Landtag Brandenburg Drucksache 6/10990 6. Wahlperiode Eingegangen: 25.03.2019 / Ausgegeben: 01.04.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4320 der Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Heide Schinowsky (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/10632 Klare Spree: Aktueller Stand Sulfatprognosemodell und Bewirtschaftungserlass Sulfat Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Das Mitte 2017 fertiggestellte Sulfatprognosemodell (SPM) bietet die Möglichkeit, die Sulfatbelastung der Gewässer in der Lausitz und der Spree bis Berlin abzubilden und die künftige Gefährdung des Trinkwassers zu prognostizieren . Erste Modellrechnungen haben gezeigt, dass die Sulfatbelastung aus den ehemaligen sowie aktiven Tagebauen regelmäßig zu kritischen Situationen für die Trinkwassergewinnung aus der Spree an den Wasserwerken in Briesen (versorgt u. a. Frankfurt/Oder) und Friedrichshagen (versorgt ca. ein Viertel Berlins) führen kann. Laut Aussage des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft (MLUL) im Fachausschuss (ALUL, 16.01.2019) wurde bereits eine Fortschreibung des SPM beauftragt. In derselben Sitzung wurde auch bekannt, dass sich der für Ende 2018 angekündigte Bewirtschaftungserlass Sulfat um mehrere Monate verzögert. Sulfatprognosemodell (SPM) Frage 1: Was ist Gegenstand der Fortschreibung des SPM und wann und wo wird das fortgeschriebene Modell veröffentlicht? zu Frage 1: Mit der Nachbeauftragung erfolgt eine Fortschreibung des von der DHI-Wasy entwickelten Sulfatprognosemodells. Die Ergebnisse werden bis August dieses Jahres auf der Website des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft (MLUL) veröffentlicht. Im Wesentlichen werden die bestehenden Immissionsrichtwerte geprüft und der Zusammenhang zwischen Sulfatkonzentration in der Spree, der Ereignisdauer und des Abflusses analysiert. Außerdem soll ermittelt werden, welche Richtwerte in der Spree konsistent zu einem Immissionsrichtwert in Neubrück von 280 Milligramm pro Liter wären und welche Wassermenge dafür theoretisch vorzuhalten wäre. Frage 2: Das Absinken der Sulfat-Maximalkonzentration zwischen den Wasserwerken in Briesen und Friedrichshagen ist für Extremsituationen laut den Autoren des SPM „unplausibel hoch“. Wird dies bei der momentanen Fortschreibung korrigiert? Landtag Brandenburg Drucksache 6/10990 - 2 - zu Frage 2: Diese Unschärfe wurde mit der Fortschreibung korrigiert. Zur Verbesserung der Prognosefähigkeit des Sulfatprognosemodells (SPM) am Querschnitt Rahnsdorf erfolgte mit der Nachbeauftragung eine Erweiterung des Modells auf Grundlage des WBal- Mo Berlin1, so dass nun das Dargebot und die Abflüsse zwischen Große Tränke und Rahnsdorf berechnet werden können. Frage 3: Welche Szenarien wurden mit dem SPM bisher berechnet? (bitte tabellarisch aufschlüsseln nach Veränderung der Eingangsvariablen, Ergebnis der Berechnung und inhaltlichem Ziel der Berechnung) Über welchen Zeithorizont erstrecken sich die Berechnungen mit dem SPM? Sollen die Ergebnisse der Berechnungen veröffentlicht werden und wenn ja, wann und wo? zu Frage 3: Das SPM wurde 2016 bis 2017 im Auftrag der Bundesländer Brandenburg und Berlin durch die DHI-WASY GmbH entwickelt. Ziel der Berechnungen war es, die Auswirkungen unterschiedlicher Szenarien der Wasserbewirtschaftung auf die Sulfatkonzentrationen in der Spree zu quantifizieren. Die Ergebnisse des SPM wurden für den Zeithorizont 2018 bis 2022 ausgewertet. Der Abschlussbericht ist auf der Internetseite des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) zu finden (https://lbgr.brandenburg.de/sixcms/detail.php/844128 ). In dem Bericht sind die Grundlagen , der Entwicklungsstand und die Ergebnisse zusammengefasst. Frage 4: Wurde mit dem SPM berechnet, wie sich die Flutung des Cottbuser Ostsees auf die Sulfatbelastung der Spree insbesondere an den Wasserwerken Briesen und Friedrichshagen auswirken würde? Wenn ja, was sind die Ergebnisse? Für wann ist momentan der