Landtag Brandenburg Drucksache 6/11750 6. Wahlperiode Eingegangen: 12.07.2019 / Ausgegeben: 17.07.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4638 der Abgeordneten Andrea Johlige (Fraktion DIE LINKE) Drucksache 6/11604 Juristische Folgen von Straftaten im Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität - rechts“ für das Jahr 2018 Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Laut der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) Abschnitt 207 Abs. 3 gilt eine Tat als politisch motiviert, „wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie (…) gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität , Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution, Sache oder ein Objekt richtet“. Die Definition wurde noch nicht gemäß den Änderungen im polizeilichen Definitionssystem Politisch motivierte Kriminalität (Stand 08.12.2016) angepasst. Infolge der Empfehlungen des ersten NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag wurde in § 46 Abs. 2 StGB ein Zusatz vorgenommen, der seit 01.08.2015 in Kraft ist. Darin heißt es: „Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht: die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht (…)“. Ich frage die Landesregierung: Frage 1: Wie viele Ermittlungsverfahren, die Straftaten im Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität - rechts“ betreffen, sind bei den Staatsanwaltschaften in Brandenburg im Jahr 2018 eingegangen (aufgeschlüsselt nach Tattag, Tatort, Tathergang, Straftatbestand , Themenfeld PMK-rechts, Anzahl Beschuldigte und Alter, Anzahl Geschädigte und Alter)? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11750 - 2 - zu Frage 1: Soweit in den Monaten Januar bis Dezember 2018 Straf- und Gewalttaten in Brandenburg nach dem Definitionssystem „Politisch motivierte Kriminalität - rechts“ im Rahmen der Kriminalstatistik erfasst wurden, wird auf die Antworten der Landesregierung zu den Kleinen Anfragen 3359 (LT-Drucksache 6/8431), 3426 (LT-Drucksache 6/8618), 3505 (LT-Drucksache 6/8829), 3693 (LT-Drucksache 6/9347), 3694 (LT-Drucksache 6/9338), 3764 (LT-Drucksache 6/9422), 3884 (LT-Drucksache 6/9725), 3920 (LT- Drucksache 6/9848), 4007 (LT-Drucksache 6/10033), 4079 (LT-Drucksache 6/10275), 4180 (LT-Druck-sache 6/10515) und 4219 (LT-Drucksache 6/10594) verwiesen. Straftaten im Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität - rechts“ werden als solche im staatsanwaltschaftlichen Informationssystem MESTA nicht erfasst. Anhand der deliktsbezogenen Erfassung von Verfahren in MESTA, die jährlich an das Bundesamt für Justiz übermittelt wird, stellen sich für das Jahr 2018 Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften in Brandenburg wegen rechtsextremistischer/fremdenfeindlicher Straftaten wie folgt dar: § 86 StGB § 86a StGB §§ 125, 125a StGB §§ 130, 131 StGB §§ 211, 212 StGB §§ 223 bis 231, 340 StGB §§ 306 bis 306f StGB Sonstige Delikte Insgesamt 8 1000 2 290 1 134 3 157 1595 Anzahl der ermittelten Beschuldigten im Jahr 2018: Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene Gesamt 76 363 182 896 1517 Eine darüber hinausgehende Darstellung, aufgeschlüsselt nach den in der Fragestellung benannten weiteren Kriterien, ist mittels MESTA nicht möglich. Frage 2: In welchen Fällen von Straftaten PMK-rechts wurde im Jahr 2018 durch die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben oder ein Strafbefehlsantrag verfasst (aufgeschlüsselt nach Art der Erledigung, Tattag, Tatort, Tathergang, Straftatbestand, Themenfeld PMKrechts , Anzahl Beschuldigte und Alter, Anzahl Geschädigte und Alter)? zu Frage 2: Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. Dem Informationssystem MESTA sind insoweit folgende Verfahrenserledigungen zu entnehmen: Abschließende Entscheidung der StA bezüglich des Verfahrens : Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO da Täter nicht ermittelt Abschließende Entscheidung bezüglich des jeweiligen Beschuldigten/Angeklagten Einstellung (durch StA oder Gericht) Verurteilung (Verurteilte) insgesamt Andere Erledigung (Gericht) nach § 170 Abs. 2 StPO (außer: Täter nicht ermittelt ) nach §§ 153 ff. StPO nach §§ 45 und 47 JGG Freispruch sonstige Entscheidung / Verfahren beendet auf sonstige Weise 541 642 97 290 290 23 63 Eine detailliertere Darstellung erlaubt MESTA nicht. