Datum des Eingangs: 15.04.2015 / Ausgegeben: 20.04.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1146 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 442 der Abgeordneten Christina Schade und Birgit Bessin der AfD-Fraktion Drucksache 6/948 Subventionsbetrug bei der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) Wortlaut der Kleinen Anfrage 442 vom 24.03.2015: Laut Potsdamer Neueste Nachrichten (PNN) vom 19.03.2015 sind Manager der Firma Human Bio Sciences (HBS) wegen schweren Betrugs und Subventionsbetruges zu Haftstrafen verurteilt worden. Sie hätten insgesamt 11 Mio. € an Fördermitteln der ILB und des Finanzamtes noch bis 2012 erschlichen. Die ILB hätte trotz massiver Zweifel Fördergelder ausgezahlt und wäre mit der Kontrolle und Überprüfung internationaler Geldgeber und Finanzströme überfordert gewesen . Der Vorsitzende Richter Andreas Dielitz sagte: „Die ILB ist darauf angewiesen , dass sie es mit redlichen Kaufleuten zu tun hat.“ Weiterhin informierte die PNN über ein Gespräch des damaligen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers mit HBSManagern und ILB-Mitarbeitern. Nach Ansicht der Gerichtes sei bei einem ‚Obrigkeitsdenken ‘ das Gespräch so verstanden hätte werden können, dass ein politisches Interesse an Prestigeprojekt besteht. Wir fragen die Landesregierung: 1. Hat die Landesregierung Kenntnis davon, ob der damalige Wirtschaftsminister Ralf Christoffers Entscheidungen im Tagesgeschäft der ILB beeinflusst hat? 2. Ist der Landesregierung bekannt, ob Prestigeprojekte hinsichtlich der Beurteilung der Förderfähigkeit, Einhaltung der relevanten Richtlinien und hierauf bezogenen Hinweisen anders behandelt werden als andere Projekte? 3. In welchem Maße ist die ILB darauf angewiesen, dass sie es mit redlichen Kauf- leuten zu tun hat? 4. Liegen der Landesregierung Kenntnisse darüber vor, ob die ILB grundsätzlich kei- ne internationalen Geldgeber und Finanzströme kontrollieren und überprüfen kann oder der Aufwand hierfür zu hoch ist? 5. Gibt es von der Arbeitsgruppe im Wirtschaftsministerium schon erste Ergebnisse und Konsequenzen aus ihrer Fallanalyse für die zukünftige Verfahrensgestaltung (Informationsfluss und -auswertung, Auszahlung trotz Zweifel u. a.)? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Hat die Landesregierung Kenntnis davon, ob der damalige Wirtschaftsminister Ralf Christoffers Entscheidungen im Tagesgeschäft der ILB beeinflusst hat? zu Frage 1: Weder sind Entscheidungen des Ministers im Tagesgeschäft der ILB vorgesehen, noch sind solche erfolgt. Das Ministerium für Wirtschaft und Energie (MWE) ist die fachaufsichtsausführende Behörde der ILB. Es führt die Aufsicht über die Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns der ILB, soweit diese für die Förderprogramme des MWE zuständig ist. Außerdem trifft es die Entscheidungen, die nach den Förderrichtlinien dem Ministerium vorbehalten sind. Frage 2: Ist der Landesregierung bekannt, ob Prestigeprojekte hinsichtlich der Beurteilung der Förderfähigkeit, Einhaltung der relevanten Richtlinien und hierauf bezogenen Hinweisen anders behandelt werden als andere Projekte? zu Frage 2: Die Beurteilung der Förderfähigkeit richtet sich in der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ nach dem Koordinierungsrahmen und den jeweiligen Förderrichtlinien sowie nach den EU-rechtlichen Rahmenbedingungen . Frage 3: In welchem Maße ist die ILB darauf angewiesen, dass sie es mit redlichen Kaufleuten zu tun hat? zu Frage 3: Die ILB als Bewilligungsbehörde hat in den Verwaltungs- und Zuwendungsverfahren keine entsprechenden Ermittlungsbefugnisse wie Strafverfolgungs- oder Steuerbehörden . § 6 SubvG sieht daher ausdrücklich vor, dass Behörden der öffentlichen Verwaltung Tatsachen, die den Verdacht eines Subventionsbetruges begründen, den Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen haben. Frage 4: Liegen der Landesregierung Kenntnisse darüber vor, ob die ILB grundsätzlich keine internationalen Geldgeber und Finanzströme kontrollieren und überprüfen kann oder der Aufwand hierfür zu hoch ist? zu Frage 4: Nein, die ILB als Förderbank ist grundsätzlich in der Lage internationale Geldgeber und Finanzströme zu überprüfen. Als Kreditinstitut i. S. d. Kreditwesengesetzes (KWG) unterliegt die ILB den Geldwäschebestimmungen und hat gemäß § 25h Abs. 1 KWG über ein angemessenes Risikomanagement sowie über Verfahren und Grundsätze zu verfügen, die der Verhinderung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder sonstiger strafbarer Handlungen dienen. Zu diesem Zweck hat die ILB eine zentrale Compliancefunktion eingerichtet mit einem Geldwäschebeauftragen, zu dessen Pflichten auch die Durchführung von Maßnahmen zur Verhinderung sonstiger strafbarer Handlungen gehört. Frage 5: Gibt es von der Arbeitsgruppe im Wirtschaftsministerium schon erste Ergebnisse und Konsequenzen aus ihrer Fallanalyse für die zukünftige Verfahrensgestaltung (Informationsfluss und -auswertung, Auszahlung trotz Zweifel u. a.)? zu Frage 5: Die Arbeitsgruppe Förderverfahren wird ihre Tätigkeit erst nach Vorliegen der Urteilsbegründung abschließen, um auch die Erkenntnisse aus dem Strafverfahren möglichst vollständig zu berücksichtigen. Ohne dem abschließenden Ergebnis vorzugreifen zeigt sich schon jetzt, dass der vorliegende Fall HBS als ein besonders gelagerter Einzelfall nicht repräsentativ für die Wirtschaftsförderung ist. Die Analyse der bisherigen 3.400 Bewilligungen im Förderzeitraum 2007 bis 2013 hat gezeigt, dass das tatsächliche Aufkommen von Betrugs- bzw. Betrugsverdachtsfällen quantitativ mit nur 0,09% bzw. 0,9% sehr gering ausgeprägt ist und sich in vielen Fällen ein anfänglicher Betrugsverdacht nicht bestätigt hat. Dieses Ergebnis zeigt, dass die eingerichteten und von der EU-Kommission bestätigten Verwaltungs- und Kontrollsysteme funktionieren. Darüber hinaus haben MWE und ILB nach Bekanntwerden der Betrugsvorwürfe bereits erste Konsequenzen gezogen. So werden z.B. alle Startup-Vorhaben mit schwierigen bzw. besonderen Finanzierungen einer kritischen Überprüfung der Eigenmittelsituation bzw. der Eigenkapitalausstattung unterzogen. Bei Bedarf werden eine zusätzliche Eigenkapitalausstattung, ein finanzstarker Leadinvestor oder eine Vorfinanzierung der Investitionen aus Eigenmitteln gefordert.