Datum des Eingangs: 07.11.2014 / Ausgegeben: 13.11.2014 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/115 Antwort auf die Kleine Anfrage 2 der Abgeordneten Dr. Saskia Ludwig der CDU-Fraktion Drucksache 6/16 Geplante Außenstelle der Zentralen Ausländerbehörde in Ferch Wortlaut der Kleinen Anfrage 2 vom 09.10.2014: Nach Medienberichten hat das Brandenburger Innenministerium bestätigt, dass ab Mitte November schrittweise 300 Plätze für Flüchtlinge in dem ehemaligen Bundeswehrwohnheim in Ferch eingerichtet werden. Das Heim soll eine Außenstelle der völlig überfüllten Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt werden. Das ehemalige Bundeswehrwohnheim liegt im Gewerbegebiet Ferch an der Grenze zum Werderaner Ortsteil Glindow. Die Anbindung und Infrastruktur des Gewerbegebietes ist bisher nicht für die Wohnnutzung ausgelegt. Details für die Unterbringung der Flüchtlinge hat die Gemeindeverwaltung und Anwohner aus der Presse erfahren. Auf einen Brief vom 23. September 2014 mit konkreten Fragen an Innenminister Ralf Holzschuher wurde bisher nicht geantwortet. Ich frage die Landesregierung: 1. Seit wann ist das ehemalige Bundeswehrwohnheim in Ferch in der engeren Auswahl für eine Außenstelle der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt? 2. Welche weiteren Standorte standen noch zur Diskussion? 3. Wurden andere Standorte geprüft? Konkret Doberlug-Kirchhain, das nach Aussage der BImA ein hervorragenden Standort mit allen notwendigen Voraussetzungen bieten würde. 4. Warum kommt nur der BLB als bauausführender Betrieb zur notwendigen Ertüchtigung von Doberlug-Kirchhain in Frage, obwohl andere Firmen flexibler, d. h. schneller die Fertigstellung zum Erstaufnahmelager umsetzten können? 5. Wann ist die Entscheidung für den Standort in Ferch gefallen? 6. Welche konkreten Probleme gibt es mit der Abwasserentsorgung? 7. Für wie viele Personen ist die Abwasserentsorgung ausgelegt? 8. Sind alle notwendigen Genehmigungen für die Umnutzung des ehemaligen Bundeswehrwohnheims vorhanden? Wenn nein, welche fehlen? 9. Warum wurden die Gemeinde Schwielowsee, die Stadt Werder (Havel) und die zuständigen Landtagsabgeordneten nicht in den Entscheidungsprozess eingebunden bzw. informiert? 10. Der Flüchtlingsrat Brandenburg hat das Vorgehen des Ministeriums mit den Worten: „Derartige Hauruckaktionen seien tödlich für die Willkommenskultur in den Kommunen.“ kritisiert. Wie bewertet die Landesregierung diese Aussage? 11. Wann und wo genau plant die Landesregierung die Informationsveranstaltungen in Schwielowsee und Werder (Havel)? 12. Das Gewerbegebiet ist nur sehr schlecht an den ÖPNV angebunden, plant die Landesregierung die Einrichtung einer direkten Buslinie nach Schwielowsee, Werder (Havel) oder Potsdam? 13. Rechnet die Landesregierung mit Einschränkungen für die schon angesiedelten Gewerbebetriebe? 14. Müssen die dort ansässigen Gewerbebetriebe damit rechnen zukünftig andere Lärmschutzrichtwerte einhalten zu müssen. 15. Werden von den Gewerbebetrieben erhöhte Unfallverhütungsmaßnahmen gefordert? 16. Müssen die dort angesiedelten Gewerbebetriebe in Zukunft damit rechnen nicht mehr den Richtlinien eines Gewerbegebietes zu unterliegen, sondern eines Misch- oder Wohngebietes? 17. Nach Ministeriumsangeben sollen hauptsächlich Familien in Ferch untergebracht werden. Wie stellt das Ministerium die medizinische Versorgung der Bewohner sicher? 18. Gibt es ausreichend Kinderärzte und speziell ausgebildete Ärzte, die die Behandlung der Kriegsflüchtlinge sicherstellen können? 19. Die Kapazitäten der Kita- und Schulinfrastruktur in Schwielowsee sind fast ausgeschöpft, wie und wo sollen die Kinder betreut werden? 