Landtag Brandenburg Drucksache 6/11202 6. Wahlperiode Eingegangen: 11.04.2019 / Ausgegeben: 16.04.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4345 der Abgeordneten Birgit Bessin (AfD-Fraktion) Drucksache 6/10682 Präsentation zur Studie „Jugend in Brandenburg“ Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Das Ministerium für Jugend, Bildung und Sport veröffentlicht auf seiner Internetpräsenz eine Präsentation „Gesellschaftlicher Wandel und die Situation von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg - Dialogforum ‚Aufwachsen in Brandenburg‘“. Darin werden Daten aus der Studie „Jugend in Brandenburg 2017“ veröffentlicht .1 Vorbemerkung der Landesregierung: Eine große Mehrheit der Jugendlichen im Land Brandenburg ist mit ihrer Lebenssituation zufrieden. Zudem sind das Interesse an Politik und die Bereitschaft, sich am politischen Leben zu beteiligen, gewachsen. Zugenommen hat erstmals die Anfälligkeit für rechtsextreme Einstellungen und Ausländerfeindlichkeit. Das Institut für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung an der Universität Potsdam unter Leitung von Prof. Dr. Sturzbecher hat 3.734 Schülerinnen und Schüler im Alter von 12 bis 22 Jahren in 46 allgemeinbildenden Schulen und Oberstufenzentren des Landes Brandenburg befragt. Die Jugendstudie wurde bereits zum achten Mal durchgeführt , erstmals im Jahr 1991. Da ein großer Teil der Fragen bereits über einen längeren Zeitraum gestellt wird, sind Entwicklungen der Lebensbedingungen und Einstellungen brandenburgischer Jugendlicher erkennbar. Frage 1: Wie bewertet die Landesregierung die Daten, nach denen Jugendliche im Jahr 2017 häufiger schon einmal von ihrer leiblichen Mutter als von ihrem leiblichen Vater geschlagen wurden (Tabelle auf S. 3/21)? Frage 2: Wie bewertet die Landesregierung die Daten, nach denen sich das in den Daten zur Frage 1 erkennbare Verhältnis umdreht, wenn es in der Frage um die Bezugsperson des Lebenspartners eines Elternteils geht? a. In den Daten zu den Lebenspartner-/innen des Elternteils in der Tabelle auf Seite 3/21 sind die jeweiligen Lebenspartner und Lebenspartnerinnen für Mutter und Vater jeweils zusammen dargestellt. Gibt es zu diesen Daten eine Aufschlüsselung nach Geschlecht des jeweiligen Lebenspartners? 1 https://mbjs.brandenburg.de/media_fast/6288/praesentation_jugendstudie-dialogforum-28.pdf Landtag Brandenburg Drucksache 6/11202 - 2 - Zu den Fragen 1 und 2: Der Landesregierung liegt bisher die Kurzauswertung der Studie „Jugend in Brandenburg 2017“ vor, die am 23. August 2018 auf der Homepage des MBJS veröffentlicht wurde. Das Institut für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung plant derzeit die wissenschaftliche Buchveröffentlichung. In der o. g. Präsentation im Rahmen des Dialogforums „Aufwachsen in Brandenburg“ wurde folgende Tabelle vorgestellt: Tabelle 1: Elterliche Gewalt 2010 und 2017 (in %) Quelle: Jugend in Brandenburg 2017, Kurzdarstellung der Untersuchungsergebnisse, S. 8 Die Landesregierung begrüßt den insgesamt zu verzeichnenden Trend (siehe Tabelle 1) hin zu einer immer gewaltfreieren Erziehung in den Familien. Danach wird in der weit überwiegenden Zahl der Familien nicht geschlagen. Der Landesregierung liegen zu den nachgefragten Unterschieden zwischen leiblichen Müttern und Vätern sowie den jeweiligen Lebenspartnerinnen und -partnern und Angaben zu deren Geschlecht keine Erkenntnisse vor. Frage 3: Auf Seite 5/21 heißt es, dass der Anteil ausländischer Schüler an allgemeinbildenden