Landtag Brandenburg Drucksache 6/10956 6. Wahlperiode Eingegangen: 22.03.2019 / Ausgegeben: 27.03.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4337 des Abgeordneten Steeven Bretz (CDU-Fraktion) Drucksache 6/10659 Steigende Wohnnebenkosten für die Potsdamer Bürger Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Die Stadt Potsdam wird im bundesweiten Vergleich seit mehreren Jahren als Kommune mit den höchsten Wasser- und Abwassergebühren geführt. Die Stadtwerke Potsdam haben nun angekündigt, auf Grund von Investitionen in das Wassernetz die Gebühren ab dem Jahr 2021 wieder erhöhen zu wollen. Als weitere Argumente nennt das kommunale Unternehmen weite Leitungswege und den geringen Verbrauch in der Stadt (siehe PNN, „Potsdamer Wasser wird teurer“, vom 23.11.2018). Auch die Energiekosten für die Potsdamer Bürger steigen. Der Preis für die Gasversorgung ist bereits zum 1.1.2019 erhöht worden, die Kosten für Strom und Fernwärme sollen ebenfalls in diesem Jahr steigen. Die Belastungen der Potsdamer Mieter mit steigenden Betriebskosten haben sich - neben der Nettokaltmiete - zu einer sogenannten zweiten Miete entwickelt. Ministerpräsident Woidke hat erklärt, dass alles unternommen werden müsse, um bezahlbares Wohnen zu ermöglichen. Nur dann werde der soziale Frieden im Land gewahrt (siehe MOZ vom 21.11.2018, „Land sorgt sich um bezahlbares Wohnen“). 1. Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung der Wohnnebenkosten in der Landeshauptstadt Potsdam insgesamt? zu Frage 1: Die Landesregierung erfasst selbst keine Daten zu Wohnnebenkosten. Nach einer im Juli 2018 veröffentlichten Erhebung des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. („BBU-Materialie 2/2018 - Betriebskosten 2016 - Die abgerechneten Betriebskosten des Jahres 2016 der BBU-Mitgliedsunternehmen in Berlin und im Land Brandenburg - Die 21. Ausgabe der BBU-Betriebskostenstudie“) bei dessen Mitgliedsunternehmen lagen im Zeitraum 2012 bis 2016 die Fünf-Jahres-Durchschnittswerte der Betriebskosten pro Quadratmeter und Monat für ausgewählte Betriebskostenpositionen (Heizung/Warmwasser, Grundsteuer, Wasser/Abwasser, Müll/Straßenreinigung und Hauswart/Hausreinigung) für einen Zweipersonenhaushalt im Land Brandenburg bei 2,10 Euro und in Potsdam bei 2,16 Euro. Im Vergleich dazu lagen die Werte in den kreisfreien Städten Brandenburg an der Havel bei 2,13 Euro, Cottbus/Chóśebuz bei 2,17 Euro und Frankfurt (Oder) bei 2,46 Euro. Damit bewegen sich die durchschnittlichen Betriebskosten in Potsdam im Bereich der Brandenburger Durchschnittswerte und im unteren Bereich der Durchschnittswerte der kreisfreien Städte Brandenburg an der Havel, Cottbus/Chóśebuz und Frankfurt (Oder). Landtag Brandenburg Drucksache 6/10956 - 2 - 2. Wie hat sich der Wasser- und Abwasserpreis für eine vierköpfige Familie in Potsdam seit 2010 entwickelt? Bitte die Trinkwasser- und Schmutzwassergebühr pro Jahr darstellen . 3. Wie hat sich der Wasser- und Abwasserpreis für eine vierköpfige Familie in den drei weiteren kreisfreien Städten in Brandenburg, Cottbus, Frankfurt/ Oder und Brandenburg/ Havel seit 2010 entwickelt? Bitte ebenfalls die Trinkwasser- und Schmutzwassergebühr separat und pro Jahr darstellen. zu den Fragen 2 und 3: Die Bestimmung der Gebühren für die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung ist Bestandteil der Finanzhoheit der kommunalen Aufgabenträger und gehört zum Kernbereich der verfassungsrechtlich geschützten kommunalen Selbstverwaltung . Die in eigener Verantwortung von den Gemeindevertretungen oder Verbandsversammlungen beschlossenen Gebührensatzungen sind weder anzeige- noch genehmigungspflichtig . Daher liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse über die Höhe der Trinkwasser- und Schmutzwassergebühren sowie der entsprechenden Preise für eine vierköpfige Familie in den kreisfreien Städten vor. Das Unterrichtungsrecht der Kommunalaufsicht nach § 112 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) ist anlassbezogen auszuüben, eine flächendeckende oder stichprobenartige Einsicht in Kalkulationsunterlagen ist davon nicht umfasst. Die in der Beantwortung der Frage 1 dargestellte Erhebung des BBU enthält auch Angaben zur Entwicklung der durchschnittlichen Wasser/Abwasser/Niederschlagswasserpreise je Quadratmeter und Monat für einen Zweipersonenhaushalt von 2012-2016 für die kreisfreien Städte auf der Grundlage von Erhebungen des Verbandes bei den BBU-Mitgliedsunternehmen. 