Landtag Brandenburg Drucksache 6/11782 6. Wahlperiode Eingegangen: 16.07.2019 / Ausgegeben: 22.07.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4652 des Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/11618 Nachfrage zur Antwort der Landesregierung (Drucksache 6/11205) auf die Kleine Anfrage Nr. 4450 (Drucksache 6/10897) „Reaktivierung der Wriezener Bahn“ Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: In den vergangenen Monaten hat die Diskussion um die Reaktivierung der Wriezener Bahn an Dynamik gewonnen: zum einen wurde die Strecke Wriezen - Werneuchen mit Priorität B in die Liste reaktivierungswürdiger Bahnstrecken aufgenommen, die VDV und Allianz pro Schiene im Auftrag der Bundesregierung erstellt haben. Zum anderen gibt es einen Zusammenschluss der Städte Wriezen, Werneuchen und Bad Freienwalde, der Ämter Barnim-Oderbruch und Falkenberg Höhe sowie der Gemeinde Ahrensfelde, die die Reaktivierung gemeinsam entwickeln möchten. Auch der Eigentümer des Streckenabschnitts Wriezen - Sternebeck will die Reaktivierung der Bahnstrecke und hat sich zur Übernahme des Streckenabschnitts Sternebeck bis Werneuchen beworben. Aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4450 geht hervor, dass die Landesregierung eine Reaktivierung der Bahnstrecke mit der Begründung ablehnt, dass die Kosten für die Instandsetzung der Strecke einem Neubau gleichkämen und ohnehin die Fahrzeiten von Wriezen nach Berlin Lichtenberg über Eberswalde in jedem Falle kürzer seien als mit der Wriezener Bahn. Im Ausschuss für Infrastruktur und Landesplanung am 6. Juni 2019 hielt Ministerin Schneider an dieser Argumentation fest, obgleich der Streckeneigentümer eine deutlich geringere Fahrzeit für möglich hielt. 1. Die Landesregierung gibt in der Antwort auf die Kleine Anfrage 4450 (Drucksache 6/11205) an, die Fahrzeit der Wriezener Bahn von Wriezen nach Berlin Lichtenberg betrage 90 - 95 Minuten und zum Hauptbahnhof 110 - 115 Minuten. Auf welcher Grundlage kommt die Landesregierung zu dieser Annahme? (Bitte Angabe von Quellen und/oder Berechnungen .) zu Frage 1: Aufgrund der alten Fahrplandaten. Es handelt sich daher nicht um eine Annahme der Landesregierung, sondern um die Angabe der damaligen Fahrzeit vor der Abbestellung . Grundlage für die Fahrzeit Wriezen – Berlin-Lichtenberg ist die Fahrplantabelle 206.25 aus dem Kursbuch 1997/98. Da der heutige Berliner Hauptbahnhof zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bestand wurde in einem theoretischen Ansatz die Fahrzeit der S- Bahn zwischen Lichtenberg und Lehrter Stadtbahnhof von rund 20 Minuten addiert. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11782 - 2 - 2. Die Landesregierung gibt in der Antwort auf die Kleine Anfrage 4450 (Drucksache 6/11205) an, die Fahrzeit von Wriezen nach Berlin Lichtenberg mit der Busverbindung über Strausberg betrage etwa 70 - 80 Minuten. Wie kommt die Landesregierung zu dieser Einschätzung? Nach aktueller VBB-Auskunft gibt es zwei Fahrten mit einer Dauer von 73 Minuten, ansonsten beträgt die Fahrzeit im Regelfall 83 Minuten. zu Frage 2: Die Landesregierung sieht keine relevante Abweichung von einer Zirka- Angabe. Die VBB-Fahrplanauskunft gibt für die Verbindung von Wriezen nach Berlin- Lichtenberg im Regelfahrplan je nach Verbindung unterschiedliche Reisezeiten an, z. B. 69, 77, 78 und 79 Minuten. 3. Bleibt die Landesregierung bei ihrer Aussage, bei einer möglichen Reaktivierung der Wriezener Bahn sei die stündliche Verbindung über Eberswalde die schnellere Verbindung und selbst bei einem theoretisch angenommenen Ausbau der Wriezener Bahn könnten die aktuellen Fahrzeiten über Eberswalde nicht unterboten werden? zu Frage 3: Die Landesregierung verweist darauf, dass sie hier nicht vollständig zitiert wird und bleibt bei der getroffenen Aussage in der Antwort zur Frage 5 der Kleinen Anfrage 4450 (Drucksache 6/11205). 