Landtag Brandenburg Drucksache 6/11666 6. Wahlperiode Eingegangen: 25.06.2019 / Ausgegeben: 01.07.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4621 des Abgeordneten Steeven Bretz (CDU-Fraktion) Drucksache 6/11515 Mietpreisbremse - Schlamperei im Infrastrukturministerium? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: „Das Landgericht Potsdam hat (…) der Landesregierung Unfähigkeit bei der Begrenzung der Mietpreisentwicklung bescheinigt.“ (siehe MAZ vom 5.6.19, „Landgericht erklärt Mietpreisbremse für ungültig“) Das Landgericht Potsdam hat entschieden, dass die Mietpreisbremse in Brandenburg vom 8. Dezember 2015 wegen eines Formfehlers unwirksam sei. Die Landesregierung habe es versäumt, die erforderliche Begründung zur Mietpreisbegrenzungsverordnung zu veröffentlichen . Gültig wurde demnach die Mietpreisbremse in Brandenburg erst am 4. April 2019, nachdem das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung die Begründung nachgeschoben hatte. Eine rückwirkende Gültigkeit der Verordnung sei laut Gericht nicht wirksam. Die Mietpreisbremse ist seitens der Landesregierung gerade für Potsdam als wichtiges Instrument der Mietenpolitik hervorgehoben worden. 1. Welchen Kenntnisstand hat die Landesregierung über das o.g. Urteil des Landgerichtes Potsdam zur Brandenburger Mietpreisbremse? zu Frage 1: Das Urteil liegt der Landesregierung vor. 2. Wie bewertet die Landesregierung das Urteil des Landgerichtes Potsdam? 3. Welche konkreten Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus dem o.g. Urteil? zu Fragen 2 und 3: Das Urteil des Landgerichts wirkt gemäß § 325 Absatz 1 ZPO nur inter partes (subjektive Rechtskraftwirkung), das heißt zwischen den am Rechtsstreit beteiligten Parteien. Es hat keinen Einfluss auf die Gültigkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11666 - 2 - 4. Seit wann gilt aus Sicht der Landesregierung die Mietpreisbremse in Brandenburg? (Bitte ausführlich begründen) zu Frage 4: Die Verordnung zur Bestimmung der Gebiete mit Mietpreisbegrenzung vom 8. Dezember 2015 (Mietpreisbegrenzungsverordnung-MietbegrenzV) trat am 1. Januar 2016 in Kraft. Die Begründung zur Verordnung wurde seinerzeit nicht mitveröffentlicht. Dies entsprach der üblichen Vorgehensweise beim Erlass von Verordnungen. Auf Nachfrage wurde die Begründung im Einzelfall, z.B. an das Amtsgericht Potsdam, herausgegeben . Die Ermächtigungsgrundlage des § 556d BGB sieht zwar eine Begründungspflicht, jedoch keine Veröffentlichungspflicht vor. In 2018 wurde in mehreren Bundesländern im Rahmen mietrechtlicher Gerichtsverfahren die Wirksamkeit der dort geltenden landesrechtlichen Mietpreisbegrenzungsverordnungen wegen nicht erfolgter Veröffentlichung ihrer Begründung zivilgerichtlich geprüft. Einige Instanzgerichte vertraten die Auffassung, dass die Veröffentlichung der Begründung eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Verordnung sei, da der Bundesgesetzgeber ausdrücklich eine Begründungspflicht mit inhaltlichen Vorgaben vorgegeben habe. Teilweise ist in den instanzgerichtlichen Entscheidungen das nachträgliche Veröffentlichen lediglich der Begründung als nicht heilend angesehen worden. Auch diese Entscheidungen entfalten lediglich Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien des jeweiligen Rechtsstreits und führen nicht zur allgemein verbindlichen Unwirksamkeit der jeweiligen landesrechtlichen Mietpreisbegrenzungsverordnungen. In der ersten im Land Brandenburg im Rahmen eines zivilrechtlichen Mietrechtsstreits zur Wirksamkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung ergangenen Entscheidung vertrat das AG Potsdam die Rechtsauffassung, dass die Verordnung wegen nicht erfolgter Veröffentlichung der Begründung unwirksam sei (Urteil vom 27. September 2018, Az. 23 C 93/17). Das Gericht führte in den Entscheidungsgründen aus, dass es die Veröffentlichung der Begründung mit der Rechtsverordnung für erforderlich halte. Insoweit hat sich das Gericht den vorangegangenen Entscheidungen anderer Gerichte angeschlossen. Um Rechtsunsicherheit zu vermeiden, nahm die Landesregierung diese Rechtsprechung zum Anlass, die Mietpreisbegrenzungsverordnung neu zu erlassen und mit Begründung zu veröffentlichen. Es handelt sich dabei nicht um das Nachschieben, also das nachträgliche Veröffentlichen, der Begründung zur Mietpreisbegrenzungsverordnung vom 8. Dezember 2015. Die Landesregierung hat von der ihr nach § 556d Absatz 2 Satz 1 BGB zustehenden Verordnungskompetenz vielmehr erneut Gebrauch gemacht und eine neue Mietpreisbegrenzungsverordnung unter Aufhebung der Mietpreisbegrenzungsverordnung vom 8. Dezember 2015 erlassen. Die der neu erlassenen Mietpreisbegrenzungsverordnung vom 28. März 2019 zugrundeliegende veröffentlichte Begründung umfasst dabei das Datenmaterial und die Bewertungen, die auch Gegenstand der Begründung der Mietpreisbegrenzungsverordnung vom 8. Dezember 2015 waren, ergänzt um aktuelle Maßnahmen und Erkenntnisse, die die bei Erlass der Mietpreisbegrenzungsverordnung vom 8. Dezember 2015 angestellte Prognose zur künftigen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt auch zum Zeitpunkt des Neuerlasses der Verordnung bestätigten. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11666 - 3 - Die neu erlassene Verordnung gilt rückwirkend zum 1. Januar 2016, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Mietpreisbegrenzungsverordnung vom 8. Dezember 2015. Es handelt sich hier um eine zulässige Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot von Gesetzen mit sog. echter Rückwirkung. Das rückwirkende Inkrafttreten der Verordnung ist hier zulässig, weil die neu veröffentlichte Verordnung dazu dient, Recht, dessen Gültigkeit zweifelhaft war, durch gültiges Rechts zu ersetzen (BVerfGE 30, 367 ff., 388). Solche Zweifel lagen aufgrund der ergangenen Rechtsprechung vor. Mit Erlass der Mietpreisbegrenzungsverordnung vom 8. Dezember 2015 hat die Landesregierung ihren Willen zum Ausdruck gebracht, eine Mietpreisbremse zu regeln. Das etwaige Vertrauen der Betroffenen darauf, dass die Mietpreisbegrenzungsverordnung möglicherweise unwirksam sein könnte und nicht nachträglich durch eine gültige Verordnung ersetzt wird, ist nicht schützenswert. Die Neuveröffentlichung der Verordnung führt auch nicht zu einer höheren Belastung der Betroffenen, denn die Auswahl der Gemeinden, die zur Gebietskulisse gehören , hat sich im Vergleich zur Mietpreisbegrenzungsverordnung vom 8. Dezember 2015 nicht verändert. Seit dem Inkrafttreten der Mietpreisbegrenzungsverordnung zum 1. Januar 2016 mussten die Vermieter in den betreffenden Gemeinden mit einer wirksamen Regelung rechnen. Daher ist seit diesem Zeitpunkt kein schützenswertes Vertrauen entstanden, denn die bloße Hoffnung eines Vermieters, eine Verordnung möge sich später einmal als unwirksam erweisen, ist im Rechtsstaat nicht als schützenswerte Vertrauensposition zu werten. Vielmehr muss ein Bürger immer damit rechnen, dass möglicherweise ungültiges Recht bereinigt und durch gültiges Recht ersetzt wird. 5. Welche Folgen hat aus Sicht der Landesregierung das Urteil des Landgerichtes Potsdam für a) die Mieter? b) für das Handeln der Landesregierung? zu Frage 5: Das Urteil des Landgerichts wirkt gemäß § 325 Absatz 1 ZPO nur inter partes, das heißt zwischen den am Rechtsstreit beteiligten Parteien. Es hat darüber hinaus keine Wirkung auf andere Mieter oder auf das Handeln der Landesregierung. 6. Was empfiehlt die Landesregierung den Mietern, die die Mietpreisbremse für den Zeitraum 1. Januar 2016 bis 4. April 2019 gerichtlich geltend machen wollen? zu Frage 6: Nach Auffassung der Landesregierung können sich Mieter auf ihre Rechte aus § 556g BGB in Verbindung mit der Mietpreisbegrenzungsverordnung berufen.