Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 6. Wahlperiode Eingegangen: 17.04.2019 / Ausgegeben: 17.04.2019 Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage Nr. 35 der CDU-Fraktion Drucksache 6/10385 Einsamkeit im Land Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Große Anfrage wie folgt: Immer mehr Menschen leiden unterzunehmender Vereinsamung. Laut einer Studie des Marktforschungsinstitut Splendid Research fühlt sich jeder Dritte der Deutschen zumindest manchmal einsam, jeder zehnte Mensch ständig oder häufig. Nicht nur auf dem Land, auch in der Stadt ist Einsamkeit ein Problem. Repräsentative Studien zeigen zudem auf, dass sich auch immer mehr junge Menschen mit Einsamkeit konfrontiert sehen. Das Einsamkeitsgefühl ist erdrückend und hat natürlich negative Einflüsse auf die Lebensgestaltung , die Einstellung zum Leben und somit schlussendlich auf die Gesundheit. Die Digitalisierung ist hier interessanter Weise Fluch und Segen zugleich. Einerseits entfremdet das Internet mit seiner Vielfalt an schnellen und kurzlebigen Informations- und Kommunikationstools , andererseits ermöglicht es uns große Distanzen zu überwinden. Soziale Isolation kann vielerlei Ursachen haben: das Ende einer Partnerschaft, Wohnortwechsel, Krankheiten oder aufgrund von Leistungsdruck bei der Arbeit können Menschen einsam sein. Darüber hinaus ist Armut selbstverständlich eine Ursache für mangelhafte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Auch können Menschen, die nicht alleine sind, einsam sein: alleinerziehende Eltern oder pflegende Angehörige kranker Menschen verlieren nicht selten den Anschluss an die Gemeinschaft. Das Thema „Einsamkeit“ braucht ein stärkeres gesamtgesellschaftliches Bewusstsein. Was sind daher mögliche Stellschrauben der Landesregierung für ein eher abstraktes, aber dennoch dringendes Problem. Wir fragen die Landesregierung: I. Allgemeines, Kindheit und Jugend 1. Wie bewertet die Landesregierung das Thema Einsamkeit im Allgemeinen und welchen Stellenwert nimmt diese Problematik bei der Arbeit der Landesregierung ein? zu Frage 1: Laut einschlägiger Definitionen ist Einsamkeit im Allgemeinen als eine negative Empfindung des Getrenntseins von anderen Menschen zu bewerten (z.B.: vgl. Stangl 2019: Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik; http://lexikon.stangl.eu/17319/einsamkeit/ letzter Aufruf am 29.01.2019). Dabei handelt es sich um ein subjektives Gefühl, das nicht zwangsläufig mit physischem Alleinsein und tatsächlicher sozialer Isolation zusammenhängen muss. Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen der vom Fragestellenden benannten Studie von Splendid Research wider. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 2 - Von den insgesamt 1.039 Befragten fühlten sich 11,7 Prozent häufig oder ständig einsam. Das waren 122 Personen, von denen 60 Prozent - also 73 Personen - „eigentlich immer jemanden (haben), mit dem sie alltägliche Probleme besprechen können“. In diesen Fällen geht das Einsamkeitsgefühl nicht mit sozialer Isolation einher und die Bewältigung ist zunächst als eine höchst individuelle Lebensaufgabe zu bewerten, bei der andere Menschen unterstützend wirken können. Einsamkeit in der Dimension sozialer Isolation wäre nach der benannten Studie bei 49 Befragten zu vermuten. Sie gaben an, sich häufig oder ständig einsam zu fühlen und ihre Probleme nicht mit anderen Personen besprechen zu können . Allerdings spiegelt sich hier nicht die gesamte Bevölkerung wider, da nur bis zu 70jährige Menschen befragt wurden. Die Arbeit der Landesregierung konzentriert sich darauf , Menschen in der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu unterstützen und sozialer Isolation entgegenzuwirken. Brandenburgerinnen und Brandenburger sollen in schwierigen Lebenssituationen bedarfsgerechte Unterstützung erhalten, die von niedrigschwelligen Begegnungstreffs bis zu konkreten Beratungs- und Leistungsangeboten reichen kann. Entsprechende regionale Angebote werden im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge vorgehalten und die Landesregierung unterstützt dies durch die Schaffung guter Rahmenbedingungen , insbesondere über die Initiierung und Umsetzung von Bündnissen oder Landesprogrammen sowie durch die Förderung von Projekten und Initiativen. Beispiele folgen in den nachstehenden Antworten. 2. Liegen der Landesregierung Zahlen/Fakten als Datenbasis zum Thema Einsamkeit vor? zu Frage 2: Der Landesregierung liegen mangels statistischer Erhebungen hierzu keine Daten vor. 3. Welche Maßnahmen zum Thema Einsamkeit plant die Landesregierung noch in dieser Legislaturperiode? zu Frage 3: Die Vermeidung von Einsamkeit im Sinne sozialer Isolation erfordert ein zielgruppenspezifisches Vorgehen und wird im Rahmen bestehender Landesprogramme und Maßnahmenpakete der Landesregierung berücksichtigt. Ein gutes Beispiel für ältere alleinlebende Menschen ist das Projekt des Fördervereins Akademie 2. Lebenshälfte e.V. „Netzwerk lange mobil und sicher zu Hause“ insbesondere im ländlichen Raum. Es liegen bereits vielfältige Erkenntnisse vor, dass durch mehr Bewegung im hohen Alter Multimorbidität, Pflegebedürftigkeit, aber auch Vereinsamung abgeschwächt oder gar verhindert werden können. Haupt- und ehrenamtlich Agierende lokaler Träger werden als Projektinitiierende gewonnen, befähigt und landesweit vernetzt. Sie bauen vor Ort Gruppen von Freiwilligen auf, die durch eine Qualifizierung befähigt werden, beim Besuch alter Menschen in deren Wohnumfeld Bewegungsförderung und Sturzprävention mit Kontaktpflege, Aktivierung und Unterstützung bei Alltagsfragen zu verbinden. Auch werden Helferkreise und Betreuungsangebote verstärkt auf mehr Bewegung sowohl zu Hause als auch in kleinen Betreuungsgruppen ausgerichtet. Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat am 18.06.2019 im Rahmen des Fachkongresses „Einsamkeit im Alter vorbeugen - aktive Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen" Projekte, die sich am bundesweiten Wettbewerb „Einsam? Zweisam ? Gemeinsam!“ beteiligt haben, ausgezeichnet. In der Kategorie „Sport und Bewegung “ hat der Seniorenbeirat Uebigau-Wahrenbrück den 2. Preis gewonnen. Die Stadt Uebigau-Wahrenbrück fördert Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden älterer und hochaltri- Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 3 - ger Menschen, damit sie so lange wie möglich aktiv am Gemeinschaftsleben teilnehmen und in den eigenen vier Wänden leben können. Der Seniorenbeirat hat zur Umsetzung dieses Ziels mit Ehrenamtlichen niedrigschwellige Bewegungsangebote entwickelt. Die Aktivitäten finden sowohl in öffentlichen Räumen als auch zu Hause bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt, teils als reine Übungseinheiten, teils aber auch in Verbindung mit Kaffee- und Spielenachmittagen. 4. Wie viele Kinder/Jugendliche unter einem Alter von 18 Jahren wachsen ohne Geschwister auf? (Wenn möglich, mit der Bitte um Aufteilung nach Altersgruppen und Region.) 5. Wie viele Kinder/Jugendliche unter einem Alter von 18 Jahren wachsen mit einem alleinerziehenden Elternteil auf und wie groß ist der Anteil der Einzelkinder? (Wenn möglich, mit der Bitte um Aufteilung nach Altersgruppen und Region.) zu Fragen 4 und 5: Aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs werden die Fragen 4 und 5 zusammen beantwortet. Im Jahr 2017 lebten im Land Brandenburg etwa 381.900 Kinder unter 18 Jahren, davon 121.700 ohne Geschwister im Haushalt. Dies entspricht einem Anteil von 31,9 Prozent. Bei regionaler Betrachtung liegen die Regionen Oderland-Spree (34,4 Prozent), Uckermark-Barnim (34,2 Prozent) und Lausitz-Spreewald (32,8 Prozent) über dem Brandenburg weiten Anteil. Den geringsten Anteil von Kindern ohne Geschwister weist die Region Havelland-Fläming mit 29,2 Prozent auf. Die Anzahl der Kinder unter 18 Jahren, die mit einem alleinerziehenden Elternteil im Haushalt leben, beträgt landesweit 77.300 Kinder. Davon haben 39.200 Kinder, also ein Anteil von 50,7 Prozent, keine Geschwister . Bei Differenzierung nach Regionen zeigt sich dieser Anteil von Kindern ohne Geschwister besonders hoch in den Regionen Uckermark-Barnim (67,9 Prozent) sowie Lausitz-Spreewald (61,0 Prozent). Tabelle: Kinder1 unter 18 Jahren im Land Brandenburg 2017 nach den benannten Regionen und Geschwistern Region Insgesamt (in Tausend) darunter ohne Geschwister 2 (in Tausend) Kinder unter 18 Jahren 381,9 121,7 Prignitz-Oberhavel 59,3 18,6 Uckermark-Barnim 45,0 15,4 Oderland-Spree 63,4 21,8 Havelland-Fläming 123,8 36,2 Lausitz Spreewald 90,3 29,6 darunter bei Alleinerziehenden 77,3 39,2 Prignitz-Oberhavel 14,2 6,0 Uckermark-Barnim 8,1 5,5 Oderland-Spree 16,3 7,7 Havelland-Fläming 23,3 10,5 Lausitz Spreewald 15,4 9,4 (Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Mikrozensus 2017) 1 ledige Kinder am Hauptwohnsitz der Familie 2 ohne Altersbegrenzung Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 4 - Eine Differenzierung nach Altersgruppen der Kinder unter 18 Jahren ohne Geschwister ist der folgenden Tabelle zu entnehmen. Tabelle: Kinder1 unter 18 Jahren im Land Brandenburg 2017, die ohne Geschwister aufwachsen nach Altersgruppen Altersgruppe Zahl der Kinder ohne Geschwister2 (in Tausend) insgesamt davon bei Alleinerziehenden unter 3 25,1 5,3 3 bis unter 6 22,9 7,0 6 bis unter 10 19,6 7,2 10 bis unter 15 29,1 10,1 15 bis unter 18 25,0 9,6 unter 18 insgesamt 121,7 39,2 (Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Mikrozensus 2017) 1 ledige Kinder am Hauptwohnsitz der Familie 2 ohne Altersbegrenzung 6. Wie viele Kinder wurden/werden wegen einer Vernachlässigung/Verwahrlosung seit 2015 durch die Jugendämter betreut? zu Frage 6: In der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik (Statistik Berlin Brandenburg, Jugendhilfe im Land Brandenburg 2015-2017, Gefährdungseinschätzungen nach § 8 a SGB VIII) wird die Anzahl der Minderjährigen, die aufgrund einer Vernachlässigung oder Verwahrlosung durch die Jugendämter im Land Brandenburg betreut werden, nicht erhoben . Abgebildet wird die Anzahl der durch die Jugendämter durchgeführten Verfahren zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung sowie deren Ergebnisse gemäß § 8 a SGB VIII. Bei vorliegender Kindeswohlgefährdung wird zudem die Art der Gefährdung (Vernachlässigung , Misshandlung, sexuelle Gewalt) erhoben. Im Jahr 2015 wurden insgesamt 2.995 Verfahren gemäß § 8 a SGB VIII mit dem Ergebnis einer Kindeswohlgefährdung von den Jugendämtern in Brandenburg statistisch ermittelt. Davon wurden in 1.864 Fällen Anzeichen einer Vernachlässigung der Minderjährigen festgestellt. Im Jahr 2016 wurden insgesamt 2.996 Verfahren gemäß § 8 a SGB VIII mit dem Ergebnis einer Kindeswohlgefährdung registriert, von denen in 1.833 Fällen Anzeichen einer Vernachlässigung des betroffenen Minderjährigen festgestellt wurden. 