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11750 - 3 - Frage 3: In welchen Fällen wurde durch die Staatsanwaltschaft im Jahr 2018 ein Auftrag zur Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs (TOA) erteilt und mit welchem Ergebnis (aufgeschlüsselt nach Tattag, Tatort, Tathergang, Straftatbestand, Themenfeld PMKrechts , Anzahl Beschuldigte und Alter, Anzahl Geschädigte und Alter)? zu Frage 3: Im Jahr 2018 wurde in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Potsdam wegen der Tatvorwürfe der Volksverhetzung gemäß § 130 StGB, der Körperverletzung gemäß § 223 StGB, der Bedrohung gemäß § 241 StGB sowie der Beleidigung gemäß § 185 StGB ein Täter-Opfer-Ausgleich nach § 46a StGB durchgeführt. Dem Ermittlungsverfahren lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem zwei Täter im Alter von 32 und 33 Jahren am 6. Mai 2018 in einer Straßenbahn in Potsdam mehrere Personen ausländischen Aussehens körperlich attackiert und beleidigt haben sollen. Von den Geschädigten konnten vier Personen namentlich bekannt gemacht werden. Zwei der Geschädigten, beide 36 Jahre alt, haben eine Bereitschaft zur Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleichs erklärt. Im Rahmen der Verurteilung des einen Täters wurde die Durchführung des Täter- Opfer-Ausgleichs strafmildernd berücksichtigt. Im Übrigen ist das Strafverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Frage 4: In welchen Fällen von Straftaten PMK-rechts wurde im Jahr 2018 durch die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben oder ein Strafbefehlsantrag verfasst (aufgeschlüsselt nach Art der Erledigung, Tattag, Tatort, Tathergang, Straftatbestand, Themenfeld PMKrechts , Anzahl Beschuldigte und Alter, Anzahl Geschädigte und Alter)? zu Frage 4: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Frage 5: Zu welchen Verurteilungen (Art der Strafen und Strafmaß) auf Grund von Straftaten im Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität - rechts“ kam es in Brandenburg im Jahr 2018 (aufgeschlüsselt nach Tattag, Tatort, Tathergang, Straftatbestand, Themenfeld PMK-rechts, Anzahl Verurteilte und Alter)? zu Frage 5: Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. Verurteilungen im Jahr 2018 sind wie folgt erfasst worden: Verurteilungen zu Erziehungs - maßregeln / Zuchtmitteln zu Geldstrafe (auch durch Strafbefehl und § 59b) zu Jugend- oder Freiheitsstrafe (auch durch Strafbefehl) bis 6 Monate mehr als 6 Monate bis 1 Jahr mehr als 1 bis 2 Jahre mehr als 2 Jahre insgesamt insgesamt darunter Bewährung insgesamt darunter Bewährung insgesamt darunter Bewährung 61 181 13 10 24 16 9 6 2 48 Verurteilungen zu Strafarrest: 0 Aussetzung der Verhängung einer Jugendstrafe § 27 JGG: 0 Eine detailliertere Darstellung erlaubt MESTA nicht. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11750 - 4 - Frage 6: In welchen Fällen hat die Staatsanwaltschaft vor Gericht beantragt, die rassistischen oder sonstigen menschenverachtenden Beweggründe der/des Täters unter Anwendung des § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB strafverschärfend zu berücksichtigen (aufgeschlüsselt nach Tattag, Tatort, Tathergang, Straftatbestand, Themenfeld PMK-rechts, Anzahl Beschuldigte und Alter, Anzahl Geschädigte und Alter)? Frage 7: Bei welchen Verurteilungen fand der § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB Anwendung und wurden die rassistischen oder sonstigen menschenverachtenden Beweggründe der/des Täters entsprechend strafverschärfend berücksichtigt (aufgeschlüsselt nach Tattag, Tatort, Tathergang, Straftatbestand, Themenfeld PMK-rechts, Anzahl Beschuldigte und Alter, Anzahl Geschädigte und Alter)? zu Fragen 6 und 7: Die Anwendung spezieller Strafzumessungskriterien wird statistisch nicht erfasst. Frage 8: In welchen Fällen hat die Staatsanwaltschaft gemäß Abschnitt 207 Abs. 2 Satz 5 RiStBV die staatsanwaltschaftliche oder gerichtliche Abschlussentscheidung (z. B. Urteil mit Gründen, Strafbefehl, Einstellungsverfügung) bei politisch motivierten Gewaltstraftaten - rechts - dem Bundeskriminalamt zur Auswertung übersandt (aufgeschlüsselt nach Tattag, Tatort, Tathergang, Straftatbestand, Themenfeld PMK-rechts, Anzahl Beschuldigte und Alter, Anzahl Geschädigte und Alter)? zu Frage 8: Eine statistische Erfassung von Mitteilungen gemäß Nummer 207 Abs. 2 RiStBV erfolgt nicht. Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Vorschrift in ihrer jetzt geltenden Fassung erst mit der Allgemeinen Verfügung des Ministers der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg vom 12. November 2018 zum 1. Dezember 2018 in Kraft gesetzt worden ist. Vor Erweiterung der Vorschrift der Nummer 207 Abs. 2 RiStBV bestand lediglich bei politisch motivierten Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit in den Fällen der §§ 211, 212 und 227 StGB und bei politisch motivierten gemeingefährlichen Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c, 308 und 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB eine Verpflichtung, nach Abschluss des Verfahrens die Akten an das Bundeskriminalamt zu übersenden.