Landtag Brandenburg Drucksache 6/10645 6. Wahlperiode Eingegangen: 18.02.2019 / Ausgegeben: 25.02.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4222 des Abgeordneten Danny Eichelbaum (CDU-Fraktion) Drucksache 6/10441 Beschleunigte Strafverfahren Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Die Strafprozessordnung sieht vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen beschleunigte Verfahren durchgeführt werden können. Zwischen dem Antrag auf Durchführung des beschleunigten Verfahrens und der Hauptverhandlung sollen nicht mehr als sechs Wochen liegen. Aufgrund der Schnelligkeit des Verfahrens gelten geringere Anforderungen an die Verfahrensweise. So muss beispielsweise die Anklage nicht vorab schriftlich erhoben werden. Ebenso ist die Frist zur Ladung des Angeklagten verkürzt - falls es einer solchen überhaupt bedarf. Aufgrund dieser geringeren Anforderungen im Verfahrensgang, kann das beschleunigte Verfahren nur beim Strafrichter oder Schöffengericht durchgeführt werden, wenn die Sache aufgrund des einfachen Sachverhalts oder der klaren Beweislage zur sofortigen Verhandlung geeignet ist. Das beschleunigte Verfahren erlaubt es in engen Grenzen, leichtere Delikte, deren Sachverhalt einfach oder klar bewiesen ist, schnell und unkompliziert abzuurteilen. Dies kann einerseits der Entlastung von Polizei und Justiz dienen. Vor allem aber führt es dem Verurteilten klar vor Augen, dass der Staat handlungsfähig ist und seine Straftaten nicht duldet. Wenn die „Strafe der Tat auf dem Fuße folgt“, kann dies den Täter positiven Lerneffekt haben, dass er künftig nicht mehr strafffällig wird. Frage 1: Wie viele Anträge auf Durchführung eines beschleunigten Verfahrens gemäß §§ 417 ff. StPO wurden in den letzten fünf Jahren gestellt? (bitte nach Staatsanwaltschaft und Deliktsart aufschlüsseln) zu Frage 1: Die Anzahl der von den Staatsanwaltschaften gestellten Anträge auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren, aufgeschlüsselt nach Staatsanwaltschaft und Deliktsart , ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle: Landtag Brandenburg Drucksache 6/10645 - 2 - Lfd. Nr. Delikte Jahr Staatsanwaltschaft Cottbus Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) Staatsanwaltschaft Neuruppin Staatsanwaltschaft Potsdam Summe 1 Diebstahl (§§ 242 ff. StGB) 2014 21 19 228 841 1.109 2015 326 114 168 774 1.382 2016 450 120 295 640 1.505 2017 369 42 231 644 1.286 2018 262 52 189 458 961 2 Hehlerei (§ 259 StGB) 2014 1 1 0 0 2 2015 3 1 0 2 6 2016 0 5 0 2 7 2017 0 2 0 0 2 2018 1 25 0 0 26 3 Urkundenfälschung (§ 267 StGB) 2014 0 0 0 5 5 2015 5 4 0 3 12 2016 9 3 1 5 18 2017 2 0 0 3 5 2018 7 3 0 0 10 4 Verstoß gegen §§ 95, 96 AufenthG 2014 1 20 0 0 21 2015 0 9 0 0 9 2016 1 7 0 0 8 2017 0 2 0 0 2 2018 0 1 1 0 2 5 Verstoß gegen §§ 1, 29 BtMG 2014 0 0 0 0 0 2015 0 0 1 0 1 2016 0 0 0 0 0 2017 0 0 1 0 1 2018 Aufgrund einer Änderung der statistischen Erhebung erfolgt die Erfassung ab dem Jahr 2018 unter der Rubrik „Sonstige“. 6 Körperverletzung (§§ 223, 224, 229 StGB) 2014 0 0 3 2 5 2015 5 1 2 2 10 2016 10 2 2 3 17 2017 5 0 0 0 5 2018 5 0 1 1 7 7 Betrug (§ 263 StGB) 2014 0 1 5 1 7 2015 7 1 1 4 13 2016 6 0 0 2 8 2017 9 0 1 0 10 2018 2 0 1 0 3 8 Sachbeschädigung (§ 303 StGB) 2014 1 0 0 0 1 2015 3 2 0 0 5 2016 3 0 1 0 4 2017 2 0 0 0 2 2018 2 0 0 0 2 9 Verstoß gegen § 370 AO 2014 0 0 0 0 0 2015 2 0 0 0 2 2016 0 0 0 0 0 2017 0 1 0 0 1 2018 Aufgrund einer Änderung der statistischen Erhebung erfolgt die Erfassung ab dem Jahr 2018 unter der Rubrik „Sonstige“. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10645 - 3 - 10 Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) 2014 0 0 0 0 0 2015 10 2 0 1 13 2016 14 1 0 0 15 2017 16 0 1 0 17 2018 5 0 2 0 7 11 Verstoß gegen §§ 1, 6 PflVG 2014 0 2 1 52 55 2015 8 31 1 74 114 2016 24 17 2 42 85 2017 28 3 1 17 49 2018 26 7 0 31 64 12 Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) 2014 105 19 35 556 715 2015 396 101 24 500 1.021 2016 464 82 12 417 975 2017 376 59 4 418 857 2018 333 106 5 379 823 13 Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) 2014 0 0 0 141 141 2015 51 11 1 115 178 2016 46 12 1 55 114 2017 44 8 0 55 107 2018 89 26 1 62 178 14 Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) 2014 0 3 1 7 11 2015 7 31 1 3 42 2016 10 3 0 2 15 2017 26 3 0 4 33 2018 13 1 0 1 15 15 Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) 2014 7 9 7 279 302 2015 71 69 8 302 450 2016 129 40 3 171 343 2017 120 6 1 165 292 2018 131 17 8 157 313 16 Verwenden von Kennzeichen verfassungswidri - ger Organisationen (§ 86a StGB) 2014 0 1 2 3 6 2015 0 1 5 15 21 2016 0 0 1 13 14 2017 0 0 1 11 12 2018 3 0 2 8 13 17 Widerstand gegen Vollstreckungs - beamte (§ 113 StGB)* 2014 0 0 0 1 1 2015 1 0 0 0 1 2016 5 0 2 0 7 2017 0 0 1 0 1 2018 2 0 1 0 3 18 Sonstige 2014 1 8 5 279 293 2015 24 203 8 281 516 2016 36 149 4 308 497 2017 43 73 2 264 382 2018 41 51 7 181 280 19 Insgesamt 2014 137 83 287 2.167 2.674 2015 919 581 220 2.076 3.796 2016 1.207 441 324 1.660 3.632 Landtag Brandenburg Drucksache 6/10645 - 4 - 2017 1.040 199 244 1.581 3.064 2018 922 289 218 1.278 2.707 * Seit dem Jahr 2018 werden unter dieser Rubrik auch der tätliche Angriff auf Vollstreckungsbeamte nach § 114 StGB und der Widerstand gegen oder tätlicher Angriff auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen, nach § 115 StGB erfasst. Frage 2: In wie vielen Fällen der letzten fünf Jahre wurde das zunächst als solches eröffnete beschleunigte Verfahren im Laufe der Zeit abgelehnt und das Hauptverfahren eröffnet ? (bitte aufschlüsseln nach Gerichten und nach Deliktsart) zu Frage 2: Das beschleunigte Verfahren kennt keinen Eröffnungsbeschluss im Sinne des § 203 StPO. Die Frage wird daher so ausgelegt, dass der Fragesteller die Anzahl der Fälle in Erfahrung bringen möchte, in denen nach entsprechender Antragstellung durch die Staatsanwaltschaft das Gericht im Laufe des weiteren Verfahrens die Entscheidung im beschleunigten Verfahren abgelehnt und das Hauptverfahren eröffnet hat. Die Anzahl der Ablehnungen der Entscheidung im beschleunigten Verfahren ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle. Zu der Anzahl der Eröffnungsbeschlüsse und zur jeweiligen Deliktsart können keine Angaben gemacht werden, da insoweit keine Erfassung erfolgt. Amtsgerichte Ablehnung der Aburteilung im beschleunigten Verfahren (§ 417 StPO) 2014 2015 2016 2017 Jan. - Sept. 2018 Bad Liebenwerda 1 17 23 4 1 Cottbus 0 30 15 23 1 Königs Wusterhausen 4 15 32 28 1 Lübben (Spreewald) 1 9 37 87 65 Senftenberg 2 36 70 47 50 Bad Freienwalde (Oder) 0 16 25 8 6 Bernau bei Berlin 0 0 0 0 0 Eberswalde 0 36 74 35 11 Eisenhüttenstadt 9 0 0 0 (-) * Frankfurt (Oder) 0 0 0 1 2 Fürstenwalde/Spree 19 19 25 3 9 Strausberg 0 26 20 4 5 Neuruppin 1 1 0 2 0 Oranienburg 0 0 0 0 0 Perleberg 1 0 0 0 0 Prenzlau 0 0 1 1 0 Schwedt/Oder 