Schulen in Brandenburg im Schuljahr 2017/18 rund 5% betrug. Als Vergleich wird der bundesweite durchschnittliche Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund an allgemeinbildenden Schulen mit 35,5 % angegeben. a. Warum werden hier zwei verschiedene Werte miteinander verglichen? Zu Frage 3a: Der Landesregierung liegt kein Begründungszusammenhang zu der Nutzung unterschiedlicher Daten im Rahmen der Studie vor. b. Wie hoch ist der Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund an allgemeinbildenden Schulen in Brandenburg (bitte in Tabelle nach Jahren ab 2005 und Herkunftsland aufschlüsseln )? Zu Frage 3b: Zur Beantwortung dieser Frage sei auf die Anlage 1 verwiesen. Frage 4: Auf Seite 6/21 werden Balkendiagramme zur Einordnung “fremdenfeindlicher“ und „rechtsextremer“ Aussagen seitens der Jugendlichen dargestellt. a. Welche Begriffsdefinitionen lagen der Erhebung zugrunde und welche Erhebungsmethode wurde verwendet? b. Haben sich die Erhebungsmethoden und die zugrunde gelegten Begriffsdefinitionen in den verschiedenen, dargestellten Jahren verändert? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11202 - 3 - Zu den Fragen 4a und b: Der Erhebung lag die im Kapitel 8 auf Seite 15 ff angeführte Begriffsdefinition zugrunde. Gleichsam ist auch die Erhebungsmethode auf Seite 3 ff der Kurzdarstellung ausführlich dargelegt. Um die Vergleichbarkeit der Studien zu gewährleisten , wurde seitens des Instituts für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung ein hoher Wert auf die Beständigkeit der Methoden und der Fragen gelegt. Eine Veränderung der Erhebungsmethoden und der Begriffsdefinitionen wurde damit nicht vorgenommen . c. Wenn konkrete Wortlaute/Aussagen zur Beurteilung abgefragt wurden, haben sich die konkreten Wortlaute/Aussagen in den untersuchten Jahren unterschieden? Zu Frage 4c: Um die Vergleichbarkeit der Studien zu gewährleisten, wurde hinsichtlich der Wissenschaftler hoher Wert auf die Beständigkeit des Kernbestands der Fragen gelegt, wie dies bei den Fragen zu Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit der Fall ist. Im Laufe der Zeit wurden in den Studien jedoch Fragen verändert, die einen unmittelbaren Bezug zu technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen haben (z. B. Ausstattung mit Medien: 2010 wurde erstmals nach Handys gefragt, 2017 nach Smartphones). d. Wenn konkrete Wortlaute/Aussagen zur Beurteilung abgefragt wurden, welche waren dies? Zu Frage 4d: Den befragten Schülerinnen und Schülern lag ein Fragebogen vor. Eine detaillierte Darstellung des methodischen Rahmens und der Untersuchungsanlage ist erst im Rahmen der bevorstehenden wissenschaftlichen Publikation zu erwarten. Frage 5: Wie beurteilt die Landesregierung den starken Anstieg an Beschwerden über Kita-Personal, wie in der Tabelle auf Seite 4/21 dargestellt. Zu Frage 5: Die dargestellten Beschwerden über Personal in Kindertageseinrichtungen betreffen knapp 3 % der Kindertageseinrichtungen im Land Brandenburg, während für 97 % der Einrichtungen keine Beschwerden zu verzeichnen waren. Eine wesentliche Erklärung für den Anstieg ist die in der Folge der intensiven öffentlichen und fachlichen Diskussion erhöhte Aufmerksamkeit für die Problematik. Auf Seite 4/21 sind bereits Hinweise hierzu enthalten. a. Wie hat sich die Anzahl der Betreuungsstunden in der Zeit von 2012 bis 2015 verändert ? Zu Frage 5a: Die übergeordnete Frage 5 bezieht sich auf das „Kita-Personal“. Daher bezieht sich die Antwort zu Frage 5a auf betreute