20. Plant die Landesregierung spezielle Deutschkurse für die Flüchtlinge? Wenn ja wo und von wem werden diese durchgeführt? 21. Welche weiteren Integrationskurse plant die Landesregierung am Standort Ferch? 22. Wie viele Mitarbeiter werden am Standort Ferch arbeiten? 23. Plant die Landesregierung spezielle Sicherheitsvorkehrungen im Gewerbegebiet? 24. Soll eine zentrale Informationsstelle für die Bewohner in Schwielowsee und Werder (Havel) eingerichtet werden? 25. Einen Supermarkt oder andere Versorgungseinrichtungen gibt es im Gewerbebiet nicht. Wie und wo sollen sich die Flüchtlinge mit Dingen des täglichen Lebens versorgen? 26. Plant die Landesregierung die Ansiedlung von Versorgungseinrichtungen? 27. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat entschieden, dass ein früheres Lehrlingswohnheim an einer Weiterbildungsstätte nicht als Asylbewerberunterkunft genutzt werden darf, da der wohnähnliche Charakter in dem Gewerbegebiet unzulässig sei. Wie schätzt die Landesregierung die Situation in Ferch ein? 28. Rechnet die Landesregierung mit Klagen in Ferch? 29. Plant die Landesregierung eine Änderung der Brandenburgischen Bauordnung für die Ansiedlung von Asylbewerberunterkünften in Gewerbegebieten? 30. Soll das Erstaufnahmelager in Ferch eine dauerhafte Einrichtung als Erstaufnahmestelle werden? Wenn nein, ist geplant das Erstaufnahmelager als dauerhaftes Flüchtlingsheim nach zu nutzen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Laut der Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern vom 15. Oktober 2014 haben in der Zeit von Januar bis September 2014 insgesamt 136.039 Personen in Deutschland Asyl beantragt. Gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr 2013 bedeutet dies eine Erhöhung um 59,4 Prozent. Im Land Brandenburg wurden vom 1. Januar 2014 bis zum 30. September 2014 insgesamt 3.914 asylbegehrende Personen in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in Eisenhüttenstadt registriert. Im gesamten Jahr 2013 waren es 3.305 Asylbewerber. Unter Zugrundelegung der bisherigen Prognosen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und unter Berücksichtigung der bisherigen Zugänge wird für das Jahr 2014 bundesweit mit einer Verdoppelung der Zugangszahlen gegenüber dem Jahr 2013 gerechnet. Angesichts der aktuellen Geschehnisse in der Welt ist bisher kein Ende dieser Entwicklung abzusehen, so dass auch im kommenden Jahr mit einem weiteren Anstieg der Asylbewerberzahlen zu rechnen ist. Für die dem Land zugewiesenen Asylsuchenden ist die Erstaufnahmeeinrichtung der Zentralen Ausländerbehörde (ZABH) in Eisenhüttenstadt die erste Anlaufstelle. Infolge der aktuellen Entwicklung ist deren Kapazitätsgrenze längst überschritten. Durch Wohncontainer und provisorische Unterkünfte auf dem ZABH-Gelände sowie den Bezug des AWO-Wohnheims in Eisenhüttenstadt und der ehemaligen Oderland-Kaserne in Frankfurt (Oder) wurde die Gesamtkapazität der Erstaufnahmeeinrichtung bereits schrittweise von ursprünglich 500 auf rund 1.600 Plätze erweitert. Seit Juli 2014 befinden sich kontinuierlich zwischen 1.000 und 1.400 Personen in der Erstaufnahmeeinrichtung. Das Erfordernis einer weiteren Kapazitätserhöhung ist mit Blick auf die bevorstehenden Zugänge daher offenkundig, wobei diese am Standort Eisenhüttenstadt nur noch schwer zu realisieren ist. Das Land ist daher auf der Suche nach tragfähigen und angemessenen Unterbringungslösungen für die vorübergehende Aufnahme von Asylsuchenden, die nach Brandenburg kommen und vor ihrer landesinternen Zuweisung in die Kommunen bundesgesetzlich verpflichtet sind, längstens für drei Monate in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes zu wohnen. Das Ziel, den Asylsuchenden weiterhin eine angemessene Erstversorgung