentlich dargestellt . Es ist zudem üblich, dass Firmen in ihren Internetauftritten Referenzobjekte darstellen oder auch Kundenbewertungen veröffentlichen. Einen Verstoß gegen das Mäßigungsund Neutralitätsgebot oder eine einseitige Bevorteilung eines Privatunternehmens durch den LFB wird durch die Darstellung nicht gesehen. Frage 8: Gab es weitere Bieter bzw. Interessierte für diese Ausschreibung? Wenn ja, wie viele? Zu Frage 8: Es gab nur den einen Bieter IQ wireless GmbH und zwei weitere Interessenten , welche kein Angebot abgegeben haben. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10407 - 4 - Frage 9: Beabsichtigt das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft als zuständige Rechtsaufsicht, die durch den LFB vorgenommene Direktvergabe rückgängig zu machen und ein neues öffentliches Vergabeverfahren einleiten zu lassen? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Zu Frage 9: Nein. Siehe auch Antwort zur Frage 4.