Landtag Brandenburg Drucksache 6/11257 6. Wahlperiode Eingegangen: 24.04.2019 / Ausgegeben: 29.04.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4417 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Axel Vogel (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/10794 Förderung des bürgerschaftlichen Engagements aus Landesmitteln Namens der Landesregierung beantwortet der Chef der Staatskanzlei die Kleine Anfrage wie folgt: Das Gutachten „Bürgerschaftliches Engagement in Brandenburg“ für die Enquete 6/1 sieht Brandenburg in der Spitzengruppe, was die Engagement fördernden Einrichtungen betrifft (Nexus-Institut 2018). Hierbei werden Freiwilligenagenturen als die Engagement- Infrastruktur mit dem höchsten Wirkungsgrad genannt, die insbesondere lokal (Städte und Gemeinden plus Umland) wirksam wird. In den ländlichen Regionen fehlt es oft an dieser Infrastruktur. Zugleich lautet die wichtigste Forderung von Engagierten im ländlichen Raum laut Gutachten „Information und Beratung zum Ehrenamt“ (60 %), was zu den klassischen Aufgaben von Freiwilligenagenturen gehört. Auch Weiterbildung im Ehrenamt, die von Freiwilligenagenturen geleistet wird (sofern die Ressourcen vorhanden sind), wird von Engagierten im ländlichen Raum häufig gewünscht (42%). Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (LAGFA) zählt derzeit 21 Mitglieder, die überwiegend in freier Trägerschaft arbeiten. Die Freiwilligenagenturen sind mit ihren Trägern wichtige Experten nicht nur in der Freiwilligenarbeit, sondern in der Förderung und Anerkennung des bürgerschaftlichen Engagements insgesamt. Sie sind eine wichtige Schnittstelle zwischen Bürgern , Unternehmen und Kommunen und leisten durch ihre Fachkompetenz und ihre Kenntnisse der Probleme vor Ort einen enormen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer demokratischen Zivilgesellschaft. Mit dem Haushalt 2019/2020 stellt die Landesregierung beträchtliche neue Mittel für Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zur Verfügung. Wir fragen die Landesregierung: 1. Dienen die Mittel in erster Linie der Stärkung bestehender Engagement-Strukturen oder sollen damit neue geschaffen werden? zu Frage 1: Ziel der Landesregierung ist, eine flächendeckende und nachhaltige Infrastruktur zur Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements auf- und auszubauen. Aus diesem Grund werden sowohl neue Strukturen geschaffen, als auch bestehende gestärkt. Zusätzlich zu den bestehenden Strukturen sollen schrittweise in den Kommunalverwaltungen aller Brandenburger Landkreise und kreisfreien Städte „Engagement-Stützpunkte“ eingerichtet werden. Vorbild dieser „Engagement-Stützpunkte“ ist die „Koordinierungsstelle für Freiwilligenarbeit & Bürgerengagement“ im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Die Perso- Landtag Brandenburg Drucksache 6/11257 - 2 - nalstellen der Engagement-Stützpunkte sollen von Land und Landkreis/kreisfreier Stadt gemeinsam finanziert werden. In 2019 werden im Landkreis Uckermark und in der kreisfreien Stadt Frankfurt/Oder die ersten beiden neuen Engagement-Stützpunkte eingerichtet . In 2020 sollen vier weitere neue Engagement-Stützpunkte entstehen. Die bestehende Engagement-Infrastruktur wird zum einen dadurch gestärkt, dass die bestehende „Koordinierungsstelle für Freiwilligenarbeit & Bürgerengagement“ im Landkreis Potsdam- Mittelmark in den Jahren 2019/2020 anteilig vom Land finanziert wird. Zum anderen wird in 2019 aus Landesmitteln eine Geschäftsstelle der Lagfa Brandenburg eingerichtet, wodurch die bestehenden Freiwilligenagenturen hauptamtliche Unterstützung erhalten. 2. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass keine Parallelstrukturen entstehen? zu Frage 2: Die positiven Erfahrungen der 15-jährigen Arbeit der „Koordinierungsstelle für Freiwilligenarbeit & Bürgerengagement“ im Landkreis Potsdam-Mittelmark zeigen, dass derartige landkreisweite Beratungs-, Vernetzungs- und Anlaufstellen eine immer wichtiger werdende Funktion für die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements erfüllen. Mit dem Aufbau einer flächendeckenden Struktur kommunaler Ansprechpartner wird keine Parallelstruktur aufgebaut, sondern die Kommunen erhalten vom Land Unterstützung, um die lange überfällige öffentliche Aufgabe der Engagementförderung vor Ort umsetzen zu können. Beim Aufbau der Engagement-Stützpunkte werden die lokalen Freiwilligenagenturen einbezogen. 3. Nach welchem inhaltlichen Konzept und mit welchen konkreten Zielsetzungen sollen die Mittel eingesetzt werden, insbesondere mit Blick auf: a) Verbesserung der Finanzierung bestehender Freiwilligenagenturen b) Aufbau zusätzlicher Engagement-Infrastruktur, insbesondere in ländlichen Regionen, die bisher über keine Strukturen zur Engagement-Förderung verfügen zu Frage 3: Im Engagementbereich können kaum eigene Einnahmen generiert werden, weshalb nicht zuletzt seit der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements “ (2002) die Förderung von Infrastruktureinrichtungen als eine öffentliche Aufgabe angesehen wird. Ziel der Landesregierung ist, eine flächendeckende und nachhaltige Infrastruktur zur Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements auf- und auszubauen . Will eine fördernde Engagementpolitik eine aktive Bürgerschaft stärken, muss sie in den Kommunen ansetzen. Vor Ort müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die selbstbestimmte Handlungsspielräume eröffnen, Beteiligung ermöglichen und Respekt und Anerkennung bringen. Durch die Ansiedlung der „Engagementstützpunkte“ in den Kommunalverwaltungen der Landkreise und kreisfreien Städte sollen kommunale Ansätze der Engagementpolitik unter Berücksichtigung der vorhandenen Praxis entstehen. Die Engagementförderung wird somit zu einem kommunalen Anliegen, das von der Kommunalpolitik und -verwaltung politisch und finanziell mitgetragen wird und damit nachhaltig installiert werden kann. zu Frage 3a) Bestehende Freiwilligenagenturen werden durch die Einrichtung einer Geschäftsstelle der Lagfa Brandenburg unterstützt. Damit verbunden ist die Einberufung eines Beirats zur Beratung der Geschäftsstelle. Der Geschäftsstelle werden 2019/2020 zusätzliche Landesmittel zur Auszahlung von Aufwandsentschädigungen und Sachkosten für den Beirat bereitgestellt. Aus Lottomitteln wird die Lagfa Brandenburg in 2019 überdies Landtag Brandenburg Drucksache 6/11257 - 3 - dabei unterstützt, eine landesweite, webbasierte Infrastruktur der Freiwilligenagenturen mit Hilfe der Datenbank Freinet aufzubauen. zu Frage 3b) Ziel ist, in allen Landkreisen und kreisfreien Städten Engagement- Stützpunkte einzurichten. Damit werden auch ländliche Regionen, die bisher wenig engagementfördernde Infrastruktur haben, einen Anlaufpunkt für das Ehrenamt erhalten. 4. In welcher Weise wurde die LAGFA in diese Konzepterstellung einbezogen? zu Frage 4: Die Lagfa Brandenburg wurden von Beginn an in die Planungen des Vorhabens einbezogen. Ein enger Kontakt mit den beiden Sprecherinnen der Lagfa und die regelmäßigen Sitzungen der Lagfa in der Staatskanzlei Brandenburg sichern den kontinuierlichen Austausch. In einem Gespräch am 3. Dezember 2018 wurde das Konzept zu den „Engagement-Stützpunkten“ mit den Lagfa-Sprecherinnen intensiv diskutiert und die Staatskanzlei nahm die Vorschläge und Praxiseinblicke dankend entgegen. Auch die Idee eines „Engagement-Stützpunktes“ wurde in diesem Gespräch entwickelt. Als ein zentraler Punkt wurde aufgenommen, dass in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt auf die bestehenden Gegebenheiten eingegangen werden muss. Bei der Lagfa-Sitzung am 11. Februar 2019 stellte der Leiter der Koordinierungsstelle für bürgerschaftliches Engagement in der Staatskanzlei den aktuellen Stand der Planungen vor und beantwortete alle offenen Fragen. Dabei ging es vor allem auch um die Einrichtung einer Geschäftsstelle der Lagfa Brandenburg. Auf der Sitzung wurde bereits über die mögliche personelle Besetzung dieser Stelle diskutiert. Der Landrat von Potsdam-Mittelmark und die Koordinatorin für Freiwilligenarbeit & Bürgerengagement und Sprecherin der Lagfa präsentierten am 25.03.2019 in einer Pressekonferenz gemeinsam mit dem Chef der Staatskanzlei, die beiden Vorhaben „Einrichtung von Engagement-Stützpunkten“ und „Auszahlung eines Mobilitätszuschusses für Ehrenamtliche“. Auch in der weiteren Umsetzung der Vorhaben wird eng mit der Lagfa Brandenburg zusammengearbeitet. 5. Wie werden die Mittel vergeben? zu Frage 5: Die Landesmittel werden an die Landkreise/kreisfreien Städte und den Träger der Geschäftsstelle der Lagfa Brandenburg übertragen. Die laufenden Verwaltungsverfahren sind noch nicht abgeschlossen. 6. Können sich auch freie Träger von Freiwilligenagenturen um die Mittel bewerben? Wenn ja, wann wird hierzu eine entsprechende Landes-Förderrichtlinie veröffentlicht? zu Frage 6: In der ersten Förderphase 2019/2020 ist keine direkte Förderung von freien Trägern von Freiwilligenagenturen geplant. Ziel der Förderung ist eine flächendeckende Infrastruktur. Da die Freiwilligenagenturen über das Flächenland Brandenburg ungleich verteilt sind, könnte eine reine Förderung der Freiwilligenagenturen nicht zu diesem Ziel führen. Um die Freiwilligenagenturen dennoch zu unterstützen, wird eine Lagfa- Geschäftsstelle eingerichtet. 7. In welcher Weise müssen Kommunen oder freie Träger die Mittel aus dem Landeshaushalt kofinanzieren? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11257 - 4 - zu Frage 7: Die Finanzierung der Engagement-Stützpunkte soll eine gemeinsame öffentliche Aufgabe sein. Es soll daher eine anteilige Finanzierung geben, wobei der Anteil der Landkreise und kreisfreien Städte je nach den bestehenden Möglichkeiten variieren kann. Der Anteil aus Landesmitteln beträgt in den Haushaltsjahren 2019/2020 maximal 50.000 Euro jährlich pro Engagement-Stützpunkt. 8. Wie sichert das Land ab, dass die Mittel aus dem Landeshaushalt zusätzlich wirksam werden und bisher geleistete kommunale Aufwendungen und Aufwendungen freier Träger zur Finanzierung von Freiwilligenagenturen und anderen Strukturen der Engagement- Förderung beibehalten werden? zu Frage 8: Wie das Vorbild „Koordinierungsstelle für Freiwilligenarbeit & Bürgerengagement “ im Landkreis Potsdam-Mittelmark zeigt, erfüllt eine beim Landkreis oder bei der kreisfreien Stadt angesiedelte Stelle andere, übergreifende Aufgaben, die jene von Freiwilligenagenturen und anderen Infrastruktureinrichtungen nicht ersetzen können. Die Aufgabe der kommunalen Stellen wird es hingegen sein, auf die vorhandenen Einrichtungen hinzuweisen und das Wissen um die bestehenden Angebote zu verbreiten. Auch sollen die neuen Stellen „Sprachrohr“ des lokalen Ehrenamts sein und die Kreis- und Landespolitik auf bestehende Probleme hinweisen. Ein Ziel ist, die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen lokaler Zivilgesellschaft und Politik und Verwaltung zu stärken. 9. Stehen auch Mittel zur Verfügung, um die Arbeit der LAGFA Brandenburg besser zu finanzieren? Wenn ja, in welcher Höhe? zu Frage 9: Für die Einrichtung einer Geschäftsstelle der Lagfa-Brandenburg werden weitere Mittel zur Verfügung gestellt. Überdies werden in den beiden Jahren zusätzliche Mittel an den Träger übertragen, um eine Auszahlungsstelle des „Mobilitätszuschusses für Ehrenamtliche “ einzurichten. In den Mitteln enthalten sind Gelder zur Auszahlung von Aufwandsentschädigungen und Sachkosten für den neu eingerichteten Beirat der Lagfa Brandenburg. Über die Höhe der nötigen Mittel werden noch weitere Gespräche geführt. Nach derzeitigem Planungsstand wird die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal Träger der Geschäftsstelle der Lagfa Brandenburg und der Auszahlungsstelle des „Mobilitätszuschusses für Ehrenamtliche“. Auf diesem Weg können die Freiwilligenagenturen den Mobilitätszuschuss für die Ehrenamtlichen vor Ort auf kurzem Weg beantragen.