Landtag Brandenburg Drucksache 6/11373 6. Wahlperiode Eingegangen: 09.05.2019 / Ausgegeben: 14.05.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4529 der Abgeordneten Andreas Gliese (CDU-Fraktion) und Dr. Saskia Ludwig (CDU-Fraktion) Drucksache 6/11194 Beabsichtigte Waldschutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Nonne im Landkreis Potsdam-Mittelmark Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Der Landesbetrieb Forst beabsichtigt einen großflächigen Einsatz gegen den Forstschädling Nonne in den Kieferwaldbeständen rund um die Waldgemeinden Fichtenwalde, Borkwalde und Borkheide. Vorgesehen ist der Einsatz des Insektizides KARATE FORST flüssig und die Ausbringung mit dem Helikopter. KARATE FORST flüssig ist ein Breitbandinsektizid, welches neben dem Forstschädling auch für alle anderen Gliedertiere an Land und im Wasser, vor allem für Insekten, Spinnen und Krebstiere , giftig ist. Zudem haben die Bürger bereits jetzt Sorge, welche möglichen gesundheitlichen Gefährdungen mit dem Einsatz des Insektizids für sie verbunden sein könnten, denn auch Waldrandbereiche und Abstandsflächen sollen behandelt werden, um die Nonne zu bekämpfen. Vorbemerkung der Landesregierung: Eine Behandlung von Wald mit Pflanzenschutzmittel wird nur in Erwägung gezogen, wenn durch die Massenvermehrung der Schadinsekten ein Kahlfraß und damit ein flächiges Absterben von Bäumen drohen. Es werden nur Flächen einbezogen, für die das Waldschutzmonitoring eine Gefährdung zweifelsfrei ergeben hat. Frage 1: Welche konkreten Waldschutzmaßnahmen plant der Landesbetrieb Forst zur Bekämpfung der Nonne im Landkreis Potsdam-Mittelmark für welchen Zeitraum? Welche Kommunen sollen von den Waldschutzmaßnahmen betroffen sein? zu Frage 1: Der Landesbetrieb Forst Brandenburg (LFB) plant die Ausbringung von Pflanzenschutzmittel mittels Hubschrauber in der Zeit vom 06.05. bis 31.05.2019. Wald in folgenden Gemarkungen im Landkreis Potsdam-Mittelmark sind nach jetzigem Planungsstand betroffen: Alt Bork, Borkheide, Borkwalde, Brück, Gömnigk, Freienthal, Groß Briesen , Haseloff, Grabow, Linthe, Neuendorf b. Brück, Niederwerbig, Niemegk, Hohenwerbig, Werbig, Boecke, Buckau, Glienecke, Desmathen, Gräben, Grebs, Lehnin, Michelsdorf, Oberjünne, Rottstock, Steinberg, Wollin, Rietz, b. Treuenbrietzen, Lühsdorf, Beelitz, Schönefeld , Busendorf, Fichtenwalde, Reesdorf, Rieben, Schäpe, Wittbrietzen. Frage 2: Wie stark ist der Befall mit dem Forstschädling Nonne in den Kieferbeständen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11373 - 2 - zu Frage 2: Bereits 2018 wurden Waldbestände im Umfeld der genannten Gemeinden von Raupen der Nonne befressen. Die seit Juli 2018 sichtbaren Nadelverluste reichen von merklichen (30 % der Nadelmasse) bis zu starken Fraßschäden (bis 90 % der Nadelmasse ). Die Nonne hat als wärmeliebende Schmetterlingsart von den Witterungsbedingungen 2018 profitiert. Das Monitoring der letzten Monate ergab eine starke Zunahme der Nonne. Für den betroffenen Wald wird ein sehr schneller Kahlfraß prognostiziert, d. h. es sind sehr starke großflächige Fraßschäden zu erwarten. Durch die im Jahr 2018 anhaltende Trockenheit und die gleichzeitig ungewöhnlich hoch angestiegenen Dichten der Folgeschädlinge Prachtkäfer, Borkenkäfer und Diplodia-Kieferntriebsterben wird das Regenerationspotenzial der