Datum des Eingangs: 08.04.2015 / Ausgegeben: 13.04.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1063 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 381 des Abgeordneten Pèter Vida fraktionslos Drucksache 6/823 Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit durch Abwahl von Gemeindevertretern aus Verbandsversammlungen? - Was der schöne Gesetzestitel "Gesetz zur Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit" in der Praxis bedeutet Wortlaut der Kleinen Anfrage 381 vom 10.03.2015: Durch das so genannte "Gesetz zur Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit" vom 10.07.2014 (GVBl. I/14, Nr. 32) wurde das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg (GKG) neu kodifiziert. So sieht § 19 Abs. 3 GKG nunmehr vor, dass kommunale Verbandsmitglieder in der Verbandsversammlung durch ihren Hauptverwaltungsbeamten vertreten werden. Die Verbandssatzungen können darüber hinaus weitere Mitglieder vorsehen. Aufgrund dieser Vorschrift wurden in zahlreichen Zweckverbänden auf Empfehlungen der Kommunalaufsichten Vertreter von Gemeinden abgewählt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wenn in einem Zweckverband mehrere amtsangehörige Gemeinden Mitglied sind, durch wen werden dann die einzelnen Gemeinden jeweils vertreten, da es ja nur einen Hauptverwaltungsbeamten, nämlich den Amtsdirektor, gibt? Sollte hiernach jede Gemeinde durch den Amtsdirektor vertreten werden, bitte ich um Erläuterung, worin hier die Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit, was ja Titel des Gesetzes war, liegt? 2. Waren die Empfehlungen von Kommunalaufsichten, Vertreter aus den Verbandsversammlungen aufgrund der neuen Gesetzeslage in der laufenden Wahlperiode abzuwählen, richtig? 3. Wenn die Abwahl und Neuberufung von Mitgliedern aufgrund einer gesetzlich bedingten Neustrukturierung der Verbandsversammlungen erforderlich war, hätte es dann nicht in den betroffenen Verbandsversammlungen einer Neukonstituierung, also der Durchführung einer neuen konstituierenden Sitzung bedurft? 4. Wie ist in diesem Zusammenhang § 45 Abs. 2 GKG zu verstehen, wonach die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen, die vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes wirksam geworden sind, durch dieses nicht berührt werden? Kann diese Bestimmung dahingehend interpretiert werden, dass die zuvor erfolgten Konstituierungen der Verbandsversammlungen wirksam bleiben? Wenn ja, warum bleiben dann hingegen die durch die Gemeinden erfolgten Berufungen von Mitgliedern in der Verbandsversammlung (jenseits der Amtsdirektoren) nicht wirksam? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wenn in einem Zweckverband mehrere amtsangehörige Gemeinden Mitglied sind, durch wen werden dann die einzelnen Gemeinden jeweils vertreten, da es ja nur einen Hauptverwaltungsbeamten, nämlich den Amtsdirektor, gibt? Sollte hiernach jede Gemeinde durch den Amtsdirektor vertreten werden, bitte ich um Erläuterung, worin hier die Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit, was ja Titel des Gesetzes war, liegt? zu Frage 1: Sind mehrere Gemeinden eines Amtes Mitglied in einem Zweckverband, werden diese Gemeinden in der Verbandsversammlung nach § 19 Abs. 3 Satz 1 GKGBbg durch den Amtsdirektor als Hauptverwaltungsbeamten vertreten. Der Gesetzgeber hat damit die amtsangehörigen Gemeinden hinsichtlich deren Außenvertretung den übrigen Kommunen (z. B. amtsfreie Gemeinden, Landkreise) gleichgestellt, für die eine Vertretung durch ihren Hauptverwaltungsbeamten bereits nach bisherigem Recht (GKG) galt. § 19 Abs. 3 Satz 1 GKGBbg zeichnet die bereits seit vielen Jahren geltende Rechtslage nach, wonach der Amtsdirektor als Hauptverwaltungsbeamter rechtlicher Vertreter der amtsangehörigen Gemeinden in allen Amts- und Verwaltungsgeschäften ist. Auch in der Gesellschafterversammlung eines gemeindlichen Unternehmens, an dem mehrere Gemeinden des Amtes beteiligt sind, werden die Gemeinden durch den Amtsdirektor vertreten (§ 135 Abs. 4 i. V. m. 97 Abs. 1 Satz 1 BbgKVerf). Es besteht zudem bei Zweckverbänden nach § 19 Abs. 2 GKGBbg - wie bereits nach bisherigem Recht - die Möglichkeit, in der Verbandssatzung des Zweckverbandes zu bestimmen, dass einzelne oder alle Verbandsmitglieder mehrere Vertreter in die Verbandsversammlung entsenden. Hiervon wurde bei vielen Zweckverbänden in Brandenburg Gebrauch gemacht. Die – über den Hauptverwaltungsbeamten hinausgehenden - weiteren Vertreter werden nach § 19 Abs. 4 GKGBbg von der Gemeindevertretung gewählt. Durch die Vertretung der