Datum des Eingangs: 17.04.2015 / Ausgegeben: 22.04.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1175 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 378 der Abgeordneten Birgit Bessin und Steffen Königer der AfD-Fraktion Drucksache 6/814 Pflegefamilien / Kriseninterventionsstellen Wortlaut der Kleinen Anfrage 378 vom 09.03.2015: Kinder in Not werden nicht nur in entsprechenden Heimen, sondern auch privat von Pflegefamilien betreut. Einige Familien sind nicht nur Pflegefamilien, sondern gleichzeitig Kriseninterventionsstelle. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Pflegefamilien sind im Land Brandenburg registriert? 2. Wie verteilen sich diese auf die entsprechenden Landkreise? Bitte um Aufschlüs- selung. 3. Von den bekannten Pflegefamilien sind einige als spezielle Kriseninterventions- stellen installiert. Gibt es eine Übersicht darüber, wie viele Pflegefamilien diesen speziellen Dienst anbieten und wie gestaltet sich hier die Verteilung auf die Landkreise ? 4. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um als Kriseninterventionsstelle in Betracht zu kommen? 5. Wie viele Kinder werden insgesamt von Pflegefamilien betreut, in welchem Alter sind diese und wie ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer? 6. Welche Standards werden für eine Zulassung als Pflegefamilie vorausgesetzt und wie wird die Einhaltung überprüft? 7. Wer ist für die Überprüfung der Pflegefamilien zwischenzeitlich verantwortlich, in welchem Turnus werden diese vor Ort aufgesucht und welchen Hilfen erhalten sie? 8. Derzeit gibt es einige Überlegungen der Umstrukturierung in dem Bereich der Pflegefamilien. So soll im Landkreis TF z.B. der Notruf, derzeit unter Trägerschaft des Jugendamtes, ausgegliedert und an externe Firmen vergeben werden. Welche Auswirkungen sind hier zu erwarten, wie kann die bisherige Qualität weiter sichergestellt werden? 9. Wie ist die Aus- und Weiterbildung der Pflegefamilien geregelt, ist diese landesweit einheitlich? 10. Wie und durch wen wird eine Teilnahme der Pflegefamilien an entsprechenden Fortbildungen kontrolliert? 11. Gibt es empirische Daten, die unterschiedliche Entwicklungen der Kinder in Pflegefamilien gegenüber denen, die in einem Heim untergebracht sind belegen? 12. Wie unterstützt das Land Brandenburg diese spezielle Pflegeform? 13. Pflegefamilien, die gleichzeitig Kriseninterventionsstelle sind, halten teils für 365 Tage im Jahr einen 24h-Bereitschaftsdienst vor. Diese Bereitschaft wird derzeit überhaupt nicht finanziell vergütet. Gibt es seitens der Landesregierung Überlegungen hier eine Änderung herbei zu führen und wie konkret sind diese Überlegungen ? 14. Wie viele Kinder werden pro Jahr bei diesen sog. Kriseninterventionsstellen untergebracht . Bitte geben Sie auch die Minimal- und Maximalzahl an. Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Pflegefamilien sind im Land Brandenburg registriert? Frage 2: Wie verteilen sich diese auf die entsprechenden Landkreise? Bitte um Aufschlüsselung . Zu den Fragen 1 und 2: Diese Angaben zu Pflegefamilien sind in der amtlichen Jugendhilfestatistik nicht erfasst . Im Jahr 2013 wurden die örtlich zuständigen Jugendämter in einer Umfrage gebeten, entsprechende Information zur Verfügung zu stellen. Nach Auskunft aller örtlich zuständigen Jugendämter des Landes Brandenburg waren zum Zeitpunkt der Umfrage 1.616 Pflegefamilien, das können Paare oder Einzelpersonen sein, gemeldet . Tabelle 1: Anzahl der Pflegefamilien nach Landkreisen und kreisfreien Städten Landkreise/ kreisfreie Städte Anzahl der Pflegefamilien 2013 BRB 41 CB 82 FF 48 P/PM (gemeinsamer Fachdienst der Pflegekinderhilfe ) 151 BAR 160 EE 103 HVL 64 LDS 80 LOS 137 MOL 140 OHV 95 OPR 97 OSL 70 PR 43 SPN 95 TF 117 UM 93 Gesamt 1616 Frage 3: Von den bekannten Pflegefamilien sind einige als spezielle Kriseninterventionsstellen installiert. Gibt es eine Übersicht darüber, wie viele Pflegefamilien diesen speziellen Dienst anbieten und wie gestaltet sich