Kiefern zusätzlich verringert. Entsprechend langjähriger Erfahrungen und vielfacher Untersuchungen muss unter den aktuellen Bedingungen mit einem flächigen Absterben der Kiefern gerechnet werden. Frage 3: Welche Bereiche sollen mit dem Insektizid beflogen werden und werden Waldrandbereiche und Abstandsflächen zu bewohnten Gebieten ebenfalls in die Anwendung mit dem Luftfahrzeug einbezogen? zu Frage 3: Es werden ausschließlich Waldflächen beflogen, auf denen die Nonnenpopulation so hoch ist, dass ein Kahlfraß und in Folge dessen ein Waldverlust zu erwarten ist. Siedlungen, Waldrandbereiche und Abstandsflächen zu bewohnten Gebieten werden nicht beflogen. Abstandsflächen werden in den GIS-Karten ausgewiesen und beim Flug des Hubschraubers per GPS umgesetzt. Alle Flugbahnen werden nachprüfbar aufgezeichnet. Frage 4: Welche Sicherheitsabstände sind bei der Anwendung des Insektizids KARATE FORST flüssig aus der Luft zu bewohnten Gebieten und darüber hinaus zu Schutzgebieten einzuhalten? zu Frage 4: Der Abstand zur Siedlung ist in den Anwendungsbestimmungen mit 25 m vorgeschrieben . Um die Sicherheit für die Anwohner zu erhöhen, wird der Abstand auf 125 m erhöht. Der Abstand zu Schutzgebieten beträgt 50 m. Frage 5: Das Umweltbundesamt und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erlauben derzeit die Anwendung eines Pflanzenschutzmittels auf höchstens der Hälfte einer zusammenhängenden Waldfläche. So sollen ausreichende Rückzugsräume für Arten erhalten bleiben, die nicht bekämpft werden sollen. Inwiefern wird die Vorgabe des UBA und des BVL im Genehmigungsverfahren durch die Forstbehörde berücksichtigt ? zu Frage 5: Auf der Web-Office-Plattform der Forstverwaltung erfolgt die Erstellung der Flugkarten. Diese werden mit den Waldflächen in ATKIS (Amtliches Topographisch- Kartographisches Informationssystem) abgeglichen. Dadurch wird die Anwendungsbestimmung grundsätzlich eingehalten. Für den Fall, dass auf mehr als der Hälfte der zusammenhängenden Waldfläche die Schadschwellen überschritten werden und eine Anwendung des Mittels zum Erhalt des Waldes unbedingt erforderlich ist, kann von der Regelung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) abgewichen werden. Wird von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht, muss die Gefährdung durch zusätzliche Monitoringdaten belegt werden. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11373 - 3 - Frage 6: Welche alternativen Waldschutzmaßnahmen werden durch den Landesforstbetrieb im Genehmigungsverfahren ebenfalls geprüft? zu Frage 6: Bei einem Pflanzenschutzmitteleinsatz sind immer die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes zu berücksichtigen. Das bedeutet u. a.: die ökologischen Belange gehen gleichgewichtig mit ökonomischen und sozialen Aspekten in den Abwägungsprozess ein, vorbeugende Maßnahmen haben Vorrang vor Bekämpfungsmaßnahmen, sorgfältige Abwägungsprozesse (u. a. zur Wahl des Mittels) erfolgen über alle Entscheidungenstufen hinweg. Bezogen auf die Waldschutzmaßnahmen heißt das: Die ökologische Auswirkung des Waldverlustes wird gegen die ökologischen Auswirkungen des einzusetzenden Mittels abgewogen. Gemischte und strukturierte Wälder sind weniger anfällig gegen Schadinsekten. Der Waldumbau wird deswegen seit Jahrzehnten in Brandenburg durch Fördermaßnahmen unterstützt. Es kommen