Landtag Brandenburg Drucksache 6/10818 6. Wahlperiode Eingegangen: 05.03.2019 / Ausgegeben: 11.03.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4247 der Abgeordneten Steeven Bretz (CDU-Fraktion), Dieter Dombrowski (CDU-Fraktion) und Andreas Gliese (CDU-Fraktion) Drucksache 6/10492 Nachfragen zum Vergabeverfahren zur Modernisierung des Waldbrandfrüherkennungssystems im Land Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Am 7. August 2018 hat der Landesbetrieb Forst Brandenburg (LFB) unter dem Aktenzeichen LFB.00-111-06/2018 eine EU-weite Ausschreibung mit der Bezeichnung „Modernisierung des Waldbrandfrüherkennungssystems FireWatch“ veröffentlicht . Am 19. September 2018 wurde das Verfahren mit folgender Begründung aufgehoben : „Es bestanden schwerwiegende rechtliche Fehler, wie u.a. die Beschreibung der zu erbringenden Leistungen, die im laufenden Verfahren nicht mehr behoben werden konnten. Wir sahen uns daher zur Aufhebung des Vergabeverfahrens gezwungen. Wegen fortbestehender Beschaffungsabsicht beabsichtigen wir, ein neues Vergabeverfahren einzuleiten .“ Hintergrund der Aufhebung waren Beschwerden von Mitbewerbern, weil die Ausschreibung u.a. keine produktneutrale Leistungsbeschreibung enthielt. Daraufhin hat der LFB als öffentlicher Auftraggeber den Auftrag im Umfang von rund vier Mio. Euro im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb direkt an die IQ wireless GmbH vergeben , weil seiner Auffassung nach, EU-weit dieser Anbieter aufgrund von Patentrechten als Einziger infrage kam. Derzeit läuft auch ein Verfahren bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg. Gemäß § 106 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen liegt der Schwellenwert für eine direkte Vergabe öffentlicher Aufträge bei 210.000 Euro. Andernfalls sind für eine Direktvergabe nach § 14 Abs. 4 Nr. 2 der Vergabeverordnung die Voraussetzungen vom öffentlichen Auftraggeber darzulegen und nachzuweisen. Dies hat auch die Vergabekammer Sachsen in ihrem Beschluss (1 / SVK 023 - 18) vom 4.12.2018 klargemacht. Insofern ergeben sich weitere Nachfragen zur Antwort der Landesregierung in Drucksache 6/10407. Vorbemerkung der Landesregierung: Der oben genannte Beschluss der Vergabekammer Sachsen betraf die Direktvergabe der Beschaffung von speziellen Testkits, Chemikalien und Reagenzien u. a. Eine Vergleichbarkeit ist mit dem Vergabeverfahren in Brandenburg nicht gegeben. Die Beschwerde zum Vergabeverfahren in Brandenburg wurde am 7. Februar 2019 vor der Vergabekammer behandelt. Die Vergabekammer bestätigte mit schriftlichem Beschluss - VK 23/18 - vom 19. Februar 2019 die Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10818 - 2 - Frage 1: Welchen konkreten Wortlaut hatte der Kabinettbeschluss 401/17 vom 10. Juni 2017 zur Modernisierung des Waldbrandfrüherkennungssystems im Land Brandenburg und zur weiteren Zentralisierung der derzeit bestehenden Waldbrandzentralen? Zu Frage 1: Der Kabinettbeschluss 401/17 vom 10. Juni 2017 hatte bezüglich der Modernisierung des Waldbrandfrüherkennungssystems im Land Brandenburg (Pkt. 3.8) folgenden Wortlaut: „Das für Forsten zuständige Mitglied der Landesregierung wird verpflichtet, bis 2020 das System der automatischen Waldbrandüberwachung zu zentralisieren und dabei die sechs bestehenden Waldbrandfrüherkennungszentralen an zwei Standorten (Region Süd und Nord) mit der Option einer künftigen Kommunalisierung bzw. Leistungsvergabe zusammenzuführen.“ Frage 2: Wie viele EU-, Bundes- und/oder Landesmittel werden zur Modernisierung des Waldbrandfrüherkennungssystems im Zeitraum 2018-2020 jeweils eingesetzt? (bitte aufschlüsseln ) Zu Frage 2: Für die Modernisierung des Waldbrandfrüherkennungssystems werden im Zeitraum 2018 bis 2020 4.202.000 € eingeplant, die bis auf die Umsatzsteuer zu 100 % von der EU finanziert werden. Eine Aufschlüsselung auf die einzelnen Jahre ist nicht möglich . Frage 3: Welche Gründe wurden in der Vergabedokumentation für das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb für jedes einzelne Produkt der Leistungsbeschreibung dargelegt, die erkennen lassen, dass eine Auftragsvergabe nur direkt und somit ohne Wettbewerb möglich war? Zu Frage 3: In der Vergabedokumentation sind technische, wirtschaftliche