Landtag Brandenburg Drucksache 6/11599 6. Wahlperiode Eingegangen: 12.06.2019 / Ausgegeben: 17.06.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4582 des Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/11399 Grundlage für den Artenschutz: Aktualisierung Roter Listen in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Rote Listen sind für NaturschützerInnen eines der wichtigsten Arbeitsmittel, welche nicht nur die Zu- und Abnahme von Arten in einem Gebiet darstellen, sondern auch Hinweise geben, wie diese Arten geschützt werden müssen und Negativtrends aufgehalten werden können. Zuletzt wurde die Rote Liste der Brutvögel Brandenburgs im Jahr 2008 veröffentlicht. Laut der Antwort auf die Große Anfrage “Entwicklung der Vogelwelt in Brandenburg“, sollte die Rote Liste der Brutvögel Brandenburgs im Jahr 2018 neu veröffentlicht werden - dies ist bisher nicht geschehen. Während die Roten Listen beispielsweise in Sachsen, Thüringen und Berlin* deutlich vollständiger und nachhaltiger aktualisiert werden, fehlen in Brandenburg viele Artengruppen ganz, z. B.: Braun- und Rotalgen, Flechten, Großpilze, verschiedene Insektengruppen, Phytoparasiten und Säugetiere. Laut dem Landesamt für Umwelt sollen „aktuelle Erkenntnisse zur Gefährdungssituation bestimmter Arten umgehend den Anwendern und Interessenten zur Verfügung gestellt werden.“* Dennoch ist beispielsweise die Rote Liste der Wespen mit der Veröffentlichung von 1998 bereits 21 Jahre alt. Das Landesamt für Umwelt bietet vereinzelte Rote Listen „für Anwender und Interessierte“ zum Verkauf zwischen 5 und 10 Euro sowie zum PDF-Download an. Während einige Hefte vollständig veröffentlicht werden, sind andere Veröffentlichungen (Etablierte Gefäßpflanzen, Heuschrecken, Laufkäfer, Libellen , Spinnen, Wasserkäfer und Wespen) lediglich als Auszüge vorzufinden. Es fehlen komplette Angaben zu Biologie und Ökologie und zu Gefährdungssituationen, die in den Heften ursprünglich veröffentlicht wurden. Das vielerorts übernommene Ziel vom Bundesamt für Naturschutz ist es für möglichst alle Artengruppen, im Abstand von zehn Jahren, Aktualisierungen vorzunehmen. Frage 1: Wann wird die Rote Liste der Brutvögel Brandenburgs veröffentlicht und wo wird diese einsehbar sein? zu Frage 1: Die aktualisierte Rote Liste (RL) Brutvögel wird zum Jahresende 2019 als separate Beilage zur Zeitschrift Naturschutz & Landschaftspflege erscheinen. Zeitgleich wird die vollständige pdf-Fassung auf den Internetseiten des Ministeriums für Ländliche Entwicklung , Umwelt und Landwirtschaft (MLUL) zu den Roten Listen eingestellt. Es handelt sich dabei um die vierte Fassung seit 1992. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11599 - 2 - Frage 2: Wann werden die Roten Listen vom Land Brandenburg aktualisiert? (Bitte auflisten ) Frage 5: Warum bietet das Landesamt für Umwelt keine Rote Listen für die fehlenden Bereiche , wie z. B. Säugetiere und Pilze, an? zu Frage 2 und 5: Folgende Aktualisierungen sind geplant: RL Pflanzengesellschaften: 2019 RL Mollusken: voraussichtlich 2020 RL Heuschrecken: voraussichtlich 2020 RL Säugetiere: voraussichtlich 2021 RL Schmetterlinge: voraussichtlich 2021 RL Gefäßpflanzen: voraussichtlich 2022 Die RL zu Wirbellosengruppen oder Pilzen sind noch nicht in der Arbeitsplanung. Frage 3: Gibt es endemische Arten im Land Brandenburg? Falls ja, um welche Arten handelt es sich, wie stark sind diese gefährdet und in welchen Landkreisen kommen sie jeweils vor? zu Frage 3: In Brandenburg gibt es außer der Fontane-Maräne (Coregonus fontanae) keine endemischen Wirbeltierarten. Unter den Pflanzenarten gibt es folgende endemische Arten