Kinder in Kindertageseinrichtungen und lässt im Rahmen von Kindertagespflege betreute Kinder außen vor. Die Frage nach der Anzahl der Betreuungsstunden wird so interpretiert, dass hier auf die Entwicklung der durchschnittlichen vertraglich vereinbarten Betreuungszeit je Kind in den Jahren 2012 und 2015 abgestellt wird. Da schon allein eine mögliche Verschiebung der Anteile der betreuten Kinder zwischen Krippe, Kindergarten und Hort Einfluss auf die durchschnittliche vertraglich vereinbarte Betreuungszeit in Kindertagesstätten insgesamt hat, werden ergänzend entsprechende Daten des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg unterteilt nach Krippe, Kindergarten und Hort (hier Schulkinder bis unter 11 Jahre sowie 11 bis unter 14 Jahre) dargestellt. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11202 - 4 - Tabelle 2: Anzahl der Kinder nach Alter in Kindertageseinrichtungen und durchschnittliche Betreuungszeiten Schulbesuch Alter von … bis unter … Jahren Kinder in Tageseinrichtungen durchschnittlich vereinbarte Betreuungszeit in Stunden pro Woche Kinder in Tageseinrichtungen durchschnittlich vereinbarte Betreuungszeit in Stunden pro Woche Stichtag 01.03.2012 Stichtag 01.03.2015 Krippe Nichtschul - kinder 0 – 3 26.410 39,9 29.462 39,5 Kindergarten 3 – 7 65.542 38,5 69.471 39,2 7 und älter 260 35,3 179 37,0 Hort Schul-kinder 5 – 11 60.494 21,4 65.343 21,5 11 – 14 2.915 19,3 3.117 19,1 insgesamt 155.621 31,7 167.572 32,0 Quelle: Statistik der Kinder- und Jugendhilfe Teil lll.1, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg 2015 b. Gibt es Erkenntnisse über eine Veränderung des Anzeigeverhaltens? c. Gibt es Erkenntnisse über das Anzeigeverhalten bestimmter gesellschaftlicher Gruppen (Haushaltseinkommen der Eltern, Herkunft der Eltern, Alter der Eltern, andere)? Zu den Fragen 5b und c: Über eine Veränderung des Anzeigeverhaltens - auch im Hinblick auf bestimmte gesellschaftliche Gruppen - liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. d. Wie viele Erzieher in den Kitas in Brandenburg arbeiten in Vollzeit und wie viele in Teilzeit (aufgeschlüsselt nach Stundenanzahl)? Zu Frage 5d: Die übergeordnete Frage 5 bezieht sich auf das „Kita-Personal“. Daher bezieht sich die Antwort zu Frage 5d auf pädagogisch beschäftigte Personen in Kindertageseinrichtungen (nicht nur auf Erzieherinnen und Erzieher) und lässt Kindertagespflegepersonen außen vor. Es liegen statistische Daten für den Beschäftigungsumfang im ersten Arbeitsbereich vor (die ersten Arbeitsbereiche sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst worden). Dazu können noch Wochenstunden aus einem zweiten Arbeitsbereich innerhalb der Kindertagesstätte kommen. Dazu liegen jedoch nur Daten in der Unterteilung „10 und mehr Wochenstunden“ sowie „unter 10 Wochenstunden“ vor. Die Beschäftigungsumfänge sind in Gruppen zusammengefasst (unter 10 Wochenstunden, 10 bis unter 21 Wochenstunden, 21 bis unter 32 Wochenstunden, 32 bis unter 38,5 Wochenstunden, 38,5 und mehr Wochenstunden). Landtag Brandenburg Drucksache 6/11202 - 5 - Tabelle 3: Anzahl der pädagogisch beschäftigten Personen in Kindertagesstätten am 01.03.2018 Beschäftigungsumfang im ersten Arbeitsbereich tätiges Personal außerdem in einem zweiten Arbeitsbereich mit einem Beschäftigungsumfang von … Wochenstunden pädagogischer Bereich Verwaltung Summe pädagogischer Bereich2 10 und mehr unter 10 10 und mehr unter 10 10 und mehr unter 10 zusam - men Personen mit 38,5 und mehr Wochenstunden 3.335 4 13 0 4 4 17 21 Personen