2017 lag die Anzahl der Verfahren gemäß § 8 a SGB VIII mit festgestellter Kindeswohlgefährdung bei 2828, in 1630 Fällen lagen Anzeichen für eine Vernachlässigung vor. Die Zahlen für das Jahr 2018 liegen noch nicht vor. 7. Der Bericht der Landesregierung „Gesundheit und Gesundheitschancen für Kinder im Land Brandenburg“ zeigt auf, dass bei rund einem Drittel der Jungen und einem Viertel der Mädchen (0-14J) ein Behandlungsanlass mit einer Diagnose „Psychische und Verhaltensstörung “ vorhanden ist - sieht die Landesregierung hier auch einen Zusammenhang zur sozialen Isolation von Kindern? 8. Der Bericht zeigte zudem ein steigendes Medienkonsumverhalten auf - inwieweit lassen sich hieraus auch Rückschlüsse auf die Einsamkeit der Kinder ziehen? 9. Auch der Konsum von Cannabis stieg zuletzt an - welche Rückschlüsse lassen sich hier eventuell auch zum Thema Einsamkeit ableiten? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 5 - zu Fragen 7 bis 9: Wegen des inhaltlichen Zusammenhangs werden die Fragen 7, 8 und 9 zusammen beantwortet. Im genannten Bericht des MASGF „Gesundheit und Gesundheitschancen für Kinder im Land Brandenburg“ aus dem Jahr 2018 bezieht sich die Aussage zur Häufigkeit von „Psychischen und Verhaltensstörungen“ auf Diagnosen in der ambulanten Versorgung (s. S. 36). Dabei sind Entwicklungsstörungen am häufigsten. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Häufigkeit der Diagnosen mit sozialer Isolation der Kinder zusammenhängt. Einen steigenden Medienkonsum dokumentieren verschiedene Studien in den letzten Jahren, wie z. B. die Blikk-Studie von 2017 oder die KIM-Langzeitstudie. Ein steigendes Medienkonsumverhalten kann durchaus einen Einfluss auf die psychosoziale oder entwicklungsneurologische Entwicklung der Kinder und Jugendlichen haben. Als relevant für die Gesundheit werden jedoch nicht die digitalen Medien an sich angesehen, sondern eher die Dauer der Mediennutzung. Der o.g. Bericht zeigt auch auf, dass es signifikante Unterschiede zwischen der exzessiven Nutzung am Wochenende und an den Schultagen gibt, wobei Letzteres als riskanter gilt (vgl. Przybylski/ Weinstein 2017). Direkte Rückschlüsse auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen steigendem Medienkonsum und daraus resultierender Einsamkeit von Kindern und Jugendlichen können jedoch nicht abgeleitet werden. Dasselbe gilt für exzessiven Cannabiskonsum. 10. Wie viele Kinder/Jugendliche sind im Land Brandenburg von Mobbing betroffen? 11. Was sind die Ursachen für Mobbing und an welche Ansprechpartner können sich Betroffene in einem solchen Fall wenden? zu Fragen 10 und 11: Bei Mobbing handelt es sich um einen längeren, oft subtilen Prozess , der für Außenstehende schwer zu erfassen ist. So ist Mobbing i.d.R. als direkte und sichtbare Gewalttat nicht erkennbar. Das Meldesystem über Gewaltvorfälle an Schulen im Land Brandenburg erfasst in diesem Kontext Delikte wie Körperverletzung, Bedrohung und Erpressung, fremdenfeindliche sowie extremistische Äußerungen. Mobbing kennzeichnet sich durch ständig und systematisch wiederholende Verhaltensmuster, die begleitet werden durch herabwürdigende, destruktive, ausgrenzende sowie offene oder verdeckte aggressive Handlungen gegen Personen, die sich in der Minderzahl oder in einer ungleichen Situation befinden. Die Ursachen werden in der Fachliteratur als vielschichtig und komplex beschrieben. Im schulischen Kontext ist es daher wesentlich, eine Atmosphäre der Offenheit und Vertrautheit zu schaffen. Wesentlich ist zudem die Aufmerksamkeit und Gesprächsbereitschaft der Erwachsenen. Schülerinnen und Schüler müssen sich trauen, sich Mitschülern, Lehrkräften, Eltern sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern zu öffnen und anzuvertrauen . Demokratische Mitbestimmung, gelebte Partizipation an schulischen Prozessen sowie anwendbare Kompetenzen von Schülerinnen und Schüler im Konfliktmanagement verstärken weitere Präventionsmaßnahmen und helfen im Umgang mit Mobbingsituationen . Krankenkassen bieten u.a. Anti-Mobbingkoffer für Bildungseinrichtungen an. Zusätzliche hilfreiche Informationen bietet ergänzend der Bildungsserver Berlin-Brandenburg. Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher können sich ebenso wie Eltern an die Erziehungs - und Familienberatungsstellen im Land Brandenburg wenden. 12. Wie bewertet die Landesregierung den Leistungsdruck und den damit verbundenen Stress, welchem Kinder heutzutage, insbesondere in der Schule, ausgesetzt sind? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 6 - zu Frage 12: Die schulischen Anforderungen berücksichtigen grundsätzlich das Lebensalter der Schülerinnen und Schüler. Dies zeigt sich in der Zahl der Wochenstunden und den steigenden Anforderungen im Verlauf der Schulzeit. Die Herausforderungen für die Schulen bestehen darin, diesen Sachverhalt im Rahmen der Gesundheitsförderung zu berücksichtigen . Das Institut für Gesundheit der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg führt derzeit im Auftrag des Landes die Kinder- und Jugendgesundheitsstudie „Health Behaviour in School-aged Children“ (HBSC) durch. Ziel der Studie ist die Beschreibung und Analyse der subjektiven Gesundheit und des Gesundheitsverhaltens von Schülerinnen und Schülern im Alter von 11 bis 15 Jahren. Das Land Brandenburg sowie die AOK Nordost werden mit der HBSC-Studie erstmals in Brandenburg insgesamt 3.600 Schülerinnen und Schüler sowie 1.500 Lehrkräfte befragen. Die repräsentative Befragung soll Erkenntnisse zur Gesundheit, zum Gesundheitsverhalten und den Rahmenbedingungen in Schule, Familie und Freundeskreis liefern (vgl. HBSC-Studie Brandenburg , Gesundheit und Gesundheitsverhalten von Schülerinnen und Schülern im Land Brandenburg, Projektbeschreibung 2/ 2018). 13. Ist auch hier ein Zusammenhang zu psychischen Auffälligkeiten und der Isolation von Kindern erkennbar? zu Frage 13: Hier sind die Ergebnisse aus der o.g. HBSC-Studie, die nach Ablauf der geplanten Projektlaufzeit 12/2017 - 12/2019 vorliegen, abzuwarten. 14. Welche Maßnahmen können Familien und Kinder zur Bewältigung des Stresses ergreifen ? zu Frage 14: Zahlreiche Evaluationsstudien weisen nach, dass Stressbewältigungsprogramme das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen steigern, das Stresslevel reduzieren und Stressverarbeitungsstrategien aufbauen und erweitern können. Dabei gibt es verschiedene Stressauslöser, deren Ursache weniger in der Person des Kindes oder Jugendlichen liegen, sondern in ungünstigen situativen Bedingungen. Daher erfordert die Ursachenforschung zunächst von den Eltern ein hohes Maß an Sensibilität, was vor allem Zeit und viel Zuwendung voraussetzt. Unterstützung können Familien durch diverse regionale Beratungsangebote erfahren, um Kindern und Jugendlichen dabei behilflich zu sein, mit belastenden Anforderungen besser umgehen zu können. 15. Was wäre aus der Sicht der Landesregierung eine sinnvolle Präventionsarbeit zur Vermeidung von sozialer Isolation der Brandenburger Kinder? zu Frage 15: Im Bereich der Kindertagesbetreuung zeichnet sich das Land Brandenburg durch ein flächendeckendes und differenziertes Netz an Angeboten der Kindertagesbetreuung mit hohen Versorgungsquoten bis zum Ende des Grundschulalters aus (unter 3- jährige Kinder 56 Prozent; 3-jährige Kinder bis zur Einschulung 96 Prozent; Einschulung bis 12-jährige Kinder 61 Prozent). Investitionsprogramme von Land und Bund sorgen für einen kontinuierlichen Ausbau dieser Angebote. Mit ihrem Bildungs-, Erziehungs-, Betreuungs - und Versorgungsauftrag tragen die Kitas in hohem Maße zu sozialer Integration und Chancengerechtigkeit bei. Mit Beginn der Elternbeitragsfreiheit am 1. August 2018 für Kinder im Jahr vor der Einschulung werden Familien entlastet und weitere Anreize zur Inanspruchnahme des Angebotes gesetzt. Zur Entwicklung der pädagogischen Qualität trägt neben den zahlreichen Angeboten auf regionaler Ebene das Angebot des Sozialpädagogi- Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 7 - schen Fortbildungsinstituts Berlin-Brandenburg (SFBB) bei. So werden dort relevante Fortbildungen u.a. zu den Themen Vielfalt, Inklusion, Integration, Kinderschutz und Zusammenarbeit mit Eltern angeboten. Ausgehend von den Ursachen, die zu einer sozialen Isolation von Kindern und Jugendlichen führen können, wirken sich Maßnahmen von Schulen präventiv im Bereich des Schullebens, des Schulklimas sowie der Schulkultur aus. Dazu zählen beispielsweise die Gesundheitsförderung, die Medienbildung sowie ganztägige Angebote. Auch im Fach Lebenskunde-Ethik-Religionskunde werden diese Themen aufgegriffen und durch die Lehrkräfte im Unterricht und in Projekten umgesetzt. 