Landtag Brandenburg Drucksache 6/11362 6. Wahlperiode Eingegangen: 08.05.2019 / Ausgegeben: 13.05.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4519 des Abgeordneten Michael Jungclaus (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/11167 Digital-ökologische Verkehrswende Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Die im Dezember 2018 verabschiedete Digitalisierungsstrategie des Landes Brandenburg sieht zum Thema Mobilität eine digital-ökologische Vernetzung der Verkehrsangebote vor. In der Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg heißt es im Kapitel Mobilität: „Damit die verkehrlichen Belastungen für Menschen, Umwelt und Klima nicht weiter ansteigen, tritt die Landesregierung für eine digital unterstützte Verkehrswende ein, hin zu einem System, in dem die meisten Wege komfortabel mit Bahn, Bus, dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt werden können. Die Digitalisierung soll nicht nur bei der Vernetzung der Verkehrsangebote mithilfe verbesserter, durchgängiger Fahrplanauskünfte , sondern darüber hinaus auch über innovative Mobilitätsangebote dazu beitragen , die verkehrlichen Belastungen für Mensch und Umwelt dauerhaft zu reduzieren. [..] Selbststeuernde (autonome) Fahrzeuge und eine intelligente Verkehrssteuerung mittels feinteiliger Verkehrsdaten und komplexer Berechnungsalgorithmen können ebenfalls einen Beitrag leisten, um die bestehende Situation im ÖPNV sowie im Individualverkehr in bedeutsamer Art und Weise zu verändern.“ 1. Wie genau soll eine digitale Vernetzung der Verkehrsangebote in Brandenburg aussehen ? Welche Instrumente plant die Landesregierung, um alte und neue Mobilitätsformen digital zu vernetzen? zu Frage 1: Der Landesregierung geht es insbesondere darum, die Verkehrsangebote des Umweltverbundes zu stärken. Die Digitalisierung kann mithilfe einer besseren Vernetzung der unterschiedlichen Verkehrsangebote (Multimodalität) sowie neuer Mobilitätsformen mit dem ÖPNV diesen attraktiver machen und somit zu einer Verkehrsverlagerung vom motorisierten Individualverkehr (MIV) auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) beitragen und damit die verkehrlichen Belastungen für Mensch und Umwelt mindern. Entsprechende Modellvorhaben für innovative Mobilitätsangebote wird die Landesregierung fördern . Für den ÖPNV bietet die VBB GmbH mit ihrer VBB-Fahrinfo auf dem Gebiet der Fahrgastinformation bereits heute eine umfassende Information über alle Angebote des ÖPNV (Fahrplanauskunft inkl. Echtzeit- und Störungsinformationen) und stellt auf seiner Livekarte bereits jetzt Angebote von Vermietern und Sharingdienstleistern dar. In einem nächsten Schritt sollen diese Angebote in einem multimodalen Routing als Teil der gesamten Reisekette dargestellt werden. Perspektivisch wird auch eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Ticketings angestrebt, um eine Durchgängigkeit der Reisekette informie- Landtag Brandenburg Drucksache 6/11362 - 2 - ren - buchen - bezahlen - fahren zu unterstützen. Dies setzt aber eine Kooperationsbereitschaft der betroffenen Unternehmen voraus. Die Landesregierung unterstützt dieses Bestreben durch den Aufbau einer integrierten multimodalen Mobilitätsplattform beim VBB. Diese neutrale und diskriminierungsfreie Plattform soll dann auch als Grundlage für die weitere Vernetzung von klassischem ÖPNV und neuen Mobilitätsformen dienen, soweit diese auf kommunaler Ebene initiiert bzw. umgesetzt werden. 2. Was ist der aktuelle Stand im Hinblick auf autonom fahrende Busse in Brandenburg? zu Frage 2: Nach Kenntnisstand der Landesregierung gibt es derzeit keine autonom fahrenden Busse im Land Brandenburg. Die aktuelle Bundesgesetzgebung lässt autonomes (fahrerloses) Fahren im regulären Betrieb im öffentlichen Straßenraum nicht zu. Die Bundesregierung fördert aber Testvorhaben, welche autonomes Fahren – unter möglichst realen Bedingungen - simulieren und testen. Dies geschieht in der Regel mit Fahrzeugen höherer Automatisierungsstufen (hoch- und vollautomatisierte Systeme). Ein vom BMVI gefördertes Projekt dieser Art in Brandenburg ist das Projekt „Autonomer Öffentlicher Nahverkehr im ländlichen Raum (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) - AutoNV_OPR“, welches auch in der „Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg“ als Maßnahme 99 berücksichtigt wurde und durch die