mit 32 bis unter 38,5 Wochenstunden 9.257 6 221 0 22 6 243 249 Personen mit 21 bis unter 32 Wochenstunden 6.340 676 316 9 5 685 321 1.006 Personen mit 10 bis unter 21 Wochenstunden 1.786 487 38 7 0 494 38 532 Personen mit unter 10 Wochenstunden 287 1.173 603 16 31 1.189 634 1.823 insgesamt 21.005 2.346 1.191 32 62 2.378 1.253 3.631 Quelle: Statistik der Kinder- und Jugendhilfe Teil lll.1, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, 2018, eigene Berechnungen MBJS e. Hängt die Anzahl der steigenden Beschwerden womöglich mittelbar mit einer Verringerung der durchschnittlichen Arbeitszeit der Erzieher in den Kitas zusammen (Erzieher in Teilzeit sind womöglich weniger erfahren, weniger motiviert oder stärker unter Zeitdruck )? Zu Frage 5e: Zu einem möglichen Zusammenhang zwischen der durchschnittlichen Arbeitszeit der Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen und der Anzahl von Beschwerden liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.Anlage/n: 1. Anlage 2 Gruppenleitung, Zweit- bzw. Ergänzungskraft, gruppenübergreifend tätig, Förderung von Kindern nach SGB Vlll/SGB Xll in der Tageseinrichtung oder Leitung Anlage 1: Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in Prozent an allgemeinbildenden Schulen in öffentlicher Trägerschaft in den Schuljahren seit 2006/07 nach in der Familie gesprochener Verkehrssprache Verkehrssprache in der Familie 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 Albanisch 0,02 0,04 Arabisch 0,05 0,04 0,03 0,03 0,05 0,05 0,07 0,07 0,13 0,33 1,21 1,55 1,78 Bosnisch 0,03 0,03 0,02 0,02 0,01 0,01 0,02 0,02 0,03 0,03 0,04 0,04 0,04 Bulgarisch 0,02 0,04 Chinesisch 0,01 0,01 Deutsch 0,71 0,82 1,20 1,11 1,10 0,97 0,66 0,80 0,95 0,96 1,18 1,18 1,12 Englisch 0,02 0,05 Griechisch/Neugriechisch 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,02 0,03 0,03 0,04 0,04 Italienisch 0,00 0,00 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,02 0,02 0,03 0,03 Kroatisch 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,00 0,01 0,01 0,01 0,01 0,02 0,02 0,03 Kurdisch 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,02 0,02 0,04 0,06 0,08 0,11 0,13 Paschtunisch 0,01 0,01 Persisch (Farsi, Dari) 0,11 0,25 0,32 Polnisch 0,25 0,24 0,14 0,15 0,12 0,19 0,16 0,19 0,30 0,41 0,50 0,55 0,62 Portugiesisch 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,02 0,02 Romanes 0,00 0,00 Rumänisch 0,03 0,07 Russisch 1,01 0,87 0,64 0,58 0,46 0,38 0,33 0,34 0,48 0,73 0,91 1,03 1,09 Serbisch 0,02 0,03 0,02 0,03 0,02 0,02 0,02 0,03 0,03 0,11 0,05 0,06 0,06 Spanisch 0,02 0,03 0,03 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 0,03 0,04 0,05 0,05 0,06 Tschetschenisch 0,04 0,09 Türkisch 0,08 0,07 0,06 0,06 0,04 0,06 0,06 0,07 0,07 0,08 0,09 0,09 0,12 Vietnamesisch 0,10 0,07 0,07 0,07 0,08 0,11 0,13 0,13 0,13 0,15 Sonstige 0,42 0,44 0,33 0,25 0,24 0,25 0,30 0,33 0,42 0,72 1,01 0,94 0,93 Insgesamt 2,64 2,62 2,50 2,38 2,18 2,06 1,77 2,01 2,62 3,67 5,44 6,24 6,86 Datengrundlage: Schuldatenerhebungen der jeweiligen Schuljahre Die Merkmale Geburtsland und in der Familie gesprochene Verkehrssprache, die neben der Staatsbürgerschaft für die Definition des Migrationshintergrundes relevant sind, wurden vor dem Schuljahr 2006/07 nicht erhoben. Persisch (Farsi, Dari) als Verkehrssprache wurde erstmals im Schuljahr 2016/17 gesondert erhoben. Albanisch, Bulgarisch, Chinesisch, Englisch, Paschtunisch, Romanes, Rumänisch und Tschetschenisch als Verkehrssprache wurden erstmals im Schuljahr 2017/18 gesondert erhoben.