0 4 0 0 0 Zehdenick 0 0 3 0 1 Brandenburg an der Havel 7 0 0 4 2 Luckenwalde 113 109 78 64 22 Nauen 0 0 0 0 0 Landtag Brandenburg Drucksache 6/10645 - 5 - Potsdam 2 0 0 0 0 Rathenow 1 0 3 7 6 Zossen 40 52 19 38 55 Summe 201 370 425 356 237 * Ab dem Jahr 2018 werden die Strafsachen des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt im Amtsgericht Frankfurt (Oder) bearbeitet. Frage 3: Wie viele beschleunigte Verfahren wurden in den letzten fünf Jahren bis zum Ende durchgeführt? (bitte aufschlüsseln nach Gericht und nach Deliktsart) zu Frage 3: Die Anzahl der Verfahren, die gemäß §§ 417 ff. StPO erledigt wurden, ergibt sich aus der folgenden Tabelle. Angaben zur Deliktsart können nicht gemacht werden, da diese nicht erfasst wird. Amtsgerichte Verfahren, die mit einem Antrag auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren nach § 417 StPO eingeleitet wurden Verfahren, bei denen im Zwischenverfahren ein Antrag auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren nach § 417 StPO gestellt wurde 2014 2015 2016 2017 Jan. - Sept. 2018 2014 2015 2016 2017 Jan. - Sept. 2018 Bad Liebenwerda 6 69 123 129 101 3 2 0 2 3 Cottbus 65 365 469 344 129 4 5 15 14 29 Königs Wusterhausen 25 87 117 132 42 7 3 5 7 2 Lübben (Spreewald) 2 42 76 116 74 2 3 9 9 3 Senftenberg 22 109 168 180 112 1 2 9 16 12 Bad Freienwalde (Oder) 1 57 47 12 19 0 2 1 3 1 Bernau bei Berlin 2 70 76 19 32 1 6 6 6 5 Eberswalde 4 76 95 51 16 0 0 7 19 8 Eisenhüttenstadt 50 45 59 0 (-) * 2 1 4 0 (-) * Frankfurt (Oder) 9 46 68 43 37 7 4 5 5 5 Fürstenwalde/Spree 26 20 25 9 13 3 1 4 8 7 Strausberg 3 30 26 8 5 0 1 0 5 1 Neuruppin 81 73 109 41 24 2 8 7 6 11 Oranienburg 55 26 42 41 36 2 2 1 3 1 Perleberg 34 29 30 33 8 0 0 2 0 0 Prenzlau 15 22 23 12 25 0 2 2 3 2 Schwedt/Oder 10 7 7 6 1 3 8 3 2 0 Zehdenick 4 6 8 2 1 1 2 0 0 1 Brandenburg an der Havel 419 417 330 303 220 6 13 15 19 12 Luckenwalde 275 211 131 111 69 2 2 1 3 2 Nauen 169 189 157 167 127 6 4 9 19 3 Landtag Brandenburg Drucksache 6/10645 - 6 - Potsdam 696 666 680 769 426 19 17 7 35 22 Rathenow 152 110 96 86 34 3 4 6 0 1 Zossen 170 158 136 132 105 2 6 0 5 0 Summe 2295 2930 3098 2746 1656 76 98 118 189 131 * Ab dem Jahr 2018 werden die Strafsachen des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt im Amtsgericht Frankfurt (Oder) bearbeitet. Frage 4: In welchen Deliktsarten wurde in den letzten fünf Jahren das beschleunigte Verfahren besonders oft angewandt? zu Frage 4: Es können nur Angaben im Zusammenhang mit den von den Staatsanwaltschaften nach § 417 StPO gestellten Anträgen gemacht werden, da die Deliktsart für die Erledigungen bei Gericht nicht erfasst wird. Wie der Tabelle zu Frage 1 zu entnehmen ist, werden die meisten Anträge wegen Diebstahlshandlungen nach §§ 242 ff. StGB und Trunkenheitsfahrten nach § 316 StGB gestellt. Frage 5: Gibt oder gab es Richtlinien für die Staatsanwaltschaften, in welchen Fällen ein beschleunigtes Verfahren bevorzugt geprüft oder angewendet werden sollte? zu Frage 5: Hinweise zur Sachbehandlung von beschleunigten Verfahren für die staatsanwaltschaftliche Praxis sind in der Allgemeinen Verfügung des Ministers der Justiz und für Europaangelegenheiten „Beschleunigte Erledigung von Strafverfahren im Bereich der geringfügigen und mittleren Kriminalität; Täter-Opfer-Ausgleich“ vom 24. August 2000 (JMBl. S. 114), geändert durch Allgemeine Verfügung vom 28. November 2002 (JMBl. S. 2), enthalten.