16. Welche Präventionsmaßnahmen unterstützt das Land Brandenburg in diesem Zusammenhang ? zu Frage 16: Mit dem neuen Rahmenlehrplan für die Jahrgangsstufen 1 bis 10 wurden Schulen verpflichtet, im Unterricht sowie im Schuleben übergreifende Themen wie beispielsweise Demokratiebildung, Gesundheitsförderung, Gewaltprävention sowie kulturelle Bildung umzusetzen. Auf dem Bildungsserver Berlin-Brandenburg finden sich auf der Startseite direkte Hinweise zu Auslösern und Zusammenhängen, die zu sozialer Isolation führen können. Auf diesen Seiten werden entsprechende Links und Kontaktdaten von Kooperationspartnern zur Verfügung gestellt. Bezogen auf gewaltpräventive Maßnahmen werden u.a. die Anti-Mobbing-Fibel, das Mobbing-Barometer für Schulen, kostenlose Telefonhotlines sowie Gewaltpräventionsprogramme wie Anti-Mobbingtraining, Streitschlichterausbildung , Anti-Cybermobbing-Projekte, „Faire Schule“ oder „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ von den Schulen angenommen und in Kooperation mit Trägern und der Polizei umgesetzt. 17. Wird das Thema Einsamkeit im Rahmen der Schuluntersuchungen thematisiert? zu Frage 17: Durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst werden Schuleingangs- und Schulabgangsuntersuchungen durchgeführt. Das Thema Einsamkeit wird dabei nicht speziell thematisiert. Ein Schwerpunkt bei den Untersuchungen sind jedoch psychische Erkrankungen sowie Störungen in der Entwicklung von Kindern. Ausgangspunkt für die Befunderhebung sind die Angaben der Eltern in der Anamnese bzw. Aussagen der Kinder/der Jugendlichen in der Untersuchungssituation selbst. Die Verhaltensfragen in der Anamnese beziehen sich auf die häufigsten emotionalen und sozialen Störungen im Kita-, Schul- und Jugendalter, wobei das Thema Einsamkeit angesprochen werden kann. Werden Auffälligkeiten festgestellt, erfolgt eine Empfehlung zur weiteren fachärztlichen Abklärung. 18. Welche Möglichkeiten bei der Problembewältigung haben Lehrer/innen und Erzieher /innen bei festgestellter Einsamkeit/ sozialer Isolation eines Kindes? zu Frage 18: Der Erziehungsauftrag für das pädagogische Personal umfasst auch die Beratung sowie vertrauensvolle Kooperation mit den Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern. Lehrkräfte sind verantwortlich für die körperliche und seelische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler. Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher können sich für eine Beratung an die Erziehungs- und Familienberatungsstellen sowie an die Jugendämter wenden. Weiterhin haben sie die Möglichkeit, die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter an den Schulen einzubeziehen, deren Tätigkeitsspektrum - neben der Sozialkompetenzförderung - auch Mediations- und Beratungsangebote umfasst. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 8 - 19. Wie viele Kommunen halten Treffpunkte für Jugendliche (Jugendclubs) vor und wie viele wurden in den vergangenen 10 Jahren, aus welchen Gründen, geschlossen? zu Frage 19: Die letzte vollständige und belastbare Erhebung der Einrichtungen der offenen Jugendarbeit erfolgte im Jahr 2008. Auf dieser Grundlage existierten im Land Brandenburg insgesamt 1.356 Jugendfreizeiteinrichtungen. Davon waren 321 Einrichtungen mit festem pädagogischem Fachpersonal und 1.035 von Jugendlichen selbstorganisierte Jugendräume. Die Jugendräume befinden sich überwiegend in den ländlichen Regionen der Landkreise und werden den Jugendlichen von den Gemeinden zur Verfügung gestellt. Der Anteil der hauptamtlich betriebenen Jugendfreizeiteinrichtungen ist seit 2008 stabil geblieben, wohingegen der Anteil der selbstverwalteten Jugendräume etwa um 30 Prozent abgenommen hat. Eine neuerliche Erhebung, die aktuelle und belastbare Zahlen ergeben soll, ist derzeit in Vorbereitung. Die Gründe, die zur Aufgabe der Jugendräume durch die Gemeinden und Ämter geführt haben, sind vielfältig. Überwiegend dürfte sie aber mit der Konzentration von Angeboten der Jugendarbeit an den schulischen Standorten in Zusammenhang gebracht werden. 20. Wie bewertet die Landesregierung die Jugendarbeit in den Kommunen und wo wird Handlungsbedarf erkannt? zu Frage 20: Mit Blick auf die Jugendarbeit im ländlichen Raum ist in den vergangenen Jahren deutlich geworden, dass es notwendig ist, dieses Handlungsfeld wieder stärker in den Blick zu nehmen und dabei nicht nur auf die Regionen mit schulischen Standorten zu fokussieren. Neben der verbandlichen Jugendarbeit im ländlichen Raum (etwa der Brandenburgischen Sportjugend, Jugendfeuerwehr, konfessionellen Verbände oder Berlin- Brandenburgischen Landjugend) ist das Kernelement der offenen Jugendarbeit das von den Fachkräften 1999 entwickelte Konzept der „Jugendkoordination im ländlichen Raum“. Mit diesem Konzept wurde ein Berufsbild entwickelt, das bis heute handlungsleitend ist. Nach nunmehr zwanzig Jahren haben sich die Rahmenbedingungen verändert und es bedarf einer weiterentwickelten Fortschreibung. Jugendliche brauchen in der Phase des Heranwachsens Möglichkeiten der individuellen Freizeitgestaltung und einen Ort, um diese Vorstellungen zu verwirklichen. Ihr Bedürfnis nach selbstgestalteter und nicht organisierter Freizeitbeschäftigung und der Erhalt ihrer Freiräume im unmittelbaren Wohn- und Lebensumfeld sind dabei genauso essentiell wie organisierte Angebote der Jugendarbeit in den Ballungszentren, etwa dort, wo sich die Schulstandorte befinden. Gerade aber im ländlichen Raum sind junge Menschen zunehmend weniger sichtbar. Die beiden Förderprogramme des MBJS „Jugendräume im ländlichen Raum“ und „FreiRäume“ haben im Jahr 2018 diesem Ziel Rechnung getragen. II. Einsamkeit im Alltag: Familie, Beruf und Integration 21. Wie viele sogenannte „Single-Haushalte“ gibt es im Land Brandenburg? zu Frage 21: Im Land Brandenburg gab es im Jahr 2017 insgesamt 480.400 Einpersonenhaushalte (Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Mikrozensus 2017). 22. Wie viele Paare haben sich in den letzten 5 Jahren scheiden lassen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 9 - zu Frage 22: Die der Landesregierung vorliegenden Zahlen zu Scheidungen von Paaren der letzten fünf Jahre sind in der folgenden Tabelle dargestellt. Tabelle: Ehescheidungen 2013 bis 2017 im Land Brandenburg Jahr Anzahl der Scheidungen 2013 5.003 2014 4.887 2015 4.845 2016 4.691 2017 4.445 insgesamt 23.871 (Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 1, Reihe 1.4 und Pressemitteilung Nr. 168 des Amtes für Statistik Berlin- Brandenburg vom 04. Juli 2018) 23. Wie viele Menschen mit einem Migrationshintergrund leben derzeit im Land und wie viele sind erst in den letzten 5 Jahren nach Brandenburg gekommen? zu Frage 23: Entsprechend der Ergebnisse des Mikrozensus (Stand 2017) leben 168.400 Personen mit Migrationshintergrund im Land Brandenburg. Der Landesregierung liegen keine Zahlen für die Zuzüge ins Land Brandenburg vor. Tabelle: Bevölkerung1 im Land Brandenburg 2017 nach Migrationshintergrund und Zuzug seit 2012 Anzahl (in Tausend) Insgesamt 2.458,2 ohne Migrationshintergrund 2.289,8 mit Migrationshintergrund 168,4 (Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Mikrozensus 2017) 1 am Hauptwohnsitz in Privathaushalten 24. Inwiefern ist auch Herkunft ein möglicher Indikator für Einsamkeit und was wird unternommen , sodass gesellschaftliche Integration gelingt? Sind diese Maßnahmen aus Sicht der Landesregierung ausreichend? zu Frage 24: Ob Herkunft ein möglicher Indikator für Einsamkeit sein kann, wurde von der Studie des Marktforschungsinstituts Splendid Research GmbH nicht untersucht. Das Landesintegrationskonzept Brandenburg 2017 der Landesregierung (Drucksache 6/7626) beschreibt in seinen Handlungsansätzen, Zielen und Aktivitäten die Voraussetzungen für eine gelingende Integration, die als langfristige, auf Dauer angelegte gesamtgesellschaftliche Aufgabe definiert wird. Dabei handelt es sich ausdrücklich nicht um ein in sich abgeschlossenes Maßnahmenpaket. Vielmehr wird Integration als dynamischer Prozess gesehen , für den Brandenburg mit den gesetzten Rahmenbedingungen gut aufgestellt ist. 25. Wie werden ehrenamtliche Personen, z.B. im Rahmen von Willkommensinitiativen, durch das Land unterstützt? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 10 - zu Frage 25: Im Land Brandenburg sind viele ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger in Willkommensinitiativen, in Vereinen und Verbänden im Bereich der Flüchtlingshilfe aktiv. Bei der Integrationsbeauftragten des Landes Brandenburg (MASGF) können Zuwendungen für diese Initiativen zum Aufbau einer Willkommenskultur und zur Förderung des ehrenamtlichen Engagements in der Flüchtlingsarbeit beantragt werden. Gefördert werden Projekte und Einzelmaßnahmen freier gemeinnütziger Träger, kommunaler Träger und juristischer Personen des privaten Rechts, um ehrenamtliche und lokal wirksame Willkommensinitiativen zu unterstützen. Durch das von der Integrationsbeauftragten geförderte Projekt „Stärken vor Ort - Qualifizierung von ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit engagierten Bürgerinnen und Bürgern“ des Vereins Gesellschaft für Inklusion und Soziale Arbeit e.V. werden Seminare und Workshops angeboten, welche bedarfsgerecht mit den Ehrenamtlichen entwickelt und auf die jeweilige Situation vor Ort angepasst werden. Diese Veranstaltungen finden nach den zeitlichen Vorgaben der Ehrenamtlichen an ihrem Wohnort, auch am Wochenende oder Abend, statt. Daneben bestehen seitens der Landesregierung verschiedene Unterstützungsangebote für das bürgerschaftliche Engagement (s. https://ehrenamt-in-brandenburg.de/, letzter Aufruf am 25.02.2019). Darüber hinaus fördert das „Bündnis für Brandenburg“ im Auftrag der Landesregierung zivilgesellschaftliche Projekte und Maßnahmen mit dem Ziel, Offenheit, Akzeptanz und Hilfsbereitschaft der brandenburgischen Bevölkerung zu fördern, gesellschaftliche Akteure in ihrem Engagement zu unterstützen und den solidarischen Zusammenhalt zu stärken. Die Fördermöglichkeiten durch das „Bündnis für Brandenburg“ untergliedern sich in Regionalbudgets für die achtzehn Landkreise und kreisfreien Städte zur Förderung von Projekten in deren fachlicher Zuständigkeit sowie Zuschüsse für soziale Einrichtungen bzw. Träger der Integrationsarbeit (gemeinnützige Vereine und sonstige juristische Personen des privaten sowie des öffentlichen Rechts). Mit den Fördergrundsätzen 2019 wurden insbesondere Vorhaben, die die politische und soziale Teilhabe sowie die politische Bildung von Geflüchteten nachhaltig fördern, zu einem Förderschwerpunkt erhoben. 