Landtag Brandenburg Drucksache 6/10878 6. Wahlperiode Eingegangen: 11.03.2019 / Ausgegeben: 18.03.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4272 des Abgeordneten Michael Jungclaus (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/10557 Auswirkungen von Mehrverkehr auf der Schiene auf Schließzeiten von Bahnübergängen Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Der Landesnahverkehrsplan 2018 sieht eine Reihe von Angebotsverbesserungen im S- und Regionalbahnverkehr vor, insbesondere ab Dezember 2022, wenn die neuen Verkehrsverträge im Netz Elbe-Spree wirksam werden. Zu den Verbesserungen zählen auch Taktverdichtungen. Weiterhin ist zu erwarten, dass die Initiativen zur Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene Erfolg haben und die Menge der transportierten Güter und damit die Zahl der Güterzugfahrten zunehmen. Im Land Brandenburg gibt es höhengleiche, also beschrankte, Bahnübergänge, die oft bereits heute eine hohe Anzahl von Schrankenschließungen pro Stunde aufweisen. Moderne Technik bietet dabei mehr Sicherheit, verursacht aber durch signalabhängige Schrankenschließung längere Schließzeiten. Durch die Verbesserungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) werden sich die Schrankenschließzeiten ab 2022 weiter erhöhen. Dies wird Auswirkungen haben: nicht nur auf Autofahrerinnen und Autofahrer, sondern auch auf Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind, und oft auch auf die Nutzer des SPNV auf dem Weg zum Bahnhof. Anwohnerinnen und Anwohner werden durch die Staus vor den Schranken betroffen sein. Zudem werden sich die Fahrtzeiten für Rettungsfahrzeuge dadurch verlängern. 1. Wie viele höhengleiche Bahnübergänge gibt es insgesamt im Land Brandenburg? Wie viele davon sind technisch gesichert (Schranken, Halbschranken, Lichtsignalanlagen)? zu Frage 1: Laut Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes existierten im Land Brandenburg zum 31.12.2015 insgesamt 1.136 höhengleiche Bahnübergänge gemäß Eisenbahn -Bau- und Betriebsordnung (EBO), davon waren zum damaligen Zeitpunkt 724 technisch gesichert (118 mit Schranken, 558 mit Halbschranken und 48 mit Blinklicht oder Lichtzeichenanlagen). 2. Auf welchen Strecken, für die Mehrbestellungen vorgesehen sind, gibt es höhengleiche Bahnübergänge? Landtag Brandenburg Drucksache 6/10878 - 2 - zu Frage 2: Wesentliche Mehrbestellungen durch neue Linien, neue Linienführungen oder Taktverdichtungen sind auf den folgenden Streckenabschnitten mit höhengleichen Bahnübergängen geplant: - Brandenburg Hbf - Potsdam Hbf - Frankfurt (Oder) - Erkner - Cottbus - Landesgrenze Berlin - Bad Belzig - Landesgrenze Berlin - Oranienburg - Landesgrenze Berlin - Bundesgrenze Polen - Tantow - Angermünde - Bernau - Werneuchen - Landesgrenze Berlin - Müncheberg (Mark) - Landesgrenze Berlin - Finsterwalde - Abzweig Doberlug-Kirchhain Nord 3. Wie viele höhengleiche Bahnübergänge wären von Mehrbestellungen im SPNV betroffen , weil sich, etwa durch eine Taktverdichtung, die Schließzeiten verlängern? Auf welchen Strecken wird mit einer signifikanten Erhöhung der Zahl der Güterzüge gerechnet ? (Bitte betroffene Bahnübergänge und prognostizierte Verlängerung der Schließzeiten auflisten.) zu Frage 3: Auf der von Mehrbestellungen betroffenen Infrastruktur gibt es insgesamt 90 Bahnübergänge. Im Bereich des Schienengüterverkehrs (SGV) werden Steigerungen insbesondere auf den Strecken Berlin - Dresden (Beseitigung der höhengleichen Bahnübergänge ist bereits erfolgt oder steht im Rahmen der Ausbaumaßnahmen bevor), Berlin - Frankfurt/Oder sowie Berlin - Angermünde - Stettin erwartet. Konkrete Erkenntnisse oder Prognosen zur voraussichtlichen Entwicklung der Schließzeiten an den einzelnen technisch gesicherten Bahnübergängen liegen nicht vor. 4. Wurden bei den ausgeschriebenen Mehrbestellungen die Auswirkungen auf die unbeschrankten Bahnübergänge berücksichtigt? Wenn ja, wie, und hat die Landesregierung berücksichtigt, dass die Verkehrsbelastung auf den Straßen im Berliner Umland ebenfalls zunimmt? 