Landtag Brandenburg Drucksache 6/11665 6. Wahlperiode Eingegangen: 24.06.2019 / Ausgegeben: 01.07.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4598 der Abgeordneten Anke Schwarzenberg (Fraktion DIE LINKE) Drucksache 6/11441 Insektizideinsatz im Wald Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Zur Bekämpfung von Raupen des Kiefernfraßschädlings Nonne beabsichtigte der Landesbetrieb Forst die Bekämpfung mit dem Insektizid Karate Forst flüssig aus der Luft auf einer Fläche von rund 7.700 ha. Die Bekämpfung wurde von der Mehrzahl der Waldbesitzer befürwortet, von zahlreichen Anwohnern und Umweltverbänden dagegen abgelehnt. In einem Eilverfahren hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Befliegung mit der Begründung gestoppt, die vom LELF erteilte Genehmigung sei rechtswidrig. Frage 1: Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus dem Beschluss des OVG zum Insektizideinsatz im Wald, insbesondere hinsichtlich der Konsequenzen für die zukünftige Genehmigungspraxis? zu Frage 1: Der Genehmigungsbescheid wird unter Berücksichtigung der im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG) benannten Gründe juristisch geprüft und überarbeitet. Der Genehmigung einer Pflanzenschutzmaßnahme wurde erstmalig durch einen Dritten (hier Naturschutzbund Brandenburg) widersprochen. Das OVG konnte die im Vorfeld der Genehmigung geprüften, aber im Bescheid nicht oder nicht ausführlich genug dargestellten Bedingungen, aus der Begründung nicht nachvollziehen. Bei einem begünstigenden Verwaltungsakt (pflanzenschutzrechtliche Genehmigung) müssen Abwägungs- und Ermessenentscheidungen in der Regel nicht umfangreich begründet werden. Frage 2: Das OVG hat gerügt, dass die Anwendungsvorschriften des Insektizids nicht eingehalten worden seien. Um welche Anwendungsvorschriften geht es im Einzelnen? zu Frage 2: Der Beschluss des OVG enthält keine Rüge, dass Anwendungsvorschriften zur Ausbringung des Insektizids nicht eingehalten wurden. Das OVG hat vielmehr Zweifel geäußert, dass einzelnen Anwendungsbestimmungen des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (aus der Zulassung des Mittels vom 20.2.2015 für den Luftfahrzeugeinsatz) nicht ausreichend Rechnung getragen wurde. Diese Zweifel reichten für das OVG aus, die sofortige Vollziehung auszusetzen und damit die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die pflanzenschutzrechtliche Genehmigung wieder her zu stellen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11665 - 2 - Weder rechtliche Anforderungen und Verpflichtungen aus dem Waldgesetz zum Erhalt der Waldfunktionen, noch ökonomische Aspekte des Waldbesitzes oder andere Sachverhalte, wie das öffentliche Interesse am Walderhalt, spielten beim Beschluss des OVG eine Rolle. Die Ausführungen des OVG bezogen sich auf folgende Anwendungsbestimmung: „Innerhalb eines Kalenderjahres darf auf höchstens der Hälfte einer zusammenhängenden Waldfläche das Mittel angewendet werden. Bei der Bestimmung zusammenhängender Waldflächen können die im Amtlichen Topographisch-kartographischen Informationssystem (ATKIS) - oder mit einem nachweislich vergleichbaren System entsprechend - als Flächentypen Wald und Gehölz ausgewiesenen Flächen gemeinsam veranschlagt werden. In die zusammenhängende Waldfläche können auch Teilflächen einbezogen werden, wenn diese weniger als 100 m entfernt liegen.“ Abweichend kann die Anwendung auf einer Fläche von mehr als der Hälfte der zusammenhängenden Waldfläche erfolgen, wenn die zuständige Behörde bei der Genehmigung nach § 18 Absatz 2 PflSchG im Einzelfall auf der Grundlage eines rechtsverbindlichen, mit ausreichender Auflösung durchgeführten Erhebungsverfahrens festgestellt hat, dass auf mehr als der Hälfte der zusammenhängenden Waldfläche die entsprechenden Schadschwellen überschritten sind und eine Anwendung des Mittels zum Erhalt des Bestandes unbedingt erforderlich ist.