4. Wie haben sich der Wasserverbrauch und die Einwohnerzahl in der Landeshauptstadt seit 2010 bis heute entwickelt? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. zu Frage 4: Der Landesregierung liegen bezüglich des Wasserverbrauchs in der Landeshauptstadt Potsdam keine Erkenntnisse vor. 5. Die Stadtwerke begründen eine Preissteigerung unter anderem mit notwendigen Investitionen ins Wasserleitungsnetz. Wie hoch ist nach Kenntnis der Landesregierung dieser Investitionsbedarf? zu Frage 5: Die Investitionsplanung vollzieht sich in alleiniger Verantwortung der Aufgabenträger . Gegenüber der Landesregierung bestehen hierzu keine Berichtspflichten, so dass keine Informationen vorliegen. 6. Inwiefern ist die Kommunalaufsicht des Landes in diesen Finanzierungsvorgang eingebunden ? zu Frage 6: Eine Einbindung der Kommunalaufsicht liegt nicht vor. 7. Inwieweit ist der Landesregierung bekannt, ob die Rückabwicklung der Teilprivatisierung des kommunalen Wasserbetriebes EWP in Potsdam immer noch Einfluss auf die Höhe des Wasserpreises in der Landeshauptstadt hat? zu Frage 7: Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Landtag Brandenburg Drucksache 6/10956 - 3 - 8. Die gestiegenen Energiekosten begründen die Stadtwerke vor allem mit den höheren Großhandelspreisen an den internationalen Energiebörsen. Wie bewertet die Landesregierung die angekündigten Preiserhöhungen der Stadtwerke für Gas, Strom und Fernwärme? zu Frage 8: Zahlreiche Versorger haben die Energiepreise für das Jahr 2019 erhöht. Es ist zutreffend, dass die Strompreise im Großhandel im Jahr 2018 kräftig gestiegen sind. Der aktuelle Börsenpreis am Terminmarkt, wo Lieferanten längerfristige Stromeinkäufe tätigen, hat sich deutlich erhöht. Hintergrund der Strompreisentwicklung sind die gestiegenen Beschaffungskosten für Gas und Kohle sowie für CO2-Zertifikate (Luftverschmutzungsrechte ), deren Preis sich in den vergangenen 12 Monaten mehr als verdreifacht hat. Die Betreiber von Gas- und Kohlekraftwerken müssen für das bei der Stromproduktion ausgestoßene CO2- Zertifikate erwerben. Von den höheren Börsenstrompreisen profitieren die erneuerbaren Energien, weil sie dadurch noch konkurrenzfähiger werden. Durch höhere Börsenstrompreise steigen deren Verkaufserlöse. Die EEG-Umlage könnte dadurch tendenziell sinken. Die Landesregierung weist darauf hin, dass Verbraucher die Möglichkeiten haben, steigenden Energiepreisen auszuweichen, etwa durch einen Anbieterwechsel. 9. Wie stellt sich die Entwicklung der Energiepreise für Gas, Strom und Fernwärme in den vier kreisfreien Städten Potsdam, Cottbus, Frankfurt(Oder) und Brandenburg an der Havel seit 2010 dar? zu Frage 9: Der Landesregierung ist keine Statistik zur Entwicklung der Energiepreise in den vier kreisfreien Städten seit 2010 bekannt. 10. Der Mieterverein Potsdam schlug im vergangenen Jahr die Einführung eines Betriebskostenspiegels vor. Mit diesem sollen Mieter starke Abweichungen einzelner Betriebskostenabrechnungen vom Durchschnitt einfacher erkennen können. Wie steht die Landesregierung zum Thema Betriebskostenspiegel? zu Frage 10: Die Landesregierung erfasst selbst keine Daten zu Betriebskosten. Der Deutsche Mieterbund Landesverband Brandenburg e.V. erhebt jährlich den Betriebskostenspiegel für das Land Brandenburg. Die Betriebskostenspiegel werden auf der Grundlage einer Vielzahl vom Deutschen Mieterbund geprüfter Betriebskostenabrechnungen und der darin enthaltenen Datenmengen erstellt. Mit der Veröffentlichung schafft der Deutsche Mieterbund Transparenz zu den Betriebskosten sowie eine Vergleichbarkeit am Wohnungsmarkt. Diese Daten können für Wohnungssuchende, Mieter und Vermieter sowie für Investoren als grobe Orientierung aufschlussreich sein. Bei den im Betriebskostenspiegel dargestellten Zahlen handelt es sich jedoch um Durchschnittswerte. Regionale und örtliche Unterschiede können, insbesondere bei den Preisen der Anbieter von Ver- und Entsorgungsleistungen sowie aufgrund unterschiedlicher Heizungsarten, zum Teil erheblich sein. Zudem handelt es sich bei den Ver- und Entsorgern überwiegend um kommunale oder regionale Eigenbetriebe, welche häufig Alleinanbieter und somit auch alleiniger Preisgestalter vor Ort sind. Wegen der großen regionalen und kommunalen Unterschiede ist der Betriebskostenspiegel für das Land Brandenburg daher kaum als Vergleichsinstrument für die Ortsüblichkeit der Kosten heranziehbar .