Landtag Brandenburg Drucksache 6/11288 6. Wahlperiode Eingegangen: 30.04.2019 / Ausgegeben: 06.05.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4497 des Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/11042 Tierkörperbeseitigung und Tierschutz Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Die Tierärztliche Hochschule Hannover veröffentlichte Ende 2017 eine Untersuchung, nach der bei mehr als zehn Prozent der in Tierkörperbeseitigungsanlagen angelieferten Tierkörper Verletzungen darauf hindeuten, dass die betroffenen Tiere vor ihrem Tod länger anhaltenden Schmerzen und Leiden ausgesetzt waren. Jährlich werden rund 13,6 Millionen Schweine bzw. 21 Prozent der lebend geborenen Schweine in deutschen Tierkörperbeseitigungsanlagen beseitigt. Die Studie hat ergeben, dass davon 13,2 Prozent (Mastschweine) bzw. 11,6 Prozent (Zuchtschweine) Anzeichen für länger erlittene erhebliche Schmerzen aufweisen. Überdies kam die Studie zum Schluss, dass die Betäubung und Tötung der Tiere zu großen Teilen (über 60 Prozent) mangelhaft war. Häufig waren die Tiere zwar betäubt, die Hauptschlagader war aber nicht durchtrennt worden - es kam zu keinem Herzstillstand durch Blutverlust. Die Konsequenz in einem besonders gravierenden Fall: Stunden nach Bolzenschuss und Transport erreichte ein Schwein den Entsorgungsbetrieb lebend. Bislang können tierschutzrechtliche Verstöße in Tierkörperbeseitigungsanlagen nicht verfolgt werden, da sie nicht wie Schlachthöfe und Tierställe zu den überwachungspflichtigen Anlagen nach dem Tierschutzgesetz gehören . Laut Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 3269 verfügt das Land Brandenburg über keine eigene Tierkörperbeseitigungsanlage. Die Beseitigung verendeter sowie im Tierseuchenfall getöteter Tiere erfolge in Anlagen eines mit der Beseitigungspflicht beauftragten Unternehmens innerhalb eines Länderverbundes. Diesem gehören die Länder Mecklenburg -Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Berlin, Thüringen und Brandenburg an. Frage 1: Wo befinden sich die Anlagen, in denen Tiere beseitigt werden, die in Brandenburger Tierhaltungsanlagen verendet sind (bitte auflisten)? zu Frage 1: Das Land Brandenburg verfügt über keinen eigenen Verarbeitungsbetrieb für tierische Nebenprodukte (ehemals Tierkörperbeseitigungsanlagen). Die Beseitigung verendeter Tiere erfolgt innerhalb eines Länderverbundes in zugelassenen Verarbeitungsbetrieben außerhalb des Landes Brandenburg an den Standorten in Malchin (Mecklenburg- Vorpommern) und Genthin (Sachsen-Anhalt). Frage 2: Wie viele Tiere werden in Brandenburg täglich als Folge von Nottötungen oder tödlichen Verletzungen/Krankheiten über eine Tierkörperbeseitigungsanlage entsorgt? (Bit- Landtag Brandenburg Drucksache 6/11288 - 2 - te gegliedert nach Art und Alter des Tieres.) zu Frage 2: Todesursachen werden mangels Rechtsgrundlage im Rahmen der unschädlichen Beseitigung verendeter Tiere in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte nicht erfasst. Daher liegen der Landesregierung hierzu keine Angaben vor. Frage 3: Werden diese Tiere veterinärpathologisch untersucht, um dadurch die Häufigkeit dieser Fälle zu dokumentieren? Falls nein, weshalb nicht, falls ja, wo ist dies dokumentiert ? zu Frage 3: Für die routinemäßige Durchführung von Untersuchungen an Tierkadavern zur Feststellung von tierschutzrelevanten Verstößen in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte besteht im Tierschutzgesetz keine Rechtsgrundlage. Entsprechende routinemäßige Untersuchungen werden daher derzeit nicht durchgeführt. Frage 4: Gibt es die Möglichkeit, bei den Tieren in Tierkörperbeseitigungsanlagen einen Bezug zum Herkunfts-Betrieb herzustellen? Wenn ja, wie, wenn nein, warum nicht? zu Frage 4: Die Kennzeichnung landwirtschaftlicher Nutztiere erfolgt auf der Grundlage der Bestimmungen der Viehverkehrsverordnung. Für