Landtag Brandenburg Drucksache 6/11286 6. Wahlperiode Eingegangen: 30.04.2019 / Ausgegeben: 06.05.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4485 des Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/10984 Umgang mit und Entsorgung von Kunststoffen in der Landwirtschaft Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Seit einigen Jahren werden in der Landwirtschaft auch auf freiem Feld verstärkt Kunststoffe eingesetzt, etwa als Auflage auf dem Boden. Manche Foliensorten werden mit einer langen Beständigkeit im Abverkauf beworben. Die ökologischen Auswirkungen eines flächendeckenden Folieneinsatzes wie bspw. das Artensterben in Vogelschutzgebieten sind bereits seit längerem in der Diskussion (siehe Drucksache 6/9176), ebenso die ästhetischen Auswirkungen. Nun gibt es vermehrt Hinweise auf Defizite im Einsatz und bei der Entsorgung dieser Folien. So wurde bspw. im Landkreis Oberspreewald -Lausitz (OSL) durch die Kreisbehörde ein Ordnungsverfahren gegen einen Landwirt wegen Ablagerung großer Mengen Folien- und Bewässerungsschlauchreste eingeleitet . Rechtliche Grundlagen und statistische Daten 1. Welche gesetzlichen oder untergesetzlichen Leitlinien und Vorschriften regeln den Umgang mit Kunststoffen in der Landwirtschaft, von der Beschaffung bis zur Entsorgung (bitte konkret auflisten mit Regelungsinhalt, Art der Vorschrift und Quellenangabe)? Zu Frage 1: Bezeichnung Reglungsinhalt Art der Vorschrift Quellenangabe Kreislaufwirtschaftsgesetz Allgemeine Anforderungen an die ordnungsgemäße Entsorgung von Kunststoffen Gesetz Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 9 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) geändert worden ist Verpackungsgesetz Anforderungen an die ordnungsgemäße Entsorgung von Verpackungen Gesetz Verpackungsgesetz vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2234) Landtag Brandenburg Drucksache 6/11286 - 2 - aus Kunststoff Gewerbeabfallverordnung Anforderung an die Entsorgung von Abfällen aus Gewerbebetrieben Verordnung Gewerbeabfallverordnung vom 18. April 2017 (BGBl. I S. 896), die durch Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2234) geändert worden ist Bioabfallverordnung Anforderungen an die Entsorgung biologisch abbaubarer Kunststoffabfälle , Anforderungen an max. Störstoffgehalte an aus Bioabfällen erzeugten Komposten Verordnung Bioabfallverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 2013 (BGBl. I S. 658), die zuletzt durch Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung vom 27. September 2017 (BGBl. I S. 3465) geändert worden ist 2. Welche Arten und Materialien von Folien sind hierzulande im Acker- und Gemüseanbau erlaubt? Welche Materialien für diese Folien werden von der Landesregierung als bedenklich oder zu vermeiden eingestuft? Zu Frage 2: Die Regelungen zu Arten und Materialien von Folien, welche in der Landwirtschaft eingesetzt werden dürfen, richten sich nach den allgemeinen Anforderungen nach dem Produktsicherheitsgesetz. Spezielle Regelungen zum Einsatz von Folien in der Landwirtschaft existieren darüber hinaus nicht. Folien aus Materialien, welche als biologisch abbaubar nach den DIN EN 13432 (Ausgabe 2000-12) und DIN EN 13432 Berichtigung 2 (Ausgabe 2007-10) oder DIN EN 14995 (Ausgabe 2007-03) zertifiziert sind, dürfen gemäß der Bioabfallverordnung durch Unterpflügen entsorgt werden. Die Landesregierung bewertet keine Einzelmaterialien, die rechtlich zulässig eingesetzt werden können. Allerdings beobachtet die Landesregierung die aktuellen Diskussionen zum Einsatz von Plastik bzw. den Auswirkungen von Plastik. 3. Welche statistische Erfassung auf Kreis- oder Landesebene gibt es hinsichtlich der Verwendung von Folien im Acker- und Gemüseanbau? Zu Frage 3: Im Rahmen der Agrarförderung wird über einen eigenen Nutzcode der Anbau von Spargel unter Folie erfasst. Statistische Erhebungen sind nicht bekannt. 4. Wie viele Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche sind pro Jahr temporär und/oder permanent mit nicht ortsfesten Folienzelten abgedeckt? Zu Frage 4: Im Jahr 2018 wurden in den Agrarförderanträgen 3.130 ha mit dem Anbau Spargel unter Folie ausgewiesen. 5. Welche Mengen an Folien werden in Brandenburg beim Acker- und Gemüseanbau eingesetzt (bitte möglichst detailliert angeben) und wie haben sich diese Mengen in den letzten 5 Jahren entwickelt? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11286 - 3 - Zu Frage 5: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Entsorgung und Konsequenzen fehlerhafter Entsorgung 6. Zur Wirkung vom großflächigen Anbau insbesondere von Spargel unter Folie liegen Gutachten, auch des Landesamtes für Umwelt vor (siehe bspw. Drucksache 6/9176). Dabei ist jedoch die Wirkung kleinteiliger Folienreste (etwa durch das Austanzen von Pflanzlöchern und Bewässerungsöffnungen) die kumulativ eine signifikante Kunststoffmenge im Boden hinterlassen, nicht bewertet worden. Wie bewertet die Landesregierung den fortgesetzten Eintrag von Folienpartikeln in die Umwelt? Zu Frage 6: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 7. Sind der Regierung Untersuchungen bekannt zu Auswirkungen und zum Verbleib von Folienresten in der Umwelt? Wenn ja, welche und mit welchem Inhalt und Ergebnis (bitte mit Quelle angeben)? Zu Frage 7: Der Landesregierung sind keine Untersuchungen bekannt. 