Beginn der Flutung geplant? zu Frage 4: Spezielle Berechnungen, wie sich die Flutung des Cottbuser Ostsees auf die Sulfatkonzentrationen in der Spree insbesondere an den Wasserwerken Briesen und Friedrichshagen auswirkt, wurden nicht durchgeführt. Der Cottbuser Ostsee wurde jedoch als Modellelement im Sulfatprognosemodell berücksichtigt. Seine Wirkung auf die Sulfatkonzentrationen in der Spree ist somit in den Berechnungsergebnissen enthalten. Voraussetzung für den Beginn der Flutung des Cottbuser Ostsees ist die Bestätigung des Planfeststellungsbeschlusses (PFB). Der Entwurf des PFB befindet sich gegenwärtig in der behördeninternen Abstimmung. Frage 5: Inwieweit ist im SPM berücksichtigt, dass Extremwetterereignisse mit dem Klimawandel in Zukunft häufiger werden, das heißt, dass Wiederkehrintervalle kürzer werden und vorher nicht beobachtete Extreme auftreten? Falls dies noch nicht berücksichtigt ist, gibt es Planungen, das SPM hinsichtlich dieser Punkte zu erweitern? zu Frage 5: Den bisherigen Berechnungen mit dem SPM liegen stationäre meteorologische Verhältnisse zugrunde. Grundsätzlich besteht jedoch die Möglichkeit, das SPM mit trendbehafteten meteorologischen Reihen zu betreiben und auf diese Weise auch die Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen. Es ist derzeit nicht vorgesehen, derartige Untersuchungen durchzuführen. 1 Water Balance Model; ein interaktives Simulationssystem für die Bewirtschaftungs- und Rahmenplanung von Flussgebieten Landtag Brandenburg Drucksache 6/10990 - 3 - Frage 6: Wurden mit dem SPM verschiedene Szenarien des Kohleausstiegs berechnet (z. B. mit oder ohne Tagebau Welzow-Süd II) und diese bezüglich der Auswirkungen auf die resultierende Sulfatbelastung verglichen? Wenn ja, was sind die Ergebnisse? zu Frage 6: Mit dem Sulfatprognosemodell wurden keine Kohleausstiegsszenarien berechnet . Bewirtschaftungserlass Sulfat Frage 7: Warum hat sich der Bewirtschaftungserlass Sulfat verzögert und wann wird er voraussichtlich in Kraft gesetzt? zu Frage 7: Der im Bericht der Landesregierung zum Beschluss des Landtags (LT-Drucksache 6/3203-B) genannte Termin für den Bewirtschaftungserlass konnte nicht eingehalten werden, weil die Gefährdungsabschätzung der Frankfurter Wasser- und Abwassergesellschaft mbH (FWA) für das Wasserwerk Briesen fehlte. Trotz mehrfacher Aufforderung liegt bis heute keine Gefährdungsabschätzung vor. Erst mit der Gefährdungsabschätzung der Berliner Wasserbetriebe für das Wasserwerk Friedrichshagen, welche dem MLUL seit Januar 2019 vorliegt, konnte eine Grundlage für den Erlass geschaffen werden. Der aktuelle Entwurf des Bewirtschaftungserlasses wird derzeit mit den betroffenen Behörden in Brandenburg sowie den Bundesländern Berlin und Sachsen abgestimmt. Es ist das Ziel, eine schnellstmögliche Einigung zu erreichen. Frage 8: Laut MLUL sollen mit dem Erlass künftig Maßnahmen angeordnet werden können , wenn der Sulfat-Richtwert von 280 Milligramm pro Liter Sulfat im Spreewasser am Wasserwerk Briesen an mehr als 10 % der Tage im Jahr nicht eingehalten werden kann. Was für Maßnahmen können dies sein? (bitte auflisten) Können in diesem Fall auch dem Bergbaubetreiber LEAG Auflagen für die Einleitung von sulfathaltigem Wasser gemacht werden? zu Frage 8: Hauptverursacher für die erhöhten Sulfatkonzentrationen in der Spree sind die Bergbauunternehmen (LMBV und LEAG). Bei Überschreitung des Richtwertes muss die zuständige Bergbehörde (das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe) prüfen, ob und welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung geeignet, angemessen und erforderlich sind und diese, sofern es notwendig ist, gegenüber den Bergbauunternehmen anordnen. Dabei kann es sich beispielsweise um Maßnahmen an der Einleitstelle, am Wasserwerksstandort sowie um Bewirtschaftungsmaßnahmen im Flusslauf handeln. Frage 9: In welchen Zeiträumen in den letzten 5 Jahren war der Sulfat-Richtwert am Pegel Spremberg-Wilhelmsthal höher als 450 Milligramm pro