Landtag Brandenburg Drucksache 6/10590 6. Wahlperiode Eingegangen: 13.02.2019 / Ausgegeben: 18.02.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4200 des Abgeordneten Christoph Schulze (fraktionslos) Drucksache 6/10377 Stand des Schallschutzprogramms am Flughafen BER zum Ende des Jahres 2018 Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Die Probleme beim Bau des Flughafens BER haben sich weltweit herumgesprochen und werfen auf Deutschland ein schlechtes Bild. Das eine sind die Probleme auf der Baustelle, die quasi auf der Entscheidung der Eigentümer, keinen Generalunternehmer für den Bau des Flughafen BER zu nehmen, sondern losweise zu bauen, beruhen und zu unzähligen Verschiebungen von Eröffnungsterminen sowie 3 bis 4 Milliarden Euro Mehrkosten führten. Die andere Facette des Problems ist die falsche Standortentscheidung, dicht am Stadtrand, im dicht bebauten Speckgürtel. Die Schallschutzproblematik zeigt wie vorausgesagt auf, dass die Kosten explodieren. Das Problem war voraussehbar. Das trotz explodierenden Kosten keine befriedigenden Lösungen für die betroffenen Bürger gefunden werden ist eigentlich skandalös. Für das Schallschutzprogramm sind 750 Millionen Euro vorgesehen. Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information , wofür das Steuergeld verwendet wird. In der Vergangenheit hatte es mehrere Kleine Anfragen mit mehreren Fragestellungen gegeben, die immer wieder stereotyp beantwortet wurden, dass das Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB)seien und/0der der der Landesregierung dazu keine Informationen vorliegen. In der Zwischenzeit gibt es ein Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Auskunftspflicht von Regierungen zu Staatsunternehmen gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit in Bezug auf die Verwendung von Steuergeldern (Bundesverfassungsgericht : Leitsätze zum Urteil des Zweiten Senats vom 7. November 2017 - 2 BvE 2/11 -). Die Leitsätze in diesem Urteil lauten wie folgt: „1. Der parlamentarische Informationsanspruch aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG ist auf Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Bei Vorliegen berechtigter Geheimhaltungsinteressen kann die Beantwortung parlamentarischer Anfragen unter Anwendung der Geheimschutzordnung geeignet sein, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Fragerecht der Abgeordneten und konfligierenden Rechtsgütern zu schaffen. 2. Das verfassungsrechtlich garantierte parlamentarische Frage- und Informationsrecht unterliegt Grenzen, die, auch soweit sie einfachgesetzlich geregelt sind, ihren Grund im Verfassungsrecht haben müssen. Vertraglich vereinbarte oder einfachgesetzliche Verschwiegenheitsregelungen sind für sich nicht geeignet, das Frage und Informationsrecht zu beschränken. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10590 - 2 - 3. Der Informationsanspruch des Parlaments kann sich als Ausdruck der aus dem Demokratieprinzip folgenden Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament nur auf Angelegenheiten beziehen, die in den Verantwortungsbereich der Regierung fallen. Die Verantwortlichkeit der Regierung im Kontext demokratischer Legitimation erstreckt sich auf alle Tätigkeiten von mehrheitlich oder vollständig in der Hand des Bundes befindlichen Unternehmen in Privatrechtsform. Dabei ist die Verantwortlichkeit der Regierung nicht auf die ihr gesetzlich eingeräumten Einwirkungs- und Kontrollrechte beschränkt. 4. Der Verantwortungsbereich der Bundesregierung für die Deutsche Bahn AG bezieht sich auf die Ausübung der Beteiligungsverwaltung sowie auf die Regulierungstätigkeit der Bundesbehörden und die sachgerechte Erfüllung des Gewährleistungsauftrages aus Art. 87e Abs. 4 GG. Darüber hinaus liegt auch die unternehmerische Tätigkeit der Deutschen Bahn AG im Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Der Verantwortungszusammenhang wird nicht durch Art. 87e GG aufgehoben. 