Landtag Brandenburg Drucksache 6/11436 6. Wahlperiode Eingegangen: 17.05.2019 / Ausgegeben: 22.05.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4537 der Abgeordneten Heide Schinowsky (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/11213 Innovationsprojekt am Standort Jänschwalde Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: „Die Verringerung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2023-2030 erfolgt möglichst stetig. 2025 erfolgt dabei ein substantieller Zwischenschritt bei der Emissionsminderung von 10 Millionen Tonnen möglichst durch ein Innovationsprojekt“, heißt es im Abschlussbericht der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung („Kohlekommission“). Dem Vernehmen nach soll es sich bei dem „Innovationsprojekt“ um ein neues Wärmespeicherkraftwerk am Standort des Kohlekraftwerks Jänschwalde handeln. Ministerpräsident Dietmar Woidke bestätigte das in einem Interview: „Auf der Bundesebene ist bereits entschieden worden, dass sich das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in der Lausitz ansiedeln soll. Es plant ein Projekt, mit dem das Kraftwerk Jänschwalde mit einer völlig neuen Technologie ausgestattet werden soll, die es möglich machen kann, die Emissionen des Kraftwerks deutlich zu senken. Wir sind bestrebt, dass diese Technologie möglichst schnell eingesetzt werden kann.“ (vgl. Tagesspiegel 30.01.2019: „Braunkohle-Ausstieg Woidke: „Wir schalten nicht nur Kraftwerke ab“ https://www.tagesspiegel.de/berlin/braunkohle-ausstieg-woidke-wir-schalten-nicht-nurkraftwerke -ab/23924278.html). Laut Informationen von „Klimareporter“ soll Wirtschaftsminister Jörg Steinbach am 7. März in Potsdam ein erstes Gespräch mit DLR und Leag zum Thema Wärmespeicherkraftwerk geführt haben. „Das habe „der Abstimmung des weiteren Vorgehens" gedient, teilte Regierungssprecher Florian Engels mit. Während Engels davon spricht, dass die Landesregierung in Sachen Speicherkraftwerk in Kontakt mit dem DLR stehe, hält sich der zuständige DLR-Direktor André Thess zurück: Sein Institut habe Industrie und Politik in „mehreren Kohleregionen" kontaktiert“. Weiter heißt es bei „Klimareporter“: „Die Leag habe zwar ein Interesse, an Speichertechnologien mitzuwirken, betont Gerstner. Die technische Machbarkeit der Kombination von Flüssigsalzspeichern und einem thermischen Kraftwerk mit einer Leistungsgröße von 500 Megawatt sei aber „zum jetzigen Zeitpunkt und auf absehbare Zeit nicht gegeben", stellt die Unternehmenssprecherin klar“. (…) „Bei einer Investition in Richtung „Third Life" kostet die Einsparung jeder Tonne CO2 rund 87 Euro, geben die DLR-Forscher weiter an. Diese Rechnung geht aber nur auf, schränken sie ein, wenn es zugleich eine schrittweise globale Verteuerung von CO2 durch Steuern oder verknappte Zertifikate gibt. Im Fall von Jänschwalde hieße das: Weil jeder der sechs dort installierten 500-Megawatt-Blöcke - einer ist seit Herbst 2018 in der Sicherheitsbereitschaft - jährlich bis zu vier Millionen Tonnen CO2 ausstößt, würde das dritte Leben pro Block um die Landtag Brandenburg Drucksache 6/11436 - 2 - 350 Millionen Euro kosten.“ (vgl Klimareporter 31.03.2019: „Landtagswahlkampf in Brandenburg - Woidkes Kampf um Jänschwalde“ https://www.klimareporter.de/deutschland/woidkes-kampf-um-jaenschwalde) Energate zufolge soll NRW den Zuschlag für ein innovatives Wärmespeicherkraftwerk bekommen haben. „Der RWE-Konzern will im Rheinischen Revier ein bestehendes Kohlekraftwerk zu einem Wärmespeicherkraftwerk umrüsten. Die Kraftwerkstochter RWE Power plane zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der FH Aachen ein entsprechendes Pilotprojekt auf Flüssigsalz-Basis, teilte das Unternehmen mit. Der genaue Standort stehe noch nicht fest. Mit dem Bau kann laut RWE Anfang der 2020er Jahre begonnen werden. (…) „NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte nach einem Treffen im Bundeskanzleramt zum Kohleausstieg im Januar für den Bau eines Wärmespeicherkraftwerks geworben. Laut RWE hat das Land das Projekt in sein Sofortprogramm „Das Rheinische Zukunftsrevier" aufgenommen und stellt im Rahmen des Förderprogramms „progres.nrw" 2,9 Mio. Euro bereit. Zusätzlich wollen die Projektpartner, eine Förderung durch den Bund beantragen. DLR und FH Aachen hatten bereits im vergangenen Jahr Interesse an einem Pilotprojekt angekündigt. (vgl. energate 15.03.2019: „RWE plant Wärmespeicherkraftwerk im Rheinischen Revier“ https://www.energatemessenger .de/news/190228/rwe-plant-waermespeicherkraftwerk-im-rheinischen-revier) Vorbemerkungen der