Landtag Brandenburg Drucksache 6/11692 6. Wahlperiode Eingegangen: 02.07.2019 / Ausgegeben: 08.07.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4622 der Abgeordneten Birgit Bessin (AfD-Fraktion) Drucksache 6/11519 Aufnahme an weiterführende Schulen aus Kapazitätsgründen abgelehnt Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Eine Schülerin der 6. Jahrgangsstufe aus der Gemeinde Mühlenbecker Land (Oberhavel) konnte sowohl an einem Gymnasium, als auch an einer Gesamtschule für die 7. Klasse aus Kapazitätsgründen nicht aufgenommen werden. Wie ein Elternteil mitteilte, sei dies in der Gemeinde kein Einzelfall. Die Schülerin ist nun zu einem Schulweg von über einer Stunde gezwungen. 1. Wie viele Schüler in Brandenburg wurden aus Kapazitätsgründen an einer weiterführenden Schule zum Schuljahr 2019/2020 bisher abgelehnt? Bitte nach Schultyp und Landkreis anordnen. Zu Frage 1: Die folgende tabellarische Übersicht zeigt die Übergangsverfahren in die weiterführenden Schulen nach Landkreisen bzw. kreisfreien Städten. Darin wird deutlich, dass der Anteil der Zuweisungen im Vergleich zur Zahl der Aufnahmen insgesamt mit 2,67 % recht niedrig ist, zeigt aber deutliche regionale Unterschiede auf. Tabelle: Übersicht über Aufnahmen und Zuweisungen nach Landkreisen bzw. kreisfreien Städten (nur Schulen in öffentlicher Trägerschaft): Kreis Aufnahnah - men gesamt Gesamtschulen Oberschulen Gymnasien Aufnahnah - men dav. Zuweisung Aufnahnah - men dav. Zuweisung Aufnahmen dav. Zuweisung Brandenburg a.d.H. 505 0 0 304 7 201 5 Potsdam 1.392 711 16 99 10 582 3 Potsdam- Mittelmark 1.410 436 12 275 8 699 3 Teltow- Fläming 1.038 132 0 513 7 393 1 Cottbus 639 166 3 218 64 255 3 Dahme- Spreewald 1.079 200 32 412 15 467 8 Landtag Brandenburg Drucksache 6/11692 - 2 - Kreis Aufnahnah - men gesamt Gesamtschulen Oberschulen Gymnasien Aufnahnah - men dav. Zuweisung Aufnahnah - men dav. Zuweisung Aufnahmen dav. Zuweisung Elbe-Elster 586 0 0 343 3 243 0 Oberspreewald -Lausitz 694 0 0 461 9 233 1 Spree-Neiße 642 0 0 332 10 310 0 Barnim 1.150 97 2 545 25 508 1 Frankfurt (Oder ) 468 63 0 190 10 215 0 Oder-Spree 901 97 0 370 11 434 0 Märkisch- Oderland 1.225 0 0 719 9 506 4 Uckermark 855 121 0 420 5 314 0 Havelland 1.204 243 0 343 59 527 5 Oberhavel 1.599 424 0 545 53 630 22 Ostprignitz- Ruppin 600 55 0 337 11 208 1 Prignitz 467 0 0 285 1 182 0 Land Brandenburg gesamt 16.454 2.745 65 6.802 317 6.907 57 Zuweisungen insgesamt: 439 in % 2,67 % Quelle: MBJS, Übergangsverfahren in die weiterführenden Schulen, öffentliche Schulträger, Stand: 12.06.2019 2. Wie erklärt sich die Landesregierung, dass, nach Angaben eines Elternteils, in der Gemeinde Mühlenbecker Land mehre Kinder von Aufnahmeablehnungen betroffen sind? Zu Frage 2: Das Übergangsverfahren in die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Die Widerspruchsfrist endet am 30. Juni 2019. Schulen in freier Trägerschaft können zudem noch Verträge mit Eltern schließen, sodass sich ggf. auch hier noch Veränderungen bei Schulen in öffentlicher Trägerschaft ergeben können . Für die Schülerinnen und Schüler, die nicht an einer der beiden Wunschschulen aufgenommen werden konnten, erfolgte die Zuweisung an eine Schule mit freier Kapazität, die den Bildungsgangwunsch der Schülerin oder des Schülers gewährleistet. Allerdings können die staatlichen Schulämter nur über die von den Schulträgern an den Schulen vorgehaltenen Kapazitäten verfügen. Im konkreten Fall prüft der Landkreis Oberhavel in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Schulamt Neuruppin, in welchen Bereichen entsprechend der Schülerzahlentwicklung und der Elternwünsche mittel- und langfristig Kapazitäten angepasst werden müssen. 3. Welche Maximaldauer des Schulweges erachtet die Landesregierung für Schüler als zumutbar? Bitte nach Grundschule und weiterführende Schule unterscheiden. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11692 - 3 - Zu Frage 3: Im Brandenburgischen Schulgesetz ist in § 4 Absatz 3 Satz 5 (BbgSchulG) zu den Zielen und Grundsätzen der Erziehung und Bildung unter anderem aufgeführt, dass die Anforderungen und Belastungen durch Schulwege der Entwicklung der Schüler entsprechen und zumutbar sein müssen. Die “Zumutbarkeit des Schulweges“ ist hier als eine Zielvorgabe für schulische Bildung im Land Brandenburg genannt, die jedoch keinen konkreten Einzelanspruch begründet. Im Zusammenhang mit der Schülerbeförderung ist in § 112 Absatz 1 Satz 3 BbgSchulG geregelt, dass die Landkreise und kreisfreien Städte die Organisation und Finanzierung der Schülerbeförderung als kommunale Selbstverwaltungsaufgabe eigenständig wahrnehmen. Sie regeln das Nähere zur Schülerbeförderung in eigener Verantwortung durch Satzung auch unter Beachtung der schulrechtlichen (Ziel- )Vorgaben. Über Anträge im Einzelfall entscheiden die Landkreise und kreisfreien Städte ausschließlich auf der Grundlage ihrer Satzungen. Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat bezüglich der Schülerbeförderung keine Regelungs- oder Entscheidungskompetenzen und kann den Landrat oder den Kreistag des Landkreises nicht zu einer bestimmten Regelung oder Einzelfallentscheidung anweisen. Soweit die Antragsteller mit der Entscheidung des Landkreises zur Schülerbeförderung nicht einverstanden sind, können sie Widerspruch erheben. Sollte dem Widerspruch nicht abgeholfen werden, kann gegen den Landkreis oder die kreisfreie Stadt vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben werden . Die Rechtsprechung hat für den Einzelfall einen Schulweg von bis zu 45 Minuten für einen Schüler bzw. eine Schülerin der Primarstufe und ca. 60 Minuten für einen Schüler bzw. eine Schülerin der Sekundarstufe I noch als zumutbar gesehen. Dabei wird für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I die Grenze für die einfache Strecke bei einer Schulwegzeit von 90 Minuten gesehen, ein Überschreiten der 60-Minuten-Grenze soll insbesondere dann zumutbar sein, wenn besondere Umstände vorliegen (VG Potsdam, Beschluss vom 1. August 2013 - 12 L 355/13 -, Rn.17, juris; VG Potsdam, Beschluss vom 21. August 2014 - VG 12 L 625/14 -, EA S. 6 sowie VG Potsdam, Beschluss vom 29. August 2107 - VG 12 L 696/17 und OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. September 2015 - OVG 3 A 5.14). 4. Welche Initiativen wird die Landesregierung ergreifen, um Schulstandorte mit hoher Nachfrage zu entlasten und weniger Ablehnungen an weiterführenden Schulen erfolgen zu lassen? Zu Frage 4: Das BbgSchulG sieht vor, dass der Schulträger seine Schulangelegenheiten in eigener Verantwortung nach Maßgabe dieses Gesetzes verwaltet. Gemäß § 104 Absatz 1 BbgSchulG sind die in §§ 100 und 101 benannten Schulträger berechtigt und verpflichtet , Schulen zu errichten, wenn ein Bedürfnis dafür besteht und gemäß § 103 BbgSchulG ein geordneter Schulbetrieb gewährleistet ist. Ein Bedürfnis besteht insbesondere, wenn die Schule im Rahmen der Schulentwicklungsplanung als erforderlich bezeichnet ist. Gemäß § 104 Absatz 1 und § 105 Absatz 2 BbgSchulG beschließt der Schulträger über die Errichtung, Änderung und Auflösung sowie die Fortführung einer Schule. Als Änderung sind der Ausbau und der Abbau einer Schule, der Wechsel des Schulträgers sowie die Änderung der Schulform oder der angebotenen Bildungsgänge zu betrachten. Der Beschluss des Schulträgers bedarf gemäß § 104 Abs. 2 BbgSchulG der Genehmigung durch das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Die Genehmigung wird erteilt, wenn der Beschluss nicht gegen das BbgSchulG verstößt. Das BbgSchulG sieht gemäß § 102 weiterhin vor, dass die Kreise und kreisfreien Städte im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Schulentwicklungsplanung erstellen. Um im gesamten Land Brandenburg ein möglichst Landtag Brandenburg Drucksache 6/11692 - 4 - wohnungsnahes und alle Bildungsgänge umfassendes Schulangebot vorhalten zu können, ist die Bestandsaufnahme der aktuellen schulrelevanten Gegebenheiten vor Ort sowie die Berücksichtigung der künftigen Entwicklung notwendig. Dies erfolgt im Land Brandenburg im Rahmen der Erstellung von Schulentwicklungsplänen, die auf einen Zeitraum von fünf Jahren ausgelegt sind. Im Rahmen der Schulentwicklungsplanung ist eine Benehmensherstellung mit den kreisangehörigen Schulträgern und den benachbarten Kreisen und kreisfreien Städten erforderlich. Damit ein Schulentwicklungsplan im Land Brandenburg Gültigkeit erlangt, bedarf es der Genehmigung durch das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Im Zuge der Erstellung der Schulentwicklungspläne wirken die kommunale Ebene und die Landesebene gemeinsam auf eine tragfähige und zweckentsprechende Schulentwicklungsplanung hin. Angesichts der demografischen Entwicklung kommt der Schulentwicklungsplanung, die neben der Einbeziehung der regionalen Gegebenheiten vor Ort auch landesplanerische Komponenten berücksichtigt, eine zentrale Rolle zu.