zukommen zu lassen, bedeutet auch, drohende Obdachlosigkeit zu vermeiden. Eine mögliche Option stellt die Anmietung des ehemaligen Bundeswehrwohnheims in Ferch dar. Es wird vorweggenommen, dass der rechtsverbindliche Bebauungsplan der Gemeinde für die in Rede stehende Fläche ein Sonstiges Sondergebiet festgesetzt hat. Somit handelt es sich entgegen der geäußerten Annahme bei der Liegenschaft nicht um ein Gewerbegebiet, wenngleich es an ein solches angrenzt. Das im Wortlaut der Kleinen Anfrage erwähnte Schreiben der Abgeordneten vom 23. September 2014 wurde durch den Minister des Innern wie ein Auskunftsersuchen nach Artikel 56 der Landesverfassung behandelt und am 7. Oktober 2014 umfänglich beantwortet. Auf Grund des inzwischen fortgeschrittenen Verfahrens werden die übermittelten Informationen im Folgenden aktualisiert und präzisiert. Frage 1: Seit wann ist das ehemalige Bundeswehrwohnheim in Ferch in der engeren Auswahl für eine Außenstelle der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt? zu Frage 1: Der Leiter der Zentralen Ausländerbehörde (ZABH) wurde am 20. August 2014 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) über die Möglichkeit der Anmietung des noch bis September durch die Bundeswehr genutzten Wohnheims in Ferch informiert. Nach Klärung verschiedener offener Fragen zwischen der BImA, der ZABH und dem Brandenburgischen Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) gelangte das Objekt zum Ende der 37. Kalenderwoche in die engere Auswahl und die Mietverhandlungen wurden aufgenommen. Frage 2: Welche weiteren Standorte standen noch zur Diskussion? zu Frage 2: Wegen des in der Erstaufnahmeeinrichtung bestehenden kurz- bis mittelfristigen Unterbringungsbedarfs wurden und werden durch die ZABH und den BLB fortlaufend Unterbringungsmöglichkeiten im Land sondiert. Zahlreiche Unterkünfte wurden jedoch auf Grund eines unverhältnismäßigen Investitionsbedarfs, fehlender Brandschutzvorkehrungen oder anderer Bedenken als ungeeignet eingestuft. Aktuelle Überlegungen haben - bis auf Doberlug-Kirchhain - zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Entscheidungsreife erlangt, weshalb Aussagen zu weiteren Standorten gegenwärtig nicht möglich sind. Frage 3: Wurden andere Standorte geprüft? Konkret Doberlug-Kirchhain, das nach Aussage der BImA ein hervorragenden Standort mit allen notwendigen Voraussetzungen bieten würde. zu Frage 3: Ja. Das Land verfolgt unter anderem weiterhin den Plan, Teile der ehemaligen Lausitz-Kaserne Doberlug-Kirchhain als Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung für die vorübergehende Unterbringung von Asylsuchenden anzumieten. Für eine Nutzung ist die Liegenschaft jedoch noch umfangreich herzurichten. Frage 4: Warum kommt nur der BLB als bauausführender Betrieb zur notwendigen Ertüchtigung von Doberlug- Kirchhain in Frage, obwohl andere Firmen flexibler, d. h. schneller die Fertigstellung zum Erstaufnahmelager umsetzten können? zu Frage 4: Nach Ziffer 2 Buchstabe e des Errichtungserlasses des Ministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2005 (Amtsblatt für Brandenburg 2005, S. 1129 ff.) ist der BLB für die Planung und Durchführung von Baumaßnahmen des Landes zuständig. Frage 5: Wann ist die Entscheidung für den Standort in Ferch gefallen? zu Frage 5: Eine Vorentscheidung zur Nutzung des ehemaligen Bundeswehrwohnheimes ist nach Aufnahme der Mietverhandlungen im Laufe der 38. Kalenderwoche gefallen. In der 42. Kalenderwoche erfolgte der Abschluss des Überlassungsvertrages zwischen BImA und BLB sowie die Unterzeichnung der Einzelnutzungsvereinbarung zwischen BLB und ZABH. Frage 6: Welche konkreten Probleme gibt es mit der Abwasserentsorgung? zu Frage 6: Die Abwasserentsorgung erfolgt über eine Kleinkläranlage. Die für den Betrieb erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis war abgelaufen. Die wasserrechtliche Erlaubnis wurde mit Datum vom 22. Oktober 2014 - befristet bis zum 31. Dezember 2016 - erteilt. Frage 7: Für wie viele Personen ist die Abwasserentsorgung ausgelegt? zu Frage 7: Die Abwasserentsorgung ist für 50 Personen ausgelegt. Mit der Unterbringung weiterer, über diese Anzahl hinausgehender Personen wird die Abwasserentsorgung über Sanitärcontainer sichergestellt. Frage 8: Sind alle notwendigen Genehmigungen für die Umnutzung des ehemaligen Bundeswehrwohnheims vorhanden? Wenn nein, welche fehlen? zu Frage 8: Nein. Es ist ein Zustimmungsverfahren nach § 72 der Brandenburgischen Bauordnung für die Umnutzung der Liegenschaft erforderlich. Das hierfür erforderliche Beteiligungsverfahren läuft gegenwärtig. Frage 9: Warum wurden die Gemeinde Schwielowsee, die Stadt Werder (Havel) und die zuständigen Landtagsabgeordneten nicht in den Entscheidungsprozess eingebunden bzw. informiert? zu Frage 9: Die Suche nach geeigneten Ausweichunterbringungen für die Erstaufnahme Asylsuchender ist ein arbeitsintensiver und dynamischer Prozess. Wie bereits zu Frage 2 ausgeführt, wurden bisher zahlreiche Bundes- und Landesimmobilien sowie private Kauf- und Mietangebote auf ihre Eignung geprüft und in der überwiegenden Mehrheit aus verschiedenen Gründen verworfen. Es ist sachgerecht, die zuständigen Verantwortlichen in den Kommunen zu einem Zeitpunkt über die Planungen des Landes zu informieren, in dem Klarheit über die wesentlichen Rahmenbedingungen besteht und eine Nutzung realistisch in Frage kommt. Insoweit ist es im Interesse der betroffenen Kommunen, sich ausschließlich mit Plänen auseinanderzusetzen, die auch realisierbar sind. Für eine Unterrichtung von Landtagsabgeordneten besteht keine zwingende Notwendigkeit. Frage 10: Der Flüchtlingsrat Brandenburg hat das Vorgehen des Ministeriums mit den Worten: „Derartige Hauruckaktionen seien tödlich für die Willkommenskultur in den Kommunen.“ kritisiert. Wie bewertet die Landesregierung diese Aussage? zu Frage 10: Die Landesregierung teilt diese Einschätzung nicht, sondern geht davon aus, dass alle in Ferch betroffenen Bürgerinnen und Bürger folgende Erwägungen nachvollziehen können: Die bedrohliche Entwicklung des Weltgeschehens und die damit verbundenen stärker werdenden Flüchtlingsströme waren nicht vorhersehbar. Auch die in regelmäßigen Abständen erforderliche Korrektur der prognostizierten Asylbewerberzugänge durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verdeutlicht, dass der erhebliche Anstieg der Zugangszahlen so nicht erwartet wurde. Nachdem die Zugangszahlen seit Mitte der neunziger Jahre stetig abnahmen und vielerorts Unterkunftsgebäude aufgegeben wurden, stehen Bund, Länder und Kommunen nunmehr unter dem wachsenden Druck, zusätzliche Unterkünfte zu aktivieren, um die drohende Obdachlosigkeit von Asylsuchenden zu vermeiden. Für das Land besteht die Besonderheit, dass die in der Erstaufnahmeeinrichtung ankommenden Asylsuchenden unangekündigt in immer unterschiedlicherer, aber insgesamt steigender Zahl eintreffen und sodann unverzüglich untergebracht und versorgt werden müssen. Hier hat die ZABH keinerlei Vorlaufzeit. Sie ist daher bereits seit dem Jahr 2012 um den kontinuierlichen Ausbau der Unterbringungskapazitäten bemüht. Da die Unterbringung von Asylsuchenden jedoch an verschiedene Anforderungen gekoppelt ist, gestaltet sich die Suche nach geeigneten Liegenschaften äußerst schwierig. Mit Blick auf die kontinuierlich zunehmende und auch ernst zu nehmende - weil u. a. konfliktbegünstigende - Überbelegung der bestehenden