amtsangehörigen Gemeinden durch den Amtsdirektor werden die Rechte der Gemeindevertretung auch nicht beeinträchtigt. Die Mitgliedschaft der Vertretungspersonen in der Verbandsversammlung ist kein höchstpersönliches Mandat, sondern von der Verbandsmitgliedschaft der Gemeinde abgeleitet. Der Hauptverwaltungsbeamte ist im Rahmen seiner Vertretung der amtsangehörigen Gemeinden in der Verbandsversammlung daher nicht nur an Recht und Gesetz, sondern (wie auch die gewählten weiteren Vertreter) an den Willen der einzelnen Gemeinden, die er vertritt, gebunden. So können die Gemeindevertretungen ihren Vertretern in der Verbandsversammlung - und damit auch dem Amtsdirektor - nach § 19 Abs. 7 GKGBbg Richtlinien und Weisungen zum Stimmverhalten erteilen, so dass der Wille der direkt gewählten Gemeindevertretung Eingang in die Beschlussfassungen der Verbandsversammlung findet. Zudem ist durch § 19 Abs. 1 und 2 GKGBbg sichergestellt, dass alle Stimmen einer Gemeinde, auch soweit sie durch mehrere Personen vertreten wird, zur Wahrung der Mitgliedschaftsrechte dieser Gemeinde nur einheitlich abgegeben werden können. Frage 2: Waren die Empfehlungen von Kommunalaufsichten, Vertreter aus den Verbandsversammlungen aufgrund der neuen Gesetzeslage in der laufenden Wahlperiode abzuwählen, richtig? zu Frage 2: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, in welchen Fällen Vertretungspersonen von Gemeinden in Verbandsversammlungen mit Blick auf die neue Rechtslage abgewählt wurden und ob und inwieweit diese Abwahl zuvor von den Kommunalaufsichtsbehörden empfohlen wurde. Nach § 12 Abs. 1 GKGBbg i. V. m. § 41 Abs. 7 Satz1 BbgKVerf kann ein zuvor gewählter Vertreter – auch vor Ablauf der Wahlperiode – aus wichtigem Grund von der Gemeindevertretung auch wieder abgewählt werden. Ein solcher wichtiger Grund kann – neben den in § 41 Abs. 7 Satz 2 BbgKVerf genannten Tatbeständen – vorliegen, wenn die Gemeindevertretung eine größere Anzahl an Vertretern gewählt hat, als der Gemeinde nach der insoweit maßgeblichen Verbandssatzung i. V .m. der gesetzlichen Vertretungsregelung des § 19 GKGBbg zustehen, da die Wahl dieser überzähligen Vertreter (auch, soweit im Einzelfall die Übergangsvorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 1 GKGBbg Anwendung fände) faktisch ins Leere läuft. Frage 3: Wenn die Abwahl und Neuberufung von Mitgliedern aufgrund einer gesetzlich bedingten Neustrukturierung der Verbandsversammlungen erforderlich war, hätte es dann nicht in den betroffenen Verbandsversammlungen einer Neukonstituierung, also der Durchführung einer neuen konstituierenden Sitzung bedurft? zu Frage 3: Verbandsversammlungen werden nicht direkt durch die Bürgerinnen und Bürger gewählt und besitzen aufgrund ihrer konkreten Zusammensetzung auch keine einheitliche Wahlperiode. Bei Verbandsversammlungen besteht daher keine Notwendigkeit zu einer konstituierenden Sitzung, da aufgrund der unterschiedlichen Wahlzeiten der Vertretungspersonen (Hauptverwaltungsbeamte, von der Gemeindevertretung bestellte weitere Vertreter, z. T. Private; vgl. § 19 Abs. 1 bis 5 GKGBbg) in aller Regel keine vollständige Neubesetzung des Organs stattfindet. Frage 4: Wie ist in diesem Zusammenhang § 45 Abs. 2 GKG zu verstehen, wonach die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen, die vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes wirksam geworden sind, durch dieses nicht berührt werden? Kann diese Bestimmung dahingehend interpretiert werden, dass die zuvor erfolgten Konstituierungen der Verbandsversammlungen wirksam bleiben? Wenn ja, warum bleiben dann hingegen die durch die Gemeinden erfolgten Berufungen von Mitgliedern in der Verbandsversammlung (jenseits der Amtsdirektoren) nicht wirksam? zu Frage 4: Siehe Antworten zu den Fragen 2 und 3. Soweit Verbandssatzungen beim Inkrafttreten des neuen GKGBbg zur Vertretung amtsangehöriger Gemeinden in der Verbandsversammlung auf die alte Rechtslage (§ 15 Abs. 4 GKG) verweisen oder die bisherige Rechtslage (Vertretung der Gemeinde durch ausschließlich von der Gemeindevertretung gewählte Personen) inhaltlich wiedergeben, bleiben diese Satzungsregelungen nach der Übergangsbestimmung des § 45 Abs. 2 Satz 2 GKGBbg unbeschränkt wirksam. In diesen Fällen findet die neue Rechtslage zur Vertretung durch den Hauptverwaltungsbeamten (§ 19 Abs. 3 GKGBbg) also keine Anwendung, so dass alle Vertreter amtsangehöriger Gemeinden eines solchen Zweckverbandes weiterhin durch die Gemeindevertretung aus deren Mitte oder der Reihe der Beschäftigten des Amtes durch Wahl bestellt werden.