5. Die Bundesregierung ist nicht berechtigt, die Antwort auf parlamentarische Anfragen im Einzelfall unter Verweis auf die Betroffenheit der Grundrechte der Deutschen Bahn AG zu verweigern. Als vom Staat vollständig beherrschte juristische Person dient sie nicht der Ausübung individueller Freiheit Einzelner und kann sich nicht auf Grundrechte berufen. Auch räumt Art. 87e GG der Deutschen Bahn AG keinen abwehrrechtlichen Status gegenüber (gemeinwohlorientierten) Einwirkungen des Staates auf ihre Unternehmensführung ein. 6. Eine Grenze des Informationsanspruchs des Bundestages bildet das Wohl des Bundes oder eines Landes (Staatswohl), das durch das Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger Informationen gefährdet werden kann. a. Das fiskalische Interesse des Staates am Schutz vertraulicher Informationen seiner (Beteiligungs -) Unternehmen stellt einen verfassungsrechtlichen Staatswohlbelang dar. 7. Das verfassungsmäßige Frage- und Informationsrecht des Bundestages und die damit verbundene Auskunftspflicht der Bundesregierung stellen eine hinreichende Grundlage für einen in der Auskunftserteilung liegenden Grundrechtseingriff dar. Einer weitergehenden gesetzlichen Regelung bedarf es insoweit nicht. 8. Das parlamentarische Informationsrecht steht unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit. Es sind alle Informationen mitzuteilen, über die die Bundesregierung verfügt oder die sie mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung bringen kann. Sie muss alle ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten der Informationsbeschaffung ausschöpfen. 9. Aus der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, folgt, dass sie die Gründe darlegen muss, aus denen sie die erbetenen Auskünfte verweigert. Einer besonderen Begründungspflicht unterliegt die Bundesregierung, soweit sie ihre Antwort nicht in einer zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmten Weise erteilt, sondern dem Deutschen Bundestag eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung stellt.“ Das Bundesverfassungsgerichtsurteil „Leitsätze zum Urteil des Zweiten Senats vom 7. November 2017 - 2 BvE 2/11“ gilt synonym auch für die Landesregierung, weil es eine Entscheidung zur Klarstellung der Rechtsordnung des Grundgesetzes ist, dem auch Brandenburg unterliegt. Damit werden Ausflüchte wie „der Landesregierung sind die Zahlen nicht bekannt“ usw. hinfällig. Das Land Brandung ist Gesellschafter und hat alle Möglichkeiten sich detaillierte Informationen zu beschaffen. Die Landesregierung ist gegenüber den Abgeordneten nach Artikel 56 Abs. 3 der Landesverfassung verpflichtet vollumfänglich zu informieren, sofern es nicht um interne Willensbildung der Landesregierung geht. Das Landtag Brandenburg Drucksache 6/10590 - 3 - kann beim vorliegenden Sachverhalt nicht der Fall sein. Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) als 100 prozentig öffentliche Gesellschaft ist verpflichtet detailliert und vollumfänglich Auskunft zu geben. Aussagen wie in der Kleinen Anfrage 6/2259 zu Fragen 4 und Frage 5 „ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag gebunden“ ist schlicht inakzeptabel und macht den Eindruck der Vertuschung. Die FBB hat die Zahlen vorzulegen und die Öffentlichkeit zu informieren, weil es eben gerade keine „private Gesellschaft“, sondern eine „Staatsunternehmen“ und damit weitergehender Kontrolle als Privatfirmen unterliegt. Sollte die Landesregierung die konkrete und dezidiert Beantwortung der Fragen mit dem Verweis auf den Schutz vertraulicher Information „seines Beteiligungs-Unternehmen“ (siehe Ziffer 6a der Leitsätze) ablehnen, müsste die Landesregierung umfassend begründen, worin die Interessen des Landes Brandenburg liegen, dass diese Informationen zur Verwendung von Steuergeldern nicht bekannt werden dürfen. Da allerseits öffentlich bekannt ist, wieviel das Land Brandenburg und die anderen Gesellschafter in die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) an Geldern gepumpt haben, dürfte das wohl schwerfallen , zumal keine Auskünfte begehrt werden, die einen Einzelfall betreffen, sondern es werden Auskünfte zu Fallgruppen und Gesamtsummen begehrt. 