26. Wie viele Studenten und Auszubildende leben im Land Brandenburg in einer eigenen Wohneinheit? zu Frage 26: Eine Datenbasis zu der Wohnsituation der Studierenden im Land Brandenburg ergibt sich aus der 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes. Hierbei handelt es sich um eine gemeinsam erstellte Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung sowie des Deutschen Studentenwerkes zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden in Deutschland. Für die bundesweite Studie wurde jeder sechste Studierende nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und im Sommersemester 2016 zur Befragung eingeladen. Hieran haben sich deutschlandweit 67.007 Studierende von 248 Hochschulen beteiligt. Tabelle: Wohnformen der Studierenden im Land Brandenburg im Sommersemester 2016 Wohnform Anzahl abs. Anzahl rel. in Prozent Eltern, Verwandte 111 13,8 Stud. Wohnheim: Einzelzimmer 32 4 Stud. Wohnheim: Einzelzi. in Wohngr. 42 5,2 Stud. Wohnheim: Einzelappartment 57 7 Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 11 - Wohnform Anzahl abs. Anzahl rel. in Prozent Stud. Wohnheim: Mehr-Zi.-Wohng. 16 2 Stud. Wohnheim: Zweibett-Zimmer 1 0,1 Wohnung allein 108 13,4 Wohnung mit Partn./Kind 203 25,2 Wohngemeinschaft 233 28,9 Untermiete 2 0,3 Summe 805 100 (Quelle: „Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2016 - 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks – durchgeführt durch das Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), Randauszählung zur 21. Sozialerhebung für das Land Brandenburg“, S. 4/5; http://www.sozialerhebung.de/download/21/Soz21_ra_brandenburg.pdf, letzter Aufruf am 25.02.2019) 27. Wie viele Studierende/Auszubildende kommen nicht ursprünglich aus Brandenburg und wie viele Brandenburger sind für Ausbildung/Studium in einem anderen Bundesland oder im Ausland? zu Frage 27: Hinsichtlich der Frage, wie viele Studierende ursprünglich nicht aus Brandenburg kommen, wird auf die Daten des Statistischen Bundesamtes verwiesen. Tabelle: Herkunftsland der Studierenden im Land Brandenburg im Sommersemester 2018 Land der Hochschulzugangsberechtigung Anzahl abs. Anzahl rel. in Prozent Baden-Württemberg 1.401 3,09 Bayern 1.149 2,53 Berlin 14.142 31,19 Brandenburg 12.175 26,85 Bremen 135 0,30 Hamburg 399 0,88 Hessen 870 1,92 Mecklenburg-Vorpommern 986 2,17 Niedersachsen 1.521 3,35 Nordrhein-Westfalen 2.041 4,50 Rheinland-Pfalz 422 0,93 Saarland 103 0,23 Sachsen 1.451 3,20 Sachsen-Anhalt 1.007 2,22 Schleswig-Holstein 617 1,36 Thüringen 529 1,17 Ausland 6.389 14,09 Gesamt 45.337 100 (Quelle Datenbasis: Statistisches Bundesamt; https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/ BildungForschung Kultur/Hochschulen/Hochschulen.html#Tabellen, letzter Aufruf am 25.02.2019) Zur Frage, wie viele Brandenburger für das Studium in ein anderes Bundesland gehen, wird ebenfalls wird auf die Daten des Statistischen Bundesamtes verwiesen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 12 - Tabelle: Studienorte Brandenburger Hochschulzugangsberechtigter im Sommersemester 2018 Studienort Brandenburger Hochschulzugangsberechtigter Anzahl abs. Anzahl rel. in Prozent Baden-Württemberg 1.074 2,15 Bayern 1.054 2,11 Berlin 16.721 33,41 Brandenburg 12.175 24,33 Bremen 227 0,45 Hamburg 1.058 2,11 Hessen 1.118 2,23 Mecklenburg-Vorpommern 2.983 5,96 Niedersachsen 1.160 2,32 Nordrhein-Westfalen 3.396 6,79 Rheinland-Pfalz 342 0,68 Saarland 217 0,43 Sachsen 4.683 9,36 Sachsen-Anhalt 2.122 4,24 Schleswig-Holstein 554 1,11 Thüringen 1.157 2,31 Gesamt 50.041 100 (Quelle Datenbasis: Statistisches Bundesamt; abgerufen unter: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/BildungForschungKultur/Hochschulen/Hochschulen.html#Ta bellen, letzter Aufruf am 25.02.2019) Damit studierten im Sommersemester 2018 von den bundesweit insgesamt 50.041 aus Brandenburg stammenden Studierenden 28.896 Studierende bzw. 57,74 Prozent in der gemeinsamen Hochschulregion Brandenburg/Berlin. Komplementär zu den 16.721 in Berlin studierenden Brandenburger Studierenden absolvierten 14.142 Berliner Studierende im Sommersemester 2018 ihr Studium in Brandenburg. Die Anzahl der Brandenburger Hochschulzugangsberechtigten , die für ein Studium ins Ausland gehen, wird im Rahmen der amtlichen Hochschulstatistik nicht erfasst. 28. Wie viele Studenten gehen neben der universitären Ausbildung auch einer beruflichen Tätigkeit nach? zu Frage 28: Zur Beantwortung der Frage wird auf die 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes Bezug genommen. Tabelle: Anzahl der Studierenden, welche im Sommersemester 2016 einer oder mehrerer entgeltlicher Tätigkeit(en) nachgegangen sind Anzahl der ausgeübten Tätigkeit(en) Anzahl abs.* Anzahl rel.* in Prozent Keine 221 28,10 Eine Tätigkeit 398 50,50 Zwei verschiedene Tätigkeiten 130 16,50 Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 13 - Anzahl der ausgeübten Tätigkeit(en) Anzahl abs.* Anzahl rel.* in Prozent Drei oder mehr verschiedene Tätigkeiten 39 4,90 Summe 788 100 (Quelle: „Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2016 - 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks – durchgeführt durch das Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), Randauszählung zur 21. Sozialerhebung für das Land Brandenburg“, S. 16/17; abgerufen unter: http://www.sozialerhebung.de/download/21/Soz21_ra_brandenburg.pdf) * Angaben ohne dual und berufsbegleitend Studierende Tabelle: Art der ersten Tätigkeit Art der ausgeübten Tätigkeit Anzahl abs.* Anzahl rel.* in Prozent Tätigkeit als studentische/wissenschaftliche Hilfskraft 208 38,5 Nachhilfeunterricht 24 4,4 Jobben (z. B. in einer Fabrik, einem Büro, einer Kneipe , Babysitten) 187 34,7 Tätigkeit, die einen Hochschulabschluss voraussetzt (ohne Hilfskraft) 24 4,5 Tätigkeit, die einen beruflichen Ausbildungsabschluss voraussetzt 26 4,8 Tätigkeit als Praktikant(in) 18 3,3 Tätigkeit als Volontär(in) 4 0,7 andere Tätigkeit 49 9,1 Summe 539 100 (Quelle: s.o.) * Angaben ohne dual und berufsbegleitend Studierende Tabelle: Art der zweiten Tätigkeit Art der ausgeübten Tätigkeit Anzahl abs.* Anzahl rel.* in Prozent Tätigkeit als studentische/wissenschaftliche Hilfskraft 32 20 Nachhilfeunterricht 5 3,2 Jobben (z. B. in einer Fabrik, einem Büro, einer Kneipe , Babysitten) 72 45,8 Tätigkeit, die einen Hochschulabschluss voraussetzt (ohne Hilfskraft) 7 4,5 Tätigkeit, die einen beruflichen Ausbildungsabschluss voraussetzt 10 6,3 Tätigkeit als Praktikant(in) 3 1,9 Tätigkeit als Volontär(in) 4 2,8 andere Tätigkeit 25 15,5 Summe 158 100 (Quelle: s.o.) * Angaben ohne dual und berufsbegleitend Studierende Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 14 - 29. Wie viele Jugendliche haben einen Schulabschluss, befinden sich allerdings in keiner Ausbildung? zu Frage 29: Laut der Statistik zum Ausbildungsmarkt der Bundesagentur für Arbeit gibt es 1.192 unversorgte Bewerberinnen und Bewerber im Land Brandenburg (Stand September 2018). Davon haben 1.079 Bewerbende einen Schulabschluss. 30. Wie viele Jugendliche haben keinen Schulabschluss und gehen keiner Tätigkeit nach? Was plant die Landesregierung, um diesen Menschen beispielsweise auch auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren und sie dadurch vor sozialer Isolation und den damit verbundenen Folgen zu bewahren? zu Frage 30: Nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) sind 1.902 Personen ohne Schulabschluss im Alter von 15 bis unter 25 Jahren arbeitslos gemeldet (Stand: Januar 2019, Quelle: Statistik der BA). Damit der Übergang von der Schule in den Beruf gelingt , hat die Landesregierung das Konzept Übergang Schule - Beruf (s. Drucksache 6/2711 und Bericht zur Drucksache 6/2703-B) entwickelt. Insbesondere die Maßnahmen in dem Handlungsfeld 3 "Jugendliche mit Startschwierigkeiten" sollen diese Zielgruppe langfristig in den Arbeitsmarkt integrieren. Dazu gehören auch Jugendliche ohne Schulabschluss . Diese Maßnahmen des Landes sind mit denen der Bundesagentur für Arbeit abgestimmt . Hierzu zählt beispielsweise das Landes- bzw. Bundesprogramm zur Assistierten Ausbildung. Diese bieten eine sozialpädagogische Begleitung auf dem Weg in sowie während der Ausbildung. Dabei spielt auch die soziale Integration in z.B. Freizeitaktivitäten oder Ehrenamt eine Rolle. Diese Maßnahme greift jedoch nur bei einer zumindest absehbaren Ausbildungsreife. 31. Wie viele Menschen wechseln in Brandenburg jährlich den Wohnort? zu Frage 31: Im Jahr 2017 wechselten 67.165 Menschen innerhalb Brandenburgs ihren Wohnort (Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg). 