Landesregierung: Durch die Empfehlung der Kommission „Wachstum , Strukturwandel und Beschäftigung“ (WSB) erhält das Land Brandenburg die Möglichkeit an einem bestehenden Kraftwerksstandort zu zeigen, wie Kohlekraftwerke zu CO2- armen, energiewendetauglichen Speicherkraftwerken umgebaut werden können. Eine konkrete Aussage an welchem Standort ein solches Innovationsprojekt umgesetzt werden soll, enthält der Abschlussbericht der Kommission WSB nicht. Derzeit überlegt die LEAG mit dem DLR eine Machbarkeit für den Standort Jänschwalde zu prüfen. Denn aus einem solchen Innovationsprojekt können sich enorme Chancen ergeben. Zum einen wird man vorhandene Energieinfrastrukturen wirtschaftlich sinnvoll weiternutzen können (u. a. Einspeisepunkt ins Höchstspannungsnetz, Kraftwerkskomponenten wie beispielsweise Transformatoren, Generatoren, Dampf- und Kühlkreisläufe). Es werden also nicht sinnlos Vermögenswerte durch einfache Stilllegung vernichtet. Zum anderen kann damit ein echter Beitrag für die Energiewende geleistet werden. Wenn gezeigt werden kann, dass durch Umrüstungen am Kraftwerk und Zurüstungen von großen Wärmespeichern bestehende (Groß-)Kraftwerke so weiter entwickelt werden können, dass sie als Regelenergiekraftwerke passfähig die Deckungslücken der volatilen erneuerbaren Energien und im Notfall auch eine „Dunkelflaute“ ausgleichen können, ist dies ein wichtiger Baustein für das Gelingen der Energiewende. Frage 1: Gibt es eine feste Zusage vom DLR, am Standort Jänschwalde ein Innovationsprojekt im großtechnischen Maßstab einsetzen zu wollen? Frage 2: Gibt es die feste Zusage der LEAG, am Standort Jänschwalde ein Innovationsprojekt im großtechnischen Maßstab umsetzen zu wollen? Frage 3: Wird nach bisherigen Erkenntnissen ein Innovationsprojekt in Form eines Wärmespeicherkraftwerkes am Standort Jänschwalde bis zum Jahr 2025 im großtechnischen Maßstab einsatzbereit sein? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11436 - 3 - Frage 4: Wurde bereits ein Antrag auf Genehmigung des Innovationsprojektes am Standort Jänschwalde eingereicht? Frage 5: Wann ist der geplante Beginn des Genehmigungsverfahrens bzw. avisierte Baubeginn des Innovationsprojektes am Standort Jänschwalde? Frage 7: Wenn im Rheinland erst ab 2020 mit dem Bau einer Pilotanlage begonnen wird, wann wird es erste Erkenntnisse für den Bau eines Innovationsprojekts im großtechnischen Maßstab geben? zu den Fragen 1 bis 5 und 7: Die gestellten Fragen, insbesondere zur Einsatzbereitschaft bzw. zum Start des Genehmigungsverfahrens können derzeit nicht beantwortet werden (siehe Vorbemerkungen der Landesregierung). Feste Zusagen gibt es daher gegenwärtig noch nicht. Frage 6: Wie beurteilt die Landesregierung, dass das DLR sich für das Pilotvorhaben eines Wärmespeicherkraftwerks für das Rheinland entschieden hat, deren Äußerungen zum Standort Jänschwalde aber eher zurückhaltend klingen? zu Frage 6: Nach Kenntnis der Landesregierung laufen die Planungen und Vorbereitungen für die Pilotanlage im Rheinland bereits seit längerer Zeit. Ein Scale-up, wie es nunmehr im Ergebnis der Kommission WSB vorgeschlagen wurde, ist ein notwendiger und richtiger Schritt, um den vorhandenen konventionellen Kraftwerkspark an die Erfordernisse des Kohleausstiegs und die Energiewende anzupassen. Dass sich das DLR derzeit zurückhaltend verhält, ist angesichts der Geschwindigkeit für einen solchen Scale-up, wie er sich aus den Empfehlungen der Kommission WSB ergibt, verständlich. Dennoch bewertet die Landesregierung die Chance, die vorhandenen Infrastrukturen ggf. wirtschaftlich weiter zu nutzen und nicht einfach durch Stilllegungen Vermögenswerte zu vernichten, grundsätzlich positiv. Frage 8: Sollte das Innovationprojekt bis 2025 nicht im großtechnischen Maßstab im Einsatz sein, wird eine CO2-Reduzierung von 10 Millionen Tonnen durch eine schrittweise Abschaltung von Kohleblöcken am Standort Jänschwalde in Betracht gezogen? zu Frage 8: Die Kommission WSB hat für ihren ausgehandelten Kompromiss Überprüfungszeitpunkte durch eine unabhängige Expertenkommission definiert. Die Landesregierung geht daher davon aus, dass 2023 der Fortschritt der Empfehlungen der Kommission WSB und der Umsetzungsstand der im Bericht vorgeschlagenen Maßnahmen evaluiert werden. Sollten die CO2-Minderungziele nicht wie vorgesehen erreicht werden, so kann davon ausgegangen werden, dass die Expertenkommission neue Maßnahmenvorschläge unterbreiten wird. Ob im Ergebnis einzelne Kraftwerksblöcke in Jänschwalde abgeschaltet werden, ist derzeit nicht prognostizierbar.