Erstaufnahmeeinrichtung und ihrer Außenstellen sind kurzfristige Lösungen unabdingbar. Die Liegenschaft in Ferch ist gegenwärtig die einzige Unterkunft, die noch im Jahr 2014 genutzt werden kann, um die spätestens ab November drohende Obdachlosigkeit neu ankommender Asylsuchender zu verhindern. Frage 11: Wann und wo genau plant die Landesregierung die Informationsveranstaltungen in Schwielowsee und Werder (Havel)? zu Frage 11: Die Anwohner und Anwohnerinnen des benachbarten Wohngebiets, die Gewerbetreibenden des angrenzenden Gewerbegebiets sowie die Einwohner des Ortsteils Kammerode wurden am 17. Oktober 2014 zu einer Informationsveranstaltung im Oberstufenzentrum Werder (Havel) eingeladen und über die beabsichtigte Nutzung des Wohnheims unterrichtet. Da der Teilnehmerkreis der Veranstaltung nicht begrenzt wurde, konnten darüber hinaus auch Gemeindevertreter, Vereinsvertreter und sonst interessierte Bürgerinnen und Bürger teilnehmen, wovon auch rege Gebrauch gemacht wurde. Frage 12: Das Gewerbegebiet ist nur sehr schlecht an den ÖPNV angebunden, plant die Landesregierung die Einrichtung einer direkten Buslinie nach Schwielowsee, Werder (Havel) oder Potsdam? zu Frage 12: Die Landesregierung plant keine Buslinie zwischen Potsdam, Werder (Havel) und Schwielowsee. Gemäß § 3 ÖPNV-Gesetz sind die Landkreise und kreisfreien Städte für die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung im übrigen Personenverkehr zuständig. Frage 13: Rechnet die Landesregierung mit Einschränkungen für die schon angesiedelten Gewerbebetriebe? zu Frage 13: Die im Umfeld des ehemaligen Bundeswehrwohnheims gelegenen Nutzungen genießen Bestandsschutz. Mögliche Einschränkungen sind im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu prüfen und zu bewerten. Derzeit liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Frage 14: Müssen die dort ansässigen Gewerbebetriebe damit rechnen zukünftig andere Lärmschutzrichtwerte einhalten zu müssen? zu Frage 14: Die Festsetzung von bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungen obliegt der kommunalen Planungshoheit im Rahmen der Abwägung bei der Einstufung von Planungsgebieten (§ 1 Absatz 6 Nummer 1 Baugesetzbuch in Verbindung mit § 3 Absatz 1 Bundes- Immissionsschutzgesetz). Zur Unterbringung von Flüchtlingen in der Nähe eines Gewerbegebiets beinhalten die immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm), keine Aussagen. Gemäß der TA Lärm sind die in Ziffer 6.1 benannten Immissionsrichtwerte jeweils am maßgeblichen Immissionsort einzuhalten. Grundsätzlich sind die Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft in demselben Maße vor Anlagenlärm zu schützen, wie andere zulässige schutzbedürftige Nutzungen innerhalb eines Gewerbegebietes auch. Frage 15: Werden von den Gewerbebetrieben erhöhte Unfallverhütungsmaßnahmen gefordert? zu Frage 15: Bezüglich der Umsetzung der gesetzlichen Forderungen zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten durch die Arbeitgeber in den ansässigen Gewerbebetrieben ergeben sich keine zusätzlichen Anforderungen. Frage 16: Müssen die dort angesiedelten Gewerbebetriebe in Zukunft damit rechnen nicht mehr den Richtlinien eines Gewerbegebietes zu unterliegen, sondern eines Misch- oder Wohngebietes? zu Frage 16: Über die Zulässigkeit von Vorhaben, die Dritte in ihren Rechten einschränken könnten, hat die Gemeinde im Rahmen der kommunalen Planungshoheit und auf Grundlage der § 29 ff. Baugesetzbuch zu entscheiden. Für die Festsetzung eines Misch- oder Wohngebiets ist eine Bebauungsplanänderung durch die Gemeinde Schwielowsee notwendig. Frage 17: Nach Ministeriumsangaben sollen hauptsächlich Familien in Ferch untergebracht werden. Wie stellt das Ministerium