Datum des Eingangs:14.04.2015 / Ausgegeben: 20.04.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1134 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 408 des Abgeordneten Thomas Jung der AfD-Fraktion Drucksache 6/878 Krankenstand und Personalbestand bei der Polizei Wortlaut der Kleinen Anfrage 408 vom 16.03.2015: Anfang 2015 gab es 8.200 Stellen bei der Polizei. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und DIE LINKE zur 6. Legislaturperiode sind 7.800 Stellen bei der Polizei bis 2020 vorgesehen, d. h. es ist ein Abbau geplant. Dieser Abbau wurde vor dem Hintergrund geplant, dass „die Landesregierung … ihre Anstrengungen zur Verbrechensverhü- tung und Kriminalitätsbekämpfung verstärken“ wird. Nunmehr hat Innenminister Karl- Heiz Schröter angekündigt, dass es 8.100 Stellen sein sollen, d. h. 300 Stellen mehr. Mit geplanten 275 Einstellungen pro Jahr ist unter Berücksichtigung des altersbe- dingten Ausscheidens nicht mit einer Zielerreichung von 8.100 Stellen zu rechnen. Der Krankenstand der Beamten ist 2014 auf 34,7 % gestiegen, knapp die Hälfte hier- von gilt als dauerkrank und sind als nicht arbeitsfähig eingestuft. Demnach fehlen permanent ca. 10 % des Personals. Ich frage die Landesregierung: 1. Liegt der Neuorientierung ein Konzept zu Grund, welches die Situation analysiert, die Aufgaben und Ziel in den einzelnen Bereichen definiert, Strukturen und Zu- ständigkeiten plant und daraus den Personalbestand ableitet? 2. Wenn kein Konzept zu Grunde liegt, wie ist der Personalbestand von nunmehr 8.100 Stellen zu begründen? 3. Mit welchen organisatorischen Maßnahmen unterstützt die Landesregierung die gestiegenen Aufgaben, insbesondere im Bereich der Grenzkriminalität sowie bei Einbrüchen die Arbeit der Polizei? 4. Wie stellt die Landesregierung die Erreichung der Zielstellung von 8.100 Stellen sicher? 5. Welche Rückschlüsse zieht die Landesregierung aus dem undiskutabel hohen Krankenstand? 6. Welche langfristigen Maßnahmen zum Gesundheitsmanagement werden zum Ab- bau des hohen Krankenstandes unternommen? 7. Gibt es Erhebungen, die den Altersdurchschnitt in der Verwaltung und im opera- tiven Bereich analysieren? 8. Wie will die Landesregierung die Ausbildung bei der Kriminalpolizei in Zukunft ge- stalten, um dem quantitativen und qualitativen Standard der anderen Bundeslän- der zu entsprechen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommu- nales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Einige Angaben in der Einleitung zur Kleinen Anfrage sind unrichtig. Dies betrifft ins- besondere die Aussagen zum Krankenstand. Die Fehlzeitenquote in der Branden- burger Polizei lag im Jahr 2014 nicht bei 34,7 %, sondern bei 9,8 %. Dieser Prozent- wert, bezogen auf die Personalstärke, ergibt die Anzahl der Bediensteten, die auf- grund von Krankheit durchschnittlich täglich im Dienst fehlen. Die Aussage, dass die Hälfte davon dauerkrank wäre, ist unzutreffend, da sich die Fehlzeitenquote aus allen krankheitsbedingten Fehltagen eines Kalenderjahres unabhängig von der Krank- heitsdauer und damit einschließlich sämtlicher Lang- sowie Kurzzeiterkrankungen ergibt. Der Begriff „dauerkrank“ ist zudem schon allein deshalb irreführend, weil dau- erhaft dienstunfähige Polizeibedienstete in den Ruhestand zu versetzen sind. Auch die angegebene Zielzahl von 8.100 ist unzutreffend. Die Landesregierung hat am 24.02.2015 die aktualisierte Personalbedarfsplanung 2018 beschlossen. Danach sind für die Polizei am 