Landesregierung u.a. im Rahmen des Genehmigungsverfahrens beratend unterstützt wird. Ein Probebetrieb des Projektvorhabens wird voraussichtlich noch in diesem Jahr starten. Weitere Projektideen mit Bussen höherer Automatisierungsfunktionen im Land Brandenburg sind aus den Landkreisen Oberhavel, Teltow-Fläming, Spree- Neiße, Dahme-Spreewald sowie der Stadt Potsdam bekannt. Zum Umsetzungsstand dieser Projekte können allerdings keine näheren Aussagen getroffen werden, da Genehmigungsverfahren hierzu noch nicht angelaufen sind. 3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, damit zukunftsfähige Mobilitätsangebote unterstützt werden, die komplementär zum vorhandenen bzw. geplanten Öffentlichen Personennahverkehr angelegt sind? zu Frage 3: siehe Antwort zu Frage 1. 4. Wie plant die Landesregierung, mit innovativen Mobilitätsangeboten umzugehen, die den Öffentlichen Personennahverkehr potenziell ersetzen statt ergänzen? zu Frage 4: Die Landesregierung setzt auch künftig auf den Umweltverbund aus ÖPNV, Rad- und Fußverkehr. So soll eine flächendeckende Daseinsversorgung für die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger Brandenburgs langfristig sichergestellt werden. Innovative Mobilitätsangebote, die darauf abzielen, den ÖPNV zu ersetzen, werden von der Landesregierung nicht unterstützt. 5. Sieht die Landesregierung soziale oder sicherheitsrelevante Probleme, die sich durch autonom fahrende Fahrzeuge (individual und öffentlich) ergeben könnten? Wenn ja, welche ? zu Frage 5: Der rechtliche Rahmen für autonomes Fahren auf öffentlichen Straßen sowohl im Individualverkehr als auch im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist derzeit noch nicht geschaffen. Dennoch beschäftigt sich die Landesregierung im Rahmen der in Brandenburg laufenden Projekte mit Fragen zur sozialen Gerechtigkeit sowie sicherheitsrele- Landtag Brandenburg Drucksache 6/11362 - 3 - vanten Fragen beim Einsatz autonom fahrender Fahrzeuge im ÖPNV. Im Rahmen des BMVI-geförderten Projektes zum autonomen öffentlichen Nahverkehr im ländlichen Raum (AutoNV_OPR) im Landkreis Ostprignitz-Ruppin wird durch Verkehrspsychologen der Technischen Universität Dresden eine Untersuchung zur Nutzerakzeptanz durchgeführt, die u.a. soziale Fragen zur Akzeptanz dieser neuen Mobilitätform untersuchen soll. Ergebnisse hierzu werden nach Abschluss des Projekts im zweiten Halbjahr 2020 erwartet. Auch sicherheitsrelevante Fragestellungen werden in diesem Projekt bearbeitet. 6. Wie schätzt die Landesregierung das Nutzungsverhalten von Mietautos in den Städten im Land Brandenburg ein? Werden diese verstärkt von Menschen genutzt, die ansonsten prioritär mit einem eigenen PKW oder mit dem Öffentlichen Personennahverkehr reisen? Lassen sich diesbezüglich aus Sicht der Landesregierung Rückschlüsse auf ein zukünftiges Nutzungsverhalten von autonom fahrendem Individualverkehr schließen? zu Frage 6: Der Landesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 7. Wie plant die Landesregierung mit potenziellen Geschäftsideen von autonomfahrendem Individualverkehr umzugehen? zu Frage 7: siehe Antwort zu Frage 5. Derzeit stellt sich diese Frage allerdings nicht, aufgrund fehlender rechtlicher sowie technischer Rahmenbedingungen für autonomen Individualverkehr. 8. Welche Chancen und Herausforderungen sieht die Landesregierung in einer digital unterstützten Verkehrswende für die ländlichen Räume in Brandenburg? zu Frage 8: Die Landesregierung tritt für eine digital unterstützte Verkehrswende ein, hin zu einem System, in dem die meisten Wege komfortabel mit Bahn, dem straßengebundenen Bus, dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt werden können - sowohl in den Städten als auch den ländlichen Räumen. Eine große Hausforderung wird insbesondere die Flächenversorgung mit einem stabilen und leistungsfähigen Mobilfunknetzzugang sowie mit ausreichenden Datenraten sein. Solche mobilen Datenraten sind unter verkehrlichen Aspekten notwendig, um ÖPNV-Echtzeitverbindungsinformationen auch für Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum jederzeit und zuverlässig zu Verfügung stellen zu können. Chancen sieht die Landesregierung in einem flexibleren Mobilitätsangebot im ländlichen Raum, beispielsweise mittels digital optimierter üÖPNV-Angebote (Rufbusse mit Routenoptimierung ; Echtzeitinformationen über Ankunft und Abholung).