und patentrechtliche Gründe genannt. Diese sind insbesondere: Während und nach der Modernisierung sind Kompatibilitäts- und Interoperabilitätsrisiken auf Grund der besonders hohen Waldbrandgefahr in Brandenburg weitestgehend auszuschließen. Die optischen Sensoren sind speziell für die Detektion von Rauch in großer Reichweite ausgelegt und bilden mit der eingesetzten Raucherkennungssoftware eine Einheit. Kompatibilitätsprobleme können nur mit Originalkomponenten des eingesetzten Systems ausgeschlossen werden. Ein Austausch einzelner Komponenten im laufenden Betrieb ist weniger risikobehaftet als ein vollständiger Austausch. Ein genereller Systemwechsel und damit Neubeschaffung eines anderen Systems ist nicht wirtschaftlich und kostet ein Vielfaches der Modernisierung. Für ein neues System fällt erheblicher Schulungsaufwand für die derzeit 70 Mitarbeiter an. Die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen nutzen ebenfalls das System von IQ wireless; auch länderübergreifend ist eine Kompatibilität der Systeme erforderlich. Das Systems Fire Watch ist durch Patente umfassend geschützt. Die Firma IQ wireless GmbH ist alleiniger Anbieter, ein Vertriebsrecht Dritter besteht nicht. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10818 - 3 - Frage 4: Welche konkreten Leistungen umfasst die Modernisierung des Waldbrandfrüherkennungssystems im Einzelnen, welche im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb an die IQ wireless GmbH direkt vergeben wurden? Zu Frage 4: Auftragsgegenstand unter Angabe der wesentlichen Leistungsteile gem. VHB- VOL Bbg Formular 1.1 EU sind: Auf- und Ausbau der Waldbrandzentralen Süd (Wünsdorf) und Nord (Eberswalde) - Modernisierung der Technik der Bedienerarbeitsplätze (Ausstattung der Arbeitsplätz einschl. Bestuhlung erfolgt durch gesonderte Ausschreibung über ZFB) - Modernisierung der Servertechnik - Anpassung der Netzwerktechnik - Anpassung des Kartensystems Upgrade auf die aktuelle Raucherkennungssoftware Modernisierung der Detektionsstandorte (soweit noch nicht bis 2018 vollzogen) Modernisierung der Detektionseinheit sowie erforderlicher IT-Technik - Erneuerung der Betriebsschränke - Erneuerung der Anschaltkästen - Ggf. Erneuerung der Stromversorgung - Planungs- (Statik) und Installationsleistungen - Erforderliche Bauleistungen Anpassung des Kommunikationsnetzes - Einrichten neuer, ggf. Ergänzen vorhandener Funkstrecken - Schaffung eines redundanten Übertragungssystems - Einrichten Netzwerkverbindungen Dokumentation - Standortdokumentation - Dokumentation Kommunikationsnetz Frage 5: Gemäß § 14 Abs. 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten die in § 14 Abs. 4 Nr. 2 Buchstabe b (kein Wettbewerb aus technischen Gründen) und c (kein Wettbewerb wegen des Schutzes von ausschließlichen Rechten, insbesondere von gewerblichen Schutzrechten) genannten Voraussetzungen für die Anwendung des Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb nur dann, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist. Wie hat der LFB „vernünftige Alternativen oder Ersatzlösungen“ geprüft, wenn gemäß der Antwort der Landesregierung auf die Frage 1 in Drucksache 6/10407 von einer weiteren Markterkundung abgesehen wurde? Zu Frage 5: Ersatzlösungen und Alternativen wurden wegen der oben dargelegten Gründe (siehe Antwort zu Frage 3) ausgeschlossen. Insofern konnte auch bei der Modernisierung des bestehenden Systems von einer weiteren Markterkundung abgesehen werden. Frage 6: Bewertet die Landesregierung es als ausreichend begründet, dass aufgrund von Hardware-Anpassungen und Software-Updates für das bereits in Brandenburg bestehende System der Waldbrandüberwachung eine Direktvergabe angebracht war, obwohl das im September aufgehobene öffentliche Vergabeverfahren deshalb eingestellt werden musste, weil ein weiterer potentieller Anbieter die Ausschreibung mangels produktneutraler und umfassender Leistungsbeschreibung gerügt hat? Landtag Brandenburg Drucksache 6/10818 - 4 - Zu Frage 6: Ja, dieses Vorgehen wurde mit Beschluss der Vergabekammer - VK 23/18 - vom 19. Februar 2019 bestätigt. Frage 7: In der Antwort auf die Frage 2 in Drucksache 6/10407 gibt die Landesregierung lediglich die seit 2011 entstandenen Ausgaben für