hier die Verteilung auf die Landkreise? Zu Frage 3: Diese Angaben werden in der amtlichen Jugendhilfestatistik nicht erfasst. Frage 4: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um als Kriseninterventionsstelle in Betracht zu kommen? Frage 6: Welche Standards werden für eine Zulassung als Pflegefamilie vorausgesetzt und wie wird die Einhaltung überprüft? Zu den Fragen 4 und 6: Die Fragen werden wegen des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Zulassung als Pflegefamilie, auch für die spezielle Aufgabe als Kriseninterventionsstelle , erfolgt in den Jugendämtern des Landes Brandenburg im Rahmen der pflichtigen kommunalen Selbstverwaltung. Für die Einhaltung von Standards ist das jeweilige Jugendamt zuständig, und die Überprüfung erfolgt im Rahmen der intern in den Jugendämtern dazu festgelegten Verfahren. Die Verantwortlichen in den Jugendämtern führen zu Bewerbungen für diese Tätigkeit ein umfassendes Verfahren durch, in dem die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Pflegekindes geprüft werden. In mehreren Gesprächen mit dem zuständigen Fachdienst im Jugendamt (Pflegekinderdienst) wird die persönliche Eignung der Bewerberin oder des Bewerbers für diese Tätigkeit festgestellt. In der Regel werden darüber hinaus spezielle Seminare angeboten, um den potenziellen Pflegepersonen möglichst vielfältige Informationen über ihre künftigen Aufgaben zu vermitteln und Fragen im Vorfeld der Aufnahme eines Pflegekindes zu klären. Zu den Vorausset- zungen gehören auch der Nachweis über die gesundheitliche Eignung, die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses sowie Angaben über die wirtschaftlichen /finanziellen Verhältnisse. Die rechtliche Grundlage für diese Überprüfung der Eignung als Pflegeeltern ergibt sich aus § 37 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII). Das Jugendamt ist dafür verantwortlich, dass die Pflegepersonen, die ein Kind oder einen Jugendlichen aufnehmen, geeignet sind. Frage 5: Wie viele Kinder werden insgesamt von Pflegefamilien betreut, in welchem Alter sind diese und wie ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer? Zu Frage 5: Laut amtlicher Jugendhilfestatistik waren zum Stichtag 31.12.2013 im Land Brandenburg 1.987 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Pflegefamilien untergebracht . Die Verteilung nach Alter der Kinder und Jugendlichen stellte sich wie folgt dar: unter 6 Jahre 520 6 bis unter 12 Jahre 745 12 bis unter 18 Jahre 647 18 und älter 75 Insgesamt 1.987. (Quelle: Statistisches Jahrbuch 2014) Die Unterbringungsdauer ist immer abhängig vom konkreten Bedarf im Einzelfall. So kann die Dauer einer Unterbringung in einer Notsituation oder bei Inobhutnahme zwischen einem Tag und sechs bzw. 12 Monaten liegen; bei einer auf Dauer angelegten Vollzeitpflege erstreckt sich die Unterbringung bis zur Volljährigkeit, im Bedarfsfall auch darüber hinaus bis zum 21. Lebensjahr. In der amtlichen Jugendhilfestatistik für 2013 wird eine durchschnittliche Dauer von 68 Monaten angegeben. Frage 7: Wer ist für die Überprüfung der Pflegefamilien zwischenzeitlich verantwortlich, in welchem Turnus werden diese vor Ort aufgesucht und welchen Hilfen erhalten sie? Zu Frage 7: Gemäß § 37 Abs. 3 SGB VIII soll das Jugendamt nach den Erfordernissen des Einzelfalls an Ort und Stelle überprüfen, ob die Pflegepersonen eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Erziehung leisten. Der Turnus richtet sich nach den Notwendigkeiten des Einzelfalles, diese können bestimmt werden durch die Besonderheiten des jeweils untergebrachten jungen Menschen oder den Bedarf der Pflegepersonen selbst. Darüber hinaus haben die Pflegepersonen gemäß § 37 Abs. 2 SGB VIII vor der Aufnahme des Kindes oder Jugendlichen und während der Dauer des Pflegeverhältnisses Anspruch auf Beratung und Unterstützung. Die Intensität der Beratung richtet sich ebenso nach dem Einzelfall. So wird z. B. bei befristeten Pflegeverhältnissen, zu Beginn eines Pflegeverhältnisses