32. Wie viele Menschen sind innerhalb und außerhalb des Landes beruflich auf Montage oder für andere berufliche Tätigkeiten für einen längeren Zeitraum nicht in der Heimat? zu Frage 32: Der Landesregierung liegen mangels statistischer Daten hierzu keine Erkenntnisse vor. 33. Wie viele Menschen und Familien sind im Land von Armut betroffen und dadurch von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen? zu Frage 33: Materielle Armut ist häufig mit mangelnder gesellschaftlicher Teilhabe verbunden . Jedoch sind von Armut betroffene Menschen nicht generell vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Im Jahresdurchschnitt 2017 galten im Land Brandenburg 15 Prozent der Bevölkerung als armutsgefährdet. Dies entspricht 367.800 Personen. 142.400 dieser armutsgefährdeten Personen leben in Familien. Dies entspricht einem Anteil von 16,9 Prozent aller Familien. Tabelle: Armutsgefährdung1 der Bevölkerung insgesamt sowie in Familien mit Kindern im Land Brandenburg 2017 Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 15 - Armutsgefährdungsquote 2 (gemessen am Bundesmedian) in Prozent Armutsgefährdete Personen in Tausend Armutsgefährdungsquote /Armutsgefährdete Personen in der Bevölkerung … insgesamt 15,0 367,8 in Familien mit Kindern unter 18 Jahren 16,9 142,4 (Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Mikrozensus 2017) 1 Zur Beantwortung dieser Frage wird die Armutsgefährdungsquote herangezogen. Diese wird als Personenmerkmal über den Haushaltskontext abgeleitet. Haushalte und Familien sind jedoch nicht deckungsgleich. Es wird daher der Anteil /die Anzahl der armutsgefährdeten in Familien mit Kindern unter 18 Jahren lebenden Personen angegeben. Allerdings wird die Armutsgefährdung aus dem Haushaltsnettoeinkommen und nicht dem Familiennettoeinkommen abgeleitet. 2 Anteil der Personen mit einem Äquivalenzeinkommen von weniger als 60 % des Medians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung in Privathaushalten am Ort der Hauptwohnung. Das Äquivalenzeinkommen wird auf Basis der neuen OECD-Skala berechnet. 34. Welche konkreten Unterstützungen gibt es für mehr Teilhabe für Familien und Alleinstehende seitens des Landes? zu Frage 34: Mit dem familienpolitischen Maßnahmenpaket unterstützt die Landesregierung ein breites Spektrum an Maßnahmen für gute Rahmenbedingungen zur Teilhabe der Familien, einschließlich der Einelternfamilien, am gesellschaftlichen Leben. Die 40 im Programm enthaltenen Maßnahmen reichen von der Unterstützung der kommunalen sozialen Infrastruktur bis zu Einzelmaßnahmen der Familienbildung. Beispielhaft kann die aus Landesmitteln geförderte Servicestelle „Lokale Bündnisse für Familie“ zur Unterstützung der mehr als 50 gegründeten lokalen Bündnisse in den Städten und Gemeinden benannt werden , die sich für Familienfreundlichkeit vor Ort einsetzen. Auch die Servicestelle „Arbeitswelt und Elternzeit“ bei der Wirtschaftsförderung Brandenburg ist ein Beispiel, das sowohl für Beschäftigte als auch für Unternehmen niedrigschwellige Beratung zu Mutterschutz, Elternzeit, Beschäftigung und Weiterbildung in der Elternzeit sowie zur Rückkehr in den Beruf anbietet. Die Teilhabe für Familien einschließlich der Einelternfamilien wird durch die Förderung der Familienverbände als direkte Anlaufstellen und Interessenvertretungen für alle Familienformen gestärkt. Hierzu gehören auch die beiden Alleinerziehendenverbände. Weitere Informationen zur Unterstützung von Familien im Land Brandenburg sind den Antworten der Landesregierung auf die beiden Großen Anfragen 21 (6/6515) und 27 (6/7948) zu entnehmen. Alleinstehende finden vielfältige Unterstützungsangebote vor Ort. Ein Beispiel sind die Mehrgenerationenhäuser in den Regionen des Landes als generationenübergreifende Anlaufstellen für die Bürgerinnen und Bürger (s. auch Antwort zu Frage 41). Eine Übersicht zu den konkreten, vor Ort bestehenden Angeboten liegt der Landesregierung jedoch nicht vor. 35. Inwiefern organisieren sich die Brandenburger in Vereinen und wie entwickelt sich die Vereinskultur im Land Brandenburg? zu Frage 35: In Brandenburg engagieren sich 49 Prozent der Ehrenamtlichen in Vereinen, wohingegen 18 Prozent in individuell organisierten Gruppen, 17 Prozent in anderen formal Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 16 - organisierten Einrichtungen, 10 Prozent in staatlichen und kommunalen Einrichtungen und 7 Prozent in Kirchen oder religiösen Vereinigungen ehrenamtlich tätig sind. Wie eine Sonderauswertung des ZiviZ-Survey 2017 zeigt, sind 87,2 Prozent aller zivilgesellschaftlichen Organisationen in Brandenburg Vereine. Das Vereinsregister verdeutlicht, dass seit 1994 in Brandenburg 9.920 Vereine neu ins Vereinsregister eingetragen, aber nur 4.800 gelöscht wurden. Im August 2016 gab es im Bundesland Brandenburg 17.924 Vereine. Die Vereinsdichte im Verhältnis zur Bevölkerungszahl ist im Bundesvergleich in Brandenburg überdurchschnittlich. 62 Prozent der Brandenburger Vereine geben an, dass die Zahl ihrer Mitglieder unverändert ist, in 22 Prozent der Vereine ist die Zahl sogar gestiegen und in nur 16 Prozent ist sie gesunken. Der ZiviZ-Survey stellt fest, dass die Vereinsstrukturen in Brandenburg stabil sind (Quelle: Blanckenburg, Christine von / Metzner, Ina / Sobottka, Sarah (2018): Gutachten - Bürgerschaftliches Engagement in ländlichen Regionen Brandenburgs . Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen. Im Auftrag vom Landtag Brandenburg. S. 51ff.). 36. Wie viele Initiativen und Vereine zur Nachbarschaftshilfe sind der Landesregierung bekannt und wie kann es aus Sicht der Landesregierung gelingen, diesen Baustein der ehrenamtlichen Arbeit nachhaltig zu stärken? zu Frage 36: Neben den Strukturen des klassischen Ehrenamts, wie Parteien, Kirchen, Vereinen und Verbänden, entstanden in den letzten Jahrzehnten eine Fülle neuer Organisationsformen , wie Freiwilligenagenturen, Seniorenbüros, Selbsthilfekontaktstellen, Begegnungsstätten , Bürgerstiftungen, Mehrgenerationenhäuser oder Lokale Bündnisse für Familie. Sie alle bieten u.a. auch unterstützende Angebote zur Stärkung der Nachbarschaftshilfe an, ohne sich explizit als Initiativen und Vereine zur Nachbarschaftshilfe zu bezeichnen. Eine Übersicht über alle Angebote in Brandenburg liegt der Landesregierung nicht vor. Die deutschlandweit agierende Stiftung nebenan.de führt als ein Ziel ihrer Projektförderung an, „Anonymisierung und Vereinsamung reduzieren“ zu wollen. Der von der Stiftung verliehene Deutsche Nachbarschaftspreis ging im Jahr 2017 an das „Stadtteilnetzwerk e.V.", eine Initiative in Potsdam, die sich aktiv für mehr Begegnung und Austausch in der Nachbarschaft einsetzt. Die Nachbarschaftshilfe organisiert sich oftmals fern formaler Strukturen. Eine vom Landtag Brandenburg beauftragte Bürgerbefragung zeigt, dass 62 Prozent der Brandenburgerinnen und Brandenburger der Aussage zustimmt, dass sich in der Nachbarschaft gegenseitig geholfen wird. Knapp die Hälfte der Befragten äußerte, sich in den letzten 12 Monaten ehrenamtlich betätigt zu haben (45 Prozent). Hauptbetätigungsfeld ist das unmittelbare persönliche Umfeld: Jeder fünfte Befragte insgesamt (20 Prozent) bzw. etwas weniger als die Hälfte der ehrenamtlich Engagierten (45 Prozent) leisten Nachbarschaftshilfe. Eine hohe Motivation für ehrenamtliches Engagement verspricht die Aussicht, darüber neue Kontakte knüpfen zu können (73 Prozent) (Quelle: INFO GmbH Markt und Meinungsforschung (2018): Ergebnisbericht - Bürgerbefragung zu Einschätzungen und Zukunftserwartungen hinsichtlich regionaler Entwicklung. Im Auftrag vom Landtag Brandenburg). Die Zahlen des Freiwilligensurveys 2014 zeigen, dass das informelle Engagement (Unterstützungsleistungen für Nachbarn, Freunde, Bekannte) in Brandenburg mit 44 Prozent höher ausfällt als das formelle Engagement. Am häufigsten sind die instrumentellen Hilfen (27 Prozent), zu denen die üblichen Nachbarschaftshilfen, wie Blumen gießen, Briefkasten leeren oder Besorgungen erledigen, gehören. Anspruchsvoller und zeitaufwendiger ist die Kinderbetreuung (18 Prozent). Pflege und Unterstützung pflegebedürftiger Menschen ist im Vergleich die zeitaufwendigste und am stärksten fordernde Unterstützungsleistung. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 17 - Diese Art des informellen Engagements für Nicht-Verwandte wird immerhin von 4 Prozent der befragten Brandenburgerinnen und Brandenburger geleistet (Quelle: Blanckenburg et al. 2018, S. 48). 37. Welche weiteren Vereine/Organisationen sind der Landesregierung bekannt, die sich ganz konkret mit der Einsamkeit von Menschen befassen? 38. Inwieweit wurden in dieser Legislaturperiode derartige Vereine/Projekte durch Landesmittel unterstützt? zu Fragen 37 und 38: Aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs werden die Fragen 37 und 38 zusammen beantwortet. Hilfe gegen Einsamkeit ist in vielen Projekten und Maßnahmen für die Zielgruppe "ältere Menschen" und im Rahmen nachbarschaftlicher Unterstützungsangebote ein „Nebenprodukt“, ohne immer konkret als solches angeführt zu sein. So förderte z.B. die Brandenburger Fachstelle Altern und Pflege im Quartier (FAPIQ) 2018 im Ergebnis eines Förderaufrufes unter dem Motto „Nachbarschaft erleben“ 14 Nachbarschaftsprojekte mit rd. 45.000 Euro. Ferner wurden seitens der Landesregierung folgende Projekte ausgezeichnet, die sich auch dem Thema „Einsamkeit“ widmen: - Seniorengenossenschaft Oberhavel (Juli 2016), - Sturzprävention des Kreisseniorenrates Märkisch-Oderland (Mai 2017), - "Mein unbekannter Nachbar" (Okt. 2018) des Heimatvereins Sewekow e.V. Zu den geförderten Projekten gehört beispielsweise das Milower Männerfrühstück des Kulturvereins Milower Land e.V., das aus Mitteln der Lottokonzessionsabgabe in Höhe von 2.888,81 Euro gefördert wurde. Dieses Projekt wurde als Demografie-Beispiel des Monats April 2018 von Landesseite gewürdigt. 