Landtag Brandenburg Drucksache 6/10889 6. Wahlperiode Eingegangen: 12.03.2019 / Ausgegeben: 18.03.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4274 der Abgeordneten Kerstin Kircheis (SPD-Fraktion) und Erik Stohn (SPD-Fraktion) Drucksache 6/10563 Umsetzung des Paktes für den Rechtstaat in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin und des Fragestellers: Nach Auskunft des Deutschen Richterbundes gehen bis 2030 bundesweit 40% der Richter und Staatsanwälte in Pension. In den ostdeutschen Ländern sollen nach Angaben des Deutschen Richterbundes sogar 70% der derzeit im Dienst befindlichen Richter und Staatsanwälte bis 2030 das Ruhestandsalter erreichen. Dieses stellt die Justiz daher vor große Herausforderungen, einen derartigen Generationenwandel zu bewältigen. Bund und Länder haben sich daher vor Kurzem auf einen "Pakt für den Rechtsstaat" geeinigt. Der Bund stellt den Ländern kurzfristig 220 Millionen Euro zur Verfügung, um bundesweit die Einstellung von zusätzlich 2.000 Richtern und Staatsanwälte zu ermöglichen. Frage 1: Wie viel Prozent der am 01.01.2019 beschäftigten Richter und wie viel Prozent der Staatsanwälte werden in Brandenburg bis 2030 das Ruhestandsalter erreichen? zu Frage 1: Die Anzahl der Altersabgänge im richterlichen und staatsanwaltlichen Dienst ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Einrichtung Personalabgänge bis 2030 Personalbestand Altersabgänge % Ordentliche Gerichtsbarkeit 498* 309 62% Verwaltungsgerichte 87* 38 44% Finanzgericht 44** 24 55% Arbeitsgerichte 35** 23 66% Sozialgerichte (einschl. LSG) 131* 55 42% Staatsanwaltschaft 234* 125 53% Summe 1029 574 56% * Stichtag 31. Dezember 2018 ** Stichtag 30. September 2018 Landtag Brandenburg Drucksache 6/10889 - 2 - Frage 2: Wie viele der derzeit vorhandenen Richter werden am Landgericht Cottbus, am Amtsgericht Cottbus, am Verwaltungs- und am Sozialgericht Cottbus, sowie beim Arbeitsgericht , beim Landesfinanzgericht Cottbus und bei der Staatsanwaltschaft Cottbus bis 2030 das Ruhestandsalter erreichen? zu Frage 2: Die Anzahl der Altersabgänge im richterlichen und staatsanwaltlichen Dienst bezogen auf den Standort Cottbus ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Einrichtung Personalabgänge bis 2030 Personalbestand Altersabgänge % Landgericht Cottbus 37* 14 38% Amtsgericht Cottbus 25* 17 68% Verwaltungsgericht Cottbus 19* 4 21% Finanzgericht 44** 24 55% Arbeitsgerichte Cottbus 6** 4 67% Sozialgericht Cottbus 23* 5 22% Staatsanwaltschaft Cottbus 50* 24 48% * Stichtag 31. Dezember 2018 ** Stichtag 30. September 2018 Frage 3: Wie hoch ist die derzeitige Personalabdeckung der genannten Gerichte im Rahmen des PEBB§Y - Schlüssels (Stellendeckung)? Wie hat sich diese in den letzten 5 Jahren entwickelt? zu Frage 3: Die Beantwortung der Frage ergibt sich aus der anliegenden Tabelle. Es wird darauf hingewiesen, dass die Deckungsquote regelmäßig anhand des Personalbestandes und nicht anhand der Stellen gemessen wird. Der Personalbestand ist in Arbeitskraftanteilen der Bediensteten am jeweiligen Erhebungsstichtag (2014) bzw. im Erhebungszeitraum (seit 2015) bemessen. Stichtagsbezogene Daten zur Anzahl der Stellen liegen für den erbetenen Zeitraum nicht vor. Die Zuweisung der Stellen im Haushaltsplan erfolgt im Übrigen kapitelbezogen und die Verteilung auf die einzelnen Standorte obliegt den Obergerichtspräsidentinnen und Obergerichtspräsidenten bzw. dem Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg. Frage 4: Werden im Rahmen des PEBB§Y - Schlüssels auch besondere Bedarfe, z. B. aufgrund eines hohen Krankenstandes, berücksichtigt? zu Frage 4: Der Personalbedarf nach PEBB§Y wird für den überwiegenden Teil der PEBB§Y-Geschäfte dadurch ermittelt, dass der zeitliche Umfang der im Jahr anfallenden Aufgaben (Verfahrenseingang x notwendige Bearbeitung je Verfahren) durch die Jahresarbeitszeit (JAZ) je Arbeitskraftanteil dividiert wird. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10889 - 3 - Die verfügbare Jahresarbeitszeit je Arbeitskraftanteil wird auf der Basis eines bundeseinheitlich abgestimmten Berechnungsweges ausgehend von der regelmäßigen Wochenarbeitszeit unter Abzug der durchschnittlichen Urlaubs- und Feiertage sowie Krankheits- und sonstigen Fehltage (Medizinische Rehabilitation, Dienstbefreiung, Beurlaubung, Mutterschutz , Elternzeit) ermittelt. Dabei wird auf den Durchschnitt der letzten fünf Jahre abgestellt , damit die Personalbedarfsberechnung nicht durch ungewöhnliche kurzfristige Schwankungen verzerrt wird. Ausfallzeiten, zum Beispiel aufgrund von Krankheiten, finden damit in pauschalierter Form Berücksichtigung in der Feststellung der jährlichen durchschnittlichen Arbeitszeit. Frage 5: Welche gezielten Maßnahmen ergreift die Landesregierung zur Personalgewinnung ? Werden z. B. für den Justizdienst geeignete Absolventen der zweiten juristischen Staatsprüfung beim Gemeinsamen Justizprüfungsamt nach dem Vorbild anderer Länder gezielt angesprochen, sich in Brandenburg zu bewerben? zu Frage 5: Die Personalgewinnung erlangt u. a. mit den erhöhten Einstellungsmöglichkeiten einen deutlichen Zuwachs an Relevanz, dem Rechnung zu tragen ist. Teilweise werden Maßnahmen bereits umgesetzt, wie das gezielte Ansprechen von Interessenten, die sich während des Referendariats als besonders geeignet für die Justiz erweisen. Auch wird seitens des Ministeriums der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz gezielt Werbung im universitären Bereich betrieben. Zurzeit erfolgt zudem die interne Abstimmung mit den Obergerichtspräsidentinnen und Obergerichtspräsidenten sowie dem Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg, welche weiteren Maßnahmen unter Berücksichtigung der speziellen Bedürfnisse in den Gerichtsbarkeiten und Staatsanwaltschaften umgesetzt werden sollen. Frage 6: Werden angesichts des sich abzeichnenden harten bundesweiten Wettbewerbs um für den Justizdienst geeignete Juristen gezielte Maßnahmen ergriffen, um auch für die Justizstandorte außerhalb des "Speckgürtels" genügend gut geeignete Bewerber zu finden ? Wenn ja, welche? zu Frage 6: Die Problematik der Gewinnung von geeigneten Absolventinnen und Absolventen für Standorte außerhalb des „Speckgürtels“ wurde erkannt und hierzu im Rahmen des Justizmanagementprogamms des Gemeinsamen Juristischen Prüfungsamtes der Länder Berlin und Brandenburg durch eine Projektgruppe ein Personalgewinnungskonzept für den höheren Justizdienst erstellt. Die Möglichkeiten der Anwendungen werden weiter geprüft. Hierin ist unter anderem die gezielte Gewinnung von Referendarinnen und Referendaren in den Randstandorten vorgesehen. Zudem wird etwa bei den Einstellungsgesprächen von Proberichterinnen und -richtern der örtlichen Flexibilität besondere Bedeutung beigemessen. Die Umsetzung weiterer Punkte erfolgt in Abhängigkeit zu der unter Frage 5 erwähnten Abstimmung mit den Obergerichtspräsidentinnen und Obergerichtspräsidenten . Frage 7: Wie viel der vereinbarten 220 Millionen werden auf das Land Brandenburg entfallen und wie vielen Stellen entspricht dies? Landtag Brandenburg Drucksache 6/10889 - 4 - zu Frage 7: Der „Pakt für den Rechtsstaat“ sieht vor, dass die Länder im Rahmen ihrer Personalhoheit im Justizbereich im Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2021 insgesamt 2.000 neue Stellen für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (zuzüglich der des dafür notwendigen Personals für den nichtrichterlichen und nicht-staatsanwaltlichen Bereich) schaffen und besetzen. Die Länder haben sich auf eine Aufteilung dieser Stellen nach dem Königsteiner Schlüssel (ca. 3 % für Brandenburg) verständigt, das entspricht für das Land Brandenburg einer Anzahl von 60 Stellen für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Hinzu kommen die Stellen für den nachgeordneten Bereich. Der Bund stellt den Ländern einmalig Mittel in Höhe von 220 Mio. Euro aufgeteilt auf zwei Tranchen durch Festbeträge im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung zur Verfügung . Davon entfällt auf das Land