die medizinische Versorgung der Bewohner sicher? Frage 18: Gibt es ausreichend Kinderärzte und speziell ausgebildete Ärzte, die die Behandlung der Kriegsflüchtlinge sicherstellen können? zu den Fragen 17 und 18: Alle in Ferch Unterzubringenden gelangen nach einem Aufenthalt in der ZABH dorthin. Sie haben also alle eine Erstuntersuchung zum Ausschluss infektiöser Erkrankungen in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung erhalten. Soweit während der Unterbringung in der ZABH oder einer ihrer Außenstellen ambulante oder stationäre Behandlungsbedürftigkeit besteht, steht das Versorgungsangebot der jeweiligen Region für alle in seinem Einzugsbereich lebenden Menschen zur Verfügung. Der Versorgungsauftrag z. B. des Klinikums Ernst von Bergmann in Potsdam umfasst einen Einzugsbereich von über 200.000 Einwohnern und wird durch eine Erhöhung der Zahl potentiell zu Versorgender, die sich im Promillebereich bewegt, nicht überfordert. Die Landesregierung strebt an, die medizinische Versorgung der Bewohner der Außenstelle Ferch der Erstaufnahmeeinrichtung so zu organisieren, dass auf eine Inanspruchnahme der örtlichen Arzt- und Zahnarztpraxen weitestgehend verzichtet werden kann. Frage 19: Die Kapazitäten der Kita- und Schulinfrastruktur in Schwielowsee sind fast ausgeschöpft, wie und wo sollen die Kinder betreut werden? zu Frage 19: Für Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter besteht in der Erstaufnahmeeinrichtung nach § 2 Absatz 1 der Schulpflichtruhensverordnung (SchuruV) grundsätzlich keine Schulpflicht. Dennoch ist das Bildungsministerium im Rahmen der verfügbaren momentanen Ressourcen bestrebt, entsprechend dem Verfahren in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt, ein Unterrichtsangebot für Grundschülerinnen und Grundschüler sowie Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I bereitzustellen. Erste Gespräche wurden dazu bereits geführt. Die Beschulung wird dann, ebenso wie in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt, in der Einrichtung erfolgen und nicht in den umliegenden Grundschulen bzw. weiterführenden Schulen. Ziel ist es, dass die Kinder und Jugendlichen die Erstaufnahmeeinrichtung bereits mit ersten grundlegenden Kenntnissen in der deutschen Sprache verlassen. Frage 20: Plant die Landesregierung spezielle Deutschkurse für die Flüchtlinge? Wenn ja wo und von wem werden diese durchgeführt? Frage 21: Welche weiteren Integrationskurse plant die Landesregierung am Standort Ferch? zu den Fragen 20 und 21: Asylbewerber haben keinen Anspruch auf Teilnahme an den vom Bund finanzierten Integrationskursen. Wenn niedrigschwelliger Deutschunterricht in Kommunen angeboten wird, handelt es sich um freiwillige Leistungen. Da im Koalitionsvertrag des Bundes vorgesehen ist, demnächst einen Arbeitsmarktzugang bereits nach drei Monaten zu ermöglichen, ist es umso wichtiger, sehr früh Zugang zu qualifiziertem Deutschunterricht zu ermöglichen, der zertifiziert ist und eine zügigere Integration in den Arbeitsmarkt ermöglicht. Wenn dies in Zukunft früher gelingt, führt dies unmittelbar zu einer Kostenentlastung des Landes. Das Land hat deshalb in Übereinstimmung mit dem Landtags-Beschluss Drucksache 5/8221-B vom 21. November 2013 ein ESF-finanziertes Landesprogramm aufgelegt, um dem bisher ausgeschlossenen Personenkreis die Teilnahme an Integrationskursen zu ermöglichen. Die Teilnahme an den konzipierten sechs Modulen à 100 Stunden umfasst circa ein halbes Jahr. Aus diesen Gründen ist es organisatorisch nicht sachgerecht, bereits in der Erstaufnahmeeinrichtung mit diesen Modulen zu beginnen. Ungeachtet dessen ist nicht auszuschließen, dass bereits in Ferch ein ähnliches ehrenamtliches