oder während einer krisenhaften Situation die Kontaktfrequenz zwischen Fachkräften und Pflegefamilien höher sein als während stabiler Entwicklungsphasen; dies kann sich zwischen mehrmals wöchentlichen Telefonkontakten, vierzehntägigen/monatlichen Hausbesuchen und (halb-)jährlichen Kontakten bewegen. Zusätzlich zu den Kontaktangeboten der Fachdienste können geeignete andere Beratungsangebote und Hilfen unterbreitet und vermittelt werden. Frage 8: Derzeit gibt es einige Überlegungen der Umstrukturierung in dem Bereich der Pflegefamilien . So soll im Landkreis TF z.B. der Notruf, derzeit unter Trägerschaft des Jugendamtes , ausgegliedert und an externe Firmen vergeben werden. Welche Auswirkungen sind hier zu erwarten, wie kann die bisherige Qualität weiter sichergestellt werden? Zu Frage 8: Die Landesregierung bewertet nicht Überlegungen kommunaler Stellen des Landkreises Teltow-Fläming. Frage 9: Wie ist die Aus- und Weiterbildung der Pflegefamilien geregelt, ist diese landesweit einheitlich? Zu Frage 9: Pflegefamilien sind keine ausgebildeten Fachkräfte. Die Jugendämter halten im Rahmen der Überprüfung der Geeignetheit der Pflegepersonen entsprechende Angebote oder Seminare vor, in denen vielfältige Informationen über die künftigen Aufgaben vermittelt und Fragen im Vorfeld der Aufnahme eines Pflegekindes geklärt werden können. Während des Pflegeverhältnisses stehen vielfältige Fortbildungsmöglichkeiten zu den verschiedensten Themen zur Verfügung. Darüber hinaus bieten viele Jugendämter Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch untereinander an. Für die Angebote sind die Jugendämter zuständig, sie können regional unterschiedlich sein. Frage 10: Wie und durch wen wird eine Teilnahme der Pflegefamilien an entsprechenden Fortbildungen kontrolliert? Zu Frage 10: Die Zuständigkeit für die Qualifizierung der Pflegefamilien liegt bei den örtlichen Jugendämtern des Landes Brandenburg und ist Teil der Beratung und Unterstützung gemäß § 37 Abs. 2 SGB VIII. Frage 11: Gibt es empirische Daten, die unterschiedliche Entwicklungen der Kinder in Pflegefamilien gegenüber denen, die in einem Heim untergebracht sind, belegen? Zu Frage 11: Es gibt verschiedene Forschungsprojekte zur Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien sowie Untersuchungen zur Entwicklung von Heimkindern. Eine vergleichende empirische Untersuchung zur Entwicklung von Pflegekindern und Heimkindern ist der Landesregierung nicht bekannt. Frage 12: Wie unterstützt das Land Brandenburg diese spezielle Pflegeform? Zu Frage 12: Die Unterstützung der Arbeit der Pflegefamilien sowie die fachliche Beratung und Begleitung sind Auf-gaben der örtlich zuständigen Jugendämter. Die verantwortlichen Fachkräfte in den Jugendämtern wer-den regelmäßig durch Fortbildungsangebote des Sozialpädagogischen Fortbildungsinstituts der Länder Berlin und Brandenburg (SFBB) unterstützt. Frage 13: Pflegefamilien, die gleichzeitig Kriseninterventionsstelle sind, halten teils für 365 Tage im Jahr einen 24h-Bereitschaftsdienst vor. Diese Bereitschaft wird derzeit überhaupt nicht finanziell vergütet. Gibt es seitens der Landesregierung Überlegungen hier eine Änderung herbei zu führen und wie konkret sind diese Überlegungen? Zu Frage 13: Für die Finanzierung der Tätigkeit als Pflegefamilien auch mit den Aufgaben einer Kriseninterventionsstelle sind die örtlichen Jugendämter zuständig. Frage 14: Wie viele Kinder werden pro Jahr bei diesen sog. Kriseninterventionsstellen untergebracht . Bitte geben Sie auch die Minimal- und Maximalzahl an. Zu Frage 14: Diese Angaben werden in der amtlichen Jugendhilfestatistik nicht erfasst. Die amtliche Jugendhilfestatistik gibt Auskunft über vorläufige Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche gemäß § 42 SGB VIII. Zum Stichtag 31.12.2013 wurden 151 Kinder und Jugendliche aufgrund dessen bei einer geeigneten Person untergebracht. Eine geeignete Person kann auch die Pflegeperson in einer Kiriseninterventionsstelle sein.