5. Für wie relevant hält die Landesregierung die Situation an höhengleichen Bahnübergängen ab 2022? (Bitte um Einschätzung der Relevanz insbesondere für Rettungsfahrzeuge , den Rückstau in den betroffenen Orten und Probleme für die SPNV-Nutzer beim Zugang zum Bahnhof.) 6. Welche Schrankenschließzeit pro Stunde hält die Landesregierung für zumutbar? Gibt es einen Grenzwert, ab dem der Bau einer Unterführung notwendig wird? zu Fragen 4 bis 6: Ziel der Landesregierung ist, das Angebot des SPNV an vielen Stellen des Netzes auszuweiten, dies wird mittels höherer Fahrzeugkapazitäten oder Taktverdichtungen verfolgt. Die Schließzeiten der Schranken oder die Betriebszeiten von Rotlichtanlagen richten sich nach den betrieblichen Erfordernissen und Gegebenheiten sowie den Sicherheitsanforderungen des Eisenbahnbetreibers. Die Relevanz der eisenbahnbetrieblichen Erfordernisse ist jeweils eine Einzelfallentscheidung. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10878 - 3 - Schrankenschließzeiten sind allein kein Indikator für eine Beurteilung der Zumutbarkeit. Vielmehr sind die Einflussgrößen wie Verkehrsaufkommen, vorhandene Kapazitäten am jeweiligen Bahnübergang und die Rückkopplung auf die Planung der Zugfahrten an jedem einzelnen Bahnübergang zu beurteilen. 7. An welchen Bahnübergängen in Brandenburg hält das Land die Errichtung einer Unterführung für notwendig? zu Frage 7: Ein einzelner Verkehrsträger kann nicht allein über die Beseitigung eines Bahnübergangs sowie Alternativen (z. B. Ersatz durch ein Unterführungsbauwerk oder Schließung) befinden. Eine Entscheidung über die Beseitigung eines Bahnüberganges ist immer gemeinschaftlich mit allen Kreuzungsbeteiligten herbeizuführen. Folgende Bahnübergangsbeseitigungsmaßnahmen des Landes sind in Planung: L49 Ortslage Lübbenau L 90 Ortslage Werder B 1 Ortslage bei Wust Die Bahnübergangsbeseitigung der L 792 Blankenfelde-Mahlow ist durch die DB AG veranlasst . 8. Welche Kosten entstehen durchschnittlich durch den Bau einer Unterführung? (Falls die durchschnittliche Darstellung der Kosten nicht möglich ist: Bitte um Aufführung exemplarischer Varianten.) zu Frage 8: Durchschnittliche Kosten für Unterführungen können aufgrund der individuellen örtlichen, städtebaulichen und verkehrlichen Situation sowie der baulichen und technischen Gegebenheiten der jeweiligen Maßnahmen nicht beziffert werden. Bezüglich exemplarischer Kostenangaben zu Bahnübergangsbeseitigungsmaßnahmen wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2640, Drucksache 5/6879 verwiesen. 9. Wie kann sich das Land finanziell an dem Bau von Über- oder Unterführungen im Fall von Kreisstraßen und Gemeindestraßen beteiligen? Gibt es ein Förderprogramm, aus dem Über- oder Unterführungen finanziert werden können? Wenn ja, welches? Wenn nein, plant die Landesregierung, ein solches Programm aufzulegen? zu Frage 9: Das Land fördert die kommunalen Anteile von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz nach der „Richtlinie des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung für die Förderung von Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden des Landes Brandenburg - Teil kommunaler Straßenbau - (Rili KStB Bbg 2016; ABL. Nr. 37, S 1175)“ im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel.