Landtag Brandenburg Drucksache 6/11662 6. Wahlperiode Eingegangen: 24.06.2019 / Ausgegeben: 01.07.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4604 des Abgeordneten Steeven Bretz (CDU-Fraktion) Drucksache 6/11457 Kita-Beiträge in Potsdam Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Die Kita-Beiträge in Potsdam wurden im Sommer 2018 neu festgesetzt. Nun wurde bekannt , dass diese Neuregelung der Kita-Beiträge nach Auffassung der Landesregierung rechtswidrig sei (siehe u.a. PNN „Neuer Streit um Potsdams Kitabeiträge“ vom 09.04.2019). Die Stadt Potsdam soll diese Information bereits am 12. Dezember 2018 vom Justiziar der Kita-Abteilung des Bildungsministeriums erhalten haben. Das Bildungsministerium betonte nun bei einem Kita-Gipfel, dass die Beiträge im Einklang mit dem Kita- Gesetz erhoben werden müssten. Ich frage die Landesregierung: 1. Inwiefern bewertet die Landesregierung die Neuregelung der Kita-Beiträge in Potsdam als rechtswidrig? zu Frage 1: Eine Neuregelung der Elternbeiträge ist dann rechtswidrig, wenn sie mit höherrangigem Recht der Kinder- und Jugendhilfe, also mit dem SGB VIII oder dem KitaG nicht vereinbar ist. Wie die Elternbeiträge auszugestalten sind, regelt § 17 Absatz 2 KitaG. Eine Empfehlung zur Gestaltung der Elternbeiträge, wie die der Stadt Potsdam, kann dann rechtswidrig sein, wenn entgegen § 17 Absatz 2 Satz 2 und Satz 4 KitaG bei der Ermittlung der beitragsfähigen Betriebskosten nicht zunächst von der Gesamtsumme der Betriebskosten mindestens der Personalkostenzuschuss nach § 16 Absatz 2 KitaG abgezogen wurde. Ein Verstoß liegt ferner vor, wenn entgegen § 17 Absatz 2 Satz 3 KitaG der höchste Elternbeitrag die anteilig auf einen Betreuungsplatz entfallenden verbleibenden rechnerischen Betriebskosten der Kindertagesstätten eines Einrichtungsträgers in der Gemeinde übersteigen. So wäre eine verbindliche einheitliche Empfehlung der Stadt Potsdam zu den Elternbeiträgen im Stadtgebiet dann rechtswidrig, wenn dadurch der Höchstelternbeitrag die trägerbezogenen (nicht einrichtungsbezogenen) Kosten, die auf einen Betreuungsplatz entfallen, bei einem Einrichtungsträger übersteigt. Die Stadt Potsdam kann daher entweder Empfehlungen für einheitliche Elternbeiträge im Stadtgebiet herausgeben, solange im Einzelfall die trägerbezogenen Betriebskosten Berücksichtigung finden, oder einen einheitlichen durchschnittlichen Elternbeitrag empfehlen, der sich am niedrigsten der trägerbezogenen Höchstelternbeiträge in der Stadt Potsdam orientiert. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11662 - 2 - 2. Welche Hinweise oder Handlungsempfehlungen für eine Neuregelung der Kita- Beiträge hat die Landesregierung der Stadt Potsdam im Gespräch am 12. Dezember 2018 gegeben? zu Frage 2: In dem Beratungsgespräch am 12.12.2018 wurde der Stadt die Rechtslage ausführlich erläutert. Insoweit wird auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen. 3. Welche Reaktion erfolgte von der Stadt Potsdam auf diese Informationen der Landesregierung am 12. Dezember 2018? zu Frage 3: Die Stadt Potsdam hat die Ausführungen und Hinweise des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport zur Kenntnis genommen. 4. Inwiefern fand vor der Neufassung der Kita-Beiträge in Potsdam im Sommer 2018 eine Abstimmung zwischen Stadt und Land statt? zu Frage 4: Eine Abstimmung fand nicht statt. Diese war auch nicht erforderlich und ist bei pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben, wozu die Kindertagesbetreuung gehört, auch nicht rechtlich vorgesehen. Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport stand der Stadt Potsdam für Beratungen und für die Beantwortung einzelner Rechtsfragen zur Verfügung. 5. Der Potsdamer Oberbürgermeister kritisiert, dass man von der Landesregierung keine weitere Handlungsanweisung erhalten habe (siehe PNN „Potsdam im Kita-Chaos unter Zeitdruck“ vom 10.04.2019). Wie bewertet die Landesregierung diese Aussage? zu Frage 5: Handlungsanweisungen sind im Bereich von pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben rechtlich nicht vorgesehen. Der Stadt ist jedoch mehrmals die Rechtslage erklärt worden. Die Stadt Potsdam wandte sich mit Anfrage vom 28.03.2019 an das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und bat um eine detaillierte rechtsaufsichtliche Stellungnahme zu dem beabsichtigten Vorgehen der Stadt. Daraufhin wurde der Stadt Potsdam mit Schreiben vom 26.04.2019 noch einmal ausführlich die Rechtslage erläutert. 6. Die Stadt Potsdam kritisiert, dass die aktuelle Position der Landesregierung jahrzehntelanger Praxis widerspreche. Wie bewertet die Landesregierung diesen Vorwurf? zu Frage 6: Die Position der Landesregierung entspricht der jahrzehntelangen durch die Rechtsprechung gefestigten Rechtslage. Diese hat sich zu keinem Zeitpunkt geändert. Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat daher zu keiner Zeit eine andere Rechtsauffassung vertreten. 7. Welche Möglichkeiten hätte die Stadt Potsdam aus Sicht der Landesregierung, um die Rechtskonformität der Kita-Beiträge herzustellen? zu Frage 7: Die Stadt Potsdam muss bei einer Regelung der Elternbeiträge im Stadtgebiet auf die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, insbesondere mit dem SGB VIII und dem KitaG in eigener Verantwortung achten. Dabei sollten die Hinweise des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport Beachtung finden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11662 - 3 - 8. Bis wann erwartet die Landesregierung eine rechtskonforme Anpassung der Potsdamer Kita-Beiträge? zu Frage 8: Die Anpassung der Elternbeiträge erfolgt in eigener kommunaler Verantwortung der Stadt Potsdam. Im Interesse der Eltern kann davon ausgegangen werden, dass die Stadt Potsdam eine zeitnahe Anpassung vornehmen wird. 9. Welche kommunalrechtlichen Konsequenzen hat die Landeshauptstadt zu erwarten, wenn die Kita-Beiträge nicht rechtskonform angepasst werden sollten? zu Frage 9: Dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport obliegt als oberste Landesjugendbehörde gem. § 9 AGKJHG die Rechtsaufsicht über die örtlichen Träger der Jugendhilfe , also über die Landkreise und kreisfreien Städte in dieser Funktion. Der Prüfungsmaßstab der Rechtsaufsicht ist daher auf das Handeln der Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, also auf das Rechtsgebiet der Kinder - und Jugendhilfe (KitaG, AGKJHG, SGB VIII) beschränkt. Die Rechtsaufsicht ist schonend auszuüben, d.h. dergestalt, dass die Rechte der Gemeinden geschützt und die Erfüllung ihrer Pflichten gesichert werden. Sie hat die Entschlusskraft und Verantwortungsbereitschaft der Gemeinden zu fördern sowie Erfahrungen bei der Lösung kommunaler Aufgaben zu vermitteln (vgl. § 108 BbgKVerf). Aufgrund dieser Rechtslage scheidet eine regelhafte und nicht anlassbezogene Überprüfung des Verwaltungshandelns der Landkreise und kreisfreien Städte grundsätzlich aus. Dies ginge über die Beratungsfunktion der Rechtsaufsicht hinaus und würde daher einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung darstellen. Werden dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport jedoch Anhaltspunkte dafür bekannt, dass Verstöße gegen das Kinder- und Jugendhilferecht vorliegen könnten, so wird der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe um Stellungnahme dazu gebeten werden. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls wird sodann mit dem betroffenen Landkreis oder der kreisfreien Stadt die Rechtslage und Lösungsmöglichkeiten erörtert. Ein Einschreiten der Rechtsaufsicht durch Beanstandung, Aufhebung, Anordnung oder Ersatzvornahme ist aufgrund der kommunalen Selbstverwaltung nur als Ultima Ratio zulässig, würde aber erfolgen, wenn in anderer Weise nicht sichergestellt werden kann, dass rechtskonforme Elternbeiträge erhoben werden. Es wird aber damit gerechnet, dass die Stadt Potsdam aus eigener Initiative tätig wird. 10. Welches Ergebnis hatte der Kita-Gipfel der Landesregierung am 3.5.2019 in Bezug auf eine Konfliktlösung zwischen Stadt und Land? zu Frage 10: Im Verhältnis zur Stadt Potsdam ergaben sich aus dem Kita-Gipfel keine neuen Erkenntnisse.