Landtag Brandenburg Drucksache 6/11661 6. Wahlperiode Eingegangen: 25.06.2019 / Ausgegeben: 01.07.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4597 des Abgeordneten Steeven Bretz (CDU-Fraktion) Drucksache 6/11440 Minister warnt vor „Übertourismus“ in Potsdam Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Der Minister für Wirtschaft und Energie (MWE) teilte zur Tourismusstrategie des Landes Brandenburg mit, dass die Landeshauptstadt Potsdam auf einen „Übertourismus“ zusteuere. Die Stadt habe den höchsten Zuwachs an Übernachtungen . Es sei die Frage, wie viele Besucher für die Stadt „noch verkraftbar“ seien. (siehe PNN, Steinbach befürchtet „Übertourismus“ in Potsdam). Frage 1: Wie beurteilt die Landesregierung die Tourismusentwicklung in Potsdam? zu Frage 1: Potsdam gehört zu den stärksten Reisegebieten im Land Brandenburg. Insbesondere für den Städte- und Kulturtourismus stellt Potsdam mit seinen zahlreichen kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten (u.a. Schloss und Park Sanssouci, Holländisches Viertel, Museum Barberini) ein attraktives und beliebtes Reiseziel dar. Mit über 6.000 Betten, um 550.000 Gästen, mehr als 1,27 Mio. Übernachtungen und einer durchschnittlichen Bettenauslastung von 54,6% in gewerblichen Betrieben (alle Zahlen für 2018), ca. 16 Mio. Tagesgästen pro Jahr ist das Reisegebiet sehr gut aufgestellt. Die Stadt Potsdam, die Potsdam Marketing und Service GmbH (PMSG) und die touristischen Akteure unterstützen die positive Tourismusentwicklung auf Basis der „Tourismuskonzeption 2025 für die Landeshauptstadt Potsdam“, die im Einklang mit der Landestourismuskonzeption Brandenburg steht. Frage 2: Wie definiert die Landesregierung den Begriff „Übertourismus“? zu Frage 2: Seit 2017 wird der Begriff „Overtourism“ (deutsch: „Übertourismus“) verstärkt in der öffentlichen und medialen Diskussion sowie in der wissenschaftlichen Literatur als neues Schlagwort benutzt, um solche Destinationen (i.d.R. Städte) zu beschreiben, die aufgrund sehr hoher touristischer Gäste- bzw. Besucherzahlen Überfüllungstendenzen aufweisen, durch die resultierende Nutzungsintensität in Mitleidenschaft gezogen werden und dadurch an Lebensqualität verlieren. Das Phänomen „Overtourism“ („Übertourismus“) ist laut einer Studie von Koens et al. 2018 jedoch nicht klar abgegrenzt und einheitlich definiert . Insofern liegt hier ein unscharfer Begriff vor, der nur schwer zu operationalisieren ist. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11661 - 2 - Frage 3: Welche Faktoren, die auf einen „Übertourismus“ zusteuern, sieht die Landesregierung in Potsdam gegeben? zu Frage 3: Der Landesregierung sind aktuell keine Faktoren bekannt, die auf einen „Übertourismus “ in Potsdam schließen lassen. Frage 4: Welche „Kultstätten“ (Zitat Jörg Steinbach, Minister für Wirtschaft und Energie im o.g. Presseartikel) in Potsdam steuern nach Ansicht der Landesregierung auf einen „Übertourismus “ zu? zu Frage 4: Der Begriff „Kultstätten“ ist als Synonym für dem Schloss Sanssouci vergleichbare Sehenswürdigkeiten der Landeshauptstadt Potsdam verwendet worden. Frage 5: Wie hoch sind die jährlichen Touristenzahlen in Potsdam in den Jahren 2014 - 2018? (Bitte nach Jahren auflisten) zu Frage 5: Die amtliche Statistik weist für Potsdam folgende Gästezahlen (Anzahl der Übernachtungsgäste in gewerblichen Beherbergungsbetrieben) aus: Jahr Anzahl der Übernachtungsgäste 2014 437.370 2015 475.419 2016 480.090 2017 508.583 2018 550.173 Laut „Tourismuskonzeption 2025 für die Stadt Potsdam“ statten zusätzlich geschätzte 16,5 Mio. Tagesgäste pro Jahr der Stadt Potsdam einen Besuch ab. Frage 6: Wie viele Übernachtungen von Touristen gab es in Potsdam in den Jahren 2014- 2018? (Bitte nach Jahren auflisten) zu Frage 6: Die amtliche Statistik weist für Potsdam folgende Übernachtungszahlen aus: Jahr Anzahl der Übernachtungen 2014 1.035.804 2015 1.105.264 2016 1.139.389 2017 1.171.431 2018 1.277.928 Frage 7: Inwieweit ist nach Ansicht der Landesregierung bei den Touristenzahlen in Potsdam eine „Sättigung“ erreicht? zu Frage 7: Die Landesregierung geht davon aus, dass die Anzahl der Übernachtungswie auch der Tagesgäste in Potsdam in den kommenden Jahren weiter ansteigen wird. Die Landesregierung begrüßt die derzeitigen Investitionstätigkeiten im Gastgewerbe in der Stadt Potsdam. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11661 - 3 - Frage 8: Welche Besucheranzahl/ Jahr in Potsdam hält die Landesregierung für „noch verkraftbar“? zu Frage 8: Die Tourismusintensität (Übernachtungen je 1.000 Einwohner) in Potsdam liegt bisher mit Werten von 6.631 (für 2016) und 6.666 (für 2017) unterhalb des Mindestwertes von 7.500, der als gutachterliche Empfehlung zu einer anzustrebenden Tourismusstärke im Leitfaden „Die Zukunft des Destinationsmanagements im Land Brandenburg“ verankert ist. Frage 9: Welche positiven Auswirkungen haben nach Ansicht der Landesregierung die wachsenden Touristenzahlen für die Stadt Potsdam? zu Frage 9: Eine wachsende Anzahl an Übernachtungs- und Tagesgästen in der Stadt Potsdam trägt nach Ansicht der Landesregierung zur Erhöhung der Wertschöpfung und zur Sicherung von Beschäftigung im Gastgewerbe sowie in anderen Wirtschaftsbranchen, die von der touristischen Nachfrage berührt sind, bei. Gleichzeitig erhöht eine touristische Angebotsstruktur auch die Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Potsdam . Frage 10: Welchen Anteil hat die Tourismusstrategie des Landes Brandenburg aufgrund welcher Maßnahmen an den wachsenden Touristenzahlen in Potsdam? zu Frage 10: Die Landestourismuskonzeption Brandenburg bildet für das gesamte Land Brandenburg den strategischen Rahmen zur Durchdringung und Entwicklung relevanter Tourismusmärkte sowie zur Generierung von Wertschöpfung, Gästezufriedenheit und Lebensqualität der einheimischen Bevölkerung. Auf dieser strategischen Basis enthält die „Tourismuskonzeption 2025 für die Landeshauptstadt Potsdam“ konkrete Maßnahmen zur Entwicklung des Tourismus in Potsdam. Frage 11: Welche Konflikte sieht die Landesregierung aufgrund der steigenden Touristenzahlen für die Stadt Potsdam? zu Frage 11: Zu möglichen Konflikten liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird hierzu auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Frage 12: Welche Maßnahmen hält die Landesregierung für geeignet, um einem „Übertourismus “ in der Stadt Potsdam entgegenzusteuern? zu Frage 12: Die Landesregierung sieht hierzu gegenwärtig keinen Handlungsbedarf. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist allerdings ständig aufgefordert, die Belastung der Kulturstätten zu monitoren, um bei steigenden Besucherzahlen rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können, um Schäden präventiv zu verhindern.