Brandenburg ein Betrag von rund 6,6 Mio. Euro, entsprechend dem derzeitigen Anteil an der Umsatzsteuerverteilung von ca. 3 %. Zum Vergleich: die Personalkosten allein für 60 Stellen für Richterinnen und Richter bzw. Staatsanwältinnen und Staatsanwälte betragen jährlich rund 4,37 Mio. Euro. Der Bundesbeitrag ist ein einmaliger Beitrag und ist nicht zur dauerhaften Finanzierung der neuen Stellen gedacht. Frage 8: Wurde der "Pakt für den Rechtsstaat" bereits im laufenden Doppelhaushalt berücksichtigt ? zu Frage 8: Der „Pakt für den Rechtsstaat“ wurde erst bei der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 31. Januar 2019 beschlossen und ist daher nicht im laufenden Doppelhaushalt berücksichtigt, da zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zum Doppelhaushalt im Jahr 2018 noch keine Vorschläge des Bundes zum „Pakt für den Rechtsstaat“ bekannt waren. Frage 9: Wann werden die Stellenbesetzungen im Rahmen des "Paktes für den Rechtsstaat " vorgenommen werden? Ist in diesem Zusammenhang eine Stärkung der Gerichte und der Staatsanwaltschaft Cottbus geplant? zu Frage 9: Zurzeit erfolgt eine Abstimmung innerhalb der Landesregierung zur Schaffung der Voraussetzungen für die notwendigen Stellenbesetzungen im Rahmen des „Paktes für den Rechtsstaat“. Eine Auskunft zum zeitlichen Ablauf der Stellenbesetzung kann erst nach Abschluss des Abstimmungsprozesses gegeben werden. Hinsichtlich der erfragten Verstärkung des Standorts Cottbus ist anzumerken, dass der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg bzw. die Obergerichtspräsidentinnen und Obergerichtspräsidenten über die konkrete Zuweisung von Stellen innerhalb des eigenen Geschäftsbereichs nach den entsprechenden Personalbedarfen entscheiden. Unabhängig davon wurden angesichts der gesehenen Bedarfe in Brandenburg im genannten Zeitraum bereits zusätzliche Stellen ausgebracht. Die Personalkosten für die seit dem 1. Januar 2017 neu ausgebrachten Stellen für Richterinnen und Richter sowie für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (einschl. Doppelhaushalt 2019/2020) sind im laufenden Haushaltsplan und in der Finanzplanung enthalten.Anlage/n: 1. Anlage Personalbedarf nach PEBB§Y/PEBB§Y-Fach und Personalbestand in den Jahren 2014 bis 2018 (Angaben in AKA) Landgericht Cottbus 27,67 32,55 117,64 28,53 32,11 112,55 27,74 32,65 117,70 Amtsgericht Cottbus 24,81 25,95 104,59 24,18 26,10 107,94 24,20 25,25 104,34 Verwaltungsgericht Cottbus 12,31 11,00 89,36 15,78 11,75 74,46 20,15 15,25 75,68 Sozialgericht Cottbus 25,49 23,40 91,80 23,99 23,48 97,87 20,28 21,03 103,70 Arbeitsgericht Cottbus 5,60 7,00 125,00 4,80 6,75 140,63 4,83 6,25 129,40 Finanzgericht Berlin- Brandenburg 58,23 47,00 80,71 56,55 43,50 76,92 57,47 41,50 72,21 Staatsanwaltschaft Cottbus 44,85 49,40 110,14 46,16 47,27 102,40 47,29 46,88 99,13 Landgericht Cottbus 35,26 32,70 92,74 36,21 34,74 95,94 Amtsgericht Cottbus 21,80 24,70 113,30 21,16 24,45 115,55 Verwaltungsgericht Cottbus 24,45 14,91 60,98 27,99 18,63 66,56 Sozialgericht Cottbus 22,86 18,88 82,59 21,24 20,30 95,57 Arbeitsgericht Cottbus 4,24 7,00 165,09 4,42 k.A. k.A. Finanzgericht Berlin- Brandenburg 58,23 43,00 73,85 58,55 43,50 74,30 Staatsanwaltschaft Cottbus 49,65 45,93 92,51 49,27 47,66 96,73 PBB= Personalbedarfsberechnung; GZ=Geschäftszahlen; k.A. = PÜ für das Jahr 2018 liegt noch nicht vor. Deckungsgrad in Prozent Deckungsgrad in Prozent PBB 2014 (GZ 2013) Deckungsgrad in Prozent Durchschn. Personalbestand 2018 Durchschn. Personalbestand 2015 Durchschn. Personalbestand 2016 Durchschn. Personalbestand 2017 PBB 2018 (GZ 2017) Richterlicher und staatsanwaltlicher Dienst PBB 2015 (GZ 2014) PBB 2016 (GZ 2015) Personalbestand 31.12.d.J.; ab 2015 durchschnittlicher Personalbestand Personalbestand 31.12.2014 Richterlicher und staatsanwaltlicher Dienst Deckungsgrad in Prozent PBB 2017 (GZ 2016) Deckungsgrad in Prozent C:\Users\hintz\AppData\Local\Microsoft\Windows\INetCache\Content.Outlook\JE508QC2\KA 4274 Zuleitung Antwort Anlage.xlsx 12.03.2019