8. Bestehen in Naturschutzgebieten und Biosphärenreservaten besondere Beschränkungen hinsichtlich des Einsatzes von Kunststoffen in der offenen Feldwirtschaft? Zu Frage 8: In den Verordnungen über Naturschutzgebiete und Biosphärenreservate des Landes Brandenburg sind keine spezifischen Regelungen zum Einsatz von Kunststoffen in der offenen Feldwirtschaft getroffen. Hierzu ist jeweils der allgemeine Regelungsgehalt von Verordnungen heranzuziehen. So gehört es zum Beispiel zur guten fachlichen Praxis, das verwendete Bindematerial nach seinem Einsatz aus der freien Landschaft zu entfernen . In Naturschutzgebieten sind vorbehaltlich alle Handlungen verboten, die das Gebiet oder seine Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder nachhaltig stören können . Hierzu gehört auch das Lagern oder Entsorgen sonstiger Abfälle im Sinne des Kreislaufwirtschafts - und Abfallgesetzes oder sonstiger Materialien. Darüber hinaus sind Nutzungsänderungen , wie sie beispielsweise bei der Umstellung von einer Ackerkultur auf eine Sonderkultur erfolgen, in Naturschutzgebieten regelmäßig unzulässig. In Naturschutzgebieten und Biosphärenreservaten, die gleichzeitig FFH- oder Vogelschutzgebiete umfassen, sind beim Einsatz von Kunststoffen in der offenen Feldflur die §§ 33 und 34 BNatSchG zu beachten. 9. Stellen die Reste von Folien im Boden oder in der Landschaft eine Rechtsverletzung dar, die es zu ahnden gilt? Wenn ja, bitte konkrete Rechtsgrundlagen und Rechtsfolgen angeben. 10. Ist der Flächeneigentümer haftbar zu machen, wenn ein Pächter nach Ende der Pachtzeit der Aufforderung nicht nachkommt, den Boden von Kunststoffresten zu befreien ? Zu Frage 9 und 10: Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen zurückgelassene Folienreste können je nach Einzelfall auf eine unzulässige Abfallentsorgung nach § 28 Absatz 1 Satz 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes hindeuten, was eine Ordnungswidrigkeit nach § 69 Absatz 1 Nummer 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes darstellt und mit einer Geldbuße von Landtag Brandenburg Drucksache 6/11286 - 4 - bis zu 100.000 € geahndet werden kann. Sofern der Pächter als Verursacher einer unzulässigen Entsorgung von Folien nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden kann, so kann unter besonderen Umständen im Einzelfall der Flächeneigentümer zur Verantwortung gezogen werden. 11. Ist ein Flächenbewirtschafter, auch Pächter, haftbar zu machen, wenn Kunststoffpartikel aus Folienresten in die Umwelt eingetragen werden und Umweltbelastungen darstellen ? Zu Frage 11: Das Abfallrecht enthält Regelungen, die den Eintrag von Kunststoffen in die Landwirtschaft verhindern bzw. auf ein Mindestmaß reduzieren sollen (vgl. Regelung in der Bioabfallverordnung zu Störstoffen in Komposten). Derzeit existieren keine rechtlichen Regelungen zur Bewertung der Belastung der Umwelt durch Kunststoffe. 12. Wie ist der aktuelle Stand im Fall der Folienablagerungen in Vetschau und Reuden durch die Firma Ricken aus Vetschau? Zu Frage 12: Die zuständige untere Abfallwirtschaftsbehörde des Landkreises Oberspreewald -Lausitz ist in 2018 tätig geworden, nachdem angezeigt wurde, dass auf den Grundstücken in den Gemeinden Vetschau und Reuden große Mengen an Abfällen (Folienreste und Agravlies) abgelagert werden bzw. wurden. Hierbei handelte es sich überwiegend um die in den vergangenen Jahren angefallenen Folienreste und benutztes, nicht mehr verwendbares Agrarvlies. Die Materialien wurden von der Behörde als Abfall eingestuft, und der Abfallbesitzer wurde zur Beräumung der Grundstücke aufgefordert. Der Fortschritt der Beräumung wird durch regelmäßige Kontrollen geprüft. Derzeit liegen noch Abfälle auf beiden Grundstücken, wobei die Beräumung in Vetschau bereits zum größten Teil abgeschlossen ist. Über entsprechende Entsorgungsbelege lässt sich die Behörde die ordnungsgemäße Entsorgung in einer zugelassenen Entsorgungsanlage bestätigen. Handlungsmöglichkeiten 13. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung bei wem, damit die regelmäßig entstehenden Folienpartikel nicht in den Boden, die Gewässer oder die Landschaften getragen werden? Zu Frage 13: Der rechtliche Rahmen ist in der Antwort zu den Fragen 9 und 10 aufgeführt. Das geltende Recht ist anzuwenden. 14. Zusätzlich zu Stanzresten gelangen Kunststoffreste aus Heuballennetzen und Silageballen nachweislich in die Umwelt. Welche Möglichkeiten außer dem Appell der sachgerechten Entsorgung an die Landwirte sieht die Landesregierung zur Verhinderung der Kontamination ? Zu Frage 14: Das geltende Recht in Bezug auf eine ordnungsgemäße Abfallbeseitigung ist einzuhalten. 15. Welche Handlungsoptionen sieht die Landesregierung, um den Einsatz von Kunststoffen im Acker- und Gemüseanbau in Brandenburg zu reduzieren? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11286 - 5 - Zu Frage 15: Es ist die Entscheidung der Unternehmen, wie viel Kunststoff in den Produktionsabläufen verwendet wird. Die Handlungsoptionen müssen daher von den Unternehmen selbst entwickelt werden.