bzw. Sippen: Märkisches Schwingelschilf (Scolochloa marchica): einzelne Fundorte im nördlichen und mittleren Brandenburg sowie im Havelland (RL R - extrem selten), Sand-Federgras (Stipa borysthenica ssp. germanica) und Preußisches Federgras Stipa borysthenica ssp. borysthenica): ausschließlich im Nationalpark Unteres Odertal und benachbarten Bereichen des Landkreises (LK) Uckermark, Märkischer Goldstern (Gagea marchica) in Parkanlagen, Rainen und Kirchhöfen des Odertalrandes um Frankfurt/Oder (RL: neu beschriebene Art, in letzter Liste 2006 noch nicht enthalten), aus der Artengruppe der „Sumpf-Löwenzähne“: Taraxacum geminidentatum (RL 1 - vom Aussterben bedroht), sehr einzelne Fundorte in den LK Uckermark und Teltow-Fläming. Über ggf. endemische Arten unter den Wirbellosen oder anderen Artengruppen (z. B. Niedere Pflanzen, Pilze) liegt kein Überblick vor. Frage 4: Beabsichtigt die Landesregierung die kompletten Rote-Liste-Hefte zum PDF- Download anzubieten, so wie es z. B. bei den Bienen und Brutvögeln schon gemacht wird? Wenn ja, ab wann? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 4: Ja, die bisher erschienenen und alle neuen Roten Listen werden künftig vollständig als pdf zum Download angeboten. Frage 6: Auf welche Daten sollen NaturschützerInnen ausweichen, wenn sie nicht vorhandene Rote Listen vom Land Brandenburg benötigen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11599 - 3 - Zu Frage 6: Aktuelle Angaben zur Situation in Deutschland finden sich in den seit 2009 neu erschienenen Roten Listen Deutschlands, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in loser Folge in Buchform veröffentlicht hat (zuletzt Pflanzen 2018). Frage 7: Gibt es seitens des Landesamtes für Umwelt eine Kooperation mit IUCN (International Union for Conservation of Nature)? Zu Frage 7: Nein, es gibt weder eine Kooperation noch eine fachliche Vergleichbarkeit der Listen. Frage 8: In welcher Höhe stehen finanziellen Fördermöglichkeiten für die Aktualisierung der Roten Listen in Brandenburg, z. B. für die Kartierung, zur Verfügung? Zu Frage 8: Bisher erfolgte die Erstellung der fachlichen Grundlagen für Rote Listen in Brandenburg ausschließlich auf ehrenamtlicher Basis durch die jeweiligen Spezialisten bzw. Expertengruppen. Ehrenamtliche erhalten i.d.R. eine Aufwandsentschädigung für Artenerfassungen. Die Erstellung der Roten Listen wurde bisher nicht finanziell vergolten. Dafür wurde ein kostenfreies Forum zur Veröffentlichung der Listen geboten. Künftig wird angestrebt, Rote Listen für bestimmte Artengruppen auch als Auftragswerke zu vergeben, da zunehmend ehrenamtlich tätige Spezialisten fehlen. Quellen zur Vorbemerkung des Fragestellers: Sachsen: https://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8486.htm Thüringen: https://www.thueringen.de/th8/tlug/umweltthemen/naturschutz/Rote_Listen/index.aspx Zitat: Für den Freistaat Thüringen werden alle zehn Jahre aktualisierte Rote Listen erstellt. Insgesamt 16.814 Arten (Wirbeltiere, Wirbellose, Pflanzen und Pilze), 686 Pflanzengesellschaften und 76 Biotoptypen wurden hinsichtlich ihrer Gefährdung überprüft und sind aktuell in 54 Roten Listen dargestellt. Berlin: https://www.berlin.de/senuvk/natur_gruen/naturschutz/artenschutz/de/rote_listen/ Zitat: Als Endergebnis sollen im Laufe des Jahres 2018 33 Rote Listen inklusive Gesamtartenlisten sowie vier weitere Gesamtartenlisten ohne Gefährdungseinstufungen auf den Internetseiten der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zur Verfügung stehen und zudem beim Universitätsverlag der TU Berlin veröffentlicht werden. Zitat LfU: https://lfu.brandenburg.de/info/rotelisten