nur Wirkstoffe zum Einsatz, die zugelassen und am besten geeignet sind. Derzeit steht jedoch nur das Mittel „Karate Forst flüssig“ als Kontaktinsektizid für den benötigten Anwendungsbereich zur Verfügung. Das Bakterienpräparat Dipel ES hat aufgrund der hohen Raupendichten keine ausreichende Wirksamkeit und ist am Markt nicht mehr verfügbar. Frage 7: Wann wird das Genehmigungsverfahren zum Einsatz von KARATE FORST flüssig in befallenen Kieferwaldbeständen abgeschlossen sein? zu Frage 7: Die pflanzenschutzrechtlichen Genehmigungen für Befliegungen der konkreten Flächen müssen vor Flugbeginn vorliegen. Dies wird voraussichtlich in der 18. Kalenderwoche sein. Frage 8: Welche Auswirkungen hätte ein möglicher Einsatz des Mittels KARATE FORST flüssig für die Anwohner in den betroffenen Gemeinden (z.B. Sperrungen von Wald, Verbot der Entnahme von Waldfrüchten, etc.)? zu Frage 8: Die Waldflächen werden mit Beginn der Befliegung durch Hinweisschilder gesperrt und dürfen von unbeteiligten Dritten nicht betreten werden. Es besteht nach der Befliegung ein Betretungsverbot von 48 Stunden. Die Wartezeit für den Verzehr von Waldpilzen , wildwachsenden Früchten und Wildkräutern ist von der Zulassungsbehörde mit 3 Wochen festgelegt. Frage 9: Welche gesundheitlichen Risiken gehen vom Insektizid KARATE FORST flüssig für Menschen aus? zu Frage 9: Bei Einhaltung der unter Frage 8 genannten Auflagen und Anwendungsbestimmungen werden gesundheitliche Risiken für Dritte ausgeschlossen. Der Anwender hat Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten und entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen , die eine Gesundheitsgefährdung ausschließen. Wenn alle Maßnahmen zur Risikominimierung eingehalten werden, sind keine gesundheitlichen Auswirkungen zu erwarten. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11373 - 4 - Frage 10: Welche Waldschutzmaßnahmen sind in waldähnlichen innerörtlichen Kieferbeständen zur Bekämpfung der Nonne zulässig und wer ist für die Durchführung dieser Waldschutzmaßnahmen jeweils zuständig? zu Frage 10: Innerhalb von Siedlungen werden keine Waldschutzmaßnahmen durchgeführt , auch nicht auf Siedlungsflächen mit waldähnlichem Kiefernbestand. Frage 11: Werden private Waldeigentümer, Forstbetriebsgemeinschaften und andere forstliche Zusammenschlüsse bei den vom Landesforstbetrieb beabsichtigen Waldschutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Nonne durch Übernahme von Kosten beteiligt? Wenn ja, wie und welche Kosten entstünden je Hektar? zu Frage 11: Ja, der Waldbesitzer trägt die Kosten der Maßnahme. Den Waldbesitzern wird ein öffentlich-rechtlicher Vertrag durch die untere Forstbehörde angeboten. Die Kosten belaufen sich auf ca. 85 Euro je Hektar. Frage 12: Welche Informationsveranstaltungen plant die Landesregierung, um Bürger in betroffenen Gemeinden über verschiedene Waldschutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Nonne und damit verbundene gesundheitliche Risiken zu informieren? zu Frage 12: Die Maßnahmen werden durch eine Allgemeinverfügung im Amtsblatt des Landes veröffentlicht. Die Allgemeinverfügung wird außerdem in den Gemeinden ortsüblich bekannt gemacht und im Internet veröffentlicht. In den Gemeinden finden Informationsveranstaltungen statt. Die betroffenen Waldgebiete werden durch Schilder entsprechend gekennzeichnet.