“ Die angefochtenen Genehmigungsbescheide des Landesamtes für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) enthielten hierzu keine weiteren konkretisierenden Vorgaben bzw. Ausführungen. Dies wurde bisher als nicht notwendig erachtet, da diese seitens der Zulassungsbehörde (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)) bereits verbindlich vorgegeben sind. Selbstverständlich wird im pflanzenschutzrechtlichen Verfahren sichergestellt, dass diese Anwendungsbestimmung eingehalten wird. Darüber hinaus wurde vom OVG bemängelt, dass die Genehmigungsbehörde natur- und artenschutzrechtliche Belange, insbesondere, dass sich der Erhaltungszustand einer lokalen Population einer europäischen Vogelart der Richtlinie 2009/147/EG oder Arten aus dem Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG auch außerhalb aller Schutzgebietskategorien nicht verschlechtert, ausreichend geprüft bzw. bewertet hat. Die vom Antragsteller durchgeführten Beteiligungen der unteren Naturschutzbehörden und deren Berücksichtigung genügten dem OVG nicht. Frage 3: Wie viel Waldfläche wurde vor dem gerichtlichen Stopp noch beflogen, in welchen Umfang konnten die zur Behandlung vorgesehene Flächen nicht mehr beflogen werden ? zu Frage 3: Vor dem gerichtlichen Stopp wurden 5.075 Hektar beflogen. Auf einer Fläche von 2.449 Hektar konnte die Bekämpfung nicht erfolgen. Frage 4: Wie viele Waldbesitzer*innen sind von dem Stopp der Befliegung betroffen und wie groß sind die Waldflächen dieser Privatwaldbesitzer im Durchschnitt? Welchen Anteil hat der Landeswald an der nicht beflogenen Fläche? zu Frage 4: Vom Stopp der Befliegung sind rund 250 Waldbesitzer betroffen. Die Waldflächen dieser Waldbesitzer sind zwischen 0,01 und 468 Hektar groß. Der Anteil des Landeswaldes an der nicht beflogenen Fläche beträgt 40,9 Hektar. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11665 - 3 - Frage 5: Wie viele Waldbesitzer*innen mit welchem Flächenumfang hatten die Befliegung abgelehnt? zu Frage 5: Es haben 3 Waldbesitzer mit einem Flächenumfang von 90,27 Hektar die Befliegung abgelehnt. Frage 6: Mit welchen Schäden durch Kahlfraß wird für die Waldbesitzer*innen gerechnet? Wann kann der Schaden genau ermittelt werden? zu Frage 6: Von einem Kahlfraß spricht man, wenn weniger als 10 Prozent der Nadeln am Baum verbleiben. In den nächsten 2 bis 4 Jahren kann es in der Folge zum großflächigen Absterben von Waldbeständen oder nur einzelner Bäume kommen. Das Schadgeschehen ist insbesondere abhängig von der Witterung der Folgejahre, der Vorschädigung der Bäume durch Dürre und Insektenschäden, der Ausbreitung von Sekundärschädlingen, wie Borken- und Prachtkäfer sowie weiteren Schaderregern, wie dem Diplodia-Triebsterben. Durch den massiven Verlust der Nadelmasse kommt es durch die eingeschränkte Photosynthese zu Zuwachsverlusten, die sich über mehrere Jahre erstrecken. Diese Verluste sind u. a. stark abhängig vom Standort und Alter der Bäume. Nach den Ergebnissen der letzten Landeswaldinventur haben Kiefernwälder in Brandenburg durchschnittlich einen jährlichen Zuwachs von 8,3 Erntefestmetern pro Hektar. Bei einem Zuwachsverlust von durchschnittlich 4 Erntefestmetern auf 4 Jahre und einem Durchschnittserlös von 36 Euro je Festmeter würde sich ein Zuwachsverlust von 576 Euro je Hektar ergeben. Neben den Zuwachsverlusten muss auch mit wirtschaftlichen Verlusten gerechnet werden, die sich aus der Holzabsatzmarktlage, höheren Unternehmerkosten für die Holzernte und Verlusten aus der vorzeitigen Nutzung ergeben können. Auch für die Begründung