1. Wann wurde das Schallschutzprogramm der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) gestartet? zu Frage 1: Nach Angaben der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) wurden die ersten Anträge zur Gewährung von Schallschutz im Jahr 2004 erfasst. Die Bearbeitung der Anträge begann nach Klärung verschiedener rechtlicher Fragen im Jahr 2007. 2. Wie viele Mittel sind jetzt seit Beginn des Schallschutzprogramms für Ingenieurleistungen für die Erarbeitung von schallschutzbezogene Verkehrswertermittlung (SVWE), Kostenerstattungsvereinbarungen (KEV), Anspruchsermittlung Bau (ASE B), Anspruchsermittlung (ASE E), Personalkosten für Schallschutzgutachten, Leistungsverzeichnisse und Ortstermine ausgegeben worden? zu Frage 2: Nach Angaben der FBB fielen für diese Leistungen bislang Kosten in Höhe von 30,5 Mio. Euro an. 3. Wie viele Mittel sind jetzt seit Beginn des Schallschutzprogramms für Mitarbeiter der Schallschutzabteilung des FBB ausgegeben worden? zu Frage 3: Nach Angaben der FBB werden diese Zahlen seit 2010 erfasst, seitdem fielen Kosten in Höhe von 11,7 Mio. Euro an. 4. Wie viele für Schallschutz KEV sind gestellt worden und wie viele Mittel sind jetzt seit Beginn des Schallschutzprogramms für Schallschutz im Rahmen von KEV an Bürger zugesagt und auch ausgereicht worden? zu Frage 4: Nach Angaben der FBB wurden bis zum Februar 2014 für insgesamt 18.866 Wohneinheiten Anträge auf KEV gestellt. Ende Februar 2014 wurde von der FBB von KEV auf die Anspruchsermittlung (ASE) umgestellt. Bis dahin wurden 17,6 Mio. Euro ausgezahlt . Landtag Brandenburg Drucksache 6/10590 - 4 - 5. Wie viele für „Schallschutzbescheide ASE B“ sind erstellt worden und wie viele Mittel sind jetzt seit Beginn des Schallschutzprogramms für „Schallschutzbescheide ASE B“ an Bürger zugesagt und auch ausgereicht worden? zu Frage 5: Nach Angaben der FBB wurden bis zum 31.12.2018 für 12.560 Wohneinheiten ASE-B im Tagschutzgebiet und Nachtschutzgebiet zugesagt. Darin enthalten sind auch die bis zum Februar 2014 versandten KEV im Nachtschutz. Insgesamt wurden bislang 30,8 Mio. EUR ausgezahlt. 6. Wie viele für „Schallschutzbescheide ASE E“ sind erstellt worden und wie viele Mittel sind jetzt seit Beginn des Schallschutzprogramms „für Schallschutzbescheide ASE E“ an Bürger zugesagt und auch ausgereicht worden? zu Frage 6: Nach Angaben der FBB wurden bis zum 31.12.2018 für 6.588 Wohneinheiten ASE-E zugesagt. Insgesamt wurden bislang 254 Mio. Euro ausgezahlt. 7. Wie viele Anträge auf Außenbereichsentschädigung sind gestellt worden? Wie viele Anträge auf Außenbereichsentschädigung sind abgelehnt worden? Wie viele Mittel sind seit Beginn des Schallschutzprogramms für Außenbereichsentschädigungen an Bürger zugesagt und auch ausgereicht worden? zu Frage 7: Nach Angaben der FBB wurden bis zum 31.12.2018 für 5.379 Objekte Anträge auf eine Außenwohnbereichsentschädigung gestellt. Davon wurden bislang 145 Anträge abgelehnt. Für Außenwohnbereichsentschädigungen wurden bislang 20,1 Mio. Euro ausgezahlt . 8. Wie viele Mittel sind jetzt seit Beginn des Schallschutzprogramms für sonstige Kosten aufgegliedert nach Kostenposten und Höhe ausgegeben worden? zu Frage 8: Nach Angaben der FBB wurden für Schallschutzmaßnahmen in besonderen Einrichtungen bislang 17,8 Mio. Euro ausgezahlt. Für die Steuerung und Organisation des Schallschutzprogramms wurden bislang 13,3 Mio. Euro, für freiwillige Leistungen weitere 2 Mio. Euro ausgegeben.