31.12.2018 noch 7.855 landesfinanzierte Stellen vorgesehen. Soweit im Zusammenhang mit der Stellenausstattung der Polizei auf krankheitsbe- dingte Personalausfälle hingewiesen wird, gilt, dass auch über diesen Um-stand zu gegebener Zeit bei nachfolgenden Fortschreibungen der Personalbedarfsplanung unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Evaluierung der Polizeistrukturreform zu entscheiden sein wird. Frage 1: Liegt der Neuorientierung ein Konzept zu Grunde, welches die Situation analysiert, die Aufgaben und Ziele in den einzelnen Bereichen definiert, Strukturen und Zustän- digkeiten plant und daraus den Personalbestand ableitet? zu Frage 1: Ja. Mit der Evaluation der Polizeistrukturreform wurden in allen polizeilichen Aufga- befeldern Erhebungen und Bewertungen zur aktuellen Situation durchgeführt, aus denen sich die wesentlichen Handlungsfelder für das weitere Vorgehen identifizieren lassen sowie Schlussfolgerungen für den künftigen Personalbedarf gezogen werden können. Frage 2: Wenn kein Konzept zu Grunde liegt, wie ist der Personalbestand von nunmehr 8.100 Stellen zu begründen? zu Frage 2: Entfällt. Frage 3: Mit welchen organisatorischen Maßnahmen unterstützt die Landesregierung die ge- stiegenen Aufgaben, insbesondere im Bereich der Grenzkriminalität sowie bei Ein- brüchen die Arbeit der Polizei? zu Frage 3: Brandenburg wird gegen Grenzkriminalität und Eigentumskriminalität weiterhin mit abgestimmten lageangepassten polizeilichen Maßnahmen vorgehen und dabei eng mit anderen Bundesländern, der Bundespolizei und den polnischen Sicherheitsbe- hörden zusammenarbeiten. Zu diesen Maßnahmen zählen beispielsweise:  eine deutliche Erhöhung der polizeilichen Präsenz in den Grenzregionen (siehe auch Beantwortung der Kleinen Anfrage Nr. 1747, Landtagsdrucksache 5/4432),  organisatorische Umstrukturierung der BAO Grenze zur SOKO Grenze beim LKA (siehe auch Beantwortung der Kleinen Anfragen Nr. 3469, Landtagsdrucksache 5/8719, und Nr. 1781, Landtagsdrucksache 5/4566),  Einrichtung gemeinsamer Ermittlungsgruppen mit der polnischen Polizei (sog. Joint-Investigation-Teams),  Betreiben gemeinsamer operativer Fahndungsgruppen mit Bundespolizei und Zoll,  gemeinsame Fortbildung mit polnischen Kollegen im EU-Projekt "Im Tandem gegen Grenzkriminalität" (siehe auch Beantwortung der Kleinen Anfrage Nr. 1781, Landtagsdrucksache 5/4566),  Betreiben einer Gemeinsamen Ermittlungsgruppe (GEG) Berlin-Brandenburg zur Bekämpfung der länderübergreifenden Eigentumskriminalität,  das seit 2007 betriebene Gemeinsame Zentrum (GZ) der deutsch-polnischen Polizei- und Zollzusammenarbeit. Frage 4: Wie stellt die Landesregierung die Erreichung der Zielstellung von 8.100 Stellen si- cher? zu Frage 4: Hinsichtlich der Zielzahl wird auf die Vorbemerkung hingewiesen. Die Einstellung von Polizeianwärterinnen und -anwärtern als auch von sonstigem vollzugsunterstützenden Personal wird grundsätzlich so bemessen, dass die durch Altersabgänge und sonstige Fluktuation frei werdenden dauerhaften Stellen bedarfs- gerecht nachbesetzt werden können. Diesbezüglich hat sich die Landesregierung mit dem Entwurf des Haushaltsplanes 2015/2016 dafür entschieden, die Einstellungs- zahlen für den Polizeivollzugsdienst in den Jahren 2015 und 2016 von 275 auf je- weils 300 zu erhöhen. Zudem haben sich die Regierungsparteien in ihrem Koaliti- onsvertrag darauf verständigt, den Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbe- amten künftig zu ermöglichen, bei