Unterrichtsangebot wie in der Einrichtung in Eisenhüttenstadt installiert werden kann. Frage 22: Wie viele Mitarbeiter werden am Standort Ferch arbeiten? zu Frage 22: Bei einer Vollbelegung des Wohnheims ist der Einsatz von drei Sozialbetreuern vorgesehen. Darüber hinaus werden ein Arzthelfer bzw. eine Arzthelferin sowie sechs Mitarbeiter des Wachschutzes und zeitweise Mitarbeiter der ZABH vor Ort sein. Frage 23: Plant die Landesregierung spezielle Sicherheitsvorkehrungen im Gewerbegebiet? zu Frage 23: Inwieweit über die Tätigkeit des Wachschutzes des Wohnheimbetreibers hinaus spezielle Sicherheitsvorkehrungen notwendig sind, wird zu gegebener Zeit geprüft. Die Polizei wird rechtzeitig in entsprechende Vorüberlegungen eingebunden. Frage 24: Soll eine zentrale Informationsstelle für die Bewohner in Schwielowsee und Werder (Havel) eingerichtet werden? zu Frage 24: Nein. Die Bürgerinnen und Bürger können sich mit allen im Zusammenhang mit der Außenstelle stehenden Anliegen an das zuständige Fachreferat im Ministerium des Innern oder direkt an die Zentrale Ausländerbehörde des Landes Brandenburg wenden. Frage 25: Einen Supermarkt oder andere Versorgungseinrichtungen gibt es im Gewerbebiet nicht. Wie und wo sollen sich die Flüchtlinge mit Dingen des täglichen Lebens versorgen? Frage 26: Plant die Landesregierung die Ansiedlung von Versorgungseinrichtungen? zu den Fragen 25 und 26: Von Seiten der Landesregierung gibt es solche Planungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Im Übrigen erhalten die Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben alle Versorgungsleistungen als Sachleistungen, z. B. eine Vollverpflegung in der Einrichtung. Frage 27: Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat entschieden, dass ein früheres Lehrlingswohnheim an einer Weiterbildungsstätte nicht als Asylbewerberunterkunft genutzt werden darf, da der wohnähnliche Charakter in dem Gewerbegebiet unzulässig sei. Wie schätzt die Landesregierung die Situation in Ferch ein? zu Frage 27: Die Gemeinde Schwielowsee hat von ihrer o. g. kommunalen Planungshoheit dahingehend Gebrauch gemacht, dass sie den Bebauungsplan „Petzower Straße“ aufgestellt hat. In diesem rechtsverbindlichen Bebauungsplan ist für die in Rede stehende Liegenschaft (ehemaliges Bundeswehrwohnheim) kein Gewerbegebiet nach § 8 Baunutzungsverordnung (BauNVO), sondern ein Sonstiges Sondergebiet „Bundeswehr“ nach § 11 BauNVO festgesetzt worden. Eine Fallkonstellation, wie sie das Verwaltungsgericht Stuttgart in seiner Entscheidung vom 22. Juli 2014 (Az.: 11 K 3170/13) zu beurteilen hatte, liegt daher nicht vor. Frage 28: Rechnet die Landesregierung mit Klagen in Ferch? zu Frage 28: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 29: Plant die Landesregierung eine Änderung der Brandenburgischen Bauordnung für die Ansiedlung von Asylbewerberunterkünften in Gewerbegebieten? zu Frage 29: Nein. Derzeit wird der Bundesratsbeschluss vom 19. September 2014 (Bundesratsdrucksache 419/14 (B)) durch die Bundesregierung geprüft. Ziel ist eine Änderung des Bauplanungsrechts (Bundesrecht) zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen. Über den Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens können derzeit keine Aussagen getroffen werden. Frage 30: Soll das Erstaufnahmelager in Ferch eine dauerhafte Einrichtung als Erstaufnahmestelle werden? Wenn nein, ist geplant das Erstaufnahmelager als dauerhaftes Flüchtlingsheim nach zu nutzen? zu Frage 30: Die bisherigen Planungen sehen eine nur vorübergehende Nutzung des Wohnheims in Ferch durch das Land vor. Pläne für eine eventuelle Nachnutzung der Einrichtung als kommunale Gemeinschaftsunterkunft sind der Landesregierung nicht näher bekannt.