Landtag Brandenburg Drucksache 6/11182 6. Wahlperiode Eingegangen: 10.04.2019 / Ausgegeben: 15.04.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4437 des Abgeordneten Andreas Kalbitz (AfD-Fraktion) Drucksache 6/10866 Bekundungen des Islams im brandenburgischen Justizdienst Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Wie die „Legal Tribune Online" am 6. März dieses Jahres berichtete, hat die niedersächsische Landesregierung einen Gesetzentwurf beschlossen , wonach Richter und Staatsanwälte künftig keine religiösen Symbole mehr tragen dürfen. Grund dafür ist, dass muslimische Rechtsreferendarinnen nicht auf ihr Kopftuch verzichten wollten. Problematisch ist dies vor allem deshalb, weil Rechtsreferendare den staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienst eigenverantwortlich wahrnehmen, das heißt, in Hauptverhandlungen eigenverantwortlich als Repräsentanten des Staates auftreten. Auch in Nordrhein-Westfalen gab es nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts , der einer Referendarin aus Hessen das Tragen eines Kopftuches untersagte (Beschl . v. 4. Juli 2017, Az. 2 BvR 1333/17), eine gleiche Initiative. Mit diesem Beschluss wurde ein Erlass des hessischen Justizministeriums aufrechterhalten, der es Referendarinnen mit Kopftuch verbietet, bei Verhandlungen im Gerichtssaal auf der Richterbank zu sitzen, Sitzungsleitungen und Beweisaufnahmen durchzuführen, Sitzungsvertretungen für die Amtsanwaltschaft zu übernehmen und während der Verwaltungsstation Anhörungsausschusssitzungen zu leiten (Erl. v. 28. Juni 2007 i. V. m. § 27 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes über die juristische Ausbildung i. V. m. § 45 Hessisches Beamtengesetz). Frage 1: Wie viele Muslime sind als Richter, Staatsanwälte oder Rechtsreferendare in der brandenburgischen Justiz tätig? (Bitte für die jeweilige Berufsgruppe nach Geschlechtern aufschlüsseln. Zu Frage 1: Es liegen keine Zahlen vor. Frage 2: Für den Fall, dass der Landesregierung diesbezüglich keine Zahlen vorliegen, schließt sich die Frage an, warum zu diesem wichtigen Gesellschaftsproblem keine Zahlen erhoben werden. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11182 - 2 - Zu Frage 2: Die Religions- und Bekenntnisfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 Grundgesetz umfasst auch die negative Religions- und Bekenntnisfreiheitfreiheit, d. h. das Recht, keinem religiösen Bekenntnis anzuhängen, nicht zur Teilnahme an religiösen Handlungen gezwungen zu werden und seine religiöse Überzeugung zu verschweigen. Diese negative Religionsund Bekenntnisfreiheit ist konkretisiert in Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 136 Abs. 3 S. 1 der Weimarer Reichsverfassung, wonach niemand verpflichtet ist, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Dieses Recht folgt zugleich aus dem sich aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz ergebenden Recht auf informationelle Selbstbestimmung . Gemäß Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 136 Abs. 3 S. 2 der Weimarer Reichsverfassung darf nach der Bekenntniszugehörigkeit gefragt werden, wenn Rechte und Pflichten davon abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statistische Erhebung dies erfordert. Diese Rechte und Pflichten müssen unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben gesetzlich festgelegt sein. Durch Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 der Weimarer Reichsverfassung ist die Erhebung von Daten zur Religionszugehörigkeit zur Eintragung auf der Lohnsteuerkarte legitimiert. Eine darüber hinausgehende gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Daten über die Konfessionszugehörigkeit der Bediensteten des Landes Brandenburg besteht nicht. Frage 3: Gab es bisher in der brandenburgischen Justiz ähnliche Zwischenfälle wie in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen, das heißt, trugen weibliche Richter, Schöffen, Staatsanwälte oder Rechtsreferendare bei Diensthandlungen, beispielsweise in der Hauptverhandlung, ein Kopftuch, um ihre Zugehörigkeit zum Islam auch im Justizdienst zu bekunden? (Bitte etwaige Vorfälle chronologisch nach jeweiliger Dienststelle ausweisen.) Zu Frage 3: Es sind keine Fälle bekannt, in denen Richterinnen, Staatsanwältinnen oder Schöffinnen aus religiösen Gründen ein Kopftuch trugen. In der Zeit vom 1. Februar 2017 bis zum 28. Februar 2019 absolvierte eine Rechtsreferendarin , die aus religiösen Gründen ein Kopftuch trägt, ihren juristischen Vorbereitungsdienst im Land Brandenburg. Die Referendarin wurde für die Dauer der Zivilstation vom 1. Februar 2017 bis zum 31. Mai 2017 dem Landgericht Neuruppin zugewiesen. Dort wurde ihr teilweise die Leitung einer mündlichen Verhandlung einer erstinstanzlichen Zivilkammer übertragen. Im Zeitraum vom 1. Juni 2017 bis zum 15. September 2017 war die Referendarin der Staatsanwaltschaft Neuruppin zugewiesen. Dabei nahm sie an fünf Verhandlungstagen das Amt der Staatsanwältin in der Hauptverhandlung wahr. Frage 4: Falls ja, schließt sich die Frage an, wie die jeweilige Dienstaufsicht darauf reagiert hat. Gab es Sanktionen? Wenn ja, in welcher Form und mit welchen Konsequenzen für die Delinquenten? Zu Frage 4: Dienstrechtliche Reaktionen erfolgten nicht. Frage 5: Gibt es Dienstanweisungen für die Gerichte, wie in Brandenburg mit muslimischen Referendarinnen in Bezug auf das Tragen eines Kopftuches im Dienst zu verfahren ist? Wenn ja, welche? Zu Frage 5: Es existieren keine Dienstanweisungen für die Gerichte. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11182 - 3 - Frage 6: Hat die Landesregierung Pläne, einen ähnlichen Gesetzentwurf, wie er in Niedersachsen bereits von der Regierung verabschiedet wurde, auch in den Landtag Brandenburg einzubringen? (Bitte begründen.) Zu Frage 6: Ein Gesetzesentwurf ist nicht in Arbeit. Entsprechender Handlungsbedarf wird derzeit nicht gesehen.