Rinder sind eine Einzeltierkennzeichnung und eine Meldeverpflichtung über jede Bestandsveränderung, die auch Verendungen einschließt, an eine zentrale Datenbank vorgeschrieben. Daher ist bei verendeten Rindern eine Rückverfolgbarkeit zum Herkunftsbestand gegeben. Für übrige landwirtschaftliche Nutztiere wie Schafe, Ziegen, Schweine oder Pferde gelten andere Kennzeichnungsvorschriften . Dadurch ist eine Rückverfolgbarkeit der in den Verarbeitungsbetrieben angelieferten Tiere zum letzten Herkunftsbetrieb nicht in allen Fällen möglich. Um auch bei diesen Tieren eine Rückverfolgbarkeit zum letzten Herkunftsbetrieb zu ermöglichen, ist eine über die nach den Bestimmungen der Viehverkehrsverordnung hinausgehende, zusätzliche Kennzeichnung für verendete Tiere erforderlich. Dies setzt die Schaffung entsprechender Rechtsgrundlagen zur Kennzeichnung von verendeten Tieren voraus. Frage 5: Hat sich die Landesregierung gegenüber dem Bund für eine gesetzliche Grundlage einer routinemäßigen Überprüfung von Tierkadavern auf Tierschutzverstöße eingesetzt , um damit die Tierschutzüberwachung auch auf die Entsorgungsbetriebe auszuweiten ? Wie hat sie sich 2016 zum diesbezüglichen Vorstoß aus Niedersachsen positioniert? zu Frage 5: Die Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) hat sich mit der Studie befasst und kam zu dem Ergebnis, dass grundsätzlich durch entsprechende Kontrollen in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte Hinweise auf Tierschutzverstöße gewonnen werden können. Sie stellt aber auch klar, dass derzeit insbesondere wegen fehlender Rechtsgrundlagen im Tierschutzrecht nur anlassbezogen Kontrollen in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte durchgeführt werden können. Um nicht nur anlassbezogene Kontrollen durchführen zu können, sind insoweit neben der Schaffung der erforderlichen Rechtsgrundlagen weitere Fragestellungen hinsichtlich der baulichen Ausstattung , des erforderlichen Personals sowie der Kostentragung zu klären. Im März 2019 fasste der Bundesrat mit der Stimme Brandenburgs einen Entschließungsantrag in dem der Bund aufgefordert wird, die erforderlichen Rechtsgrundlagen für routinemäßige Tierschutzkontrollen in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte und die Rückverfolgbarkeit von Falltieren im Bundesrecht zu schaffen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11288 - 3 - Frage 6: Welche personellen Kapazitäten und finanziellen Mittel wären aus Sicht der Landesregierung für eine routinemäßige Überwachung von Tierkadavern bei wem erforderlich ? zu Frage 6: Nach Schaffung der erforderlichen Rechtsgrundlagen im Bundesrecht sind anhand der konkreten Vorgaben das Personal und der Umfang zu planen. Frage 7: Welche Konsequenzen sieht die Landesregierung aus den Ergebnissen der Untersuchung der Tierärztlichen Hochschule Hannover? zu Frage 7: Neben der Schaffung der rechtlichen Grundlagen für routinemäßige Tierschutzkontrollen in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte, risikoorientierten Tierschutzkontrollen und der konsequenten Ahndung der Verstöße am lebenden wie am toten Tier sieht die Landesregierung in verstärkten Schulungen und Weiterbildungen der Landwirte, auch im Rahmen des Tierschutzplanes, weitere Möglichkeiten, um den Tierschutz und das Tierwohl in Nutztierhaltungen zu verbessern. So fand z.B. unter Einbindung des Landestierschutzbeauftragten im November 2018 eine Schulung der Landwirte und Tierhalter zum Umgang mit verletzten Tieren und zur Nottötung von Tieren statt. Weitergehende Schulungen sind in enger Zusammenarbeit mit der Brandenburgischen Landwirtschaftsakademie (BLAk) und den Regionalstellen für Bildung im Agrarbereich (RBA’s) vorgesehen. Das Thema der Sachkundeschulungen ist in der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) und der LAV Arbeitsgruppe Tierschutz (AGT) ein dauerhaftes Thema.