Liter Sulfat, auf welchen Wert wurde er jeweils angehoben und warum (bitte chronologisch auflisten)? zu Frage 9: In den folgenden Zeiträumen wurde der Immissionsrichtwert für Sulfat an der Messstelle Spremberg-Wilhelmsthal von 450 Milligramm pro Liter angehoben: vom 12.3.2014 bis zum 6.1.2015 auf 500 Milligramm pro Liter -> Sanierung der Talsperre Spremberg Landtag Brandenburg Drucksache 6/10990 - 4 - vom 27.8.2018 bis 25.2.2019 auf 500 Milligramm pro Liter bzw. auf 550 Milligramm pro Liter (vom 17.12.2018 bis 28.1.2019) -> Steuerung der extremen Niedrigwassersituation 2018 Frage 10: Wie hoch sollen Immissionsrichtwerte und Maßnahmewerte am Pegel Spremberg -Wilhelmsthal, am WW Briesen und am Profil Rahnsdorf laut Bewirtschaftungserlass Sulfat künftig liegen? zu Frage 10: Der Bewirtschaftungserlass regelt den Immissionsrichtwert am Pegel Neubrück in Höhe von 280 Milligramm pro Liter. Sulfatregulierung 2018 Frage 11: Über welchen Zeitraum hatte die LEAG im Jahr 2018 die Randriegelbrunnen in ihren Tagebauen abgeschaltet, um den Zustrom von stark sulfathaltigem Wasser in die Spree zu minimieren? War diese Maßnahme freiwillig bzw. von wem wurde sie wann angeordnet ? Welchen Effekt hatte die Abschaltung dieser Brunnen auf die Sulfatwerte und die Fließgeschwindigkeit/Wasserverfügbarkeit in der Spree? zu Frage 11: Beginnend ab Ende August 2018 erfolgte durch die LEAG eine temporäre Reduzierung der Einleitmengen sulfathaltigen Grubenwassers in die Spree um bis ca. 12 m³/min. Die Reduzierung liegt gegenwärtig noch bei ca. 6 m³/min. Die Reduzierung erfolgte auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen. Die Maßnahme basiert auf einer Anfrage der länderübergreifenden ad-hoc-AG Extremsituation an die LEAG, wurde von dieser positiv geprüft und von der ad-hoc-AG als eine geeignete Maßnahme in der bestehenden extremen Trockensituation festgelegt. Durch die Reduzierung erhöhte sich der Spielraum der Sulfatlaststeuerung unter den Bedingungen des Trockensommers zur Gewährleistung der angestrebten Sulfat-Immissionsrichtwerte in der Spree. Frage 12: Hat die LEAG im Jahr 2018 stark sulfathaltiges Wasser in die Neiße statt in die Spree eingeleitet? Falls ja, bitte detailliert angeben mit Zeiten, Mengen etc zu Frage 12: Die LEAG leitet kein sulfathaltiges Wasser direkt in die Neiße. Zur Entlastung der Spree erfolgt auf Grundlage einer Genehmigung eine Einleitung in oberirdische Zuflüsse zur Neiße. Zusätzlich wird sulfathaltiges Wasser zur Flutung des Hermannsdorfer Sees verwendet. Die Maßnahmen sind Bestandteil des Sulfatmanagementprogramms. Frage 13: Werden die Sulfatwerte in der Neiße gemessen? Wenn ja, bitte Messwerte für 2018 angeben. zu Frage 13: Grundsätzlich werden auch in der Neiße Sulfatkonzentrationen ermittelt. Der betreffende Bereich, in dem die LEAG an den Zuflüssen zur Neiße tätig ist, befindet sich in Sachsen. Entsprechende Daten liegen der sächsischen Umweltverwaltung vor. Frage 14: Welche weiteren Maßnahmen hat die LEAG im Jahr 2018 ergriffen, um die Einleitung von stark sulfathaltigem Wasser in die Spree zu vermeiden? Landtag Brandenburg Drucksache 6/10990 - 5 - zu Frage 14: Mit der planmäßigen Flutung des Hermannsdorfer Sees in Verbindung mit der temporären Abschaltung stark sulfathaltiger Kippenbrunnen hat die LEAG alle bisher angezeigten Reduktionsmaßnahmen ausgeschöpft. Die gezielte Bewirtschaftung im mittleren Spreegebiet durch die Behörden in Zusammenarbeit mit der Flutungszentrale Lausitz der LMBV und unter Einbeziehung der LEAG haben dazu geführt, dass es im Jahr 2018, trotz der extrem trockenen Bedingungen, keine unkontrollierten Erhöhungen der Sulfatkonzentrationen in der Spree gab und damit die Nutzer (Wasserwerke mit Spreewasserbzw . Uferfiltratentnahme) ihre vorgegebenen Sulfatkonzentrationen im Reinwasser sicher eingehalten haben. Die Einleitungen des aktiven Bergbaus sicherten darüber hinaus mit einem Anteil von teilweise über 75 % die ökologisch erforderlichen Mindestabflüsse in der Spree.