des nachfolgenden Waldes auf einer Freifläche entstehen zusätzliche Kosten für die Pflanzung und durch hohe Schadensgefahren wie Frost, Dürre, Vergrasung und Mäuse. Insgesamt kann mit einem durchschnittlichen Schaden zwischen 10.000 bis 15.000 Euro je Hektar gerechnet werden, wenn ein mittelalter Kiefernbestand vollflächig abstirbt. Neben den materiellen Schäden können auch Schäden auftreten, die sich nicht beziffern lassen, wie z. B. der Verlust der Erholungs- und Klimaschutzfunktion. Weiterhin sind die Gefahren bei der Waldarbeit größer, die Verkehrssicherungspflicht ist problematisch und die Brandlast steigt durch den höheren Anteil trockener Bäume. Der tatsächliche Schaden wird aufgrund der genannten Faktoren erst in 3 bis 4 Jahren genauer beziffert werden können. Frage 7: Unterliegt dieser Schaden einer Entschädigungspflicht durch das Land? Bitte begründen . zu Frage 7: Dieser Schaden unterliegt keiner Entschädigungspflicht durch das Land. Gemäß § 19 Absatz 2 Satz 1 LWaldG sind die Waldbesitzer verpflichtet, zum Schutz des Waldes vorbeugend und bekämpfend tätig zu werden. Der Landesbetrieb Forst Brandenburg (LFB) handelte für die Waldbesitzer auf der Grundlage von öffentlich-rechtlichen Verträgen bzw. bei fehlendem Vertragsschluss auf der Grundlage einer entsprechenden Ordnungsverfügung . Landtag Brandenburg Drucksache 6/11665 - 4 - Frage 8: Welche Pflanzenschutzmittel für welche Forstschädlinge sind aktuell zugelassen und stehen für eine Bekämpfung zur Verfügung? Wie spezifisch wirken diese Mittel auf bestimmte Insektenarten oder -gruppen? zu Frage 8: Für die Anwendung im Kronenbereich von Wäldern (Ausbringung mit Luftfahrzeugen ) sind derzeit laut BVL folgende Mittel zugelassen: Mittel Schadorganismus/ Zweckbestimmung Dipel ES und andere Handelsbezeichnungen mit gleichem Wirkstoff freifressende Schmetterlingsraupen (ausgenommen Eulenarten) in Laub- und Nadelholz Foray 76 B freifressende Schmetterlingsraupen (ausgenommen Eulenarten) in Laub- und Nadelholz Mimic Freifressende Schmetterlingsraupen in Laubund Nadelholz Xentari und andere Handelsbezeichnungen mit gleichem Wirkstoff Freifressende Schmetterlingsraupen in Laubund Nadelholz Karate Forst flüssig freifressende Schmetterlingsraupen, in Laubund Nadelholz Zu den Pflanzenschutzmitteln, deren Wirksamkeit und Verfügbarkeit im Einzelnen: Dipel ES: Das Bakterienpräparat ist auf dem Markt nicht mehr verfügbar. Das Bakterienpräparat hat sich z. B. beim Einsatz gegen den Eichenprozessionsspinner bewährt. Foray 76 B: Das Mittel ist ein Bakterienpräparat und wirkt als Fraßinsektizid selektiv gegen Schmetterlingsraupen. Die Wirksamkeit auf die einzelnen Schmetterlingsfamilien ist unterschiedlich. Die Wirkung von Foray 76 B auf Nonnenraupen wurde 2018 durch das LFE in einem Freilandversuch (Hubschrauberapplikation) geprüft. Der ermittelte Wirkungsgrad liegt unter 40 Prozent, was die Verwendung gegen die Nonne ausschließt. Das Mittel ist nur über eine Notfallzulassung vom 30.4. bis 27.8.2019 zugelassen. Mimic: Das Mittel ist ein Fraßinsektizid und als Häutungsbeschleuniger teilselektiv, d. h. es wirkt auf alle sich häutenden Entwicklungsstadien von Insekten und anderen Wirbellosen . Das Mittel wurde als sogenannte Lückenindikation zugelassen. Die Wirkung im Anwendungsbereich Forst wurde somit vor Zulassung nicht geprüft. Für eine ausreichende Wirkung ist hier der Anwender verantwortlich. Bisher liegen für den Forstbereich nur wenige Prüfergebnisse vor. Freilandversuche per Hubschrauberausbringung für die Nonne konnten bisher nicht durchgeführt werden. Für den flächigen Einsatz des Mittels gegen die Nonne besteht derzeit keine Kenntnis. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11665 - 5 - Karate Forst flüssig: Das Mittel ist ein Kontaktinsektizid, d. h. es wirkt bei der Anwendung nicht nur auf die fressenden Schmetterlingsraupen Laut guter fachlicher Praxis im Pflanzenschutz wird einem schnell wirkenden Kontaktinsektizid der Vorrang vor einem Fraßinsektizid eingeräumt, wenn dieses nicht ausreichend wirkt. Dies ist der Fall, wenn bereits massive Fraßschäden aus dem Vorjahr bestehen und/oder die erwarteten Raupenzahlen sehr hoch sind. Karate Forst Flüssig ist derzeit das einzig zur Verfügung stehende Mittel, welches eine ausreichende Wirkung hat und am Markt verfügbar ist. Zahlreiche Untersuchungen nach einer Applikation in Kiefernforsten belegen, dass auf die sogenannten Nicht-Ziel-Organismen (Gliedertiere, Insekten und Spinnentiere) keine langfristige Wirkung nachweisbar ist. Xentari: Das biologische Mittel ist ein Fraßinsektizid und teilselektiv, d. h. es wirkt Raupen der insbesondere auf die Ordnung Lepidoptera (Schmetterlinge). Das Mittel wurde ebenfalls 2017 als sogenannte Lückenindikation zugelassen. Die Wirkung im Anwendungsbereich Forst wurde somit vor Zulassung nicht geprüft. Für eine ausreichende Wirkung ist hier der Anwender verantwortlich. Bisher liegen für den Forstbereich keine Prüfergebnisse vor. Da die Zulassung im Bereich Obst- und Gemüsebau sowie Zierpflanzenbau vorwiegend für Eulenarten bzw. Wickler besteht, ist hier eine artspezifische Prüfung vor einem flächigen Einsatz dringend notwendig, zumal für die Unterart Bacillus thuringiensis subspec. Aizawai bisher insgesamt keine Erfahrungen im Forst insbesondere die Luftfahrzeugausbringung bestehen . Freilandversuche per Hubschrauberausbringung für die Nonne konnten bisher nicht durchgeführt werden. Zur Wirkung bei flächigem Einsatz des Mittels gegen die Nonne besteht somit derzeit keine Kenntnis. Wegen der generell geringeren Wirkungsgrade der Bakterienpräparate im Vergleich zu Karate ist zu erwarten, dass bei wie aktuell extrem hohen Raupendichten bei Beachtung der Prinzipien der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz für den Praxiseinsatz nur Mittel mit sehr hohem Wirkungsgrad in Frage kommen. Die im Forstbereich für alle Anwendungsbereiche zugelassenen Mittel sind auf der Seite des BVL gelistet. https://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/01_Aufgaben/02_ZulassungPSM/01 _ZugelPSM/psm_ZugelPSM_node.html Frage 9: Welche weiteren potenziell geeigneten spezifisch wirkenden Mittel sind bekannt, die aktuell nicht für eine Bekämpfung aus der Luft zugelassen sind? Was ist nach Einschätzung der Landesregierung der Grund für die fehlende Zulassung? zu Frage 9: Nicht mehr zugelassen ist das Pflanzenschutzmittel Dimilin. Dieses wirkte teilselektiv als Häutungshemmer. Eine Neuzulassung ist nicht möglich, da der Wirkstoff in der EU auf Grund der hohen Toxizität für Gewässerorganismen (u. a. Fischnährtiere) nicht mehr gelistet ist. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11665 - 6 - Bakterienpräparate auf Basis von Bacillus thuringiensis sind als selektiv wirkende Mittel für einige Schadinsekten geeignet. Die Erfahrungen zeigen aber, dass die Wirkung gegen nadelfressende Schmetterlingsraupen artspezifisch sehr unterschiedlich und oft nicht ausreichend ist. Ein Zulassungsverfahren ist für die Firmen sehr kostenintensiv und dauert mehrere Jahre. Es müssen Untersuchungen zum Wirkungsgrad, Auswirkungen auf den Naturhaushalt, Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, zum Abbauverhalten und eine Risiko- Nutzen-Bewertung durchgeführt werden. Im Forstbereich werden, im Gegensatz zur Landwirtschaft, nur geringe Mengen an Pflanzenschutzmitteln eingesetzt. Das wirtschaftliche Interesse der Firmen, Pflanzenschutzmittel für den Forstbereich zu entwickeln, ist deshalb sehr gering. Frage 10: Welche alternativen Möglichkeiten der vorbeugenden und akuten Bekämpfung von Insektenkalamitäten im Forst gibt es und wie bewertet die Landesregierung diese Möglichkeiten? zu Frage 10: Um der Gefährdung von Massenvermehrungen vorzubeugen, ist ein gut strukturierter und gemischter Wald notwendig. Bereits ein Anteil von 10 Prozent Laubholz in Kiefernreinbeständen verringert die Gefährdung erheblich. Der Waldumbau benötigt jedoch lange Zeiträume sowie angepasste Wilddichten und ist darüber hinaus vom Willen der Waldbesitzer abhängig. Die Landesregierung unterstützt den Waldumbau durch Fördermittel . Bei flächigem Auftreten von Kieferngroßschädlingen, nadelfressenden Insekten an Bäumen ab ca. Alter 20, gibt es keine Alternativen zum Einsatz von Insektiziden per Hubschrauber, um einen Kahlfraß zu verhindern. Die nachfolgende Ausbreitung holz- und rindenbrütender Käfer, die den Anteil absterbender Bäume massiv erhöhen, kann durch sogenannte Sanitärhiebe (Einschlag befallener Bäume) eingedämmt werden. Sanitärhiebe erfordern Fachkenntnis und ein aufwendiges, regelmäßiges Monitoring der betroffenen Bestände, die zeitnahe Abfuhr der befallenen Stämme und gegebenenfalls Maßnahmen zur Beseitigung der Rinde. Hierzu ist ein aktives Handeln der Waldbesitzer unentbehrlich. Frage 11: Bei den Kalamitäten in der Lieberoser Heide 2014 (Kiefernspinner) und im Kreis Elbe-Elster 2016 (Kiefernbuschhornblattwespe) wurden ebenfalls größere Flächen aus Schutzgründen nicht mit Insektiziden besprüht. Sind die dortigen Kiefernbestände abgängig beziehungsweise welche ökologischen und ökonomischen Auswirkungen haben sich ergeben? zu Frage 11: Entscheidend für das flächige Absterben der Kiefern nach Kahlfraß ist in hohem Maße, neben der Witterung, das Auftreten von Folgeschädlingen. Mit sogenannten Sanitärhieben lässt sich der Befall reduzieren (siehe auch Frage 10). Sowohl in der Lieberoser Heide als auch im Landkreis Elbe-Elster haben die betroffenen Landeswaldoberförstereien im Landeswald sehr intensiv mit Sanitärhieben reagiert, so dass die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen minimiert werden konnten. In der Eberswalder Forstliche Schriftenreihe Band 62, S. 37 - 40 wurden Situation und Auswirkungen für die Lieberoser Heide beschrieben (Barkhausen, A. (2016): Konsequenzen für den Wirtschafter - Sekundärschädlinge, Sanitärhiebe und waldbauliche Pläne). Landtag Brandenburg Drucksache 6/11665 - 7 - Im Landkreis Elbe-Elster waren von massiven Fraßschäden und deren Folgen vor allem private Waldbesitzer betroffen. Gegenwärtig werden im Rahmen von Drittmittelprojekten insbesondere die ökologischen Auswirkungen von Kahlfraß untersucht. Die Ergebnisse stehen noch aus. In beiden o. g. Gebieten kam es jedoch zum Absterben von Kiefernbeständen und zu großen Mengen Schadholzanfall. Das Projekt RIMA-Wald unter Leitung des Julius-Kühn-Instituts endet zum 31.12.2019. Erste Ergebnisse zum Einfluss auf die Brutvogelfauna sind publiziert (Sedlaczek 2018). Frage 12: Ist vorgesehen, auf dem behandelten und nicht behandelten Flächen der Nonnenkalamität 2019 ein Monitoring durchzuführen? Wenn ja bitte die Aufgaben- und Zielstellung erläutern. zu Frage 12: Es ist vorgesehen, sowohl behandelte als auch unbehandelte Flächen mit verschiedenen Maßnahmen zu untersuchen mit dem Ziel Insektizidmaßnahmen und Kahlfraß aus ökologischer als auch ökonomischer Sicht zu bewerten. Die Feststellung des Schadausmaßes erfolgt über die Einrichtung von Versuchsflächen auf behandelten und unbehandelten Flächen und die Auswertung von Satellitenbildern zur großflächigen Dokumentation von Fraßschäden, Schadentwicklung, Absterbe- bzw. Regenerationsprozessen über mehrere Jahre.