39. Wie viele Gemeindehäuser gibt es im Land Brandenburg, die den Einwohner/innen als öffentlicher Treffpunkt zur Verfügung stehen und wie viele wurden in den letzten 10 Jahren geschlossen? zu Frage 39: Bei der Errichtung und Unterhaltung von Gemeindehäusern handelt es sich um freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben der Kommunen. Der Landesregierung liegen daher keine genauen Informationen über die Anzahl von Gemeindehäusern im Land Brandenburg vor. Es ist jedoch bekannt, dass in nahezu allen Gemeinden und Städten im Land Brandenburg Gemeindehäuser bzw. Gemeinderäumlichkeiten zur Nutzung durch die Einwohnerinnen und Einwohner vorhanden sind. Diese Gemeindehäuser haben dabei unterschiedliche Bezeichnungen, wie z. B. Dorfgemeinschaftshaus, Gemeindezentrum, Gemeindehaus , Gemeindekulturzentrum, Mehrzweckhalle, Haus der Vereine oder Haus der Generationen. In einigen Gemeinden werden zudem die Räumlichkeiten der Feuerwehr als öffentlicher Treffpunkt oder für Veranstaltungen und Begegnungen der Einwohnerinnen und Einwohner genutzt. Diese Funktion erfüllen teilweise auch Dorfläden. Die Gemeindehäuser werden durch die Kommunen zum Teil durch die Inanspruchnahme von Förderprogrammen errichtet, erweitert, saniert und modernisiert. Soweit es in Einzelfällen zu Schließungen von Gemeindehäusern in den letzten 10 Jahren kam, liegen der Landesregierung auch hierzu keine genauen Informationen zur Anzahl und den Schließungsgründen vor. 40. Gibt es seitens des Landes Pläne, in Zukunft solche Orte zu erhalten und Kommunen bei der Nutzung/Nachnutzung dieser Häuser zu unterstützen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 18 - zu Frage 40: Spezielle Förderprogramme zur Unterstützung der Kommunen beim Erhalt oder der (Nach-)Nutzung von Gemeindehäusern bestehen nicht. Dies schließt nicht aus, dass im Rahmen von bestehenden Förderprogrammen entsprechende Maßnahmen als Teil eines Gesamtkonzepts unterstützt werden können. 41. Wie bewertet die Landesregierung die Einrichtungen der Mehrgenerationenhäuser als sozialen Treffpunkt und welche Unterstützung sollen diese Häuser seitens des Landes in den Jahren 2019/2020 erhalten? zu Frage 41: Die Landesregierung schätzt die Mehrgenerationenhäuser (MGH) im Land Brandenburg als wichtige Kontakt- und Anlaufstellen in den Kommunen. Sie haben sich zu zentralen Begegnungsorten für die dort lebenden Menschen entwickelt und halten ein breites niedrigschwelliges Angebotsspektrum für alle Familien und Generationen, für Menschen mit Behinderungen ebenso wie für Migrantenfamilien oder Alleinstehende vor. Jedes in das Bundesprogramm aufgenommene MGH wird jährlich mit 30.000 Euro vom Bund gefördert. Die Kommunen übernehmen für die 29 bundesgeförderten Mehrgenerationenhäuser im Land Brandenburg die Kofinanzierung in Höhe von 10.000 Euro. Weitere sieben Einrichtungen werden ausschließlich aus kommunalen Mitteln gefördert. Das Land Brandenburg fördert die einzelnen Mehrgenerationenhäuser nicht direkt aus Landesmitteln . Die Landesregierung setzt aber seit 2015 Fördermittel in Höhe von 70.000 Euro/Jahr für die Servicestelle bei der Landesarbeitsgemeinschaft der Mehrgenerationenhäuser im Land Brandenburg ein und unterstützt damit die Arbeit der Häuser insgesamt. III. Demografie: Einsamkeit im Alter, Pflege und Wohnformen 42. Wie viele Brandenburger sind älter als 85 Jahre, ledig oder verwitwet und leben allein? 43. Wie viele Brandenburger sind 75-84 Jahre alt, ledig oder verwitwet und leben allein? 44. Wie viele Brandenburger sind 65-74 Jahre alt, ledig oder verwitwet und leben allein? zu Fragen 42 bis 44: Aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs werden die Fragen 42 bis 44 zusammen beantwortet. Eine Differenzierung nach Altersgruppen sowie ausgewählten Personenständen und Einpersonenhaushalten innerhalb dieser Altersgruppen sind in den beiden folgenden Tabellen dargestellt. Eine weitergehende Differenzierung ist aufgrund der dann fehlenden Validität der Daten nicht möglich. Tabelle: Ältere Bevölkerung im Land Brandenburg 2017 nach Altersgruppen und ausgewählten Familienständen Altersgruppe ledig verwitwet1 65 bis unter 75 11.031 38.460 75 bis unter 85 7.088 83.478 85 und älter 2.589 45.377 (Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Bevölkerungsstatistik, Stand 31.12.2017) 1 einschließlich Lebensgemeinschaften Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 19 - Tabelle: Ältere Bevölkerung im Land Brandenburg 2017 nach Haushaltsgröße Altersgruppe Insgesamt (in Tausend) darunter in Einpersonenhaushalten (in Tausend) 65 bis unter 75 268,0 61,6 75 bis unter 85 239,6 80,0 85 und älter 56,0 30,5 (Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Mikrozensus 2017) 45. Wie viele Menschen werden zu Hause durch Angehörige gepflegt und welches Konzept verfolgt die Landesregierung, um die Pflege im privaten Umfeld zu stärken? zu Frage 45: Derzeit werden 107.985 Personen, das sind 82 Prozent aller Pflegebedürftigen im Land, in der eigenen Häuslichkeit versorgt. Für diesen Personenkreis übernehmen in der Regel Angehörige pflegerische Aufgaben. Hierbei werden sie teilweise von ambulanten Pflegediensten professionell unterstützt (38.422 Pflegebedürftige beziehen ambulante Sachleistungen), aber auch von Freundinnen und Freunden oder Nachbarinnen und Nachbarn. Pflegebedürftigkeit ist eine komplexe Lebenslage, die über das hinausgeht, was Pflegeversicherung und Familien allein leisten können. Grundlegend wichtige Rahmenbedingungen für die Lebenssituation Pflegebedürftiger und ihrer Angehöriger werden in den Städten und Gemeinden, im angestammten Sozialraum, gestaltet. Die Unterstützung lokaler Akteurinnen und Akteure bei der Schaffung und Verbesserung der Lebensbedingungen , bei der Gestaltung von Altern und Pflege im Quartier aber auch die Unterstützung pflegender Angehöriger durch Beratung, Schulung und Entlastung sind deshalb wesentliche Schwerpunkte der von der Landesregierung in 2015 gestarteten Pflegeoffensive des Landes Brandenburg. Zudem hat sich Brandenburg in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern für eine Verbesserung der Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege seitens des Bundes stark gemacht. Das Land Brandenburg war Mitantragsteller des Beschlusses „Pflegende Angehörige entlasten - Vereinbarkeit Pflege & Beruf stärken“ der 95. Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder (ASMK) 2018. In diesem wird die Bundesregierung aufgefordert, ausgehend von der Bestandsaufnahme der in den Ländern bereits vorhandenen einschlägigen Konzepte und unter Einbeziehung des Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, gesetzliche Maßnahmen und Aktivitäten wie beispielsweise Kampagnen zu konzeptionieren, zu prüfen und bundesweit umzusetzen. 46. Welchen Stellenwert nimmt die Tagespflege im Land Brandenburg ein und inwiefern soll dieser Bereich ggf. ausgebaut werden? zu Frage 46: Im Land Brandenburg gewinnt die Tagespflege zunehmend an Bedeutung. Sie kann die häusliche Pflegesituation stabilisieren, weil pflegende Angehörige Auszeiten nehmen können und ihre Familienmitglieder dennoch in guten Händen wissen. Die Tagespflegegäste erfahren tagsüber eine fachlich kompetente Pflege und Betreuung und einen strukturierten Tagesablauf. Die Tagespflege leistet einen Beitrag zur Erhaltung und Förderung der bestehenden Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen der Pflegebedürftigen. Sie können weiterhin in ihrer eigenen Wohnung leben und werden dort von ihren Angehörigen oder einem Pflegedienst unterstützt. Durch den Aufenthalt in der Tagespflege werden die Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 20 - Angehörigen effektiv entlastet und können so eine Heimunterbringung hinauszögern oder sogar ganz vermeiden. Mit Inkrafttreten des Pflegestärkungsgesetzes 2015 wurden die Pflegekassenleistungen für die Tagespflege nochmals stark erhöht. Am 15.12.2017 nahmen im Land Brandenburg 5.786 Menschen die teilstationäre Pflege in Anspruch (Quelle: Amtliche Pflegestatistik). Die teilstationäre Pflege umfasst dabei Tages- und Nachtpflege, wobei Nachtpflege nur sehr selten in Anspruch genommen wird. Entsprechend des im SGB XI verankerten Marktprinzips erfolgt der Ausbau von Tagespflegeplätzen grundsätzlich im Rahmen der unternehmerischen Freiheit der Trägerinnen und Träger von Pflegeeinrichtungen . Mit dem „Brandenburg Kredit Pflege“ können von der Investitionsbank des Landes Brandenburg geförderte Darlehen für den Auf- und Ausbau von Angeboten der Tages- und Nachtpflege gewährt werden. 47. Wie viele Menschen werden im Land Brandenburg in stationären Einrichtungen gepflegt und wie viele hiervon leben dort ohne Partner? zu Frage 47: Am 15.12.2017 wurden 24.390 Pflegebedürftige in stationären Pflegeeinrichtungen gepflegt (Quelle: Amtliche Pflegestatistik). Wie viele hiervon ohne Partnerin oder Partner leben, wird statistisch nicht erfasst. 