dienstlichem Bedarf und guter Gesundheit über die für sie geltende besondere Altersgrenze hinaus Dienst zu verrichten. Damit stün- den noch weitere personelle Kapazitäten zur Verfügung. Frage 5: Welche Rückschlüsse zieht die Landesregierung aus dem undiskutabel hohen Kran- kenstand? zu Frage 5: Der durchschnittliche Krankenstand in der Polizei des Landes Brandenburg lag im Jahr 2014 bei 35,7 Kalendertagen je Bediensteter. Der maßgebliche Anstieg des Krankenstandes vollzog sich nicht mit der Polizeistrukturreform 2011 und der damit eingeleiteten Anpassung der Personalstärke sondern bereits in den Jahren davor. So hat sich der Krankenstand vor allem von 2001 (15,47 Kalendertage) bis 2008 (30,04 Kalendertage) erhöht. Bei der Betrachtung der Fehlzeiten ist zudem immer auch die Systematik der Fehl- zeitenstatistik der Landesverwaltung Brandenburg zu beachten, welche eine Erfas- sung nach Kalender- und nicht nach Arbeitstagen vorsieht. Da die tatsächlichen Ar- beitstage lediglich ca. 60 % eines Kalenderjahres ausmachen, wäre bei einer Um- stellung der Erhebungssystematik, die oft als Vergleich herangezogen wird, von ei- nem geringeren Krankenstand auszugehen. Zu den eingeleiteten Maßnahmen wird auf die Beantwortung der Frage 6 verwiesen. Frage 6: Welche langfristigen Maßnahmen zum Gesundheitsmanagement werden zum Abbau des hohen Krankenstandes unternommen? zu Frage 6: Maßnahmen der Gesundheitsförderung sind grundsätzlich auf eine langfristige Wir- kung angelegt. Hinsichtlich der bisher ergriffenen Maßnahmen wird auf die Beant- wortung der Kleinen Anfrage Nr. 1750, Landtagsdrucksache 5/4451, Frage 11 ver- wiesen. Darüber hinaus wurden im Jahr 2014 die psychologischen Beratungsangebote durch Einstellung von zwei zusätzlichen Psychologen ausgebaut. Zudem wurden in diesem Jahr die Präventionsmöglichkeiten für heilfürsorgeberechtigte Polizeivollzugsbeam- tinnen und -beamte ausgeweitet, indem ihnen dreiwöchige Vorsorgekuren zur Ge- sundheitsprävention nunmehr ohne Alters- oder Funktionsbeschränkung zustehen. Frage 7: Gibt es Erhebungen, die den Altersdurchschnitt in der Verwaltung und im operativen Bereich analysieren? zu Frage 7: Ja. Zum Stand 01.11.2014 lag der Altersdurchschnitt im Polizeivollzugsdienst bei 44,9 Jahren und in den sonstigen vollzugsunterstützenden Bereichen bei 50,5 Jah- ren. Frage 8: Wie will die Landesregierung die Ausbildung bei der Kriminalpolizei in Zukunft gestal- ten, um dem quantitativen und qualitativen Standard der anderen Bundesländer zu entsprechen? zu Frage 8: Sowohl der akkreditierte Bachelor-Studiengang als auch die Ausbildung wurden in den letzten Jahren umfassend reformiert, sie erfolgen auf hohem Niveau und auf der Grundlage eines wohldurchdachten Konzepts. Auf dieser Basis wurde der Studien- gang 2012 auflagenfrei durch das Akkreditierungs-, Certifizierungs- und Qualitätssi- cherungs-Institut ACQUIN reakkreditiert. Demnach steht die kriminalpolizeiliche Aus- bildung in Brandenburg hinter dem quantitativen und qualitativen Stand der anderen Bundesländer in nichts zurück. Sie wurde in den vergangenen Jahren entsprechend dem Landtagsbeschluss vom 16. Dezember 2010 „Sicher leben in unserem Land“ weiter intensiviert. Hauptaugenmerk lag dabei auf der Durchsetzung landeseinheitli- cher Bildungsstandards. Hierzu wurde neben der Ausbildung auch die kriminalpoli- zeiliche Weiterbildung an der Fachhochschule der Polizei umgestaltet und an strate- gischen polizeilichen Schwerpunkten ausgerichtet.