Instandhaltung/Reparatur, Service /Wartung und Schulung an. Das Waldbrandfrüherkennungssystem Fire Watch existiert bereits seit dem Jahr 2002. Wie hoch waren die finanziellen Ausgaben des Landes Brandenburg zur Installation des Waldbrandfrüherkennungssystems sowie zwischen den Jahren 2002 und 2011? Zu Frage 7: Vor Einführung des SAP (Systeme, Anwendungen, Produkte in der Datenverarbeitung ) im Jahr 2011 liegen der Landesregierung keine Angaben vor, da die Aufwendungen auf verschiedene Kostenstellen (Ämter für Forstwirtschaft) verteilt waren, die heute nicht mehr bestehen. Frage 8: Welche Leistungsbeschreibungen bzw. -kriterien lagen der öffentlichen Ausschreibung zum Aufbau eines Waldbrandüberwachungssystems im Land Brandenburg zu Beginn der 2000er Jahre zugrunde? Zu Frage 8: Die öffentliche Ausschreibung der Leistung erfolgte durch das Ministerium der Finanzen, vertreten durch das ehemalige Liegenschafts- und Bauamt Cottbus. Frage 9: Wurde dem LFB nach erfolgter Erstinstallation des Waldbrandüberwachungssystems Fire Watch vom Auftragnehmer eine vollständige Dokumentation zu den installierten technischen Anlagen sowie ein entsprechender Wartungsplan übergeben, der regelmäßig durchzuführende Wartungs- und Servicearbeiten und die zu erwartenden Kosten benennt? Wenn nein, welche Festlegungen werden in dem zwischen dem Auftragnehmer und dem LFB geschlossenen Wartungsvertrag getroffen? Wann wurde der Wartungsvertrag EUweit ausgeschrieben, da laut Antwort der Landesregierung die laufenden Wartungskosten die Schwellenwerte übersteigen? Zu Frage 9: Der Service- und Wartungsvertrag war Bestandteil der EU-weiten Ausschreibung der Leistung im Jahr 2001. Die Leistung wurde 2001 produktneutral und systemoffen ausgeschrieben. Auf Grundlage einer Rahmenvereinbarung mit den damaligen Ämtern für Forstwirtschaft wurden einzelne Service- und Wartungsverträge abgeschlossen. Dieser Rahmenvertrag wurde am 12. Januar 2006 aufgehoben und die Verträge wurden mit den Ämtern für Forstwirtschaft als Einzelverträge fortgeführt. Mit Gründung des Landesbetriebes Forst Brandenburg (LFB) im Jahr 2011 wurden die Einzelverträge wieder in einem Vertrag über den Service für den Betrieb und einen Vertrag über Wartungsleistungen zusammengefasst . Frage 10: Erfüllt das Unternehmen IQ wireless GmbH die handwerksrechtlichen Voraussetzungen , um Elektroinstallationen durchzuführen, und erfüllen die bereits montierten und im Zuge der Modernisierung zum Einsatz kommenden Elektro- und Elektronikgeräte alle gesetzlichen Vorgaben, insbesondere CE, RoHS, WEEE? Zu Frage 10: Die IQ wireless GmbH und ihre Nachunternehmer erfüllen im Hinblick auf die Modernisierung des Waldbrandfrüherkennungssystems in Brandenburg die handwerksrechtlichen und gesetzlichen Vorgaben. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10818 - 5 - Frage 11: Welche Vorsorge hat die Landesregierung bei so einem sicherheitsrelevanten System getroffen, wenn das laut Antwort der Landesregierung EU-weit einzige Unternehmen IQ wireless GmbH seinen Betrieb einstellen sollte (z.B. durch Insolvenz, Betriebsaufgabe , Verkauf)? Zu Frage 11: Bei Verkauf und Insolvenz ist davon auszugehen, dass mit dem Betriebsnachfolger das System weitergeführt werden kann. Für den Fall der Betriebsaufgabe wurde bisher keine Vorsorge getroffen. Frage 12: Welche Kosten für Dienstreisen des Waldbrandschutzbeauftragten des LFB sind dem Land Brandenburg im Zusammenhang mit Fire Watch seit der Installation des Systems im Jahre 2002 entstanden? (bitte einzeln auflisten) Zu Frage 12: Der Waldbrandschutzbeauftragte des Landes Brandenburg wurde zum 1. Februar 2017 in diese Funktion berufen. In seiner Funktion wurden durch ihn insgesamt sieben genehmigte Dienstreisen getätigt. Dabei sind Kosten in Höhe von 1.044,51 € entstanden , die das Land Brandenburg übernommen hat. 1. 24.10.2017, IQ wireless Berlin, Besuch Botschafter PT 0 € 2. 23.11.2017, LSTE Eisenhüttenstadt Lehrveranstaltung 46,80 € 3. 18.04.2018, Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg, 26,40 € 4. 25.04.2018, Forstamt Mirow, MV 12,00 € 5. 10.11.2018,Coimbra, Portugal Internationaler Kongress 902,91 € 6. 23.11.2018, LSTE Eisenhüttenstadt Lehrveranstaltung 44,40 € 7. 26.11.2018, Schloss Hubertusburg, Wermsdorf 12,00 €