48. Wie viele Brandenburger werden in anderen Bundesländern oder im Ausland gepflegt? zu Frage 48: Am 15.12.2017 wurden 3.147 Brandenburger Pflegebedürftige in einer ambulanten bzw. stationären Einrichtung eines anderen Bundeslandes gepflegt (Quelle: Amtliche Pflegestatistik). Zahlen darüber, wie viele Brandenburgerinnen und Brandenburger im Ausland gepflegt werden, liegen der amtlichen Statistik nicht vor. 49. Wie bewertet die Landesregierung den Zusammenhang zwischen Altersarmut und Einsamkeit? zu Frage 49: Über einen Zusammenhang von Altersarmut und Einsamkeit liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 50. Einer Simulation zufolge leben im Jahr 2040 über 800.000 Personen über einem Alter von 65 im Land Brandenburg. Aufgrund der hohen Arbeitslosenzahlen in den 90er Jahren werden dann etwa 260.000 Personen unmittelbar von Altersarmut betroffen sein. Wie bewertet die Landesregierung diese Zahlen und welche Maßnahmen werden getroffen, um dem Problem jetzt und in Zukunft zu begegnen? zu Frage 50: Der Landesregierung ist die Simulation nicht bekannt. 51. Wie viele Personen können sich im Land Brandenburg den Eigenanteil zur Pflege nicht leisten und was unternimmt die Landesregierung außerhalb von Initiativen im Bundesrat zur Lösung des Problems? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 21 - zu Frage 51: Im Laufe des Berichtsjahres 2017 erhielten im Land Brandenburg 26.302 Personen Hilfe zur Pflege; am Jahresende waren es 20.767 Personen (Amt für Statistik Berlin-Brandenburg - SB K I 3 - j / 17). Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach dem Siebenten Kapitel des Sozialgesetzbuches XII haben Personen mit Pflegegrad, die die Kosten für den notwendigen Pflegebedarf nicht aus eigenen Mitteln und vorrangigen Leistungsquellen wie der Pflegeversicherung decken können. 52. Wie viele Senioren leben in einer Wohngemeinschaft? 53. Wie viele Wohngemeinschaften für Senioren wurden in den letzten 10 Jahren gegründet ? zu Fragen 52 und 53: Aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs werden die Fragen 52 und 53 zusammen beantwortet. Die Landesregierung erhebt keine Daten über Seniorinnen und Senioren, die in Wohngemeinschaften leben oder Wohngemeinschaften gegründet haben. 54. Wie viele weitere alternative Wohnprojekte, beispielsweise in Form von Genossenschaften , wurden in den letzten 10 Jahren gegründet? zu Frage 54: Der Landesregierung liegen mangels statistischer Daten hierzu keine Erkenntnisse vor. 55. Wie bewertet die Landesregierung den Markt für: 1. den bezahlbaren Wohnraum, 2. den barrierefreien Wohnraum und 3. den Wohnraum für Wohngemeinschaften? zu Frage 55: Die Wohnungsmärkte im Land Brandenburg weisen aufgrund der regionalen Wanderungsbewegungen und der räumlich stark divergierenden demografischen Trends eine heterogene Struktur auf. Während die Umlandgemeinden Berlins von den Stadt- Umland-Wanderungen aus der Hauptstadt profitieren, kommt es im weiteren Großraum der Metropolregion Berlin-Brandenburg zu größeren Wanderungsverlusten. Neben der Quantität entwickelt sich die Wohnungsnachfrage auch hinsichtlich ihrer Qualität. Während in der zurückliegenden Zeit vor allem Arbeitslose, Sozialleistungsempfangende und Alleinerziehende preiswerten und/oder geförderten Wohnungsbau nachfragten, hat sich aufgrund der gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklungen die Nachfrage in diesen Wohnungsmarktsegmenten auf weitere Bevölkerungsgruppen ausgedehnt. Unter anderem durch eine zunehmende Anzahl von Personen in Altersarmut, durch Zugewanderte ohne aktuelle Arbeitsperspektive und durch eine steigende Anzahl sogenannter „Aufstocker“ im SGB II. Das Angebot von barrierefreien Wohnungen ist in nahezu allen Regionen des Landes nicht auskömmlich. Deshalb hat das Land Brandenburg bereits frühzeitig im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung reagiert und fördert insbesondere die Erstellung und Herrichtung barrierefreier sowie barrierearmer Wohnungen. Für Maßnahmen der sozialen Wohnraumförderung werden daher aus dem Landeswohnungsbauvermögen jährlich 100 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Dem Land selbst liegen keine belastbaren Zahlen vor, ob und in welchem Umfang Wohnraum für Wohngemeinschaften geeignet wäre. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 22 - 56. Inwiefern unterstützt die Landesregierung die Gründung solcher Wohngemeinschaften und weiterer alternativer Wohnformen für Senioren? zu Frage 56: Das Brandenburgische Wohnraumförderungsgesetz, das sich derzeit im parlamentarischen Verfahren befindet, ist ein wichtiger Baustein für die Wohnraumversorgung und für soziale Gerechtigkeit im Land Brandenburg. Für Menschen mit niedrigem Einkommen , für Studierende und Auszubildende, für Menschen mit Behinderungen und für Ältere wird es leichter, in mietpreis- und belegungsgebundene Wohnungen zu ziehen. Zusätzlich wird der Berechtigtenkreis um gemeinschaftliche Wohnformen erweitert. Durch die Möglichkeit der Abweichung zum Beispiel vom Haushaltsbegriff, vom Erfordernis eines Wohnberechtigungsscheins oder von den Einkommensgrenzen kann den Anforderungen besonderer Wohnformen auch für Menschen mit Behinderungen oder Wohngemeinschaften zur Unterstützung im Alter besser Rechnung getragen werden. 57. Jährlich investieren Bund und Land etwa 100 Mio. EUR in sogenannte Städtebaufördermittel : Wie viel wurde hiervon zuletzt für seniorengerechtes und bezahlbares Wohnen verwendet? zu Frage 57: Im Gesamtkontext der Großen Anfrage wird davon ausgegangen, dass abweichend von der Formulierung der Frage 57 nicht die Städtebauförderungsmittel sondern die Mittel der sozialen Wohnraumförderung gemeint sind. Dies korrespondiert auch mit der Summe der genannten 100 Mio. Euro jährlich. Gefördert werden im Mietwohnungsbau der Neubau sowie die Modernisierung- und In-standsetzungsmaßnahmen. Entsprechend der Vorgaben der Richtlinien sind bei Neubaumaßnahmen für mindestens 75 Prozent (bei der Modernisierung und Instandsetzung 50 Prozent) aller geförderten Wohnungen Mietpreisund Belegungsbindungen zu vereinbaren. In 2017 und 2018 wurden insgesamt 1.217 Mietwohnungen gefördert. 754 dieser Wohnungen sind barrierefrei. Das entspricht mehr als der Hälfte der geförderten Wohnungen. Hierfür wurden 127 Mio. Euro Fördergelder zugesagt. Die barrierefreien Wohnungen sind selbstverständlich auch zur Unterbringung von Seniorinnen und Senioren sowie mobilitätseingeschränkten Personen geeignet. Eine unmittelbare Zweckbestimmung zugunsten ausschließlich dieses Personenkreises wird jedoch nicht vereinbart. Vielmehr ist es Sache des für den Bauort zuständigen Wohnungsamtes bzw. der sonstigen zuständigen Stelle, entsprechende Priorisierungen für Personengruppen mit besonderen Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt vorzunehmen. IV. Gesundheit 58. Wie viele Personen mit einer Behinderung leben allein und wie viele davon gehen keiner schulischen/ beruflichen Tätigkeit nach? zu Frage 58: Der Landesregierung liegen mangels statistischer Daten hierzu keine Erkenntnisse vor. 59. Wie schätzt die Landesregierung gesundheitliche und/oder wirtschaftliche Spätfolgen von Einsamkeit ein? Zu Frage 59: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse zu den wirtschaftlichen Spätfolgen von Einsamkeit vor. Es gibt in der epidemiologischen Forschung Erkenntnisse zum Zusammenhang von sozialer Isolation, Einsamkeit und Gesundheit. Beeinträchtigungen Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 23 - der Gesundheit und funktionelle Einschränkungen finden sich eher bei Personen, die weniger soziale Teilhabe erleben, weniger Kontakte mit Freunden und Verwandten pflegen sowie Beziehungen als weniger befriedigend einschätzen. Menschen, deren Gesundheitszustand objektiv oder subjektiv schlechter ist, berichten über ein höheres Maß an Einsamkeit . Menschen in sozialer Isolation haben ein erhöhtes Krankheitsrisiko. Personen, denen es an sozialen Bindungen mangelt, weisen ein höheres Sterblichkeitsrisiko auf. Soziale Isolation und Einsamkeit sind als Risikofaktoren zu betrachten - ähnlich wie körperliche Inaktivität und Adipositas. Ein eindeutiges Ursache-Wirkungs-Verhältnis liegt nicht vor. Krankheit kann neben anderen Faktoren zu sozialer Isolation beitragen. Umgekehrt kann durch soziale Isolation die Wahrscheinlichkeit steigen, krank zu werden. 60. In kaum einem anderen Bundesland sind die Quoten von Herzkrankheiten und Diabeteserkrankungen derart besorgniserregend wie in Brandenburg. Liegen der Landesregierung hierzu aktuelle Zahlen vor und gibt es aus Sicht der Landesregierung auch einen Zusammenhang zwischen der sozialen Isolation und diesen gesundheitlichen Folgen? zu Frage 60: Aktuelle Zahlen zur Häufigkeit von Herzkrankheiten lassen sich aus der Krankenhausdiagnosestatistik entnehmen. 2017 wurden im Land Brandenburg für Krankheiten des Kreislaufsystems (ICD 10: I00-I99) 2.853 Behandlungsfälle männlich und 1.753 Behandlungsfälle weiblich je 100.000 Einwohner gezählt (altersstandardisiert, Basis: Alte Europastandardbevölkerung). Die Fallzahl liegt in Brandenburg höher als in Deutschland insgesamt (2.540 Fälle männlich, 1.622 Fälle weiblich), allerdings ist der Unterschied in den letzten Jahren kleiner geworden, insbesondere bei den Frauen (Quelle: gbe-bund.de Diagnosedaten der Krankenhäuser). Die Häufigkeit von Diabetes mellitus Typ 2 in Brandenburg im Vergleich zu den anderen Bundesländern lässt sich der beigefügten Abbildung (Anlage) entnehmen. Die Daten beruhen auf Abrechnungsdaten der Krankenkasse BAR- MER (vgl. Graf, C. (2018): Regionale Prävalenzen des Diabetes mellitus in Deutschland. Eine Auswertung mittels GKV-Daten der BARMER. Wuppertal, 14.11.2018. Online verfügbar unter https://www.barmer.de/blob/171334/86ebe71e4fe3368efa96c- 23637c8ea64/data/dl-diabetes-atlas.pdf, letzter Aufruf am 7.2.2019). Diabetes mellitus Typ 2 ist in den östlichen Bundesländern häufiger als in den westlichen. Unter den östlichen Bundesländern ist die Häufigkeit in Sachsen und Sachsen-Anhalt noch größer als in Brandenburg . Die Häufigkeit von Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems wie von Diabetes mellitus Typ 2 steht im Zusammenhang mit genetischen und metabolischen Risikofaktoren , verhaltensbezogenen Risikofaktoren sowie sozialen und strukturellen Risikofaktoren. Soziale Isolation ist ein Aspekt der sozialen Risikofaktoren. 