4. Die Gemeinden entlang der Wriezener Bahn (Schulzendorf, Prötzel, Tiefensee etc.) haben in den letzten Jahren einen starken Zuzug erlebt. Sowohl Autos als auch Busse stehen auf der einzigen in Betracht kommenden Fernverkehrsstraße, der B 158, zumindest in der Hauptverkehrszeit regelmäßig ab Blumberg im Stau. Liegen der Landesregierung Daten zu den möglichen Fahrzeiten von den weiteren Haltestellen der Wriezener Bahn nach Berlin vor? Wenn ja, welche Schlussfolgerungen lassen diese Daten in Hinblick auf eine Reaktivierung der Wriezener Bahn zu? zu Frage 4: Die genannten Gemeinden entlang der Wriezener Bahn haben nach den der Landesregierung vorliegenden Daten in den letzten Jahren keinen signifikanten Zuzug erlebt. Daten zu fiktiven Verkehrsleistungen jenseits des Linienendpunkts der RB25 liegen der Landesregierung nicht vor. Die Landesregierung unterstützt eine integrierte Siedlungsund Mobilitätsplanung und arbeitet kontinuierlich an einer Weiterentwicklung des Angebots der RB25. Konkret wurden z.B. mehrere Zugangsstellen barrierefrei ausgebaut und die Streckengeschwindigkeit von 60 auf 80 km/h zwischen Blumberg und Werneuchen angehoben . 5. Die Landesregierung gibt in der Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 4450 (Drucksache 6/11205) an, dass für einen regelmäßigen Eisenbahnbetrieb die Gleise, sofern sie überhaupt noch vorhanden seien, komplett erneuert werden müssten. a) Worauf beruht diese Einschätzung? (Bitte Angabe von Quellen.) b) Wurde sich für diese Einschätzung ein Bild vor Ort gemacht? Wenn ja, wann und von wem? Wenn nein, warum nicht? c) Wurde eine Stellungnahme der Streckeneigentümer eingeholt? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 5: Auf der Strecke findet bereits seit 1998 kein regelmäßiger Eisenbahnverkehr mehr statt. Die Eisenbahninfrastruktur zwischen Tiefensee und Wriezen ist seit 20 Jahren stillgelegt. Daher ist nach der praktischen Erfahrung davon auszugehen, dass die Eisen- Landtag Brandenburg Drucksache 6/11782 - 3 - bahnanlagen aufgrund Überalterung für einen sicheren Betrieb - wie bei einem Neubau dem Stand der Technik entsprechend - komplett erneuert werden müssten. Nicht zuletzt erlaubte die Strecke schon vor der Abbestellung nur noch eine Nutzung mit einer Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bzw. geringer, denn die Fahrzeit von Werneuchen nach Wriezen betrug damals etwa 53 Minuten (s. o. zu Frage 1). Für ein regelmäßiges SPNV- Taktangebot sind diese Fahrzeiten nicht attraktiv, so dass aus Sicht der Landesregierung auch Maßnahmen zur Geschwindigkeitserhöhung zwingend erforderlich wären. Am 15.06.2018 erfolgte durch die Landeseisenbahnaufsicht und das MIL eine stichpunktartige vor Ort Begehung der Eisenbahnstrecke. Von den Streckeneigentümern wird eine Stellungnahme eingeholt, wenn dies zur Erlangung der gewünschten Informationen erforderlich ist. 6. Laut Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4450 (Drucksache 6/11205) liegen die Voraussetzungen für die Genehmigung der Stilllegung des Streckenabschnitts Werneuchen - Tiefensee nicht vor. Ein Antrag auf Übernahme durch einen Dritten ist der Landesregierung seit April 2017 bekannt. Aus welchem Grund war es innerhalb eines Zeitraums von mehr als zwei Jahren nicht möglich, eine Entscheidung zum Antrag auf Streckenstilllegung zu fällen? zu Frage 6: Aufgrund der genannten Interessenbekundung zur Übernahme der Eisenbahninfrastruktur , lagen die Voraussetzungen für eine Genehmigung der Stilllegung nicht vor. Zudem hatte die Betreiberin das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten . Auf Vermittlung des MIL wurden mehrere Gespräche geführt. Vor kurzem haben sich der Interessent und die Betreiberin verständigt. Im Zuge der Einigung wird der Antrag auf Stilllegung voraussichtlich zurückgezogen werden. 7. Unter welchen Voraussetzungen ist eine Beteiligung des Landes an den Kosten einer Machbarkeitsstudie denkbar, sofern diese vom Streckeneigentümer oder anliegenden Städten und Ämtern in Auftrag gegeben wird? zu Frage 7: Die Förderungsmöglichkeiten ergeben sich aus den veröffentlichten Förderprogrammen .