Landtag Brandenburg Drucksache 6/11602 6. Wahlperiode Eingegangen: 12.06.2019 / Ausgegeben: 17.06.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4573 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/11364 Parteipolitisch motivierte Ermittlungsarbeit durch den polizeilichen Staatsschutz? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Der umfangreichen Berichterstattung in den Medien zufolge besteht der Verdacht einer parteipolitisch motivierten Einflussnahme auf die Ermittlungsarbeit der Polizei in Frankfurt (Oder). So sind Staatsschutz-Ermittlungen, die offenbar schon seit Sommer 2017 laufen, bekannt geworden, bei denen Personen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ in Frankfurt (Oder) ins Visier der Polizei geraten sein sollen. Es geht in dem polizeilichen Vorgang um das Entfernen eines oder mehrerer AfD-Plakate. Bei der Tätersuche soll neben den Personenmerkmalen „jung“ und „weiblich“ auch die grüne Parteimitgliedschaft zum Fahndungskriterium erhoben worden sein. Des Weiteren wird berichtet, dass bei den Ermittlungen Angaben aus AfD-Kreisen eine zentrale Rolle spielen und Bildmaterial, das ein AfD-Politiker auf Anfrage der Polizei bereitgestellt habe - sozusagen auf Anfrage von Kollegen, denn der AfD-Politiker ist selbst Polizist. Gegen ihn und gegen ermittelnde Polizeibeamte hat ein Betroffener inzwischen Strafanzeige erstattet. Allgemeine Fragen: 1. Wie bewertet die Landesregierung den im Raum stehenden Vorwurf des möglichen Missbrauchs der polizeilichen Ermittlungen, insbesondere den Einsatz der Methode des „political profiling“? 2. Welche Maßnahmen gibt es und welche internen Kontrollmechanismen bestehen, um Praktiken des „political profiling“ durch Ermittlungsbehörden des Landes Brandenburg zu verhindern? 3. Werden Verdachtsfälle auf „political profiling“ bei der Brandenburger Polizei statistisch erfasst? a) Falls ja: Wie viele entsprechende Verdachtsfälle sind seit dem Jahr 2014 registriert worden und von welcher Stelle wird die Statistik geführt? b) Falls nein: Warum werden entsprechende Verdachtsfälle nicht statistisch erfasst - wäre dies eine Maßnahme, die zur Qualitätsüberwachung und Qualitätssicherung genutzt werden könnte? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11602 - 2 - zu den Fragen 1 - 3: Der Begriff „political profiling“ wird außerhalb der Polizei zur Bewertung polizeilicher Maßnahmen verwendet. Er ist weder in Rechtsvorschriften noch in allgemein anerkannten Definitionen geregelt, Durch die Polizei des Landes Brandenburg wird er weder als Maßnahme noch als Methode verwendet. 4. Ist sichergestellt, dass Polizeibedienstete dienstliche Einrichtungen wie dienstliche Informationssysteme und Datenbanken ausschließlich für dienstliche Zwecke nutzen und mit welchen Mitteln wird das sichergestellt? zu Frage 4: Durch technisch-organisatorische Maßnahmen wie bspw. Nutzer- und Berechtigungskonzepte , Protokollierungen und interne Dienstvorschriften soll sichergestellt werden , dass die zur Verfügung stehenden Informationssysteme und Datenbanken ausschließlich für dienstliche Zwecke genutzt werden. Darüber hinaus werden die Polizeibediensteten regelmäßig zum datenschutzgemäßen Umgang mit DV-Systemen belehrt. Zum Zwecke der Informationssicherheit und des Datenschutzes beinhalten diese Systeme zudem eigene technische Protokollierungen zu erfolgten Datenabfragen. 5. Welche Mittel stehen zur Verfügung, um strafrechtliche und dienstrechtliche Verfehlungen zu ahnden, wie sie in der eingangs benannten Berichterstattung dargestellt werden? zu Frage 5: Die Verfolgung von Dienstpflichtverletzungen von Beamtinnen und Beamten erfolgt auf Grundlage des Landesdisziplinargesetzes bzw. des Beamtengesetzes für das Land Brandenburg. 6. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat seine Beschäftigten laut Medienberichten aufgefordert, eine etwaige Mitgliedschaft in der AfD der Sicherheitsabteilung mitzuteilen . Sind in Brandenburg, wo der AfD-Landesverband vom Verfassungsschutz- Verdachtsfall „Der Flügel“ beherrscht wird, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden wie etwa der Polizei in ähnlicher Weise zur Mitteilung von AfD- Mitgliedschaften aufgefordert worden oder ist dies geplant? Wenn ja, wann und in welcher Form? zu Frage 6: Nein. Konkrete Fragen zum Fall der Berichterstattung: 7. Wie geht die Polizei in Frankfurt (Oder) mit den genannten Vorwürfen um - welche Maßnahmen zur Klärung beziehungsweise zur dienstrechtlichen Aufarbeitung wurden veranlasst? zu Frage 7: Die Vorwürfe des möglichen Missbrauchs polizeilicher Ermittlungen wurden zurückgewiesen. Eine Prüfung der konkreten Abläufe durch die Interne Revision des Polizeipräsidiums gab keine Veranlassung für eine weitere dienstrechtliche Aufarbeitung. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11602 - 3 - 8. Wann waren polizeiliche Vorgesetzte der ermittelnden Polizeibediensteten aus Frankfurt (Oder) erstmals mit den genannten Ermittlungen gegen Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen befasst - beispielsweise, indem sie Zwischenberichte oder Vermerke zur Kenntnis genommen haben oder an Besprechungen teilgenommen haben, in denen die Ermittlungen thematisiert wurden? zu Frage 8: Der zuständige Vorgesetzte war zu Beginn (Zuweisung des Verfahrens an den Ermittlungsbeamten) und zum Abschluss des Verfahrens (Abgabe an die zuständige Staatsanwaltschaft) mit dem in Rede stehenden Ermittlungsverfahren befasst. 9. Ab welchem Zeitpunkt sind die genannten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) bekannt gewesen und inwiefern war die Staatsanwaltschaft mit dem Vorgang befasst beziehungsweise in den Vorgang eingebunden? zu Frage 9: Die Ermittlungsakten wurden der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) erstmals am 21. März 2019 vorgelegt. Zuvor war die Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen nicht befasst. 10. Ab welchem Zeitpunkt lagen im Innen- und/oder im Justizministerium des Landes Brandenburg Kenntnisse über die genannten Ermittlungen vor und was wurde ggf. daraufhin veranlasst und zu welchem Zeitpunkt? zu Frage 10: Dem Ministerium des Innern und für Kommunales wurde am 2. März 2019 aus der Polizeibehörde über den in Rede stehenden Sachverhalt und die polizeilichen Ermittlungen berichtet. Das Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz hat am 7. Mai 2019 Kenntnis von dem Ermittlungsverfahren erlangt. Der Bericht des Leitenden Oberstaatsanwalts in Frankfurt (Oder), mit dem der Sachverhalt mitgeteilt wurde, gab zu fachaufsichtlichen Maßnahmen keine Veranlassung. 11. Wo wird die in der Medienberichterstattung erwähnte Strafanzeige gegen Polizeibedienstete in Frankfurt/Oder bearbeitet - bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt oder bei der Generalstaatsanwaltschaft? zu Frage 11: Die Strafanzeige gegen die mit den Ermittlungen befassten Beamten wurde bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) bearbeitet. Mangels Anfangsverdachts ist das Verfahren am 14. Mai 2019 ohne Aufnahme von Ermittlungen eingestellt worden.