61. Welche weiteren Spätfolgen sind der Landesregierung bekannt, die durch Einsamkeit hervorgerufen werden können? zu Frage 61: Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 62. Gibt es aus der Sicht der Landesregierung einen grundsätzlichen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Drogen/ Alkohol und Einsamkeit sowie von Spielsucht und Einsamkeit? 63. Wie viele Menschen im Land sind in diesem Zusammenhang von einer solchen Abhängigkeit betroffen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 24 - zu Fragen 62 und 63: Wegen des inhaltlichen Zusammenhangs werden die Fragen 62 und 63 zusammen beantwortet. Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Drogen (einschließlich Alkohol) und pathologischem Glücksspiel auf der einen Seite und sozialer Isolation und Einsamkeit auf der anderen Seite. Der Zusammenhang ist allerdings komplex. Substanzkonsum kann zu sozialer Isolation und Einsamkeit beitragen wie auch umgekehrt soziale Isolation zu Substanzkonsum beitragen kann. Außerdem bestehen - wie in der Antwort auf Frage 60 dargestellt - immer auch weitere Risikofaktoren. Zur Frage , wie viele Menschen im Land Brandenburg von substanzbezogenen Suchtkrankheiten und pathologischem Glücksspiel betroffen sind, gibt es Schätzungen auf der Basis von bundesweiten Studien, die für Tabak und Alkohol Daten spezifisch für Brandenburg ausweisen (siehe nachstehende Tabelle). Tabelle: Substanzbezogene Störungen und pathologisches Glücksspiel - Schätzungen des Anteils in der Bevölkerung in Prozent Tabak Regelmäßiger Konsum Brandenburg Alkohol Risikokonsum Brandenburg Illegale Drogen Klinisch relevanter Konsum Deutschland Pathologisches Glücksspiel Deutschland Frauen 22 % 9 % 1,2 %* 0,5 % Männer 31 % 16 % 1,2 % Quellen RKI Geda 2014/2015 RKI Geda 2014/2015 IFT Institut f Therapieforschung , Epidemiologischer Suchtsurvey 2015 BZgA, Befragung zum Glücksspielverhalten 2017 * Nicht nach Geschlecht ausgewiesen 64. Wie viele Menschen leiden in Brandenburg insgesamt an einer psychischen Erkrankung und wie bewertet die Landesregierung die Situation in den Bereichen der ambulanten und stationären Betreuung? zu Frage 64: Über die Häufigkeit psychischer Erkrankungen gibt es keine spezifischen Daten für das Land Brandenburg. Nach Studien des Robert Koch-Instituts tritt in der Erwachsenenbevölkerung innerhalb eines Jahres bei 33 Prozent der Frauen und 22 Prozent der Männer eine psychische Störung (ohne Nikotinabhängigkeit) auf (vgl. Jacobi, F. et al. (2014): Psychische Störungen in der Allgemeinbevölkerung. Nervenarzt 85, 77–87 DOI 10.1007/s00115-013-3961-y). Angststörungen bilden mit insgesamt 15 Prozent die größte Störungsgruppe, gefolgt von unipolaren Depressionen (8 Prozent) und Störungen durch Alkohol- oder Medikamentenkonsum (6 Prozent). Bei manchen Störungen (z. B. spezifischen Phobien) sind Behandlungen nicht unbedingt indiziert. Nicht alle Menschen mit psychischen Störungen wünschen eine Behandlung. Die Angebote zur Versorgung von Menschen mit psychischen Störungen sind in den letzten Jahren ausgebaut worden. Insbesondere ist die Zahl ambulant tätiger ärztlicher und psychologischer Psychotherapeutinnen und -therapeuten stark gewachsen. Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KV BB) weist für alle Planungsbereiche (im Wesentlichen die Landkreise) eine gute Versorgung für Psychotherapie aus (Versorgungsgrad von 111 Prozent bis 132 Prozent; zuletzt abgerufen am 8.02.2019 www.kvbb.de/praxis/zulassung/bedarfsplanung/versorgungssituation). Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 25 - Für das Gebiet der Nervenheilkunde (und Psychiatrie) stellt die KV BB bis auf eine Ausnahme ebenfalls eine befriedigende Versorgung fest. In allen Landkreisen und kreisfreien Städten unterhalten die psychiatrischen Kliniken und Fachabteilungen der Krankenhäuser insgesamt 18 psychiatrische Institutsambulanzen (PIA nach § 118 SGB V) mit weiteren 14 Nebenstellen. Die psychiatrischen Institutsambulanzen sind speziell für Kranke vorgesehen , die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung eine krankenhausnahe Versorgung brauchen. Ziel ist es, Krankenhausaufnahmen zu vermeiden, stationäre Behandlungszeiten zu verkürzen und Behandlungsabläufe zu optimieren. Das Land Brandenburg hat umgerechnet auf die Einwohnerzahl eine vergleichsweise große stationäre Behandlungskapazität (Daten von 2015: 1,03 Betten pro Einwohner, Bundesdurchschnitt 0,87 Betten ) (vgl. Tabellenanhang zum Bericht "Psychiatrie in Deutschland - Strukturen, Leistungen , Perspektiven" der AG Psychiatrie der Obersten Landesgesundheitsbehörden an die Gesundheitsministerkonferenz 2017). Nach wie vor besteht eine Sektorierung des Versorgungssystems (ambulant, stationär, komplementär), die für Erkrankte schwer verständlich ist, Versorgungsbrüche fördert und eher ineffizient ist. Ein abgestimmter, interdisziplinärer, sektorenübergreifender und regional verankerter Gesamtversorgungsprozess, der dem Bedarf und den Bedürfnissen Erkrankter gerecht wird, ist in Brandenburg wie auch in Deutschland insgesamt noch nicht hinreichend etabliert. 65. Wie viele Suizide und Suizidversuche gab es in den letzten 10 Jahren und welche Ursachen lagen hier zugrunde? (Wenn möglich mit der Bitte um Auflistung nach Geschlecht, Alter und Herkunft der Personen.) zu Frage 65: In Brandenburg verzeichnete die Todesursachenstatistik für das Jahr 2016 insgesamt 302 Suizide. In den Jahren zwischen 2007 und 2016 ging die Anzahl der Suizide in Brandenburg von 325 auf 302 Fälle zurück. Tabelle: Entwicklung der Suizide in Brandenburg nach Geschlecht 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 weiblich 63 54 66 68 57 56 70 77 98 76 männlich 262 230 200 235 222 239 248 243 231 226 insgesamt 325 284 266 303 279 295 318 320 329 302 (Quelle: Todesursachenstatistik, gbe-bund.de) Der Rückgang wird noch deutlicher, wenn man von den altersstandardisierten Suizidraten ausgeht, bei denen die demographische Veränderung ausgeblendet wird. Obwohl der Anteil alter Menschen an der Bevölkerung in den letzten Jahren gestiegen ist, zeigt sich dies nicht in höheren Suizidzahlen. Im Altersverlauf nimmt die Suizidrate bundesweit wie auch in Brandenburg zu. Insbesondere hochaltrige Männer über 85 Jahre sind gefährdet. Im Jahr 2016 waren unter den 302 Brandenburgern, die sich das Leben nahmen, 226 Männer und 76 Frauen. 75 Prozent aller Suizide wurden von Männern ausgeführt. Auch bundesweit lag die jährliche Suizidrate von Männern dreimal so hoch wie die der Frauen. In den Jahren 2007 bis 2016 betrafen im Mittel rund 1 Prozent aller Suizide in Brandenburg Personen nicht deutscher Herkunft (Spanne: 0,8 - 2,2 Prozent), während bundesweit dieser Anteil im Mittel bei rund 5 Prozent lag und im Trend anstieg (Spanne von 4,2 Prozent im Jahr 2007 bis 6,1 Prozent im Jahr 2016). Landtag Brandenburg Drucksache 6/11216 - 26 - Die Ursachen für Suizide sind vielschichtig. Selbsttötungen sind oft eng mit psychischen Erkrankungen assoziiert, insbesondere Depressionen. Im hohen Alter erhöhen fehlende Heilungsaussichten bei schweren chronischen Erkrankungen das Suizidrisiko. Der Landesregierung liegen mangels statistischer Daten keine Erkenntnisse zu Suizidversuchen vor. 66. Wie viele Personen wurden bei Polizei und Ordnungsämtern wegen drohender Verwahrlosung aktenkundig? zu Frage 66: In Fällen einer drohenden Verwahrlosung sind in erster Linie die kommunalen Sozialämter oder die Gesundheitsämter, in Ausnahmefällen auch die örtlichen Ordnungsbehörden , zuständig. Der Landesregierung liegen mangels statistischer Daten keine Erkenntnisse zu dieser Frage vor. 67. Wie viele gesetzliche Betreuer unterstützen diese Personen und wie groß ist der grundsätzliche Bedarf an Betreuungspersonen? zu Frage 67: Die zur Verfügung stehenden Statistiken weisen die Gesamtzahl der anhängigen Betreuungsverfahren aus. Der Landesregierung liegen mangels statistischer Daten keine Erkenntnisse zu den Betreuungspersonen vor, die für von drohender Verwahrlosung betroffene Personen bestellt sind. Auch zur Frage des Bedarfs an Betreuungspersonen kann keine Aussage getroffen werden. Die Statistik weist nur aus, in wie vielen Betreuungsverfahren eine Betreuungsperson benötigt wird. Da eine Betreuungsperson mehrere Betreuungen übernehmen kann und in einzelnen Betreuungsverfahren mehrere Betreuungspersonen z. B. für verschiedene Bereiche bestellt werden können, lässt sich aus der Zahl der Betreuungsverfahren nicht ohne weiteres auf die Zahl der mindestens benötigten Betreuungspersonen schließen. 68. Welche Maßnahmen können seitens der Behörden ergriffen werden, um verwahrloste und vereinsamte Menschen zu unterstützen? zu Frage 68: Über die in den vorstehenden Antworten geschilderten Maßnahmen zur Unterstützung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hinaus reagieren bei drohender Vereinsamung und Verwahrlosung zuständigkeitshalber die entsprechenden Kommunalbehörden (s. Antwort zur Frage 66). Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kann auch eine Betreuung für diese Personen angeordnet werden. Anlage/n: 1. Anlage Anlage Abbildung zu Frage 60: Standardisierte Diabetesprävalenz nach Bundesland 2017 (Quelle: Graf, C. (2018): Regionale Prävalenzen des Diabetes mellitus in Deutschland. Eine Auswertung mittels GKV-Daten der BARMER. Wuppertal, 14.11.2018. Online verfügbar unter https://www.barmer.de/blob/171334/86ebe71e4fe3368efa96c23637c8ea64/data/dl-diabetes-atlas.pdf, letzter Aufruf am 7.2.2019)